Gedanken, solange ich an seiner Seite ging. Das Leben auf der Walz war ganz schön aufregend für mich. Manchmal saßen wir abends in großer Runde
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- Berndt Armbruster
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2 Gedanken, solange ich an seiner Seite ging. Das Leben auf der Walz war ganz schön aufregend für mich. Manchmal saßen wir abends in großer Runde zusammen und die erfahrenen Wandergesellen erzählten von ihren Abenteuern auf der Straße. Je länger der Abend wurde, umso gewaltiger wurden dabei ihre Taten. Aber als das Jahr langsam zu Ende ging, machte der Leu mir in seiner knappen Art deutlich, dass ich nun alleine zurechtkommen müsste. Ganz sicher schien er sich allerdings nicht zu sein, dass ich das schaffen würde, als er sich verabschiedete. Jetzt war ich zum ersten Mal ganz allein unterwegs und versuchte mir Mut zu machen auf dem Weg nach Augsburg: Wird schon, Franz, das wird schon. Eine undurchdringliche Nebeldecke lag über der
3 Autobahn und dem Rastplatz Augsburg. Auf dem Parkplatz eilte ich zwischen Autos hin und her und sprach jeden an, ob man mich nach Stuttgart mitnehmen könnte. Einer fuhr nach Ulm. Ich war nicht sonderlich scharf darauf, Ulm kennenzulernen. Ulm brummt nicht, hatte ich von anderen Wandergesellen gehört, was so viel bedeutete wie: Mach besser einen Bogen um diese Stadt. Es sei schwer, dort zurechtzukommen und einen Schlafplatz zu finden. Aber an diesem Nachmittag kam ich nicht mehr weiter, Stuttgart war noch zu weit entfernt. Also nach Ulm. Es war schon dunkel, als ich am Hauptbahnhof ausstieg. Im diffusen Dämmerlicht der Straßenlampen versuchte ich mich zu orientieren. Das Ulmer Münster schälte sich aus dem finsteren Grau heraus,
4 es hing wie ein riesiges Ausrufezeichen über der Stadt, das zur Vorsicht mahnte. Weit und breit war kein anderer Wandergeselle zu sehen. Wir haben in jeder Stadt unsere Treffpunkte. In bestimmten Kneipen kamen Wandergesellen zusammen, am Tresen saßen dann auch ehemalige Tippelbrüder, die sich nach der Walz als Handwerker niedergelassen hatten. In solchen Runden war es leicht, eine Bleibe für die Nacht zu finden. Aber in Ulm gab es keine Szene für Wandergesellen, ich war auf mich allein gestellt. Langsam wurde es Zeit, dass ich einen Schlafplatz klarmachte. Für Übernachtungen zu bezahlen, das sieht unser Alltagsbudget nicht vor. Oft fragen wir in Jugendherbergen nach und bieten für einen Schlafplatz Gegenleistungen an: Abwaschen, sauber
5 machen oder kleinere Reparaturen, schließlich sind wir Handwerker. Aber wenn jemand Geld dafür haben will, sagen wir besten Dank und suchen weiter. Vielleicht könnte ich bei Lisa unterkommen, der Freundin meines Bruders Paul, die in Ulm studierte? Als ich nach mühsamer Suche schließlich das Mietshaus erreichte, in dem Lisa lebte, war die Wohnung dunkel. Später erfuhr ich, dass Lisa gar nicht in der Stadt war. Sich vorher anzukündigen, das gewöhnt man sich schnell ab auf der Walz: Spontan zu sein, das gehört zu unserem Leben. Wandergesellen sind ohne Handy oder Laptop unterwegs, die sind tabu wir sollen uns auf das Reisen und Arbeiten konzentrieren, uns mit den Menschen beschäftigen, denen wir begegnen. Seit ich auf der Wanderschaft war,
6 entschied ich beinahe alles aus dem Bauch heraus, ich meldete mich nirgendwo an und nirgendwo ab. Aber an diesem frostigen Januarabend in Ulm wäre ich froh gewesen, wenn jemand auf mich gewartet hätte, mit einem Abendessen auf dem Herd und einem Schlafplatz im Warmen. So aber blieb nur die Jugendherberge übrig. In Ulm liegt die Jugendherberge auf dem Kuhberg. Langsam ging ich den steilen Weg nach oben, versuchte meinen Atem zu kontrollieren und die Füße durch die gleichmäßige Bewegung warm zu halten.»heute geschlossen«: Erschrocken las ich das Schild, als ich endlich oben angekommen war. Weiter, hämmerte es in meinem Kopf, ich musste ein Dach über dem Kopf finden, bevor es noch kälter wurde. So schnell wollte
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