4 Unternehmensrechtliche Grundlagen

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1 4 Unternehmensrechtliche Grundlagen 4.1 Unternehmen, Firma, Firmenbuch Wer ist ein Unternehmer? Unternehmer betreiben ein Unternehmen als: natürliche Personen = lebende, physische Personen, z. B. Einzelunternehmer juristische Personen = künstliche, vom Gesetz geschaffene Personen, die durch ihre Organe, z. B. bei der AG durch den Vorstand, vertreten werden Was ist eine Firma? Die Firma ist der ins Firmenbuch eingetragene Name des Unternehmers, unter dem er: - seine Geschäfte betreibt, - seine Unterschrift abgibt und - klagen bzw. geklagt werden kann. Die Firma (Firmenbezeichnung, Firmenname) setzt sich folgendermaßen zusammen. Firmenkern + Firmenzusatz (Hinweis auf die Rechtsform = Firma Vorschriften für die Zusammensetzung der Firma Eine Firma muss - zur Kennzeichnung des Unternehmers geeignet sein, - Unterscheidungskraft besitzen und - darf keine Irreführung herbeiführen. Kennzeichnungseignung Ein Firmenwortlaut muss das Unternehmen individualisieren können und die Firma muss sich von anderen unterscheiden können. Irreführungsverbot Sowohl die Firmenbezeichnung als auch die Firma selbst dürfen keine irreführenden Angaben enthalten. Unterscheidungskraft Jede neue Firma muss sich von allen anderen unterscheiden um die Gefahr einer Verwechslung ausschließen zu können. Möchte ein Unternehmer seinen eigenen Namen für die Firma verwenden und entdeckt ein bereits eingetragenes Unternehmen mit dem selben Namen, so muss er der Firma einen Zusatz beifügen. Eintragung ins Firmenbuch Welche Unternehmer müssen ins Firmenbuch eingetragen werden? - Einzelunternehmer ab einem Jahresumsatz von mehr als ,00 EUR in einem Jahr, oder mehr als jeweils ,00 EUR Jahresumsatz in zwei aufeinanderfolgenden Geschäftsjahren. - Unternehmen, die von mehreren Unternehmern betrieben werden (z. B. Personen- und Kapitalgesellschaften). Welche Unternehmer dürfen sich freiwillig ins Firmenbuch eintragen lassen? - Kleine Einzelunternehmer bei Nichterreichung der oben angeführten Umsatzgrenzen. - Die freien Berufe (z. B. Rechtsanwälte, Notare, Steuerberater, Ärzte oder Apotheker) sowie die Land- und Forstwirte, die von Einzelunternehmern betrieben werden, unabhängig von der Höhe ihres Jahresumsatzes. Unternehmensrechtliche Grundlagen 1

2 4.1.3 Firmenbuch Bestandteile des Firmenbuchs Hauptbuch: Es enthält die wichtigsten Daten von Firmen, z. B.: - Firmenbezeichnung - Firmenbuchnummer - Rechtsform - Geschäftszweig und -sitz - Geschäftsinhaber und Gesellschafter - Datum der Eintragung - Träger bestimmter Funktionen, wie Geschäftsführer Urkundensammlung: Sie enthält alle Urkunden, die den Firmenbucheintragungen zugrunde liegen: - Gesellschaftsvertrag - Musterunterschriften - Bilanz - Gesellschafterbeschlüsse Veröffentlichung der Firmenbucheinträge - Amtsblatt zur Wiener Zeitung: Bekommt den Auftrag zur Veröffentlichung der Neueinträge bzw. Änderungen. Das Entgelt für die Veröffentlichung wird direkt von den Unternehmen an die Wiener Zeitung bezahlt. - Ediktsdatei: In der allgemein zugänglichen Datenbank sind außer den Firmeneintragungen auch die Eröffnung und Aufhebung eines Konkurses und Ausgleichs ersichtlich. Einsichtnahme in das Firmenbuch Das Firmenbuch ist für jeden Interessenten zugänglich. Zugang zu den Informationen hat man - durch Einsichtnahme bei Gericht, - über Notare und Rechtsanwälte oder - via Internet ( 4.2 Wahl der Rechtsform im Überblick Kriterien für die Wahl der idealen Rechtsform Anzahl der Gesellschafter und Art der Beteiligung Soll man das Unternehmen allein oder mit Partner(n) gründen? Kapitalaufbringung Muss ein bestimmtes Anfangskapital zwingend eingebracht werden? Haftung Wer haftet in Welchem Ausmaß für die Schulden des Unternehmens? Leitungsbefugnis oder Kontrolle Wer führt die Geschäfte? Wer hat ein Kontrollrecht? Erfolgsverteilung Wer bekommt die Gewinne des Unternehmens, wer trägt die Verluste? Ertragsteuerliche Belastung Wie viel Steuern auf die Gewinne müssen von wem bezahlt werden? Haftung Persönliche Haftung - Unbeschränkte Haftung (= Vollhaftung): Die Haftung des Gesellschafters ist nicht auf einen bestimmten Betrag begrenzt. Der Gesellschafter haftet neben seiner Kapitaleinlage auch mit seinem gesamten Privatvermögen für die Gesellschaftsschulden. - Beschränkte Haftung (= Teilhaftung): Die Haftung des Gesellschafters ist auf einen bestimmten Betrag begrentzt (Haftsumme). Unternehmensrechtliche Grundlagen 2

3 Unmittelbare (= direkte) Haftung Der Gesellschafter kann vom Gesellschaftsgläubiger auch ohne Zwischenschaltung der Gesellschaft zur Zahlung der Gesellschaftsschulden direkt verpflichtet werden. Solidarische (= gesamtschuldnerische) Haftung Der Jeder Gesellschafter haftet für alle Schulden der Gesellschaft. Es steht dem Gläubiger frei, von welchem Gesellschafter er die Schuld einfordert. Der Gläubiger kann sich an einen, an mehrere oder an alle Gesellschafter wenden. Anzahl der Gesellschafter Leitungsbefugnis oder Kontrolle Geschäftsführung Diese betrifft das Innenverhältnis. Der Geschäftsführer hat das Recht, das Unternehmen zu leiten. Vertretung nach außen Diese regelt, wer das Recht hat, das Unternehmen gegenüber Dritten zu vertreten. Ertragsteuerliche Belastung Einzelunternehmer Personengesellschaft Kapitalgesellschaft Einzelunternehmer zahlt ESt Gesellschafter zahlen ESt Gesellschaft zahlt KSt, Gesellschafter zahlen KESt für ausbezahlte Gewinne Unternehmensrechtliche Grundlagen 3

4 4.4 Arten von Rechtsformen Einzelunternehmen -> Vollhafter = 1 Vollhafter (Alleinunternehmer) Vorteil - Rasche, einfache Gründung. - Hoher Grad der Entscheidungsfreiheit des Einzelunternehmers. - Kein Mindestkapital Nachteil - Hohes Risiko, da unbeschränkte, persönliche Haftung. - Geringe Finanzierungsmöglichkeiten, da nur der Einzelunternehmer haftet. - Enge Bindung des Unternehmens an eine Person kann das Unternehmen gefährden Firmenbuch und Firmen- bzw. Unternehmensbezeichnung Man unterscheidet: eingetragene Unternehmer (e. U.) - Ein Einzelunternehmer kann sich grundsätzlich freiwillig in das Firmenbuch eintragen lassen. - Die Eintragungspflicht besteht ab einem Jahresumsatz von mehr als ,00 EUR in einem Jahr oder mehr als jeweils ,00 EUR Jahresumsatz in zwei aufeinander-folgenden Geschäftsjahren. Personen-, Sach-, Fantasiefirma oder gemischte Firma und Zusatz e. U. oder eingetragener Unternehmer / eingetragene Unternehmerin Beispiel: Markus Teubel e. U. nicht eingetragene Unternehmer - Einzelunternehmer, der sein Unternehmen nicht in das Firmenbuch eintragen ließ. Vor- und Zuname (Zusätze, z. B. jun. oder den Unternehmensgegenstand be-treffend, sind möglich, wenn es dadurch zu keiner Irreführung über Art und Umfang des Unternehmens kommt.) Beispiel: Kurt Barta, Catering Unternehmensrechtliche Grundlagen 4

5 Personengesellschaften Offene Gesellschaft Offene Gesellschaft (OG) Vorteil - Rasche, einfache Gründung. - Erweiterte Finanzierungsmöglichkeiten im Vergleich zu Einzelunternehmer. Nachteil - Unbeschränkte, solidarische Haftung aller Gesellschafter. - Wettbewerbsverbot: Der Gesellschafter einer OG darf ohne Einwilligung der anderen Gesellschafter weder im Geschäftszweig der Gesellschaft Geschäfte machen noch an einer anderen Gesellschaft als unbeschränkt haftender Gesellschafter teilnehmen Kommanditgesellschaft Unternehmensrechtliche Grundlagen 5

6 Vorteile: - Durch die Aufnahme von beschränkt haftenden Gesellschaftern ist die Möglichkeit der Eigen- aber auch der Fremdfinanzierung größer als bei der OG. - Haftungsbeschränkung de Kommanditisten. - Rasche und einfach Gründung keine Formvorschriften beim Vertrag. Nachteile: - Persönliche, unbeschränkte Haftung des Komplementärs / der Komplementäre. - Beschränkte Kontrollmöglichkeit des Kommanditisten. - Wettbewerbsverbot: Für Komplementäre gelten dieselben Wettbewerbsvorschriften wie für die Gesellschafter einer OG. (Kein Wettbewerbsverbot für Kommanditisten). Kapitalgesellschaften Gesellschaft mit beschränkter Haftung Vorteile: - Die Haftung der Gesellschafter ist beschränkt, sie haften nicht persönlich für die Schulden. - Diese Rechtsform kann auch eine einzelne Person gründen. - Bei hohen Gewinnen günstigere Besteuerung (45,63%) als nach dem Einkommenssteuertarif (bis 50%). - Reine Kapitalgeber unterliegen keinem Wettbewerbsverbot. (Für Geschäftsführer gilt das Wettbewerbsverbot.) Unternehmensrechtliche Grundlagen 6

7 Nachteile: - Hohe Gründungskosten (Notariatspflicht für Gesellschaftsvertrag). - Immer Bilanzierungspflicht. - Bei kleinen GmbHs begrenzte Kreditfähigkeit. - Mindestkörperschaftssteuer. - Übertragung von Geschäftsanteilen mit Notariatsakt Aktiengesellschaft (AG) Aktionäre: - Diese sind Eigentümer einer Aktie oder mehrerer Aktien. - Die Haftung ist auf das Ausmaß der Beteiligung beschränkt. - Ihre Rechte sind gesetzlich genau geregelt. Vorteile: - Viele anonyme Geldgeber bringen das erforderliche Kapital auf. - Leichte Übertagbarkeit der Anteile. - Beschränkte Haftung aller Gesellschafter auf die Einlagenhöhe. Nachteile: - Hohes Mindestkapital. - Hohe Gründungskosten. - Hohe laufenden Kosten. - Immer Bilanzierungspflicht Rechte des Aktionärs Anteil am Gewinn Recht auf Gewinn-anteil (Dividende). Stimmrecht Teilnahme- und Stimmrecht in der Hauptversammlung. Jede Aktie hat eine Stimme. Bezugsrecht Bezugsrecht auf junge Aktien bei Kapitalerhöhungen, damit ihr Gesamtanteil am Unternehmen gleich bleibt. Anteil am Liquidationserlös Recht auf Anteil am Liquidationserlös bei freiwilliger Auflösung der AG. Unternehmensrechtliche Grundlagen 7

8 4.4.6 Privatstiftungen Die Privatstiftung ist eine eigentümerlose juristische Person, der vom Stifter ein Vermögen gewidmet wird. Stifter können natürliche und juristische Personen sein. Sonstige Gesellschaftsformen Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften Genossenschaften sind - Vereine von nicht geschlossener Mitgliederzahl, - deren Ziel die Förderung des Erwerbs oder der Wirtschaft ihrer Mitglieder, - durch gemeinsamen Geschäftsbetrieb oder Kreditgewährung ist. Arten der Genossenschaften - Einkaufsgenossenschaften - Verkaufsgenossenschaften - Verwertungsgenossenschaften - Nutzungsgenossenschaften - Kreditgenossenschaften - Bau- und Siedlungsgenossenschaften Unternehmensrechtliche Grundlagen 8

9 4.5 Vollmachten im Unternehmen Vollmachten im Überblick Vollmachten im Unternehmen Prokura - die am weitesten gehende Vollmacht. - darf nur von einem im Firmenbuch eingetragenen Unternehmer erteilt werden. Handlungsvollmacht - ist eine eingeschränkte Vollmacht. - darf jeder Unternehmer, aber auch jeder Prokurist erteilen Prokura Die Prokura ist die am weitesten gehende Vollmacht. - Sie darf nur von einem im Firmenbuch eingetragenen Unternehmer erteilt werden. - Eine ausdrückliche mündliche oder schriftliche Erteilung ist dazu notwendig. Der Prokurist darf: - Waren und Wertpapiere selbst-ständig ein- und verkaufen, - Angestellte und Arbeiter einstellen und kündigen, - Handlungsbevollmächtigte ernennen, - Bankkredite aufnehmen, größere Geldbeträge verwalten, - das Unternehmen bei Gericht vertreten etc. Der Prokurist darf nicht: - Unternehmensgrundstücke und Gebäude belasten und verkaufen, - das Unternehmen auflösen oder verkaufen, - die Prokura erteilen oder die eigene weitergeben, - Anmeldungen zum Firmenbuch zeichnen, - Bilanzen unterschreiben Handlungsvollmacht Die Handlungsvollmacht ist eine eingeschränkte Vollmacht, die jeder Unternehmer, aber auch jeder Prokurist erteilen darf. Der Handlungsbevollmächtigte darf: - Geschäfte und Rechtshandlungen abwickeln, die ein Unternehmen gewöhnlich mit sich bringt. Beispiel - Der Handlungsbevollmächtigte eines Restaurants darf Getränke, jedoch keine Traktoren einkaufen. Der Handlungsbevollmächtigte darf nicht: - alle Geschäfte und Rechtshand-lungen ausüben, die einem Prokuristen untersagt sind. - Wechselverbindlichkeiten eingehen. - Darlehen aufnehmen. - das Unternehmen bei Gericht vertreten. Unternehmensrechtliche Grundlagen 9