UTE DYHR Theorien der Libido Studien zum Verständnis der Libido bei Freud, Jung und Reich
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- Nadja Bachmeier
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1 UTE DYHR Theorien der Libido Studien zum Verständnis der Libido bei Freud, Jung und Reich 3
2 Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Dyhr, Ute: Theorien der Libido : Studien zum Verständnis der Libido bei Freud, Jung und Reich / Ute Dyhr. - Berlin : Weißensee-Verl., 1999 ISBN Weißensee Verlag, Berlin Alle Rechte vorbehalten Umschlag: Chili Grafik-Design, Berlin, unter Verwendung des Bildes Wolkengespenster von R. Riemerschmid (1897) (AKG Berlin) Printed in Germany ISBN e-m ail: mail@weissensee-verlag.de 4
3 Inhaltsverzeichnis VORWORT EINLEITUNG EINE MYTHOLOGISCHE SAGE ZUR EINSTIMMUNG FREUDS THEORIE Die Vorstellung von psychischer Energie Die Rolle der Sexualität Die kindliche Sexualität Die Frage des Inzestwunsches Zum Begriff der Libido Die narzistische Libido Ichlibido und Objektlibido Über die Dualität der Triebe Zusammenfassung C. G. JUNGS THEORIE Die psychische Energie Die Gegensatzstruktur Die Libidoauffassung Progression und Regression der Libido Wandlung der Libido
4 4.3. Die Rolle der Sexualität Jungs Auffassung zur kindlichen Sexualität Jungs Bemerkungen zum Ödipuskomplex Zusammenfassung REICHS THEORIE Die Energieauffassung W. Reichs Die Libido Der Urgegensatz des vegetativen Lebens Todestrieb und Masochismus Die Rolle der Sexualität Sexualität und Ätiologie der Neurosen Zusammenfassung VERGLEICHENDE BETRACHTUNGEN Libido als Energie Ursprung und Wesen der Libido Zum Verhältnis von Libido und Sexualität LITERATURVERZEICHNIS
5 1. EINLEITUNG Während meiner Ausbildung zur Körperpsychotherapeutin und e- benso im Rahmen meines Psychologiestudiums fiel mir die häufige Verwendung und doch so unterschiedliche Bedeutung des Begriffes Libido auf; er weckte in seiner Vielfalt meine Neugier. Die vorliegende Arbeit ist diesem zentralen Begriff gewidmet. Ich habe mich für die Untersuchung der Theorien von S. Freud, C. G. Jung und W. Reich entschieden, weil mir hier die inhaltlichen Unterschiede bei der Verwendung des Begriffs am deutlichsten wurden: Freud wollte unter Libido ausschließlich die sexuelle Energie verstanden wissen, Jung subsummierte darunter die allgemeine psychische Energie, und für Wilhelm Reich stand der Begriff für die biologische Lebensenergie. Mein Erkenntnisinteresse gilt den unterschiedlichen Auffassungen von Libido und der ihr zugrundeliegenden Energie, welche doch mit dem gleichen Begriff benannt werden. Es handelt sich hierbei um einen Terminus, der bereits in der Antike Verwendung fand (siehe dazu Punkt 4.2.). Es war gerade die Auseinandersetzung um das Verständnis dieses Konzepts, die seit Beginn unseres Jahrhunderts zu der Entwicklung von auch heute noch nebeneinander existierenden Schulen führte. Libido scheint mir allein schon deshalb ein zentraler Begriff zu sein, weil sich an ihm die verschiedenen Theorien von S. Freud und C. G. Jung schieden. Auffällig war beim Studium der Primär-Literatur, daß die Auseinandersetzung dieser beiden Theoretiker kaum direkt über bzw. um den Begriff geführt wurde, daß aber dennoch das je spezifische Konzept der Libido grundlegend für die Konturierung beider Theorien wurde. In beiden Modellen verknüpft sich die Libido eng mit einem schwer faßbaren Energiebegriff. Im Mittelpunkt der Auseinandersetzung zwischen Freud und Jung stand die Debatte über das Vorhandensein einer sexuellen Energie, welche bereits in der Kindheit, in unterschiedlichen Formen, ihre Abfuhr verlangt und später u.u. neurotische Störungen verursachen kann. 11
6 Wilhelm Reich scheint erst einmal aus dieser theoretischen Auseinandersetzung heraus zu fallen. Seine Verwendung des Libido- und damit auch des Energiebegriffs war insbesondere in seinem späten Werk eine umfassende. Für ihn ging es um den naturwissenschaftlichen Nachweis einer allem Leben zugrundeliegenden Lebensenergie, die ihn, von der Medizin ausgehend, über die Psychologie, Soziologie, Biologie und schließlich zur Meteorologie und Astrologie führte. Reichs Verwendung des Energiebegriffs nahm später gleichsam kosmische Dimensionen an, und er verließ damit den Rahmen der Psychologie. Ich beziehe mich daher auf seine Arbeiten bis 1934, in denen seine konkretistische Auffassung des Libidobegriffs deutlich wird. Ich werde mich in dieser Arbeit um eine Darstellung des Libidokonzepts im Rahmen der jeweiligen Theorien bemühen und daraus ableitend die Bedeutung der Sexualität für die jeweilige Theorie herausarbeiten. Da alle drei Autoren von einem Energiebegriff ausgehen, werde ich auch auf diesen jeweils näher eingehen. An diesen grundlegenden Theoremen - Energie, Libido, Sexualität - scheint mir ein Vergleich der Schriften in ihren jeweiligen Akzentuierungen möglich, auch wenn die Auseinandersetzung mit dem Thema bei den Autoren historisch zu unterschiedlichen Zeitpunkten geschah. Die folgenden Ausführungen sind chronologisch gegliedert: Ich beginne damit, die Auffassungen Freuds - im Hinblick auf die eben genannten Aspekte - darzustellen, weil er als Begründer der Psychoanalyse den Grundstein für die nachfolgenden Diskussionen gelegt hat. Darauf skizziere ich C. G. Jungs Überzeugungen und schließlich jene von Wilhelm Reich, wobei in keinem Fall eine umfassende Wiedergabe der Theorie erfolgen kann. Abschließend werde ich die Begriffsauffassungen zusammenfassen und versuchen, sie untereinander in Beziehung zu setzen. 12
7 Die Auseinandersetzung um die sexuelle Bedeutung der Libido als grundlegende Dynamik des Psychischen findet auch in dem derzeitigen psychoanalytischen Diskurs eine Fortsetzung. L. Gast (1992) hat diesen Diskurs eingehend besprochen. Auch A. Green (1998) verweist auf die Brisanz dieses Themas in der aktuellen Diskussion. Demgegenüber sind Veröffentlichungen zur Frage der Beschaffenheit der Libido nicht zu finden. Bevor ich mit der Darstellung der verschiedenen Theorien beginne, möchte ich den Mythos von Ödipus in Erinnerung rufen, der durch die zentrale Bedeutung, die Freud ihm zukommen ließ, von besonderer Wichtigkeit auch für die auf Freud aufbauenden oder sich von ihm abgrenzenden Theorien war. Für Freud beinhaltete der Mythos nicht nur das Spannungsfeld zwischen Schicksal und Willen des Menschen, sondern er berühre uns auch auf einer persönlichen, unbewußten Ebene. Das Schicksal des König Ödipus ergreift uns nach Freuds Überzeugung [...] nur darum, weil es das unsrige hätte sein können, weil das Orakel vor unserer Geburt denselben Fluch über uns verhängt hat wie über ihn. Uns allen vielleicht war es beschieden, die erste sexuelle Regung auf die Mutter, den ersten Haß und gewalttätigen Wunsch gegen den Vater zu richten,[...] König Ödipus, der seinen Vater Laïos erschlagen und seine Mutter Jokaste geheiratet hat, ist nur die Wunscherfüllung unserer Kindheit.[...] (Freud, 1900 a, S. 267) Wir schrecken laut Freud vor dieser mythologischen Figur, an der sich dieser urzeitliche Kindheitswunsch erfüllt hat mit der ganzen Energie zurück, die in der eigenen Kindheit zur Verdrängung des Inzestwunsches notwendig war. Diese Deutung des Mythos, die im Ödipuskomplex eine anthropologische Konstante sieht, und insbe- 13
8 sondere die Postulierung einer kindlichen Inzestneigung, sollte erbitterten Widerstand provozieren (Freud, 1900a, S. 267 Anm., s. u. Punkt 3.3.). Auch seine Zusammenarbeit und Freundschaft mit C. G. Jung sollte später, 1912/13, daran scheitern. Deshalb kommt dem Mythos von Ödipus und seiner Rezeption eine entscheidende wissenschaftshistorische Bedeutung für die Theorieentwicklung der Psychoanalyse zu. 14
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