5. Grundgleichungen der Magnetostatik

Transkript

1 5. Grundgleichungen der Magnetostatik 5.1 Divergenz der magnetischen Induktion Wir bestimmen etzt die eldgleichungen der Magnetostatik, d.h. infinitesimale (lokale Gleichungen für die magnetische lussdichte, die zu den integralen Beziehungen aus Kap. 4 äquivalent sind. Die Gleichung (4.16 B( = µ 4π d 3 ( ( 3 kann wegen 3 = 1 auch als B( = µ ( d 3 ( 1 4π geschrieben werden. Den Integranden formen wir um (Komponente α des ektorprodukts, mit Summenkonvention: { ( } ( 1 = ɛ αβγ β ( 1 γ α = ɛ β ( αγβ γ { γ ( } ( = ɛ αβγ β = Im zweiten Schritt haben wir benutzt, dass β ( unabhängig von ist, sodass γ β ( =, und die Antisymmetrie ɛ αβγ = ɛ αγβ ; im dritten Schritt haben wir Indizes β γ umbenannt. Damit finden wir: B( = µ 4π ( d 3 Gemäß (5.1 kann also B in der orm (, (5.1 B = A (5. 65 α dargestellt werden mit A( = µ ( d 3 4π. (5.3 Gl. (5. ist das vektorielle Analog der Gleichung E = Φ, durch die das elektrische eld mit dem elektrischen Potential in Beziehung gesetzt wird. A( nennt man das ektor-potential. Dann wird die Divergenz von B B = ( A =. (5.4 Gleichung (5.4 entspricht formal E = ρ ɛ, (5.5 und zeigt, dass es keine magnetischen Ladungen gibt. Bilden wir nämlich die zu (5.4 korrespondierende integrale Aussage d 3 B = df B =, (5.6 so sehen wir, dass der luss der magnetischen Induktion durch eine geschlossene läche verschwindet. Der magnetische luss ist die über eine läche integrierte magnetische lussdichte B. Der ergleich mit: df E = Q, (5.7 ɛ erklärt die obige Aussage. 5. Rotation der magnetischen lussdichte B In der Elektrostatik hatten wir für die Rotation des elektrischen eldes gefunden E = (5.8 oder gleichwertig ein Linienintegral entlang des geschlossenen Weges um eine läche d E = (5.9 66

2 nach der ormel von Stokes. Entsprechend wollen wir im folgenden das Linienintegral d B (5.1 über einen geschlossenen Weg untersuchen und dann über die ormel von Stokes B berechnen. Langer, dünner Leiter Wir betrachten zunächst einen unendlich langen, dünnen, geraden Leiter. Dafür hatten wir in Abschnitt 4.3 B( = Iµ e ϕ (5.11 πr gefunden, wobei r der Abstand vom Leiter ist, I die Stromstärke und e ϕ die Richtung angibt: die eldlinien laufen konzentrisch um den Leiter. Als Weg betrachten wir zunächst eine geschlossene (stückweise glatte Kurve in der Ebene senkrecht zum Leiter, die den Leiter umfasst (siehe ig. 5.1, den Rand der läche. ϕ I Dann wird: d B = Iµ π d e ϕ r e ϕ y Abbildung 5.1: Geschlossene Kurve in der y-ebene mit Rand. = Iµ dϕ = Iµ. (5.1 π Wenn S den Strom nicht umfasst, so gilt: d B = ( Allgemeine Stromverteilung Die obigen Ergebnisse lassen sich verallgemeinern, indem man Ströme vom oben diskutierten Typ superponiert und geschlossene Raumkurven aus ebenen Wegstücken zusammensetzt. Ohne auf Beweis-Details einzugehen - was Aufgabe der Mathematik ist - halten wir als generelles Ergebnis fest: d B = µ I, (5.14 wobei I die Stromstärke des von umschlossenen Stromes ist. Dies ist als Ampèresches (Durchflutungs-Gesetz bekannt. Bemerkung Umläuft der Weg des Linienintegrals den Strom n-fach, so ist I durch ni zu ersetzen. Rotation von B Die zu Gl. (5.9 analoge integrale Aussage (5.14 können wir mit Hilfe des Integralsatzes von Stokes (siehe Gl..1 in eine differentielle Beziehung umwandeln. Der Satz von Stokes gestattet, das obige Linienintegral in ein Oberflächenintegral umzuformen: d B = d f ( B (5.15 wobei eine beliebige glatte, in den geschlossenen Weg eingespannte, orientierbare läche ist. und liegen im Definitionsbereich des stetig differenzierbaren ektorfeldes B. Mit Gl. (5.15 ergibt sich aus (5.14: d B = d f ( B = µ I = µ oder, da beliebig gewählt werden kann: d f, (5.16 B = µ. (5.17 Im Gegensatz zum elektrostatischen eld E mit E = ist also das B-eld nicht wirbelfrei. 5.3 ektor-potential und Eichung Statt B bei gegebener Stromverteilung aus Gl. (5.4 und (5.17 zu berechnen, wollen wir entsprechend der Poissongleichung für das elektrostatische 68

3 Potential Φ eine Differentialgleichung herleiten, aus der wir das ektorpotential A bestimmen können; die magnetische Induktion kann daraus dann einfach durch Differenzieren gewonnen werden (Kap. 5.1 : B = A, (5.18 Aus der Differentialgleichung für das ektor-potential soll sich A bei gegebener Stromverteilung berechnen lassen. Wir bilden zunächst die Rotation von B aus Gl. (5.18: ( A = µ = ( A A. (5.19 Coulomb-Eichung Der 1. Term auf der rechten Seite in (5.19 lässt sich mittels einer sog. Eichtransformtion beseitigen, indem man ausnutzt, dass A über (5.18 nicht eindeutig definiert ist. Das eld B ändert sich nämlich nicht, wenn man die Eichtransformation A A = A + χ (5. durchführt, wobei χ eine beliebige (mindestens zweimal partiell differenzierbare skalare unktion ist. Denn: A = A + ( χ = = A, (5.1 da die Rotation eines Gradienten verschwindet. Ist nun die Divergenz von A ungleich null A, (5. so wählen wir das Eichpotential χ so, dass die Divergenz des transformierten ektorpotentials verschwindet: A = A + ( χ =. (5.3 Diese Wahl von χ nennt man die Coulomb-Eichung. Das gesuchte χ finden wir somit durch Lösen einer Differentialgleichung vom Typ der Poissongleichung (.4: χ = A, ( wo A als eine gegebene Inhomogenität anzusehen ist. Es lässt sich also stets erreichen (ohne die Physik, d.h. das B-eld in irgendeiner Weise einzuschränken! dass: A = µ Coulomb-Eichung (5.5 gilt. Die vektorielle Gleichung (5.5 zerfällt in ihre 3 Komponenten, die mathematisch gesehen wieder vom bekannten Typ der Poissongleichung (.4 sind. 5.4 Multipolentwicklung Analog zu der in Abschnitt 1.5 besprochenen Multipolentwicklung für das elektrische Potential Φ interessiert man sich oft für das B-eld in großer Entfernung von der (räumlich lokalisiert angenommenen Stromverteilung. Dann empfiehlt es sich, das ektor-potential A analog zu Φ in eine Taylorreihe zu entwickeln. Unter erwendung von Gl. (5.3 und (1.8 1 = 1 r + r ( r r r (5.6 erhalten wir A( = µ 4π ( d 3 1 ( r + r = A ( + A 1 ( +... mit dem 1. Monopolanteil: A ( = µ 4πr (5.7 d 3 ( (5.8 als 1. Term der Entwicklung von Gleichung (5.3. Nun ist für ede Komponente α = 1,, 3 (mit der Beziehung (4.39 d 3 α ( = d 3 ( α ( = df α ( = (5.9 wegen =, dem Gaußschen Integralsatz und der Tatsache, dass auf der Oberfläche von verschwindet ( nur innerhalb von. Also folgt: A = (5.3 7

4 da es in der Elektrodynamik keine magnetischen Monopole gibt, wenn man mit (1.3 vergleicht.. Dipolanteil: A 1 ( = µ 4πr 3 d 3 ( (. (5.31 Das Integral (5.31 formen wir gemäß (4.44 um: d 3 ( ( = 1 d 3 [ ( ( ( ( ] = 1 d 3 [ ( ( ]. Ergebnis: A 1 ( = m ( µ 4π r 3 mit dem magnetischen Dipolmoment m = 1 Man vergleiche das Ergebnis mit (1.31! (5.3 (5.33 d3 ( von (4.46. Magnetisches Moment versus Bahndrehimpuls ür N Punktladungen q i lautet m: m = 1 N q i ( i v i. (5.34 Weiterhin kann m in einen einfachen Zusammenhang mit dem Drehimpuls L der N geladenen Massenpunkte gebracht werden, wenn Mi = M und q i = q, denn dann ist: m = q N M ( i v i = q N Li, (5.35 mit den (Bahn-Drehimpulsen L i der geladenen Teilchen, und damit m = q L. (5.36 Mit dem Bahndrehimpuls L eines Systems geladener (identischer Teilchen ist also ein magnetisches Moment in Richtung von L verknüpft. Diese Aussage gilt auch im atomaren Bereich, z.b. für die Elektronen eines Atoms. 71 Umgekehrt lässt sich edoch nicht edes magnetische Moment auf einen Bahndrehimpuls gemäß (5.36 zurückführen. Elementarteilchen (wie z.b. Elektronen besitzen ein inneres magnetisches Dipolmoment, das nicht mit dem Bahndrehimpuls, sondern mit dem Spin dieser Teilchen verknüpft ist durch: m s = g q s, (5.37 wobei s der Spin-ektor ist und g das gyromagnetische erhältnis. Es ist g.4 für Elektronen, d.h. für den Spin ( inneren Drehimpuls des Elektrons ist das magnetische Moment ca. doppelt so groß wie klassisch zu erwarten. Das wird erst in der relativistischen Theorie (Dirac-Theorie des Elektrons aufgeklärt. 5.5 Energie eines Dipols im äußeren Magnetfeld Wie auch für das elektrische eld (vgl. Kap..6. betrachten wir etzt den all, dass eine äßere magnetische Induktion B( auf eine räumlich begrenzte Stromdichte ( einwirkt und bestimmen von dieser Wechselwirkung den fã1 4hrenden Term: K = d 3 [ ( B( ] B( soll sich etzt in den Gebiet, in dem ( ist, nur schwach ändern; den Ursprung = legen wir dann in das Gebiet mit ( und entwickeln B( um den Ursprung in eine Taylorreihe: B( = B( + ( B( = +... (5.38 ür die Kraft folgt K = B( d 3 ( = + d 3 [ ( ( B( ] +... (5.39 wobei der erste Term wegen Gl. (5.9 verschwindet. 7

5 ür die α-komponente der Kraft finden wir (mit Summenkonvention K α d 3 [ ( B( ( ] α = ɛ αβγ d 3 ( B β ( γ ( = ɛ αβγ d 3 ( B β ( γ ( = ɛ αβγ d 3 [( 1 B β ( 1 + ( B β ( + ( 3 B β ( ] 3 γ ( = ɛ αβγ d 3 [ B β ( ] γ ( Mit der Gleichung (4.44 d 3 ( a = 1 a (5.4 d 3 (, (5.41 die wir für a = B bewiesen haben, die aber für einen beliebigen ektor a gilt, auf den das Integral nicht wirkt, können wir fortfahren, indem wir etzt a = B β setzen (wir haben die γ-komponente der Gl. (5.41 vorliegen: K α 1 [ Bβ αβγ{ ɛ ( ] d 3 [ ( ]} γ { = ɛ αβγ m [ B β ( ]} γ { } (5.4 = ɛ αβγ m B β( γ { } [ ( m = ɛ αβγ m B ] γ( = B( β α Damit ist K ( m B( (5.43 der führende Term in der Entwicklung der Kraft auf eine Stromverteilung im B-eld. Das formen wir noch etwas um: K m [ B( ] + [ m B( ] ( Wegen div B = folgt also für die Kraft auf einem magnetischen Dipol m in einem räumlich schwach veränderlichen eld B: K ( m B. (5.45 Da die Kraft als negativer Gradient einer potentiellen Energie definiert ist, ergibt sich aus (5.45 für die potentielle Energie des magnetischen Dipols im B-eld: U = m B, (5.46 analog zu U = d E als Energie eines elektrischen Dipols im elektrostatischen eld, Gl. (.59. Der Dipol wird sich also bevorzugt in eldrichtung einstellen, da dies der niedrigst möglichen Energie entspricht. 5.6 Übersicht über die Magnetostatik 1. Basis: Ampèresches Gesetz K = q( v B mit B = µ ( d 3 ( 4π 3 für stationäre Ströme, wobei = ρ t =.. eldgleichungen: Aus folgt a differentiell: B = A mit B = ; b integral df B = ; 3. ektor-potential: A = µ ( d 3 4π B = µ d B = µ I ( A = µ A = µ für A = (Coulomb-Eichung. 74