Produktive Störungen: Pause, Schweigen, Leerstelle. Lehrstuhl für Deutsche Philologie Anna Ullrich, Heiner Apel, Andreas Corr
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- Gerburg Weiner
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1 Produktive Störungen: Pause, Schweigen, Leerstelle
2 Gliederung 1 Phänomene der Absenz Beschreibungsperspektiven - Pause - Schweigen - Leerstelle 2 Störung und Transkriptionstheorie 3 Absenz als produktive Störung 2
3 1 Phänomene der Absenz Pause Sprechpausen sind *...+ nicht einfach Leerstellen im Sprechverlauf, sondern Abschnitte großer Informativität für den Hörer und deshalb notwendige Konstituenten gesprochener Sprache. (Bose 1994: 12) Sprechpausen können gesehen werden als * + wichtige und auffällige Gliederungssignale, in denen sich zum einen Planung und Selektion im Produktionsprozeß widerspiegeln und die zum anderen die gesprochenen Äußerungen hörerspezifisch segmentieren und dadurch einen wesentlichen Beitrag zum Textverständnis leisten. (Bose 1994: 10) 3
4 1 Phänomene der Absenz Pause Redezugvakanz Es geht hier * + um den Typus einer Schweigephase [einer Sprechpause], der dadurch entsteht, daß ein Redezug, zu dessen Übernahme einer der angesprochenen Rezipienten verpflichtet wurde, * + vakant bleibt. (Bergmann 1982: 154) 4
5 1 Phänomene der Absenz Schweigen Sprachtheoretische Perspektive Syntax der Absenz Ellipse, Aposiopese, Analepse, Katalepse etc. Semantik der Absenz Konnotationen, Andeutungen, Präsuppositionen etc. Pragmatik der Absenz Schweigen als kommunikativer Akt (vgl. hierzu Schmitz 1990: 30ff.; Schröter 2005: 44f.) 5
6 1 Phänomene der Absenz Schweigen Berücksichtigt man diese vielfältigen Arten von Leerstellen im Sprechen, dann wird klar, dass das Schweigen nicht einfach als das Andere des Sprechens zu bezeichnen ist. * + Vielmehr sind Schweigen und Sprechen immer miteinander verbunden, jedes Sprechen impliziert verschiedene Arten gleichzeitigen (Ver-)Schweigens. (Lagaay 2008: 27) Die Momente des Schweigens erhalten * + erst kommunikativen Sinn, wenn ihnen (den formalen Sprech- Unterbrechungen) von Seiten der Rezipienten über Inferenzierungen und Conclusionen Sinn zugeordnet wird * +. (Heinemann 1999: 309) 6
7 1 Phänomene der Absenz Leerstelle *D+enn als Pausen des Textes sind sie *die Leerstellen+ nichts; doch diesem nichts entspringt ein wichtiger Antrieb der Konstitutionsaktivität des Lesers. (Iser 1976: 302) 7
8 1 Phänomene der Absenz Leerstelle Daniel Buren (1975): A partir de là 8
9 2 Absenz und Transkriptionstheorie Störungsindizierte Time-out-Phasen etablieren also gleichsam eine semantische Aushandlungsbühne für die sprachliche Sinnkonstitution. (Jäger 2004: 46; Herv. i. O.) Anwendung auf Absenzphänomene 1. Absenz als unsichtbarer Normalfall (Transparenz) 2. Absenz als produktiver Störfall (transkriptive Störung) 9
10 2 Absenz und Transkriptionstheorie Die Pause * + im Gespräch läßt sich nicht nur als korrekturbedürftiges Element betrachten, sondern auch * + als korrekturinitiierendes Element: Das Schweigen des Gegenüber gibt Anlaß, den eigenen vorausgegangenen Beitrag zu überprüfen und * + zu revidieren. (Meise 1996: 62) Mit Blick auf Schweigen: Gerade der Kontrast von Artikulation und Nichtartikulation, immer neu erzeugt und vielfach in sich verwickelt, macht Bedeutung, mithin Verständigung möglich. (Schmitz 1990:11) So erweist sich die Leerstelle * + als eine elementare Kommunikationsbedingung. (Iser 1976: 294) 10
11 3 Absenz als produktive Störung Die Transkriptionstheorie fungiert als (medien-)theoretische Klammer für die divergenten Phänomene der Absenz. Das durch Absenz-Phänomene geprägte interaktive Geschehen wird als bedeutungsschaffender Prozess beschreibbar. In und durch Absenzen im Sinne produktiver Störungen finden transkriptive Bearbeitungsvorgänge statt. Die Rolle des Rezipienten und kommunikative Anschlussmöglichkeiten treten deutlich hervor. 11
12 3 Absenz als produktive Störung Die divergenten Phänomene der Absenz sind in dieser Hinsicht * + nicht etwa als (bloße) * + >Performanzprobleme< zu betrachten, sondern als interaktive Ressourcen * +. (Günthner 2003: 200) Mit anderen Worten: Sie werden * + nicht als ein Mangel (nämlich als Abwesenheit von Sprache), sondern als konstitutives Element menschlicher Kommunikation aufgefaßt. (Schmitz 1990: 27) 12
13 Literatur Bergmann, J. R. (1982): Schweigephasen im Gespräch Aspekte ihrer interaktiven Organisation. In: Soeffner, H.-G. (Hg.): Beiträge zu einer empirischen Sprachsoziologie. Tübingen. S Bose, I. (1994): Zur temporalen Struktur frei gesprochener Texte. Frankfurt a.m. Günthner, S. (2003): Eine Sprachwissenschaft der»lebendigen Rede«. Ansätze einer Anthropologischen Linguistik. In: Linke, A./Ortner, H./Portmann, Tselikas, P.R. [Hgg.]: Sprache und mehr. Ansichten einer Linguistik der sprachlichen Praxis. Tübingen, S Heinemann, W. (1999): Das Schweigen als linguistisches Phänomen. In: Eggert, H./Golec, J. [Hgg.]:» wortlos der Sprache mächtig«schweigen und Sprechen in der Literatur und sprachlicher Kommunikation. Stuttgart, Weimar, S Iser, W. (1976): Der Akt des Lesens. München. Jäger, L. (2004): Störung und Transparenz. Skizze zur performativen Logik des Medialen. In: Krämer, S. [Hg.]: Performativität und Medialität. München, S Lagaay, A.: How to Do and Not to Do Things with Nothing. Zur Frage nach der Performativität des Schweigens. In: Gronau, B./Lagaay, A. [Hgg.]: Performanzen des Nichttuns. Wien, S Meise, K. (1996): Une forte absence. Schweigen in alltagsweltlicher und literarischer Kommunikation. Tübingen. Schmitz, U. (1990): Beredtes Schweigen Zur sprachlichen Fülle der Leere. Über Grenzen der Sprachwissenschaft. In: Ders. [Hg.]: Schweigen. Osnabrücker Beiträge zur Sprachtheorie (OBST) 42. Oldenburg, S Schröter, M. (2005): Die Vielfalt des Nichts. In: Zeitschrift für Angewandte Linguistik 42, S
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