5.2 Endliche Automaten
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- Gerda Müller
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1 Endliche Automaten Endliche Automaten sind Turingmaschinen, die nur endlichen Speicher besitzen. Wie wir bereits im Zusammenhang mit Turingmaschinen gesehen haben, kann endlicher Speicher durch Merken im Zustand realisiert werden. Daher brauchen endliche Automaten nicht zu schreiben. Außerdem bewegt sich bei endlichen Automaten der Lesekopf immer genau eine Position nach rechts. Damit muss die Übergangsfunktion bei einem endlichen Automaten nur den neuen Zustand spezifizieren, in die der Automat gehen soll. Dies führt zu der folgenden Definition. Definition Ein (deterministischer) endlicher Automat (DFA) A ist beschrieben durch ein 5-Tupel (Q, Σ, δ, q 0, F ), wobei Q eine endliche Menge von Zuständen ist, Σ ein endliches Alphabet ist, δ : Q Σ Q die Übergangsfunktion ist, q 0 der Startzustand ist, F Q die Menge von akzeptierenden Zuständen ist. DFA steht für deterministic finite automaton. Ein DFA hält nur, wenn er das Ende einer Eingabe w Σ erreicht hat. Auch wenn ein DFA einen akzeptierenden Zustand erreicht hat, wird die Berechnung weitergehen, außer das Ende der Eingabe ist erreicht. In der Praxis wird man das Ende der Eingabe durch ein spezielles Symbol Σ kennzeichnen. Wir verzichten darauf, um die Notation so einfach wie möglich zu halten. Die Schritte eines DFA bei Eingabe w Σ können ähnlich erklärt werden wie bei einer Turingmaschine. Wir könnten also definieren, was eine Konfiguration und eine Nachfolgekonfiguration ist. Da aber der Lesekopf eines DFA immer eine Position nach rechts wandert und ein DFA nicht schreiben kann, können wir für endliche Automaten eine einfachere Notation verwenden. Hierzu werden wir die Funktion δ fortsetzen auf Q Σ. Dieses geschieht folgendermaßen. Definition Für q Q, w = w 1 w n Σ gilt δ(q, w) = q, falls es q 1,..., q n Q gibt mit q n = q δ(q, w 1 ) = q 1 δ(q i, w i+1 ) = q i+1, i = 1,..., n 1. Alternativ können wir diese Erweiterung von δ auch ausdrücken durch δ(q, w 1 w n ) = δ(δ(q, w 1 w n 1 ), w n ), für alle q Q, w i Σ. Weiter definieren wir δ(q 0, ɛ) = q 0. Damit können wir elegant die Akzeptanz eines Worts durch einen DFA definieren. Definition Ein endlicher Automat A = (Q, Σ, δ, q 0, F ) akzeptiert w Σ, falls δ(q 0, w) F. D.h., der Automat akzeptiert w Σ, wenn er, gestartet im Zustand q 0, sich in einem Zustand aus F befindet, nachdem er alle Eingabesymbolen gelesen hat.
2 115 Die Zustände in Q\F sind, ohne dass wir dieses ausdrücklich so sagen, ablehnende Zustände. Schließlich erhalten wir die folgende Definition. Definition L(A) = {w Σ δ(q 0, w) F } = {w Σ A akzeptiert w} heißt die von A akzeptierte Sprache. Anders als bei Turingmaschine lassen wir bei endlichen Automaten mehrere akzeptierende Zustände zu. Dieses geschieht aus Bequemlichkeit. Man kann zeigen, dass jede Sprache, die von einem endlichen Automaten mit mehreren akzeptierenden Zuständen akzeptiert wird, auch von einen endlichen Automaten mit nur einem akzeptieren Zustand akzeptiert wird. Man sollte sich an dieser Stelle auch noch einmal klar machen, dass es zwischen dem akzeptierenden Zustand q accept einer DTM und den akzeptierenden Zuständen eines DFA einen wesentlichen Unterschied gibt. Die Berechnung eines DFAs endet nicht unweigerlich, wenn sich der DFA in einem akzeptierenden Zustand befindet. Die Berechnung eines DFAs endet immer erst, wenn die gesamte Eingabe gelesen wurde. Beispiel 1: Sei A 1 der endliche Automat mit Die Übergangsfunktion δ ist gegeben durch Q = {q 0, q 1 }, Σ = {0, 1}, F = {q 1 }. δ 0 1 q 0 q 0 q 1 q 1 q 0 q 1 Ist das letzte gelesene Eingabesymbol eine 0 so befindet A 1 sich im Zustand q 0. Ist das letzte gelesene Eingabesymbol eine 1, so befindet sich A 1 im Zustand q 1. Da F = {q 1 } gilt daher L(A 1 ) = {w {0, 1} w endet mit einer 1}. L(A 1 ) ist also die von der Grammatik G 4 (Seite 113) erzeugte Sprache. Die Folge von Zuständen, die A 1 bei Eingabe w = w 1 w n durchläuft, ist q 0, q w1, q w2,..., q wn. Wir sehen wieder, dass A 1 das Wort w akzeptiert, wenn q wn = q 1 w n = 1. Auf dem Wort 001 können wir das Verhalten von A 1 auch beschreiben durch δ(q 0, 001) = δ(δ(q 0, 00), 1) = δ(δ(δ(q 0, 0), 0), 1) = δ(δ(q 0, 0), 1) = δ(q 0, 1) = q 1 F. Die Übergangsfunktion δ kann bei endlichen Automaten auch durch einen gerichteten Graphen beschrieben werden. Dieser hat für jeden Zustand q Q einen Knoten gelabelt mit q. Aus jedem Knoten führen Σ viele gerichtete Kanten, die mit den Symbolen aus Σ gelabelt sind. Führt eine mit a gelabelte Kante vom Knoten gelabelt mit q zum Knoten gelabelt mit q, so bedeutet
3 116 Abbildung 5.3: Graphische Darstellung der Übergangsfunktion δ von A 1. dies δ(q, a) = q. Die akzeptierenden Zustände eines DFA werden durch einen Doppelkreis gekennzeichnet. Und der Startzustand kann an einer Kante ohne Anfangsknoten erkannt werden. Für den Automaten A 1 haben wir diesen Graphen in Abbildung 5.3 dargestellt. Beispiel 2: Sei A 2 der endliche Automat mit Die Übergangsfunktion δ ist gegeben durch Q = {q 0, q 1, q 2 }, Σ = {0, 1, 2, z}, F = {q 0 }. δ z q 0 q 0 q 1 q 2 q 0 q 1 q 1 q 2 q 0 q 0 q 2 q 2 q 0 q 1 q 0 Graphisch kann dieses dargestellt werden wie in Abbildung 5.4. Abbildung 5.4: Graphische Darstellung der Übergangsfunktion δ von A 2. Hier haben wir noch eine kleine Vereinfachung vorgenommen. Gilt δ(q, a 1 ) = δ(q, a 2 ) = = δ(q, a m ) = q für a j Σ, so gibt es nur eine gerichtete Kante von q nach q. Diese Kante ist dann mit a 1,..., a m gelabelt.
4 117 Ein Wort w in {0, 1, 2, z} wird von A 2 genau dann akzeptiert, wenn die Summe der Zahlen nach dem letzten auftauchenden z in w genau 0 modulo 3 ist. Bei Eingabe w = 1z12 erhalten wir δ(q 0, 1z12) = δ(δ(q 0, 1z1), 2) = δ(δ(δ(q 0, 1z), 1), 2) = δ(δ(δ(δ(q 0, 1), z), 1), 2) = δ(δ(δ(q 1, z), 1), 2) = δ(δ(q 0, 1), 2) = δ(q 1, 2) = q 0 F Die Folge der Zustände, die bei Eingabe 1z12 durchlaufen wird, ist q 0, q 1, q 0, q 1, q 0. Beispiel 3: Sei A 3 der endliche Automat mit Q = {s, q 1, q 2, r 1, r 2 }, Σ = {a, b}, F = {q 1, r 1 }, Startzustand = s. Die Übergangsfunktion δ ist gegeben durch δ a b s q 1 r 1 q 1 q 1 q 2 q 2 q 1 q 2 r 1 r 2 r 1 r 2 r 2 r 1 Die graphische Darstellung von δ ist in Abbildung 5.5 angegeben. Abbildung 5.5: Graphische Darstellung der Übergangsfunktion δ von A 3. Man überzeugt sich leicht, dass die von A 3 akzeptierte Sprache, alle Worte aus {a, b} + umfasst, bei denen das erste und das letzte Symbol übereinstimmen L(A 3 ) = {w {a, b} w = w 1 w n mit w 1 = w n }. An diesem Beispiel sieht man gut, wie ein endlicher Automat arbeitet und warum mehrere akzeptierende Zustände nützlich sind. Ist das erste gelesene Symbol ein a, so geht A 3 in die q-zustände (merkt sich so das erste gelesene Zeichen). Dann muss nur noch getestet werden, ob das letzte Zeichen der Eingabe ebenfalls a ist. Dieses geschieht mit einer Kopie des Automaten A 1. Analog geht der Automat in die r-zustände, wenn das erste gelesene Zeichen ein b ist.
5 118 Wir wollen zeigen, dass eine Sprache genau dann regulär ist, also von einer regulären Grammatik erzeugt wird, wenn sie von einem endlichen Automaten akzeptiert wird. Hierzu müssen zwei Richtungen gezeigt werden. 1. Wird L von einem endlichen Automaten akzeptiert, so gibt es eine reguläre Grammatik, die L erzeugt. 2. Gibt es eine reguläre Grammatik, die L erzeugt, so gibt es einen endlichen Automaten, der L akzeptiert. Die erste Richtung ist recht einfach. Satz Die Sprache L werde von einem endlichen Automaten A akzeptiert. Dann gibt es eine reguläre Grammatik G, die L erzeugt. Beweis: Sei L Σ und A gegeben durch das 5-Tupel (Q, Σ, δ, q 0, F ). Die Grammatik G = (V, Σ, P, S) wird folgendermaßen definiert. Die Menge der Terminale Σ von G ist das Eingabealphabet Σ von A. Die Menge der Variablen von G ist die Menge der Zustände von A, d.h., V = Q. Das Startsymbol S von G ist der Startzustand q 0 von A, d.h., S = q 0. Die Menge der Produktionen P besteht aus folgenden Produktionen. Falls δ(q, a) = q, so enthält P die Produktion q aq. Außerdem enthält P für alle q F, die Produktion q ɛ. Der Zusammenhang zwischen δ und P ist also: Wann immer A bei Lesen von a aus dem Zustand q in den Zustand q geht, so kann aus der Variablen q das Symbol a gefolgt von der Variablen q abgeleitet werden. Zusätzlich kann a alleine abgeleitet werden, falls q F. Nun gilt: w = w 1 w n L(A) es gibt Zustände q 1,..., q n Q mit δ(q i, w i+1 ) = q i+1, i = 0,..., n 1, q n F es gibt Variablen v 1,..., v n V mit S w 1 v 1 w 1 w 2 w n 1 v n 1 w 1 w 2 w n w 1 w n L(G). Wendet man auf den Automaten A 1 aus Beispiel 1 (Seite 115) die Methode des Beweises zur Umwandlung eines Automaten in eine Grammatik an, so erhält man genau die Grammatik G 4 (Seite 113). Nun wollen wir die Umkehrung dieses Satzes zeigen. Wir wollen zu jeder regulären Sprachen einen DFA konstruieren, der diese Sprache akzeptiert. Warum können wir hierzu die Konstruktion aus dem Beweis von Satz nicht einfach umdrehen? Gegeben eine reguläre Grammatik G = (V, Σ, P, S), warum konstruieren wir nicht einen DFA, dessen Zustände die Variablen V von G sind, und setzen dann für jede Produktion u av, u, v V, a Σ einfach δ(u, a) = v?
6 119 Dieses ist nicht möglich, denn zu jeder Variable u V und jedem Terminal a Σ kann eine Grammatik mehrere Produktionen der Form u av 1,..., u av k, u a enthalten. Die gerade skizzierte Idee würde daher keine Übergangsfunktion δ und damit keinen DFA liefern. Betrachten wir als Beispiel die Grammatik G 4. Diese besitzt für die Variable S die Produktionen S 0S S 1A S 1 Nun können wir nicht einfach δ(s, 1) = A setzen, denn dann wird die Regel S 1 nicht korrekt in einen Übergang eines endlichen Automaten übersetzt. Ein wesentlicher Unterschied zwischen Grammatiken und DFAs besteht darin, dass Grammatiken Wahlmöglichkeiten haben und diese auch haben müssen. D.h. für eine Variable gibt es in der Regel mehrere Produktionen. Dagegen ist das Verhalten eines DFA durch Zustand und gelesenes Symbol eindeutig bestimmt. Grammatiken sind nichtdeterministisch, DFAs hingegen sind deterministisch. Um nun zu zeigen, dass reguläre Sprachen durch DFAs akzeptiert werden können, gehen wir in zwei Schritten vor. Zunächst erweitern wir unser Modell von endlichen Automaten zu sogenannten nichtdeterministischen endlichen Automaten (NFA). Dann können wir die obige Idee zur Umwandlung einer Grammatik in einen Automaten wirklich benutzen. Wir erhalten dann allerdings einen NFA, keinen DFA. Schließlich zeigen wir, dass jede Sprache, die von einem NFA akzeptiert wird, auch von einem geeignet definierten DFA akzeptiert wird.
Endliche Automaten. Endliche Automaten J. Blömer 1/23
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