DNotI Deutsches Notarinstitut
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- Volker Rosenberg
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1 DNotI Deutsches Notarinstitut Fax - Abfrage Gutachten des Deutschen Notarinstitut Dokumentnummer: 1414# letzte Aktualisierung: 14. Juni 2004 I. Zum Sachverhalt Ein in Deutschland lebendes Ehepaar möchte einen Erbvertrag schließen. Der Ehemann ist Italiener, seine Ehefrau Deutsche. Die Eheleute möchten ein gemeinschaftliches Testament errichten. II. Fragestellung Ist die Erbrechtswahl nach italienischem Recht auch in einem gemeinschaftlichen Ehegattentestament möglich? Sind dabei besondere Formen einzuhalten? III. Zur Rechtslage 1. Erbstatut und Rechtswahl a) Gem. Art. 25 Abs. 1 EGBGB richtet sich die Rechtsnachfolge von Todes wegen aus der Sicht des deutschen Rechts grundsätzlich nach dem Heimatrecht des Erblassers zum Zeitpunkt seines Todes. Hinsichtlich der deutschen Ehefrau gilt somit deutsches Erbrecht, hinsichtlich des italienischen Ehemannes verweist das deutsche IPR auf das italienische Recht. Soweit für den italienischen Ehemann das italienische Recht berufen ist, ist gem. Art. 4 Abs. 1 S. 1 EGBGB zunächst das IPR der italienischen Rechtsordnung danach zu befragen, ob es eine Rück- oder Weiterverweisung ausspricht.
2 2 Art. 46 Abs. 1 italienisches IPRG, welches seit dem in Kraft ist, knüpft ebenfalls an die Staatsangehörigkeit des Erblassers zum Zeitpunkt seines Todes an und beruft damit im Gleichklang mit dem deutschen IPR für die deutsche Ehefrau deutsches Erbrecht und für den italienischen Ehemann italienisches Erbrecht. b) Art. 46 Abs. 2 italienisches IPRG eröffnet jedoch dem Erblasser darüber hinaus die Möglichkeit einer Rechtswahl zugunsten des Rechts des jeweiligen gewöhnlichen Aufenthaltes. Diese Rechtswahl steht jedoch unter der Voraussetzung, daß der Testator auch im Zeitpunkt seines Todes seinen gewöhnlichen Aufenthalt noch in dem Staat hat, dessen Recht er gewählt hat. Andernfalls ist die Rechtswahl unwirksam (Art. 46 Abs. 2 S. 2 italienisches IPRG). Art. 46 italienisches IPRG bestimmt im Wortlaut: Art. 46. (Successione per causa di morte) 1. La successione per causa di morte è regolata dalla legge nazionale del soggetto della cui eredità si tratta, al momento della morte. 2. Il soggetto della cui eredità si tratta può sottoporre, con dichiarazione espressa in forma testamentaria, l'intera successione alla legge dello Stato in cui risiede. La scelta non ha effetto se al momento della morte ildichiarante. ~on risiedeva ~`ù i- tale Stato. Nell'ipotesi di successione di un cittadino italiano, la scelta non pregiudica i diritti che la legge italiana attribuisce ai legittimari residenti in Italia al momento della morte della persona della cui successione si tratta. 3. La divisione ereditaria è regolata dalla legge applicabile alla successione, salvo che i condividenti, d'accordo fra loro, abbiano designato la legge del luogo d'apertura della successione o del luogo ove si trovano uno o più beni ereditan. Art. 46. (Rechtsnachfolge von Todes wegen) 1. Die Rechtsnachfolge von Todes wegen wird vom Heimatrecht des Erblassers im Zeitpunkt seines Todes geregelt. 2. Der Erblasser kann durch eine ausdrückliche Erklärung in testamentarischer Form die gesamte Rechtsnachfolge von Todes wegen dem Recht des Staates unterstellen, in dem er seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Die Rechtswahl ist unwirksam, wenn der Erklärende sich im Todeszeitpunkt nicht mehr in diesem Staat aufhielt. Im Falle der Erbfolge nach einem italienischen Staatsangehörigen läßt die Rechtswahl die Rechte unberührt, die das italienische Recht den Pflichtteilsberechtigten des Erblassers gewährt, die im Zeitpunkt seines Todes ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Italien haben. 3. Die Teilung des Nachlasses wird durch das Recht bestimmt, das auf die Erbfolge anwendbar ist, es sei denn, die an der Erbauseinandersetzung Beteiligten haben einvernehmlich das Recht des Staates für anwendbar erklärt, in dem das Verfah-
3 3 ren über die Erbfolge eröffnet wurde oder in dem sich einer oder mehrere Vermögensgegenstände des Nachlasses befinden. Der italienische Ehemann kann daher insgesamt die Anwendung des deutschen Erbrechts wählen, da er derzeit in Deutschland wohnt. Es muß jedoch nochmals betont werden, daß die Rechtswahl dann keine Wirkung entfaltet, wenn der Erblasser zum Zeitpunkt seines Todes nicht mehr in der Bundesrepublik Deutschland seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Erfolgt eine Rechtswahl nach Art. 46 Abs. 2 italienisches IPRG, so kommt es zu einer Rückverweisung auf das deutsche Recht, welche wir gem. Art. 4 Abs. 1 S. 2 EGBGB annehmen. Darüber hinaus empfiehlt es sich, eine Rechtswahl zugunsten des deutschen Erbrechts nach Art. 25 Abs. 2 EGBGB zu treffen. Diese ist zwar nur bzgl. der im Inland belegenen Grundstücke möglich, sie ist jedoch vom gewöhnlichen Aufenthaltsort des Erblassers zum Zeitpunkt seines Todes unabhängig. 2. Statthaftigkeit eines gemeinschaftlichen Testaments a) Die Statthaftigkeit eines gemeinschaftlichen Testaments bestimmt sich aus deutscher Sicht nach dem Errichtungsstatut, Art. 26 Abs. 5 S. 1 EGBGB (MünchKomm-Birk, 2. Aufl., Art. 26 EGBGB Rn. 126). Errichtungsstatut ist das Heimatrecht des Erblassers zur Zeit der Errichtung der letztwilligen Verfügung, hier also hinsichtlich der deutschen Ehefrau deutsches Recht und hinsichtlich des italienischen Ehemannes italienisches Recht. Dieselbe Anknüpfung nimmt auch das italienische Kollisionsrecht vor (vgl. oben). Läßt man eine hier mögliche Rechtswahl zunächst einmal außer Acht, so ist zu prüfen, ob das italienische Recht eine letztwillige Verfügung in der Form eines gemeinschaftlichen Testaments zuläßt. Dem romanischen Rechtsbewußtsein folgend faßt das italienische Recht das Testament als absolut einseitiges Rechtsgeschäft auf. Es läßt daher keine Erbverträge zu, Art. 458 S. 1 Codice Civile. Darüber hinaus werden auch der Erbverzicht und jegliche andere Vereinbarung über den Nachlaß eines noch Lebenden für nichtig erklärt, Art. 458 S. 2 c.c. (vgl. Ferid/Firsching/Lichtenberger, Internationales Erbrecht, Italien, Stand: , Grdz. Rn. 70). Auch die Umdeutung eines Erbvertrages in ein Testament - etwa über Art c.c., wonach Verträge im Zweifel so auszulegen sind, daß ihnen Wirksamkeit zukommt - ist nicht
4 4 möglich (Ferid/Firsching/Lichtenberger, a.a.o., Rn. 75). Nichtig ist auch das gemeinschaftliche Testament in jeder Form (Art. 589 c.c.) sowie jede Verfügung von Todes wegen unter der Bedingung der Gegenseitigkeit (Art. 635 c.c.). Dies schließt jedoch nicht aus, daß mehrere Testatoren in selbständigen Verfügungen Bestimmungen treffen, die auf gegenseitiger Abstimmung beruhen. Diese beiden in sich getrennten Verfügungen können auch auf dem gleichen Blatte niedergelegt sein (testamento simultaneo, vgl. Ferid/Firsching/Lichtenberger, a.a.o., Rn. 75). Würde es sich dabei um ein bloßes Formverbot handeln, so wäre dies bei einer Beurkundung in Deutschland unbeachtlich, da sowohl nach deutschem wie nach italienischem IPR die Einhaltung der Ortsform genügt. Zwar ist Italien dem Haager Übereinkommen über das auf die Form letztwilliger Verfügungen anzuwendende Recht vom nicht beigetreten, jedoch ergibt sich die Anerkennung der Ortsform aus dem autonomen italienischen Kollisionsrecht, nämlich aus Art. 48 italienisches IPRG. Jedoch werden die Verbote der Art. 458 und 589 c.c. in der Rechtsprechung und Literatur einhellig als materiell-rechtlich qualifiziert (BayObLG, BayObLGZ 1957, 356, 382 ff.; OLG Frankfurt, IPRax 1986, 111, 112 m.w.n.), so daß, soweit italienisches Erbrecht anwendbar ist, nicht durch Erbvertrag oder gemeinschaftliches Testament von Todes wegen verfügt werden kann. In der italienischen Literatur ist diese Frage offenbar umstritten (vgl. Cendon, Commentario al Codice Civile, Art. 589). b) Fraglich ist, ob das Verbot von Erbvertrag und gemeinschaftlichem Testament nach italienischem Erbrecht durch eine Rechtswahl zugunsten des deutschen Erbrechts umgangen werden kann. Dies wäre nur dann möglich, wenn das Verbot von Erbverträgen nicht Teil des italienischen ordre public wäre. Soweit ersichtlich ist dies höchstrichterlich von den italienischen Gerichten noch nicht entschieden. In der deutschen Literatur wird das Verbot von Erbverträgen als Bestandteil des ordre public der romanischen Rechtsordnung gesehen (MünchKomm-Birk, a.a.o., Art. 25 EGBGB Rn. 116). Allerdings werden Erbverträge mit Beteiligung nur deutscher Staatsangehöriger, wie uns ein von uns hierzu befragter Patennotar mitgeteilt hat, in Italien regelmäßig anerkannt. Auch Palazzo (Lei Successioni, 1996, S. 210) schreibt unter Berufung auf den Cass. (2870/55), daß dieses Verbot des Erbvertrages nicht Teil des ordre public sei (ebenso Cendon, a.a.o., Art. 485 Anm. 4). Auch dürfte dieses strenge Verbot nach dem neuen IPRG mit der dort vorgesehenen Möglichkeit, eine fremde Rechtsordnung zu wählen, nicht mehr auf international-privatrechtliche Fälle anwendbar sein. Insoweit bleibt aber die Rechtsprechung abzuwarten. 3. Rechtswahl mit erbvertraglich bindender Wirkung
5 5 Sowohl bei einer Rechtswahl nach Art. 25 Abs. 2 EGBGB als auch bei einer Rechtswahl nach Art. 46 Abs. 2 italienisches IPRG ist zu fragen, ob diese auch mit Bindungswirkung erfolgen kann oder ob sie der italienische Teil später einseitig widerrufen und damit den Erbvertrag insgesamt unwirksam machen kann. Diese Frage ist in der deutschen Literatur umstritten. Die wohl h.m. geht davon aus, daß der Erblasser an eine Rechtswahl gebunden sein soll, sofern die letztwillige Verfügung selbst unwiderruflich bzw. bindend ist (vgl. Lichtenberger, DNotZ 1986, 665; Krzywon, BWNotZ 1987, 6 ff.; Pünder, MittRhNotK 1989, 5; MünchKomm-Birk, Art. 25 EGBGB Rn. 56; Tiedemann, RabelsZ 1991, 34). Andere Autoren sind hingegen der Ansicht, daß eine Rechtswahl frei widerruflich sei, da sie nicht zu den in 2270 Abs. 3 und 2278 Abs. 2 BGB abschließend aufgezählten möglichen Verfügungen mit Bindungswirkung gehöre (Palandt/Heldrich, 55. Aufl., Art. 25 EGBGB Rn. 8; Kühne, IPRax 1987, 74; Staudinger/Dörner, 13. Aufl. 1995, Art. 25 EGBGB Rn. 514). Folgt man der h.m. ist vorliegend eine Rechtswahl mit bindender Wirkung möglich. U.E. ist also auf der Grundlage einer Rechtswahl die Errichtung eines Erbvertrages der Eheleute möglich. Nachdem jedoch mehrere diesbzgl. Streitfragen noch nicht abschließend von der Rechtsprechung geklärt sind, würden wir zusätzlich unbedingt die Errichtung zweier Einzeltestamente empfehlen. Sollte das Nachlaßgericht den Erbvertrag für unwirksam halten, läge zumindest noch eine zweifelsfrei wirksame Verfügung im Testament vor. 4. Form des Erbvertrages/Testaments Aus deutscher Sicht findet hinsichtlich der Frage der einzuhaltenden Testamentsform das Haager Übereinkommen über das auf die Form letztwilliger Verfügungen anzuwendende Recht vom (Testamentsübereinkommen) Anwendung. Dieses Übereinkommen ist gem. seinem Art. 6 als loi uniforme ausgestaltet, so daß es auch gegenüber Nichtvertragsstaaten (Italien ist dem Übereinkommen nicht beigetreten) Anwendung findet. Das Testamentsübereinkommen bestimmt in seinem Art. 1, daß letztwillige Verfügungen hinsichtlich ihrer Form gültig sind, wenn sie entweder der Form entsprechen, die der Ort, an dem der Erblasser letztwillig verfügt hat (Art. 1 Abs. 1a) oder die Form wahren, die der Ort am Wohnsitz bzw. am gewöhnlichen Aufenthalt zum Zeitpunkt der letztwilligen Verfügung des Testators (Art. 1 Abs. 1c und d) vorsieht. Danach ist an der Formwirksamkeit eines in der Bundesrepublik Deutschland notariell errichteten Testaments nicht zu zweifeln. Gem. Art. 4 findet es auch auf gemeinschaftliche Testamente Anwendung.
6 6 Das Testamentsübereinkommen erfaßt jedoch nicht den Erbvertrag (MünchKomm-Birk, a.a.o., Art. 26 Rn. 42, 61). Die Formgültigkeit des Erbvertrags richtet sich somit nach dem autonomen deutschen Recht. Gem. Art. 26 Abs. 4 i.v.m. Abs. 1 Nr. 1 EGBGB reicht die Wahrung der Ortsform insofern ebenfalls aus. Da Italien dem Testamentsübereinkommen nicht beigetreten ist, ist das auf die Form des Testaments (bzw. des Erbvertrags) anwendbare Recht nach den autonomen Kollisionsregeln des italienischen Rechts zu bestimmen. Art. 48 italienisches IPRG läßt für die formelle Gültigkeit einer Verfügung von Todes wegen die Wahrung entweder der Ortsform zur Zeit der Errichtung der Verfügung oder aber der Ortsform bzw. des Heimatrechts des Erblassers zur Zeit seines Ablebens genügen. Somit bestehen auch aus italienischer Sicht gegen die Formgültigkeit eines vor einem deutschen Notar errichteten Testaments/Erbvertrags keine Bedenken. Dieses Gutachten ist nicht zur Weitergabe an Dritte bestimmt. Es gelten die allgemeinen Leistungsgrundsätze des Instituts.
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