Veranstaltung der Arbeitsgemeinschaft Verpackung und Umwelt e. V. am 22. März 2012
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- Katja Marielies Peters
- vor 8 Jahren
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1 - Es gilt das gesprochene Wort - Sehr geehrte Damen und Herren, die Debatte um die Gestaltung der Wertstofftonne kann nicht geführt werden, ohne die übergeordneten politischen Ziele in den Blick zu nehmen. Die Bundesregierung setzt in diesem Kontext die richtigen Schwerpunkte, in dem Wachstum und Ressourcenverbrauch zukünftig mehr und mehr von einander abgekoppelt werden sollen. Rohstoffkreisläufe sollen geschlossen und Ressourcen mehrfach statt nur einmalig genutzt werden. Zu den Maßnahmenbausteinen zählt auch das jüngst verabschiedetet Ressourceneffizienzprogramm der Bundesregierung unter dem Titel PROGRESS. Zu seinen Elementen zählten z. B. der Ausbau der Energieberatung und die Förderung von Umweltmanagementsystemen, aber auch die besondere Betonung der Bedeutung der Kreislaufwirtschaft. Ein weiterer Baustein ist das jetzt in beiden Gesetzgebungskammern verabschiedete Kreislaufwirtschaftsgesetz. Es übernimmt aus der europäischen Abfallrahmenrichtlinie die fünfstufige Abfallhierarchie, die einen Vorrang des werkstofflichen Recyclings vor dem Verheizen von Abfällen im Rahmen einer sogenannten thermischen Nutzung vorschreibt. Allerdings wird hier schon die erste Kompromisslinie vorgezeichnet, indem eingeräumt wird, dass die thermische Nutzung einem echten Recycling gleichzustellen ist, wenn der Heizwert der Abfälle besonders hoch ist. Hier wäre mehr Mut für die Förderung des Recyclings wünschenswert, ebenso wie etwa bei der Erhöhung der gesetzlich vorgeschriebenen Recyclingquote, die im Gesetz lediglich von aktuell 64 auf 65 % angehoben wird. Die konkreten Vorgaben könnten durchaus ehrgeiziger sein, damit das Ziel geschlossener Rohstoffkreisläufe tatsächlich erreicht werden kann. 1
2 Auch die Industrie verfolgt übergeordnete Ziele: So ist das aktuelle Problem der Rohstoff- Verfügbarkeit, das nicht nur Öl, sondern auch etwa seltene Erden und andere Ressourcen betrifft, schwerwiegend. Mangelnde Rohstoffverfügbarkeit heißt in diesem Kontext auch fehlende Bezahlbarkeit und die Abhängigkeit von Importen. Die Lösung spiegelbildlich zum Ansatz der Politik liegt hier in den Sekundärrohstoffen. Diese müssen eine hohe Qualität erreichen. Es sind allerdings Fortschritte bei den Produkten der Entsorgungs- und Recyclingindustrie zu verzeichnen, die darauf schließen lassen, dass wir mit dem Wertstoff-Recycling auf dem richtigen Weg sind. Im Zentrum meines Vortrages soll die Produktverantwortung der Hersteller stehen. Daher möchte ich den nun folgenden kurzen Rückblick unter folgende Überschrift setzen: Produktverantwortung in die Tat gesetzt: Der Erfolg der Gelben Tonne. Der Start der haushaltsnahen Getrenntsammlung von Verpackungsabfällen mag in den Anfängen der 90er Jahre etwas holprig gewesen sein, die Mechanik ist über die Jahre aber immer besser geworden. Daran hat v. a. der verzögert eingesetzte Wettbewerb unter den Dualen Systemen großen Anteil. Sicher gibt es auch nach wie vor Verbesserungs- bzw. Novellierungsbedarf, denn es gibt immer noch zu viele Graubereiche und Manipulationsmöglichkeiten für Trittbrettfahrer. In einer komplexen Materie wie der lizenzfinanzierten Abfallsammlung zum Zwecke des Recyclings bedarf es eben kluger Rahmenbedingungen, die ggf. nachzujustieren sind. Der bisher erzielte Erfolg spricht dafür, dass wir schon Einiges erreicht haben: Es gibt eine flächendeckende und einheitliche Sammlung. Sie funktioniert gut, keine Tonnen bleiben vor den Haustüren ungeleert stehen. Die Gelbe Tonne genießt zudem hohe Akzeptanz beim Bürger. Und dann das Stichwort Ökologie: Die große Sammeleffizienz spricht für sich; so sind bereits im Jahr 2008 nur 39 % Restmüll angefallen, die restlichen 61 % sind einer Wertstoffsammlung, z. B. der Papier- und Glassammlung zugeführt worden. Diese Verhältnisse dürften sich weiter in Richtung Verwertung und Recycling verschoben haben. Zudem wurden gewaltige Mengen an CO 2 -Äquivalenten durch werkstoffliches Recycling eingespart. Bereits 15 % der verbrauchten Rohstoffe stammen aus der Recyclingwirtschaft, Rohstoffimporte im Wert von über 8 Mrd. Euro wurden ersetzt. 2
3 Erlauben Sie mir an dieser Stelle die Dualen System und Entsorgungsunternehmen aufzufordern, die Anteile des werkstofflichen Recyclings aus der Verpackungssammlung noch weiter zu erhöhen, und die ökologisch weniger vorteilhafte Verbrennung Schritt für Schritt immer weiter zu reduzieren. Ich bin guter Hoffnung, dass dies ohnehin geschehen wird, denn es sind mittlerweile neue Märkte durch technologische Innovationen im Bereich der Recyclat-Gewinnung entstanden: Die immer höheren Qualitäten der Recyclate erlauben eine immer bessere Vermarktung, von der letztlich auch die Industrie profitiert. Mit Blick in die Zukunft darf ich zunächst festzustellen, dass das Projekt Wertstofftonne sehr sinnvoll ist: Schon jetzt ist die Gelbe Tonne eine halbe Wertstofftonne: Etwa 3,4 kg pro Einwohner und Jahr landet an stoffgleichen Nichtverpackungen über den sog. intelligenten Fehlwurf in dieser Sammlungsform. Letztlich ist es widersinnig, nur Verpackung und keine Produkte aus dem identischen Material zu sammeln. Der gemeinsame Appell von Bürger, Unternehmen und Politik lautet deshalb: Legalize it! Die Gelbe Tonne ist eine Erfolgsstory, weil sie das Ergebnis der Produktverantwortung als zentrale Idee ist. Daran kann die Wertstofftonne anschließen! Produktverantwortung heißt, der Wirtschaft Eigenverantwortlichkeit zuzubilligen. In den 90er Jahren hieß die Lösung Gelbe Tonne - mit sehr guten Ergebnissen. Ich möchte daher einen weiteren Appell an die Politik anschließen: Trauen Sie der Wirtschaft Produktverantwortung und Eigenverantwortlichkeit zu! Lassen Sie uns das erfolgreiche und beim Bürger akzeptierte System der Gelben Tonne ausweiten! Stellen Sie die Wertstofftonne in den Wettbewerb! Wenn es nun um die konkrete Gestaltung der Wertstofftonne geht, haben folgende Aspekte eine zentrale Bedeutung: Zunächst die Perspektive der Bürger. Einfachheit ist gefragt! Eine weitere Tonne im Hof oder Keller das ist in Berlin tatsächlich gang und gäbe ist kaum zu ertragen. Die Belastung mit der handstreichartig eingeführten Orange Box der Stadt Berlin neben der Gelben Tonne ist daher schnellstmöglich zu beenden. Zudem muss die Wertstoffsammlung nachvollziehbar sein. In ihr sollten alle Wertstoffe, d.h. alles, was dem Bürger als werthaltig erscheint, gesammelt werden. 3
4 Aus meiner persönlichen Perspektive sollte die Wertstofftonne daher idealer Weise auch für Elektrokleingeräte offen sein. Die Perspektive der Wirtschaft fokussiert zunächst auf die Effizienz: So soll die Sammlung ebenso gut funktionieren wie die Gelbe Tonne bisher. Darüber hinaus ist denkbar, die zu entrichtenden Lizenzkosten auf Basis der Erlöse nach einzelnen Fraktionen zu errechnen. Die Sammlung muss funktionieren, und das zu bezahlbaren Preisen. Der Effizienzfortschritt der Gelben Tonne, die durch Wettbewerb von 26 pro Einwohner jährlich auf aktuell 11 günstiger geworden ist, muss auf die Wertstofftonne übertragen werden. Die Effizienz-Evolution darf nicht rückgängig gemacht werden! Die Wertstofftonne muss effektiv sein: Trittbrettfahrertum ist auszuschließen und die Kosten auf mehr Schultern gerecht zu verteilen. Ökologische Fortschritte müssen weitergeführt und Ressourcen im großem Umfang einspart werden. Letztlich hat die Industrie ein hohes Interesse an Sekundärrohstoffen in hoher Qualität für Verarbeitung in den Produktionsprozessen. Recyclate sollten zukünftig nicht mehr nur in nicht-sichtbaren Bereichen, etwa im Inneren von Fensterrahmen oder im Fahrzeugunterboden, eingesetzt werden, sondern vollwertiger Ersatz von Primärrohstoffen sein. Was will die Wirtschaft und was bietet sie an? Industrie und Handel bieten an, die Produktverantwortung auszuweiten: Die Wirtschaft zahlt damit für die Sammlung und Verwertung von stoffgleichen Nicht-Verpackungen, die bisher noch kostenfrei entsorgt werden. Dafür ist das Lizenzmodell nach Vorbild der Finanzierung der Gelben Tonne auszuweiten. Die Herausforderung der Berechnung des Lizenzpreises für die neuen Sammlungsstoffe ist unser Erachtens nach handhabbar. Wir bieten zudem die Trägerschaft der sog. Neutralen Stelle an: Diese von so gut wie allen Beteiligten gewünschte neue Institution soll Registerfunktion und Standardsetzung für Beteiligungsvarianten am Sammelsystem übernehmen. 4
5 Sie könnte nach Vorbild des Elektroaltgeräteregisters in Gestalt einer Stiftung aufgebaut werden. Mehrere Industrieverbände und der Handel haben dem Gesetzgeber die Finanzierung und Begleitung des Aufbaus der Stelle mit Personalressourcen angeboten. Für uns ist dies eine ganz konkrete Wahrnehmung von Produktverantwortung. Unseren Angeboten fügen wir allerdings eine Bedingung an. Sie lautet schlicht: Wettbewerb! Sammlung und Verwertung müssen allen Marktteilnehmern offenstehen. D.h. selbstverständlich, dass sich auch öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger daran beteiligen können. Ich verknüpfe dies mit dem Appell: Die Politik darf keine Privilegierung von einzelnen Akteuren, etwa von kommunalen Betrieben, im Gesetz gestatten. Sie muss auf einen diskriminierungsfreien Wettbewerb setzen, an dem sich alle beteiligen können. Dies gilt auch für versteckte Zulassungsschranken in Händen der Öffentlichen Hand, wie sie sich jetzt im Kreislaufwirtschaftsgesetz finden. Bekanntermaßen dürfen in der Restmüll- und Papiersammlung nur noch solche private Unternehmen aktiv werden, die nachweislich wesentlich leistungsfähiger agieren als kommunale Unternehmen. Was wesentlich leistungsfähiger konkret bedeutet, bleibt leider Auslegungssache. Als Fazit möchte ich zusammenfassen: Die Wertstofftonne ist zeitnah einführen. Sie vereinbart auf einzigartige Weise ökologische und ökonomische Vorteile. Dazu zählen die Ressourcen-Einsparung, das Schließen von Rohstoffkreisläufen, aber auch die Schaffung von tausenden Arbeitsplätzen in der Recyclingbranche, das Erschließen neuer Märkte, das Gewinnen hochwertiger Recyclate als Substitute für Primärressourcen und der Export von Technologien. Industrie und Handel bekennen sich zu ihrer Produktverantwortung. Wir wollen die Wertstofftonne und wir sind bereit, in sie zu investieren! Unsere Bedingung lautet: Konsequenter Wettbewerb bei Sammlung und Verwertung. Lassen Sie uns die Erfolgsgeschichte Gelbe Tonne fortschreiben: Für eine bürgerfreundliche, ökologisch effektive und ökonomisch effiziente Wertstoffsammlung! 5
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