Essen wir die Welt krank?
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- Hilko Pfaff
- vor 8 Jahren
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1 Essen wir die Welt krank? Das Klima verändert sich, soviel steht fest. Es hat sich schon immer verändert, nichts auf der Erde bleibt für längere Zeit so, wie es ist, das ist ein Naturgesetz. Aber für diese Veränderung ist in erster Linie der Mensch verantwortlich und auch er ist es, der maßgeblich darunter leidet. > _37_
2 Neue Station in der Wichernstraße 34 Text: Stefanie Diekmann Fotos: Aenne Bauck Essen wir die Welt krank? Natur- und Tierwelt können sich mit Veränderungen arrangieren. Der Natur unserer Insel- und Küstenregionen beispielsweise ist es letztlich egal, wo die Wasserlinie verläuft, sie passt sich den Rahmenbedingungen an. Der Mensch ist derjenige, der an Gewohntem hängt, dessen Wohnort, Existenz und Wohlergehen davon abhängt, wie hoch der Meeresspiegel steigt und wie viele schwere Unwetter es in einem Jahr gibt. So tragen wir mit unserem täglichen Handeln, unserer Ernährung, unseren liebgewonnenen Gewohnheiten jeden Tag zum Klimawandel bei und investieren paradoxerweise gleichzeitig Millionen in den Küstenschutz, in die Begleichung von schweren Unwetterschäden. Die Summen, die Versicherungen aus Schäden nach Naturkatastrophen bezahlen müssen, haben sich in den letzten dreißig Jahren verdreifacht und werden weiter steigen. Zahlen, die die globale Finanzwelt in den kommenden Jahrzehnten extrem beschäftigen und belasten werden. Für Einkäufe, Ausflüge, Urlaub... Autos ab 1,90 pro Stunde 9 x in Lüneburg 1 x in Uelzen 1 x in Winsen Alarmierende Aussichten Jørgen Randers, norwegischer Hochschullehrer, Zukunfts- und Klimaforscher beschreibt in seinem Buch 2052 Eine globale Prognose für die nächsten 40 Jahre alarmierende Aussichten. Er warnt eindringlich vor grenzenlosem Wachstum und schildert drastische Auswirkungen der Klimaveränderung und dadurch großes Leid bei weiten Teilen der Bevölkerung. Wie kann man mit solchen Prognosen handlungsorientiert umgehen, ohne die Menschen durch Horrorszenarien zu verschrecken oder dazu zu bringen, dieses etwas diffuse und sowohl zeitlich als auch räumlich weit entfernte Thema zu verdrängen? Was ist verantwortlich für den Klimawandel? Wer oder was ist denn jetzt eigentlich hauptsächlich für den Klimawandel verantwortlich? Wenn man sich diese Frage stellt, hat man sofort Bilder von rauchenden Fabrikschloten, den Flugverkehr oder Massenstaus mit Smog in weit entfernten Teilen der Welt im Kopf. Aber dem ist nicht so. Ein Drittel der klimaschädlichen Emissionen stammen aus der Landwirtschaft und somit aus der Produktion unseres Essens. Ob nun direkt oder indirekt durch den Anbau von Futter und besonders die Viehhaltung. Dennoch ist es nicht sinnvoll, die Schuld pauschal auf die Bauern zu schieben, denn die produzieren schließlich unser Essen! Sie bauen das an, was der Verbraucher wünscht, durch sein Konsumverhalten zulässt oder was der Markt vorgibt. Außerdem muss hier ganz klar unterschieden werden zwischen der Agrarindustrie, deren Ziel in erster Linie Gewinnmaximierung ist und die weltweit das Ausbeuten von Mensch, Tier und Boden in Kauf nimmt und der bäuerlichen Landwirtschaft mit verantwortungsvollen, familiengeführten Betrieben. Diese haben oft noch einen engen Bezug zu ihren Kunden und deren Wünschen. Gemüsemeyer Vor allem dann, wenn sie wie Dirk Meyer ihre Ware auf verschiedenen Wochenmärkten oder im eigenen Hofladen anbieten. Der Gemüsebauer aus der Elbmarsch wirtschaftet in der dritten Generation und beobachtet bei seinen Kunden eine Rückkehr zur Regionalität. Ich baue hauptsächlich Salat, frisches Gemüse, Kartoffeln und Getreide an und meine Kunden kaufen bei mir Telefon _38_
3 gern regional ein. Dennoch beobachte ich in den letzten Jahren vermehrt den Anspruch der Kunden, ganzjährig ein großes Angebot an Gemüse vorzufinden. Unabhängig von dem, was die Jahreszeit vorgibt. Wir reagieren auf diese Nachfrage und haben Gewächshäuser gebaut, in denen wir beispielsweise Tomaten jetzt schon ab Mai kultivieren. So haben wir durch die Veredlung der Pflanzen und veränderte Anbaumethoden deren Ertrag gesteigert und können über einen viel längeren Zeitraum frische eigene Früchte anbieten. Trotz der erhöhten Energiekosten durch die Treibhäuser bleiben wir so konkurrenzfähig und werden den Wünschen besonders unserer jungen Kunden gerecht, so Meyer. Dennoch ist es ihm auch sehr wichtig, Aufklärungsarbeit zu leisten und jetzt auch die eigentlichen Wintergemüse wie zum Beispiel Kohl an den Mann zu bringen. Wo er früher vier Hektar Kohl angebaut hat, ist es heute nur noch ein halber. Die Leute wissen da nicht mehr so viel mit anzufangen, daher gibt es bei uns zu vielen Gemüsesorten Rezepte dazu. So kann man aus einem Weißkohl zum Beispiel ganz einfach leckeren Krautsalat zubereiten. Wenn man den Leuten ein Rezept in die Hand drückt, probieren sie das auch aus und sind meistens begeistert, freut sich Meyer. Auch die Bildung der Kleinsten liegt ihm besonders am Herzen, in seinem Betrieb finden regelmäßig Projekttage zu verschiedenen Gemüsesorten, wie Kartoffel oder Kürbis statt. Dann kommen Gruppen aus dem örtlichen Kindergarten oder der Grundschule und dürfen zuschauen, mitmachen und Trecker fahren. So lernen sie spielerisch, wo das Essen eigentlich herkommt. Spagat zwischen Marktanpassung und Klimaschutz gelingt So gelingt ihm für seinen Familienbetrieb der Spagat zwischen der Anpassung an den Markt, was unter Umständen mit gewissen Nachteilen fürs Klima verbunden ist und der Möglichkeit, durch den engen Kontakt zum Kunden Aufklärungsarbeit zu leisten und heimische und saisonale Gemüse zugunsten des Klimas zu etablieren. Denn Energieeinsparungen sind ihm wichtig, so betreibt er das Kühlhaus für seine Waren klimaneutral mit eigener Photovoltaik-Anlage. Die Auswirkungen des Klimawandels lassen sich auch in der Elbmarsch spüren. Hochwasser, extreme Regenfälle und Trockenheit habe es nach Aussage der alten Bauern zwar immer schon gegeben, die Intervalle, in denen sie auftreten, würden jedoch kürzer, berichtet Meyer. in Drage-Stove Immer mittwochs und sonnabends für Sie auf dem Lüneburger Wochenmarkt am Ochsenmarkt (Pflanzenstand) und auf dem Marktplatz direkt (Gemüsestand) mit einer großen Salatvielfalt. Verbraucherberatung für Privathaushalte Unter dem Titel: Klimaschutz schmeckt. Tipps zum Klima-gesunden Essen und Einkaufen hat die Verbraucherberatung Niedersachsen eine Broschüre herausgebracht, die ein gelungener Wegweiser durch den Einkaufdschungel ist. Wenn man sich heute vor das Obst- und Gemüseregal eines Supermarktes stellt, ist es nahezu unmöglich anhand des Angebotes zu bestimmen, welche Jahreszeit gerade ist. Der Flyer bietet gute Tipps für das regionale und saisonale Einkaufen und beleuchtet die Klimarelevanz der verschiedenen Lebensmittel. Essen in Kantinen und Großküchen Was man dort tun kann, wo jeden Tag viele Menschen essen, weiß Thomas Wilbrandt. Er ist Coach im Verpflegungsmanagement für Kantinen und Großküchen und hat langjährige Erfahrung darin, wie man in Unternehmen und öffentlichen Einrichtungen Menschen überzeugen und somit Schritt für Schritt Verhaltensänderungen herbeiführen kann. Das muss immer von oben nach unten funktionieren. Wenn ich eine Firma hinsichtlich ihrer Kantine in Sachen nachhaltigem Konsum und klimafreundlichem Essen beraten will, muss ich zunächst die Firmenleitung überzeugen. Denn wenn der Gedanke nicht in die _39_
4 Firmenphilosophie eingepflanzt wird, habe ich gar keine Chance. Danach muss der Gedanke dann durch die einzelnen Ebenen getragen, die Mitarbeiter für die Idee geschult und dafür begeistert werden. Die Kantine oder Großküche selber muss ich selbstverständlich ganz besonders auf meine Seite bekommen. Dabei ist es wichtig, nicht missionarisch mit erhobenem Zeigefinger aufzutreten, sondern die Gedanken und Einwände der Menschen Ernst zu nehmen, um mit ihnen zusammen einen Weg zu finden. Hier ist Überzeugungsarbeit gefragt, erklärt Wilbrandt. KlimaTeller für s Klimaretten Überzeugend ist auch das Projekt: KlimaTeller. Unter dem Motto: Jeden Mittwoch gibt s Klimaretten soll zunächst an einem Tag in der Woche in den Kantinen und Großküchen der Einsatz klimaschädlicher Lebensmittel vermieden und durch solche ersetzt werden, die einen geringen Beitrag zum Treibhauseffekt liefern. Seit März 2014 ist die Umsetzung des KlimaTellers auch als Menülinie möglich. Initiiert wurde die Idee 2011 von einer Gruppe von Studierenden, Doktoranden und jungen Klimaforschern an der Universität Hamburg. Zu deren Zweck gründeten sie den gemeinnützigen Verein Green- Flux e. V.. Ziel des Projekts ist es, sich für mehr Klimaschutz im Alltag einzusetzen. Andrea Mangalia ist die Projektleiterin vom KlimaTeller: Hintergrund des Projekts ist die Tatsache, dass die Viehwirtschaft weltweit mit einem Anteil von achtzehn Prozent soviel Treibhausgase wie der gesamte Verkehrsbereich verursacht. Andere Lebensmittel wie zum Beispiel fetthaltige Milchprodukte tragen außerdem erheblich zum Treibhauseffekt bei. Das liegt daran, dass die Ausscheidungen von Wiederkäuern eine große Menge Methan, einem Treibhausgas, enthalten. Die Abholzung von Wäldern weltweit zur Nutzung als Weidefläche tut ein Übriges. Wir backen noch selbst! Sie finden uns immer mittwochs und sonnabends auf dem Lüneburger Wochenmarkt Donnerstagvormittag auf dem Kreideberg Lüneburg Freitagvormittag Kaltenmoor Lüneburg in Maschen Donnerstagvormittag in Ebstorf Freitagvormittag in Salzhausen Freitagnachmittag in Adendorf Freitagnachmittag auf dem Wochenmarkt Bienenbüttel am Mittwoch (Bahnhofstraße) und am Sonnabend (Marktplatz) Georg Oetzmann Hufeisenstraße Edendorf T / Und die Produktion von fetthaltigen Milchprodukten wie Butter und Käse benötigt eben sehr viel Milch, also auch viel Futter, erklärt Mangalia. Mit dem KlimaTeller möchten wir ein Gericht auf den Tisch bringen, dass vor allem lecker und innovativ ist. Es geht um die Einsparung von Treibhausgasemissionen sowie um das Aufklären und Informieren der Gäste. Den meisten Menschen ist der Zusammenhang von Ernährung und Klima nicht bewusst. Dieses Bewusstsein soll geschaffen werden und deswegen gibt es auch plakative Beispiele. Die Herstellung eines großen Rindersteaks verursacht ungefähr so viele Emissionen wie eine Autofahrt von Hamburg nach Lübeck. Ein einziger KlimaTeller pro Woche bringt bereits mehr für s Klima als die Benutzung von Energiesparlampen zu Hause. Eingängige Beispiele, die ihre Wirkung nicht verfehlen. _40_
5 Es gibt bereits zahlreiche Partner: Das Studierendenwerk Hamburg, die otto group und Tchibo sind nur einige davon. Wir schulen vor Beginn des Projekts das gesamte Personal und fordern insbesondere die Köche zur Kreativität auf. Die Ernährung hat erheblichen Einfluss auf das Klima, diese Botschaft möchten wir vermitteln, was der Einzelne dann damit macht, ist jedem selbst überlassen, fasst die Projektleiterin vom KlimaTeller zusammen. Fazit ist, dass das Thema Klimawandel ganz verschiedene Facetten hat. Um Auswirkungen unseres Handels mess- und bewertbar zu machen, müssen unzählige Parameter in Betracht gezogen werden. Es gibt zwar düstere Prognosen, wie sich unser Klima in Zukunft verändern wird oder könnte, aber es gibt auch Hoffnung: Zum Weiterlesen: Viele Bauern der bäuerlichen Landwirtschaft, die ihren Beruf mit Leib und Seele ausführen und Pionierarbeit leisten, Modellprojekte wie den KlimaTeller, der beim täglichen Kantinenessen schon zahlreiche Menschen erreicht und noch mehr erreichen kann und viele junge Menschen, die gut informiert und neugierig sind und sich rückbesinnen auf Regionalität und das Wissen der Großeltern. Wir sind ausgezeichnet und das gleich fünffach! Für hervorragende handwerkliche und kreative Leistung wurden wir vom Fleischerverband Nordrhein-Westphalen für unseren geräucherten Schinken und unsere Wurstspezialitäten mit Gold bewertet und zusätzlich mit einem Siegerpokal ausgezeichnet. R. Isermann & Sohn Partyservice / Schlachterei Inh.: Reiner Isermann e.k. Dachtmisser Straße Kirchgellersen T / _41_
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