2 Ss (OWi) 425/95. Leitsatz:
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- Andreas Brinkerhoff
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1 1 2 Ss (OWi) 425/95 Leitsatz: Verjährungsunterbrechende Anordnung i.s.v. OWiG 33 Abs. 1 Nr. 1 durch Absendung eines in behördlichem Auftrag von einer Privatfirma hergestellten Anhörungsbogens Vorschrift: OWiG 33 Schlagwörter: Verjährung Anhörung
2 2 Oberlandesgericht Dresden Senat für Bußgeldsachen Aktenzeichen: 2 Ss (OWi) 425/95 22 OWi 623 Js 30039/94 AG Zwickau Beschluß vom 25. Januar 1996 in der Bußgeldsache gegen K B geboren am wohnhaft wegen fahrlässiger Geschwindigkeitsüberschreitung Verteidiger: Rechtsanwalt Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Zwickau vom wird als unbegründet verworfen. Der Betroffene trägt die Kosten seines Rechtsmittels. G r ü n d e : I. Das Amtsgericht Zwickau verurteilte den Betroffenen am wegen einer am mit seinem Pkw außerhalb geschlossener Ortschaften begangenen fahrlässigen Geschwindigkeitsüberschreitung um - nach Abzug der Toleranz - 42 km/h zu einer Geldbuße von 200,00 DM und ordnete gegen ihn ein Fahrverbot für die Dauer eines Monats an.
3 3 Durch seinen Verteidiger legte der Betroffene hiergegen am Rechtsbeschwerde ein und begründete sie nach der am erfolgten Zustellung des Urteils am Er macht das Verfahrenshindernis der Verjährung geltend, weil die hier getroffene Anordnung der Übersendung des Anhörungsbogens keine Verjährungsunterbrechung bewirkt habe und deshalb bei Vornahme der ersten verjährungsunterbrechenden Handlung (durch Erlaß des Bußgeldbescheids vom ) die Dreimonatsfrist des 26 Abs. 3 StVG bereits verstrichen gewesen sei. II. Die vom Betroffenen begangene - und eingeräumte - Ordnungswidrigkeit ist, wie vom Verteidiger zutreffend ausgeführt, nur dann noch verfolgbar, wenn das hier gewählte Verfahren der Verwaltungsbehörde eine wirksame Anordnung der an den Betroffenen gerichteten Bekanntgabe der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gegen ihn darstellt; anderenfalls ist die Verfolgung verjährt ( 33 Abs. 1 Nr. 1 OWiG, 26 Abs. 3 StVG). Die Frage ist vom Senat von Amts wegen im Wege des Freibeweises auf der Grundlage des Urteils, des sonstigen Akteninhalts und anderer vorhandener Indizien zu prüfen (BGHSt 16, 164, 166; BGHR StPO vor 1 Verfahrenshindernis, Verjährung 1; Pfeiffer in KK - StPO 3. Aufl. Einl. Rdnr. 133; Kleinknecht/Meyer-Goßner StPO 42. Aufl. 337 Rdnr. 6). 1. Hierzu läßt sich dem Akteninhalt folgendes entnehmen: Die am begangene Geschwindigkeitsüberschreitung wurde durch ein Lichtschrankenmeßgerät zuverlässig festgestellt. Der weitere Gang des Verfahrens entsprach der ständigen, in den Urteilsgründen sowie von der zuständigen Sachbearbeiterin des Regierungspräsidiums in der Hauptverhandlung allgemein dargestellten Praxis: Aufgrund der im Lichtschrankenmeßgerät festgehaltenen Daten fertigt die Polizei eine Anzeige. Daß deren Adressat das Regierungspräsidium als Verfolgungsbehörde ist
4 4 (und nicht die im weiteren Verlauf eingeschaltete Privatfirma C.), ergibt sich schon aus dem verwendeten Begriff "Anzeige", weiter aus den - allerdings wenig klar formulierten - Ausführungen des Gerichts zur Willensbildung dieser Behörde und dazu, daß in einem bestimmten späteren Verfahrensabschnitt das Regierungspräsidium "nicht weiter" eingeschaltet ist. Insbesondere aber ist dies den im Hauptverhandlungsprotokoll festgehaltenen Aussagen der Sachbearbeiterin zu entnehmen, wonach sie "die bei uns (dem Regierungspräsidium) eingegangenen schriftlichen Anzeigen der Polizei per Bildschirmgerät elektrisch erfaßt" (SA Bl. 51). Anschließend druckt die vom Regierungspräsidium beauftragte Privatfirma C. die Anhörungsbogen (mit den bis dahin ermittelten Daten) aus und sendet das Datensatzband mit diesem Inhalt an das Kraftfahrt-Bundesamt in Flensburg zur Halterermittlung. Das Kraftfahrt-Bundesamt fügt die Halterangaben bei und sendet das vervollständigte Datensatzband unmittelbar an die Firma C. zurück. Diese druckt den nunmehr vollständiger, auch mit dem Namen der Sachbearbeiterin und dem Datum der Fertigstellung versehenen Anhörungsbogen aus und sendet ihn "schon fertig einkuvertiert", an das Regierungspräsidium zurück. Anschließend wird er von dort an den Betroffenen versandt. Hierzu hat die Sachbearbeiterin ausgeführt: "Die Versendung der Anhörungsbögen erfolgt manuell aus unserer Abteilung heraus im Regierungspräsidium. Die eigentliche manuelle Versendung der Anhörungsbögen wird dann weder zunächst handschriftlich in der Akte vermerkt noch zu dem Zeitpunkt im Bildschirmterminal abgespeichert. Bei der Versendung der Anhörungsbögen vergleiche
5 5 ich nicht mehr, ob die Daten auf den Anzeigen mit den Daten auf den Anhörungsbögen übereinstimmen." Das im Anhörungsbogen ausgedruckte und den Tag seiner Fertigstellung bezeichnende Datum - im vorliegenden Fall wird von der Verfolgungsbehörde zugleich als Datum der Anordnung der Bekanntgabe gewertet. Wenn der Anhörungsbogen nach vier Wochen nicht zurückgekommen ist, bringt die Sachbearbeiterin auf dem in der Behörde verbliebenen Exemplar des Anhörungsbogens dieses Datum - im vorliegenden Fall und ihre Unterschrift an. 2. Bei dieser Sachlage ist entgegen der Auffassung des Verteidigers die Verfolgung noch nicht verjährt. Nach 33 Abs. 1 Nr. 1 OWiG wird die Verfolgungsverjährung unterbrochen (unter anderem) durch Bekanntgabe an den Betroffenen, daß gegen ihn ein Ermittlungsverfahren eingeleitet ist, oder durch die Anordnung der Bekanntgabe. Der Inhalt der Bekanntgabe ist nicht näher geregelt, jedoch kann damit nur die Mitteilung gemeint sein, welche Handlung des Betroffenen die Verfolgungsbehörde zum Gegenstand ihres Ordnungswidrigkeitsverfahrens machen will (Göhler OWiG 11. Aufl. 33 Rdnr. 16). Es versteht sich von selbst, daß auch die Anordnung der Bekanntgabe dieses Ziel haben muß. Es werden dafür aber keine weitergehenden Voraussetzungen verlangt. Insbesondere ist nicht erforderlich, daß die gegen den Betroffenen erhobene Beschuldigung dem tatsächlichen Geschehen entspricht und insoweit eine eingehende und genaue Darstellung enthält. oder daß der die Bekanntgabe Anordnende prüft, inwieweit der erhobene Vorwurf tatsächlichem Geschehen entspricht; es genügt die vertretbare Annahme eines Anfangsverdachts (Wache in KK - OWiG vor 53 Rdnr. 36, 64). Eine Prüfung wäre ihm -
6 6 abgesehen von Fällen, in denen ein Polizeibeamter unmittelbar den Verkehrsverstoß feststellt und die Maßnahme trifft - auch nicht möglich. Das Wissen des die Bekanntgabe Anordnenden vom Tatgeschehen beruht nicht auf eigener Wahrnehmung. Als Grundlage für seine Anordnung steht ihm nur zur Verfügung, was vom Meßgerät registriert und durch die Polizei in Form einer Anzeige übermittelt wurde sowie was nach Weitergabe dieser Information das Kraftfahrt-Bundesamt an Halterdaten mitgeteilt hat. Das gilt auch dann, wenn die Verfolgungsbehörde die Auskunft vom Kraftfahrt-Bundesamt selbst anfordert und diese Daten in der eigenen EDV-Anlage den aus dem Meßgerät erhaltenen hinzufügt. In diesem Fall ist nicht vorausgesetzt, daß der die Bekanntgabe Anordnende die EDV-Bearbeitung selbst vorgenommen hat oder das von dem hierfür zuständigen Bediensteten erarbeitete Ergebnis überprüft. Im Rahmen eines nach behördeninterner Organisation arbeitsteilig betriebenen Verfahrens und bei Berücksichtigung des Standes der Computer-Technik kann er das so gewonnene Ergebnis übernehmen und dessen Mitteilung an den Betroffenen anordnen. Das gilt selbst für den Erlaß des Bußgeldbescheids (vgl. hierzu OLG Dresden NZV 1996, 42 und die dort angeführte Rechtsprechung). Weitergehende Voraussetzungen für eine wirksame Verjährungsunterbrechung können der Vorschrift des 33 Abs. 1 Nr. 1 OWiG nicht entnommen werden. Unter diesen Umständen wäre es aber nicht zu begründen, daß an der Übertragung bestimmter Arbeitsgänge - hier: Veranlassung des Kraftfahrt-Bundesamts zur Vervollständigung des Datensatzbandes und Ausdruck der darauf festgehaltenen Daten - auf eine zuverlässige Privatfirma die verjährungsunterbrechende Wirkung der Anordnung scheitern soll.
7 7 An dem Ergebnis ändert es nichts, daß das Datum der Versendung des Anhörungsbogens durch das Regierungspräsidium nicht aktenkundig gemacht wird. Nach dem Willen der Behörde soll der Ausdruck des vollständigen Anhörungsbogens zugleich die Anordnung der Bekanntgabe der Einleitung des Ermittlungsverfahrens darstellen. Damit bezeichnet das im Anhörungsbogen ausgedruckte Datum seiner Fertigstellung auch das der verjährungsunterbrechenden Anordnung. Eine solche Handhabung, bei der die Behörde die von ihr veranlaßte Tätigkeit des Computers in ihren Willen aufnimmt, ist zulässig und wirksam im Sinne des 33 Abs. 1 Nr. 1 StPO (vgl. OLG Frankfurt VRS 50, 220; OLG Düsseldorf VRS 64, 455; Weller in KK - OWiG 33 Rdnr. 31; Göhler a.a.o. 33 Rdnr. 12, 46). Nach der Auffassung des Senats gilt dies auch dann, wenn die EDV-Bearbeitung in dem hier bezeichneten Umfang einschließlich Ausdruck des Fertigstellungs-/Anordnungsdatums durch eine Privatfirma nach einem von der Verwaltungsbehörde vorgegebenen Programm ausgeführt wird. Die Kostenentscheidung beruht auf 46 Abs. 1 OWiG, 473 Abs. 1 Satz 1 StPO. Freuer Maier Schwäble Vors. Richter am Richter am Richterin Oberlandesgericht Oberlandesgericht
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