Von der Verwahrung über die Förderung zur Selbstbestimmung
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- Herta Klein
- vor 6 Jahren
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3 Selbstbestimmung ist ein natürlicher, dynamischer Prozess der Individualisierung, der aus dem Unbehagen vor Abhängigkeit und Fremdbestimmung erwächst. Er zielt darauf ab, dass für jeden Menschen höchste Maß frei gewählter und selbstverantwortlicher Entscheidungen treffen zu können. (Ochel 1994, S.86) Selbstbestimmung heißt nicht zügellose Freiheit, sondern es geht darum, dass der Einzelne sich als Individuum entfalten kann, als unverwechselbare einmalige Person nach dem eigenen Fahrplan. (Sack 2005, S.63)
4 Independent-Living-Bewegung körperbehinderter Menschen in den USA (1960er Jahre) Normalisierungsprinzip von Nirje (1972) In Deutschland: seit den 1980er Jahren = vereinzelte Forderungen nach Selbstbestimmung als Unterrichtsziel, als pädagogisches Ziel zur Reduzierung sozialer Abhängigkeit Internationale Liga von Vereinigungen für Menschen mit geistiger Behinderung (ILSMH) fordert 1993 in Utrecht mehr Entscheidungskompetenz für Menschen mit geistiger Behinderung
5 Die Duisburger Erklärung (1994) Wir möchten mehr als bisher unser Leben selbst bestimmen. Dazu brauchen wir andere Menschen. Wir wollen aber nicht nur sagen, was andere tun sollen. Auch wir möchten etwas tun! Wir wollen Verantwortung übernehmen. Wir wollen uns auch um schwächere Leute kümmern. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden. Alle haben das Recht, am Leben der Gemeinschaft teilzunehmen. Wenn Politiker von Selbstbestimmung sprechen, heißt das nicht, dass sie damit Geld sparen können. Denn Selbstbestimmung heißt nicht, dass man ohne Hilfe lebt.
6 Die Duisburger Erklärung (1994) Selbst zu bestimmen heißt, auszuwählen und Entscheidungen zu treffen! Wir möchten die Wahl haben, in welche Schule wir gehen: zusammen mit Nichtbehinderten in die allgemeine Schule oder in die Schule für Geistigbehinderte. Wir möchten die Wahl haben, wo und wie wir wohnen: mit den Eltern, zu zweit oder mit Freunden, im Wohnheim, in einer Außenwohngruppe oder Wohngemeinschaft. Es soll auch Betreutes wohnen geben. Wir möchten mehr Mitbestimmung bei der Arbeit in der Werkstatt für Behinderte oder in anderen Betrieben. Wir wollen richtige Arbeitsverträge. Wir möchten soviel Geld verdienen, wie man zum Leben braucht. Wir möchten überall dabei sein! Im Sport, in Kneipen, im Urlaub, wie jeder andere auch. Wir möchten über Freundschaft und Partnerschaft selbst entscheiden. Es soll leichter sein, sich zu treffen oder sogar zusammenzuleben.
7 Die Duisburger Erklärung (1994) Jeder lernt am besten durch eigene Erfahrung! Eltern meinen es oft zu gut. Sie lassen uns nicht selbst probieren. Es ist ja nicht schlimm, wenn man Fehler macht und von vorne anfängt. Betreuer sollen uns helfen, dass wir Dinge selbst tun können. Sie sollen sich mit Geduld auf behinderte Menschen einstellen. Wir wollen zusammenarbeiten, wir sind keine Befehlsempfänger. Wie werden wir stark? Wir können mehr als uns zugetraut wird zum Beispiel allein fortgehen oder mit der Bahn fahren. Das wollen wir zeigen; auch wenn man mal etwas gegen den Willen der Eltern oder der Betreuer tun muss. Wir wollen oft mit behinderten Menschen aus anderen Orten sprechen, um zu wissen, wie sie leben. So können wir vergleichen und sagen, was besser werden soll. Wir wollen Gruppen bilden, in denen wir miteinander reden können.
8 Entstehung und Etablierung verschiedener Selbstvertretungsorganisationen People First e.v.
9 Empowerment Persönliche Assistenz Persönliches Budjet Soziale Teilhabe
10 Selbstbestimmtes Leben Filmbeispiel Wir vertreten uns selbst!
11 Versuchen Sie (u.u. aus eigenen Praxiserfahrungen mit Kindern, Jugendlichen oder Erwachsenen mit geistiger oder mehrfacher Behinderung) jeweils 2 Beispiele zu notieren, die Sie den folgenden Begriffen zuordnen würden: AUTONOMIE ABHÄNGIGKEIT
12 Welche konkreten handlungspraktischen Umsetzungen sind möglich/ notwendig, um Selbstbestimmung im schulischen Kontext zu sichern? Versuchen Sie Beispiele zu sammeln für folgende Bereiche: 1. auf der Ebene der Lehrkräfte 2. innerhalb des Unterrichtes / der Lernbereiche 3. im Rahmen des gesamten Schullebens & der Schulkultur
13 Selbstbestimmtes Leben & Lernen in der Schule (nach Harnack 1998, in Goll & Goll 1998) Ansätze für die pädagogische Haltung der Professionellen Sensibilisierung von Kollegen für die eigene pädagogische Haltung Hinterfragen des eigenen bestehenden Menschenbildes Überprüfen der eigenen Wahrnehmung und Verhaltenserwartung an Schüler mit geistiger Behinderung Anerkennung verschiedener Kommunikationsebenen und einer persönlichen Ästhetik der Schüler Zugestehen können von pädagogischer Unsicherheit Diskussion des pädagogischen Leitzieles der Selbstbestimmung in Konferenzen, Teams und Fortbildungen Erarbeitung eines gemeinsamen pädagogischen Konzeptes in Teamarbeit Anbieten von Möglichkeiten zur Teilnahme an Fortbildungen (z.b. zu Themen wie Gesprächsführung, kollegiale Beratung, Supervision etc.)
14 Selbstbestimmtes Leben & Lernen in der Schule Ansätze für den Unterricht und seine Lernbereiche Stärkeres Einbeziehen von entwicklungs- und persönlichkeitsorientierten Lernbereichen in den Unterricht Förderung des Bewusstseins über eigene Stärken und Schwächen auf Seiten der Schüler Zulassen von mehr Möglichkeiten zur Mitbestimmung und Mitgestaltung der Schüler bei der Auswahl und Aufbereitung von Unterrichtsinhalten (z.b. durch projektorientierten Unterricht) Schaffen von Lernmöglichkeiten, die einräumen, dass Schüler mit geistiger Behinderung ihre Fähigkeiten und erworbenen Fertigkeiten im realen Umfeld erproben können Anbieten von mehr Möglichkeiten zur realen Selbsteinschätzung (z.b. Zeugnisse für die Schüler, nicht nur für die Eltern schreiben und besprechen) Ermöglichung der Auseinandersetzung mit Themen wie Erwachsenwerden, Sexualität Zulassen von Frustration bei Misserfolgen der Schüler und Anbieten von Verarbeitungsmöglichkeiten Erweiterung beruflicher Grundbildung (nicht zentriert auf die Perspektive WfbM, sondern integrativ ausgerichtet auf den allgemeinen Arbeitsmarkt)
15 Selbstbestimmtes Leben & Lernen in der Schule Ansätze für das Schulleben und die Schulkultur Einrichten einer Schülersprechstunde zur Klärung persönlicher Fragen und Bedürfnisse Miteinbeziehen und Beteiligung der Schüler an grundlegenden Schulfragen (z.b. Schulhofgestaltung, Feste, Öffentlichkeitsarbeit) Wählen von Schülervertretern und Einbeziehen der Schülervertreter in die Schulkonferenzen Einbeziehen der Schüler in die eigene Förderplanung Unterstützung zur Bildung von Self-Advocacy-Gruppen anbieten Einbeziehen aller Mitarbeiter der Institution zur Erarbeitung eines Schulkonzeptes, welches u.a. die Leitziele der Selbstbestimmung und Teilhabe beinhaltet
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