Übungsklausur für das Fach Staatsrecht 1. Angestelltenprüfung (Verfasser: Willi Heidemann)
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- Waldemar Bruhn
- vor 6 Jahren
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1 Übungsklausur für das Fach Staatsrecht. Angestelltenprüfung (Verfasser: Willi Heidemann) Hilfsmittel: DVP-Gesetzessammlung und Taschenrechner (Geben Sie bei der Beantwortung der Fragen jeweils die Rechtsgrundlage(n) an und begründen Sie Ihre Rechtsauffassung umfassend!). Ein amerikanischer Gouverneur hat jüngst bei einem Besuch in Spanien mit einem peinlichen Irrtum für Verwunderung gesorgt. Der Gouverneur sprach den spanischen Ministerpräsidenten bei einem Dinner als Präsidenten der Republik Spanien an. Worin bestand der peinliche Irrtum?. Hat jede Person der Bundesrepublik Deutschland einen Anspruch auf ein Mindestmaß an materieller Sicherheit (Existenzminimum)? Wenn ja, woraus lässt sich dieser Anspruch ableiten und wie wird er erfüllt? 3. Bei der letzten Bundestagswahl wurde von den einzelnen Parteien folgendes Wahlergebnis (fiktiv) erzielt: Partei Anzahl der Direktmandate Sitze nach Zweitstimmenergebnis (% der Zweitstimmen) A (= 48,6 %) B 6 79 (= 4,53 %) C (= 5,80 %) D 4 0 (= 3,05 %) Prüfen Sie, ob a) die Partei D nach diesem Ergebnis im Bundestag vertreten ist und b) stellen Sie unter Berücksichtigung der maßgebenden Rechtsgrundlage fest, wie viele Sitze der Partei C im Bundestag zustehen und nennen Sie die Anzahl der Gesamtsitze, die der Bundestag demnach umfasst.
2 4. Sachverhalt: Bei der Abstimmung zu den Steuerreformgesetzen im Bundesrat ist von den Bundesratsmitgliedern des Landes Sachsen-Anhalt (,65 Mio. Einwohner) allein der Innenminister anwesend. Die übrigen Bundesratsmitglieder des Landes Sachsen-Anhalt sind persönlich oder dienstlich verhindert. Der Innenminister hat den Gesetzen nicht zugestimmt, obwohl die Landesregierung zuvor beschlossen hatte, den Steuerreformgesetzen zuzustimmen. a) Wie viele Stimmen kann das Land Sachsen-Anhalt in der Bundesratssitzung abgeben? b) Ist die Stimmabgabe für Niedersachsen gültig? c) Der Innenminister verteidigt seine Ablehnung der Gesetze damit, dass er als Bundesratsmitglied in seiner Entscheidung frei und nur seinem Gewissen unterworfen sei. Trifft diese Ansicht zu? 5. Im Deutschen Bundestag sollen in der nächsten Sitzung folgende Gesetze beraten werden: Pflanzenschutzgesetz Wasserhaushaltsgesetz Bundeswahlgesetz Realschulgesetz Statistikgesetz a) Erläutern Sie kurz die Regelungen der Gesetzgebungskompetenzen des Bundes und der Länder im Grundgesetz. b) Prüfen Sie, ob der Bund oder die Länder für o. a. Gesetzesvorhaben zuständig sind.
3 Lösungsskizze für die Übungsklausur im Unterrichtsfach Staatsrecht Aufgabe Lösung Erreichbare Punktz. Erreichte Punktz. Spanien ist keine Republik, sondern eine Monarchie. Das Staatsoberhaupt einer Monarchie ist nicht der Staatspräsident, sondern der König. Ja! Es ist aus dem Sozialstaatsprinzip (Art. 0 I GG) abzuleiten. Daraus kann der Einzelne zwar grundsätzlich keinen direkten Anspruch auf eine Leistung gegenüber dem Staat ableiten. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz ergibt sich jedoch in Verbindung mit dem Grundrecht der Würde des Menschen (Art. I GG) im Hinblick auf die Sicherung des Existenzminimums durch den Sozialstaat (Sozialhilfe). 5 3 zu a): Partei D wäre im Bundestag vertreten, wenn sie eine der Voraussetzungen nach 6 VI BWahlG erfüllen würde: Alternative = 5 % der gültigen Zweitstimmen wurden nicht erreicht, demnach wäre Partei D nicht im Bundestag. Alternative = in mindestens 3 Wahlkreisen ein Direktmandat erzielt dies ist sogar in 4 Wahlkreisen der Fall gewesen Rechtsfolge = Partei D ist nach 6 VI Satz Alternative BWahlG im Bundestag vertreten. zu b): Partei C hat mehr Direktmandate erzielt, als ihr Sitze nach dem Zweitstimmenergebnis zustehen, so dass 6 V BWahlG Anwendung findet. Demnach verbleiben der Partei C die Direktmandate, so dass ihr abweichend vom Zweitstimmenergebnis 40 Sitze zustehen. Es entstehen somit Überhangmandate, um die sich
4 die Anzahl der Gesamtsitze im Bundestag gem. 6 V i. V. m. I BWahlG von 656 auf 658 erhöht. 9 4 Zu a): Anzahl der Stimmen ist von der Einwohnerzahl abhängig (Art. 5 II GG). Danach hat Sachsen-Anhalt bei,65 Mio. Einwohnern insgesamt vier Stimmen. Zu b): Gem. Art. 5 III GG können die Stimmen eines Bundeslandes nur einheitlich als Votum des Landes und nur durch anwesende Mitglieder oder deren Vertreter abgegeben werden. Hier wurden die Stimmen einheitlich durch den Innenminister abgegeben. Die Stimmen sind gültig. Der Verstoß gegen die Weisung der Landesregierung hat keinerlei Auswirkungen auf die Abstimmung im Bundesrat. Zu c): Im Gegensatz zu Bundestagsabgeordneten haben Bundesratsmitglieder kein freies sondern ein gebundenes (imperatives) Mandat. Dies ergibt sich aus Art. 5 III GG sowie im Umkehrschluss aus Art. 53 a I GG und Art. 77 II GG. Die Ansicht des sachsen-anhaltinischen Innenministers ist falsch. 0 5 Zu a): Grundsätzlich haben die Länder gem. Art. 70 I GG das Recht zur Gesetzgebung, soweit das GG nicht dem Bund die Gesetzgebungskompetenz verleiht. Abweichend vom Grundsatz hat der Bund folgende Gesetzgebungskompetenzen: Ausschließliche Gesetzgebungskompetenz (Art. 7 und 73 GG) = für bestimmte Regelungsbereiche ist der Bund zuständig; es sei denn, er ermächtigt die Länder ausdrücklich zur Gesetzgebung. Konkurrierende Gesetzgebungskompetenz (Art. 7 und 74 GG) = die Länder haben die Gesetzgebungsbefugnis, solange und soweit der Bund unter den Voraussetzungen des Art. 7 II GG für bestimmte Regelungsbereiche nicht von seiner Gesetzgebungszuständigkeit Gebrauch gemacht hat.
5 3 Bei der Rahmengesetzgebung des Bundes nach Art. 75 GG kann der Bund für bestimmte Regelungsbereiche Rahmenvorschriften für die Gesetzgebung der Länder erlassen. Zu b): Pflanzenschutzgesetz = Art. 74 I Nr. 0 GG = konkurrierende Gesetzgebung = kann unter den Voraussetzungen des Art. 7 II GG vom Bundestag beschlossen werden. Wasserhaushaltsgesetz = Art. 75 I Nr. 4 GG = Rahmengesetzgebung = kann als gesetzlicher Rahmen vom Bundestag beschlossen werden. Bundeswahlgesetz = Art. 38 III GG = ausschließliche Gesetzgebung des Bundes = Bundestag ist zuständig. Realschulgesetz = Art. 70 I GG = Landesgesetzgebung (Kulturhoheit) = keine bundesrechtliche Kompetenz. Statistikgesetz = Art. 73 Nr. GG = ausschließliche Gesetzgebung des Bundes = Bundestag ist zuständig. 0 Punktzahl: 46 Zusatzpunkte für Aufbau, Systematik und Form: 4 Gesamt-Leistungspunktzahl: 50
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