Höhere Mathematik III
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- Dorothea Frei
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1 Universität Stuttgart Fachbereich Mathematik Prof. Dr. J. Pöschel Dr. D. Zimmermann Dipl.-Math. K. Sanei Kashani Blatt 5 Höhere Mathematik III el, kb, mecha, phs Vortragsübungen (Musterlösungen) 7..4 Aufgabe 3. Einige Beispiele für Differentialgleichungen Bestimmen Sie alle Lösungen der folgenden Differentialgleichungen: (a) = + e ln(), > 0, (b) =, (c) = +, > 0. Lösung: (a) Hierbei handelt es sich um eine inhomogene lineare Differentialgleichung der Form = a() + b(), wobei a() = Konstanten. und b() = e ln(). Diese lösen wir mit Hilfe der Variation der Die allgemeine Lösung h der homogenen Gleichung = a() ist gegeben durch C h mit C R und h () = e A(), wobei A irgendeine Stammfunktion von a ist. Es ist ( ) a() d = d = [ ln ]. Damit ist zum Beispiel h () = e ln = e >0 = e. Wir machen nun den Ansatz () = C() h (). Es soll gelten ()=C() h () h ()=a() h() ()! = a()() + b() C () h () + C() h() = a()c() h () + b() C () h () = b(). Damit ist C eine Stammfunktion von b/ h. Wir haben b() e h () d = ln() ln() d = e d = (ln()) + c, c R, wobei wir das letzte Integral mit der Substitution u = ln() berechnet haben.
2 Damit ist die allgemeine Lösung der betrachteten Differentialgleichung gegeben durch ( ) () = (ln()) + c e. (b) Die Differentialgleichung ist autonom und damit separierbar. Triviale Lösungen von = sind die Nullstellen der rechten Seite, also die konstanten Funktionen 0 und. Alle weiteren Lösungen können durch Trennung der Veränderlichen gefunden werden. = d d = Durch Partialbruchzerlegung erhalten wir formal d = d = d = ln ln + c = ln d = + c. Wir haben also die Gleichung ln = + c 3 = ec 3 }{{} aufzulösen. Wir unterscheiden die folgenden Fälle: > 0 < 0 oder > : Dann ist = c 4e = c 4e. Damit ist + c, =:c 4 >0 e = c 4 e c 4 e d = () = c 4e c 4 e < 0 0 < < : Dann ist mit analoger Rechnung wie oben: () = c 4e c 4 e +. (c) Mit der Umformung = + = ( ) + sieht man, dass es sich hierbei um eine homogene Differentialgleichung handelt. Wir machen also die Substitution z() = () und erhalten ( z () = = ) ( ) + = ( ) z + z z z = z. z d.
3 Dies ist eine separierbare Differentialgleichung für z. Die allgemeine Lösung bestimmt man wieder durch einen Separationsansatz: z = z z z dz = z d. Auflösen der Integrale und Berücksichtigung von > 0 liefert z = ln()+c z() = ± (ln() + c) () = ± (ln() + c). 3
4 Aufgabe 4. Lokale Eistenz Bestimmen Sie für jedes 0 R die Lösung = () des Anfangswertproblems =, (0) = 0. Für welche R eistieren jeweils die Lösungen? Lösung: Die Differentialgleichung ist autonom und damit auch separierbar. Die triviale Lösung 0 ist die eindeutige Lösung zur Anfangsbedingung 0 = 0 und eistiert für alle R. Im Folgenden sei 0 0. Der Separationsansatz kann so modifiziert werden, dass die Anfangsbedingungen gleich berücksichtigt werden (natürlich kann man aber auch erst die allgemeine Lösung berechnen und dann die Konstante an die Anfangsbedingung anpassen): Statt der unbestimmten Integrale d = d verwenden wir bestimmte Integrale: 0 η dη = 0 d + 0 = 0 0 =0 () = 0. Damit ist der Ausdruck () nur auf R {/ 0 } definiert. Eine Lösung der Differentialgleichung muss aber auf einem zusammenhängenden Intervall definiert sein, das 0 enthält. Damit haben wir als Lösungen des Anfangswertproblems : ( 0, ) R, () = 0, für 0 < 0, R R, () = 0, für 0 = 0, (, 0 ) R () = 0, für 0 > 0. 4
5 Aufgabe 5. Qualitatives Verhalten Gegeben seien die Anfangswertprobleme (a) =, (0) = 5, (b) = sin(), (0) = 5 π. Bestimmen Sie jeweils lim (). Lösung: (a) i) Die naheliegendste Möglichkeit zur Berechnung von lim () besteht darin, zunächst die Lösung des Anfangswertproblems zu bestimmen und anschließend den Grenzwert zu berechnen. Die allgemeine Lösung der Differentialgleichung = haben wir bereits in Aufgabe 3 (a) berechnet. Die Funktionsvorschrift hing maßgeblich davon ab, ob 0 < < oder nicht. Daher müssen wir uns zunächst darüber Gedanken machen. Da 0 = 5 > gilt, ist aus Stetigkeitsgründen () > nahe für alle in einer Umgebung von 0. Damit ist zumindest nahe 0 ist somit die Funktionsvorschrift von gegeben durch () = c 4e c 4 e. Wir passen nun die Konstante c 4 an die Anfangsbedingung an. Es ist 5 = (0) = c 4e 0 c 4 e 0 = c 4 c 4 c 4 = 5 4. Da der Zähler stets größer als der Nenner ist, haben wir aber auch () > für alle > 0. Die Lösung des Anfangswertproblems ist damit gegeben durch : (ln(4/5), ) R, () = 5 4 e 5 4 e = 4. 5 e Der gesuchte Grenzwert lässt sich sofort ablesen: lim () =. ii) Bei autonomen Differentialgleichungen = f() steht noch eine besonders elegante Möglichkeit zur Lösung des Problems zur Verfügung. Dazu muss die Lösung der Differentialgleichung nämlich nicht eplizit berechnet werden (sofern dies überhaupt möglich ist). Asmptotisches Verhalten aus Phasenbild ablesen Es sei eine autonome Differentialgleichung = f() gegeben. Wir zeichnen den Graphen von f über der -Achse ein (hier f() = ). f() = 0 5
6 Die Schnittpunkte des Graphen von f mit der -Achse sind dann die trivialen konstanten Lösungen der Differentialgleichung (hier: 0 und ). Im Bereich zwischen 0 und ist f strikt positiv. Dies bedeutet aber, dass die Steigung einer Lösung der Differentialgleichung in diesem Intervall positiv ist wegen = f() > 0. D.h. diese Lösung ist streng monoton wachsend. Dies kennzeichnen wir durch einen Pfeil in positive -Richtung. Entsprechende Pfeile in negative -Richtung zeichnen wir in den Intervallen ein, in denen f negativ ist. Das qualitative Verhalten der Lösung eines Anfangswertproblems lässt sich nun aus diesem Bild (dem sogenannten Phasenbild) ablesen: Zunächst finden wir heraus, in welchem Intervall sich die Anfangsbedingung befindet. Die Lösung entwickelt sich dann in Richtung des Pfeils, der in diesem Intervall eingezeichnet wurde. Zeigt der Pfeil auf eine Nullstelle von f, so ist dies der Grenzwert lim () andernfalls haben wir () ±, je nachdem in welche Richtung der Pfeil zeigt. In unserem Beispiel gilt für : 0 (, 0) (), 0 = 0 () = 0, 0 (0, ) (), 0 = (), 0 (, ) (). (b) Sei nun die Lösung von = sin(), (0) = 5 π. Mit Hilfe des Phasenbildes lässt sich lim () denkbar einfach bestimmen: f() = sin() 0 π π 3π 4π Der Anfangswert 0 = 5 π liegt im Intervall (π, 3π). Der eingezeichnete Pfeil zeigt auf 3π, also gilt lim () = 3π. 6
7 Anhang: Mathematisch rigorose Rechtfertigung des Phasenbildverfahrens Das Verfahren ist zwar anschaulich einleuchtend, aber wir haben dafür implizite Annahmen verwendet, die wir zunächst noch beweisen müssen. Die Fragen, die noch zu klären sind, sind die folgnden..) Wieso bleibt eine Lösung immer in ihrem Startintervall?.) Lösungen sind zwar streng monoton, aber was garantiert, dass die Lösung stets gegen eine Grenze des Intervalls konvergiert und nicht schon vorher einen Grenzwert findet? Die Antwort auf die erste Frage ist eine Konsequenz aus der folgenden Eigenschaft von Lösungen von Differentialgleichungen. Hilfssatz Ist das Anfangswertproblem = f(, ), ( 0 ) = 0 für alle 0 und 0 eindeutig lösbar, so schneiden sich zwei verschiedene Lösungskurven der Differentialgleichung = f(, ) nicht. Beweis: Angenommen, es gibt zwei verschiedene Lösungskurven und, die mindestens einen Punkt gemeinsam haben. Dann gibt es ˆ,, so dass (ˆ) = (ˆ), ( ) ( ). Sei nun o.b.d.a. ˆ < und I = [ˆ, ]. Dann ist die Menge I = := { I () = ()} I nichtleer und beschränkt. Damit eistiert aber auch := sup I = und es gibt eine Folge ( n ) n N in I =, die gegen konvergiert. Damit haben wir 0 n I= = lim ( ( n ) ( n )), stetig = ( ) ( ) ( ) = ( ) =:. n Damit ist dann < und () () für alle (, ]. () Damit sind aber, beide Lösungen des Anfangswertproblems = f(, ), ( ) =, was wegen der eindeutigen Lösbarkeit des Anfangswertproblems bedeutet, dass () = () für alle in einer kleinen Umgebung von. Dies ist aber ein Widerspruch zu (). Damit ist klar, dass eine Lösung ihr Startintervall nicht verlassen kann. Dies würde nämlich bedeuten, dass eine Nullstelle von f überquert. Dort befindet sich aber eine konstante Lösung der Differentialgleichung, so dass dies einen Schnitt der beiden Lösungskurven bedeuten würde. Nach obigem Hilfssatz ist dies aber ausgeschlossen. Nun ist noch zu klären, weshalb die Lösung stets gegen eine Grenze des Intervalls konvergiert. Hilfssatz Sei f stetig differenzierbar und die Lösung des Anfangswertproblems = f(), ( 0 ) = 0 (a, b). Weiter gelte f() > 0 für alle (a, b) und f(b) = 0. Dann gilt lim () = b. 7
8 Beweis: Mit Hilfe der Trennung der Veränderlichen erhalten wir Die Abbildung F : (a, b) R mit 0 f(η) dη = F () = 0 f(η) }{{} >0 0 dξ. ist streng monoton wachsend, also mithin umkehrbar mit streng monoton wachsender Umkehrfunktion F. Damit besitzt die Lösung des Anfangswertproblems die Darstellung () = F ( 0 ) und ist somit ebenfalls streng monoton wachsend. Weiter ist b eine Lösung der Differentialgleichung. Da sich Lösungskurven aber nicht schneiden dürfen, gilt () < b für alle R. Also ist eine beschränkte und monoton wachsende Funktion, woraus folgt, dass β := lim () eistiert und kleiner oder gleich b ist. Angenommen β < b. Dann ist f() > 0 für alle [ 0, β]. Da dies ein kompaktes Intervall ist und f stetig, eistiert m := min η [0,β] f(η) > 0. Es gilt dann für alle < 0 β 0 = F (()) < lim F (()) = F (β) = 0 f(η) dη β 0 m <. Der Ausdruck ganz links ist aber nicht beschränkt, also haben wir einen Widerspruch. dη 8
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