Was bietet Löten mit Vakuumprofilen? Teil 1
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- Hildegard Maier
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1 Was bietet Löten mit Vakuumprofilen? Teil 1 Helmut Öttl, Applikation und Projekt-Management, Rehm Thermal Systems Einleitung Im Bereich der Elektronikfertigung steigen ständig die Anforderungen an die sogenannte Voidfreiheit von Lötstellen, also eine Reduzierung bzw. Eliminierung von Hohlräumen in der Verbindungtechnik zwischen Bauteilanschlüssen und Anschlusspads. Durch immer neue Varianten der sogenannten Bottom Terminated Components (BTC), wie sie in Abbildung 1 zu sehen sind, stehen täglich neue Herausforderungen an. Nicht nur die Anschlussgeometrien sind entscheidend, sondern es geht dabei um zahlreiche Stolperfallen. In dem ersten Teil werden die Motivation und einige Grundlagen näher erläutert, welche im zweiten Teil dann um Ergebnisse und Ausblicke erweitert werden. Abbildung 1: BTC (Quelle: IPC7093) Die Einflüsse in der Baugruppenfertigung auf die Lötstellenausbildung und somit auf deren Qualität ist durch unüberschaubar viele Parameter beeinflusst, die immer schwerer zu kontrollieren bzw. zu beherrschen sind. In der Abbildung 2 ist im Arbeitskreis Poren eine Übersicht zu den Faktoren aufgestellt worden, die einen ersten Einblick in die Komplexität der Problematik bietet. Hier gibt es allerdings nur zwei Faktoren, die kurz vor der Produktion der betreffenden Baugruppen benutzt werden können, um die Ausbildung von Voids zu reduzieren bzw. zu eliminieren. Zum einen ist dies die Schablone und die Gestaltung der Apertur, zum anderen die Nutzung der Vakuumtechnologie beim Löten selber. Hierbei kann das Vakuumlöten sogar im Produktionsprozess als Feuerwehr bei kurzfristig erhöhtem Auftreten von Hohlräumen genutzt werden. Somit steht der Nutzung von Standardverfahren und Standardlotprofilen für die Serienproduktion nichts im Wege und es kann flexibel auf 1
2 evtl. Schwankungen der Zulieferqualität von Bauelementen, Leiterplattenoberflächen oder Chargenschwankungen bei Pasten reagiert werden. In modernen Vakuumlötanlagen wie der CondensoX sind neben der Serienproduktion auch Reparaturen von Baugruppen möglich, bei denen im ersten Lötdurchgang auf einer herkömmlichen Lötanlage zu große Hohlräume erzeugt wurden und diese sonst als Verwurf gekennzeichnet werden müssten, da sie die Kriterien der einschlägigen IEC Normen oder IPC Richtlinien verletzen. Abbildung 2: Einflussfaktoren auf Voids und Zuverlässigkeit (Quelle: AK Poren; Dr. Wohlrabe, TU Dresden) Die Definition des Vakuums ist in der DIN wie folgt definiert: Vakuum heißt der Zustand eines Gases, wenn in einem Behälter der Druck des Gases und damit die Teilchenzahldichte niedriger ist als außerhalb oder wenn der Druck des Gases niedriger ist als 300 mbar, d.h. kleiner als der niedrigste auf der Erdoberfläche vorkommende Atmosphärendruck. 2
3 Abbildung 3: Prozesskammer der CondensoX zum Löten bei ruhender Baugruppe mit Vakuum Dabei wird in modernen Vakuumanlagen nicht mehr nur vom einfachen Absaugen der Atmosphäre gesprochen, sondern der Anwender hat die Möglichkeit die Steilheit (Gradienten) des Vakuumziehens zu beeinflussen sowie Haltezeiten bei einem festgelegten Druck einzustellen. Damit erhalten vor allem sensitive Bauelemente oder auch Flussmittel die Möglichkeit, sich den Umgebungsbedingungen anzupassen. Ansonsten sind Bauteilschädigungen oder Lotspritzer die Folge. Diese Vakuumprofilierung ist aber nicht als separater Schritt zu sehen, sondern steht während des gesamten Lötprozesses zur Verfügung. Damit können sie neben dem Temperaturprofil auch die Druckverhältnisse anpassen und damit verschiedene Aufgaben erfüllen. Sie können in der Lotpaste aufgenommen Luftfeuchte vor dem Löten entfernen oder bei z.b. 160 C das gesamte Gas im Prozess austauschen, um entweder die aus dem Leiterplattenmaterial und der Lotpaste ausgedampften Residues zu entfernen, damit diese nicht im Kühlprozess auf Bauteilen kondensieren können (z.b. Optiken). Die CondensoX bietet hier dem Anwender die größtmögliche Flexibilität um auf verschiedenste Aufgaben zu reagieren und gezielt und reproduzierbar auf den Herstellungsprozess der Baugruppe einzuwirken. Als Vorschau auf den zweiten Teil wird in der Abbildung 4 das verwendete Vakuum- und Temperaturprofil gezeigt, mit dem BGA- und QFN-Bauteile auf der CondensoX in der Fallstudie gelötet wurden. Dabei wurden die Baugruppen nicht nur mit und ohne Vakuum gelötet, sondern es wurde auch die Schablonenapertur variiert. Hier soll sich zeigen inwiefern das Voidergebnis in beiden Lötprozessen beeinflusst werden kann. 3
4 Abbildung 4: Ausgewähltes Vakuumprofil für die Lötaufgabe Rechteck Polygon Kreis 9er Matrix Quadrate Fläche = 21,1 mm² Fläche = 13,37 mm² Fläche = 14,11 mm² Fläche = 18,3 mm² Fläche = 14,4 mm² 100 % 63 % 67 % 87 % 68 % Tabelle 1: Verwendete Aperturen für die BTC-Lötung 4
5 Was bietet Löten mit Vakuumprofilen? Teil 2 Helmut Öttl, Applikation und Projekt-Management, Rehm Thermal Systems Einleitung Nachdem im ersten Teil der Einstieg in das Thema Löten mit Vakuumprofilen gefunden wurde, folgt nun im zweiten Teil eine Vertiefung und die Diskussion der erzielten Lötergebnisse. Abbildung 1: Aufbau des Testlayouts mit fünf verschiedenen Aperturen für BTC-Bauteile In der Abbildung 1 wird das Gesamtlayout des Testboards gezeigt, wobei in dieser Auswertung nur die Bauteile mit Masseanschlüssen zu betrachten sind. Dabei sind auf jeder Leiterplatte zwei identische Aperturen pro Variation vorgesehen. Die beiden Schablonen wurden hierbei noch in der Dicke und in der Herstellungsart variiert. Eine Schablone wurde ohne zusätzliche Veredelungsschritte mit einer Dicke von 120 µm verwendet. Als Gegenstück dazu wurde die andere Hälfte der Boards mit einer plasmabeschichteten und elektropolierten Variante und einer Schablonendicke von 110 µm verwendet. Der Unterschied der Lötprofile ist in Abbildung 2 durch den Einsatz des gesteuerten Vakuumprofils im rechten Abbild zu erkennen. Im Vorheizbereich wurde ein sogenanntes 5
6 Vorvakuum eingesetzt, welches den Versuchsablauf stabilisiert, da die Lötversuche über einen Tag verteilt waren und somit z.b. die Feuchtigkeitsaufnahme der Lotpaste zu Verfälschungen im Ergebnis führen kann. Durch die Absenkung des Druckes lassen sich hier stabile Verhältnisse realisieren. Durch den Einsatz des Hauptvakuums zur Reduzierung der Voidbildung wurde die Zeit über Liquidus um 30 s verlängert. Dabei wurden ein Enddruck von 10 mbar und eine Haltezeit von 10 s eingestellt. Da eine Voidreduzierung hauptsächlich im schmelzflüssigen Zustand erfolgen muss und nicht beliebig schnell erfolgen kann und darf, muss eine Verlängerung der Aufschmelzzeit in Kauf genommen werden. Abbildung 2: Lötprofil ohne Vakuum auf der linken Seite im Vergleich zum Vakuumprofil mit 10 mbar und 10 s Haltezeit auf der rechten Seite Der Vergleich des Lötergebnisses beider Profile ist in Abbildung 3 zu sehen. Hier können leichte Unterschiede bei den Apertur bezogenen Ergebnissen erkannt werden, diese können aber nicht als signifikant eingestuft werden. Signifikant ist hier das Ergebnis bei dem Vakuumwert von 10 mbar, mit dem alle Lötstellen mit einem Voidanteil <2 % erzeugt wurden. 6
7 Abbildung 3: Vergleich der Schablonengeometrien mit und ohne Vakuumprozess 7
8 Das Ergebnis aus dem Extremvergleich von Löten bei Umgebungsdruck und Vakuum mit 10 mbar wird auch durch den Testlauf bei 100 mbar bestätigt. Auch hier können der Voidanteil (<3 %) und die Voidanzahl signifikant reduziert werden. Zudem kann hier die Wahl der Aperturgeometrie und der Schablonenart ebenso wenig das Ergebnis beim Vakuumlöten signifikant beeinflussen. Subjektiv bekommt man allerdings den Eindruck, dass hier die Plasmaschablone tendenziell etwas weniger Voiding hinterlässt, was sich auf das bessere Auslösen der Paste und den damit verbundenen stabileren Druck zurückführen lassen könnte. Damit wäre der stabile und gleichbleibende Pastendruck als Einflussparameter zu berücksichtigen. Zusammenfassung Das Löten mit dem gezielten Einsatz von Vakuum kann zu einer deutlichen Reduzierung der Voidanzahl und des Voidgehaltes beitragen. Damit keine negativen Einflüsse wie Schädigung sensitiver Bauteile oder Lötspritzer auftreten, sollte die Druckkurve ebenso profiliert werden können wie ein Temperaturprofil. Der Einsatz von verschiedenen Aperturgeometrien oder verschieden beschichteter Schablonen müssen beim Vakuumlöten nicht zwangsläufig signifikante Unterschiede zeigen. Die Theorie von Ausgasungskanälen können hier nicht bestätigt werden, da diese schon im Vorheizbereich verschwinden. Viel mehr kann die Aufteilung eines großen Massepads positiven Einfluss auf das Druckverhalten und die Druckstabilität (siehe z.b. Ausschöpfen/Scooping etc.) haben, welches zu einem besseren Ergebnis führen kann. Genauso wenig kann ein pauschaler Druckwert angegeben werden, der immer zum optimalen Ergebnis führt. Abhängig von der Nassschichtdicke, der gewählten Lotpaste und der Schablonenapertur können Ergebnisse kleiner 2 % Voidanteil mit Druckwerten zwischen 10 mbar und 100 mbar erreicht werden. 8
9 Abbildung 4: Vergleich der Schablonengeometrien, Schablonentyp und Lötprozess 9
10 Was bietet Löten mit Vakuumprofilen? Teil 3 Helmut Öttl und Paul Wild, Rehm Thermal Systems Einleitung Nachdem in den ersten beiden Teilen der Einfluss von Aperturvariationen und Vakuum auf die Voidanzahl und den Voidgehalt bei BTC Bauteilen (Bottom Terminated Components) beschrieben wurde, wird im dritten Teil ein weiterer Vorteil des gezielten Einsatzes von Vakuum aufgezeigt. Durch die gleichmäßige Verteilung des Dampfes im Vakuum konnte hier der 3-dimensionale Lötprozess eines MID-Bauteils (Molded Interconnect Devices/ spritzgegossener Schaltungsträger) signifikant verbessert werden. Einsatz der MID-Technologie Die MID-Technologie kommt insbesondere dann zum Einsatz, wenn eine deutliche Miniaturisierung, geometrische Gestaltungsfreiheit und eine Reduzierung der Komponentenanzahl einer Baugruppe gefordert wird. Dafür werden bei der Konzeption und Entwicklung die in der Regel auf verschiedene Komponenten verteilte elektrische- und mechanische Eigenschaften in einer MID-Komponente vereinigt. So wurde in Rahmen des BMBF Verbundvorhabens IEKU (Nr.: V3EAAS010) ein intelligentes energieautarkes Drucksensorsystem mit einem Gehäuse in MID-Technologie entwickelt. In Abbildung 1 (links) sind die einzelnen Prozessschritte der LPKF-LDS -Technologie bei der Herstellung des Schaltungsträgers dargestellt. Durch das MID-Gehäuse konnte der Sensor sehr kompakt und mit reduzierter Anzahl der Komponenten ausgeführt werden. Abbildung 1: Das mit LPKF-LDS - Technologie hergestellte Gehäuse (links) und über die Höhe verteilten Bestückungsebenen eines energieautarken Drucksensors (rechts). Quelle: BMBF Verbundvorhaben IEKU (V3EAAS010). 3D-MID-Gehäuse Die dreidimensionale Gestaltung des Gehäuses führt dazu, dass die Kontaktstellen zwischen dem Schaltungsträger und den Leiterplatten über die Höhe verteilt sind (Abbildung 1 rechts). 10
11 Wie in Abbildung 2 dargestellt, wurde das Gehäuse in der für Dampfphasenlöten schlechtesten Position, nämlich als Becher, gelötet. Bei herkömmlichen Anlagen führt eine solche Ausrichtung des Bauteils zu einer hohen Verschleppung des Dampfphasenmediums. Daraus resultieren sich unterschiedlich schnelle Aufheizung der Lötstellen, Mediumverlust aus der Anlage und eine negative Beeinflussung des Lötprofils. Um diesen Effekt zu untersuchen, wurde zuerst ein Lötversuch unter Dampfphase mit einem bleifreien Temperaturprofil durchgeführt. Lötversuch unter Dampfphase ohne Vorvakuum Dafür wurden, wie in Abbildung 2 (links) dargestellt, Thermoelemente auf verschiedenen innenliegenden Bestückungsebenen sowie auf dem oberen und unteren Gehäuserand aufgebracht. Zuerst wurden die Temperaturprofile am Bauteil beim Einspritzen des Galdens unter Umgebungsdruck und mit nachfolgendem Hauptvakuum aufgenommen. Wie in Abbildung 2 (rechts) zu sehen ist, zeigen die Messergebnisse deutliche Unterschiede der Aufheizgeschwindigkeiten auf. Die starken Differenzen bei der Temperaturentwicklung am Bauteil können auf zwei Ursachen zurückgeführt werden: zum einen verursacht die sich beim Dampfphasenlöten von unten nach oben aufsteigende Dampfschicht einen über die Höhe des Gehäuses zeitlich verzögerten Wärmeeintrag und zum anderen kann die Luft aus den unteren Bereichen nicht vollständig verdrängt werden. Diese beiden Effekte beeinflussen die zeitliche Entwicklung des Temperaturgradienten und somit auch das Aufheizverhalten des Bauteils. Abbildung 2: Position der Thermoelemente und Ausrichtung des MID-Gehäuses (links) und die gemessenen Temperaturprofile (rechts) beim Dampfphasenlöten mit Hauptvakuum. Lötversuch unter Dampfphase mit Vorvakuum Im nächsten Untersuchungsschritt wurde der Versuch bei gleicher Bauteilausrichtung und Fühlerposition unter Anwendung des Vorvakuums wiederholt. Gleich zur Beginn des 11
12 Lötprozesses wurde ein Vorvakuum von 100 mbar aufgebaut und das Galden eingespritzt. Die in Abbildung 3 dargestellten Messergebnisse zeigen beim Dampfphasenlöten unter Vakuum eine deutlich gleichmäßigere Temperaturentwicklung an verschiedenen Bauteilpositionen, die einen gleichmäßigen Übergang über den Liquiduspunkt bei unterschiedlichen Bestückhöhen ermöglicht. Verteilung des Galdendampfes in der Prozesskammer Unter der Anwendung des Vakuums bildet sich beim Vorwärmen und Löten statt einer nach oben aufsteigenden Dampffront eine gleichmäßige Verteilung des Galdendampfes in der Prozesskammer. Damit wird der Nachteil des Temperaturgefälles bei konventionellen Dampfphasenanlagen (je näher an der Wärmequelle desto früher wird erwärmt) und Konvektionsanlagen (je näher an der Wärmequelle desto früher und höher wird erwärmt) vermieden. Dies wird durch das Fehlen größerer zu verdrängenden Luftmassen und der schnelleren Ausbreitung der Gasmoleküle im entspannten Raum hervorgerufen. Diese Effekte wirken sich positiv auf die Profilierung des Lötprozesses und somit auf die Qualität der Lötstellen. Abbildung 3: Gemessene Temperaturprofile an verschiedenen Bauteilpositionen beim Dampfphasenlöten mit Vor- und Hauptvakuum. 12
13 Zusammenfassung Durch die Anwendung des Dampfphasenlötens in Kombination mit Vakuum lassen sich neben der Reduktion der Voidanteile auch geometriebedingte Abweichungen der Temperaturprofile beheben. Wie am Beispiel der Temperaturprofilmessungen an einem MID- Gehäuse gezeigt, konnte durch das Vorvakuum eine deutliche Annäherung der Aufheizgradienten an allen Messstellen erreicht werden und das vom Dampfphasenlöten bekannte kleine Delta T bei der Peaktemperaturen wurde beibehalten. Weiterhin kann die Anwendung des Vorvakuums zu einem schnelleren und gleichmäßigeren Aufheizen von Baugruppen mit größeren thermischen Massen angewendet werden. Zusammenfassend lässt sich daraus schließen, dass das Vakuum beim Dampfhasenlöten einen zusätzlichen und sehr flexiblen Einflussparameter zur Evaluierung eines optimalen Lötprofils bietet und darüber hinaus eine Galdenverschleppung bei Bauteilen mit Bechergeometrie verhindert. Über Rehm Thermal Systems Mit der Idee, kleine, günstige Reflow-Lötanlagen mit einer zu öffnenden Prozesskammer zu bauen, wurde die Firma Rehm 1990 gegründet. Durch Einfach. Mehr. Ideen. im Bereich thermische Systemlösungen für die Elektronikindustrie ist Rehm heute Technologie- und Innovationsführer für die moderne und wirtschaftliche Elektronik-Baugruppen-Fertigung. Als global agierender Hersteller von Löt- und Trocknungssystemen sind wir in allen relevanten Wachstumsmärkten vertreten und realisieren als Partner für unsere Kunden Fertigungslösungen, die Standards setzen. Kontakt Rehm Thermal Systems GmbH Leinenstraße Blaubeuren-Seissen info@rehm-group.com 13
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