Arzt-Patienten-Kommunikation aus linguistischer Sicht
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- Markus Mann
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1 Arzt-Patienten-Kommunikation aus linguistischer Sicht oder: How to do medicine with words? Kammersymposium Ärztekammer Nordrhein 13. September 2017 Dr. Sascha Bechmann, HHUD (Angewandte Linguistik)
2 Deutschlandradio Kultur heilpraxisnet.de Süddeutsche Zeitung 2
3 Was wollen Patienten? Bedürfnisse und Erwartungen an die Arzt-Patienten-Kommunikation Emotionale Unterstützung Ganzheitliche Wahrnehmung Informationsbereitschaft des Arztes medizinische Fachkompetenz *Studie mit 135 Brustkrebspatientinnen am Freiburger Brustkrebszentrum
4 Was wollen Patienten? Bedürfnisse und Erwartungen an die Arzt-Patienten-Kommunikation Emotionale Unterstützung Ganzheitliche Wahrnehmung Ausgeprägtes Informationsbedürfnis zum Behandlungsbeginn à Abnahme bestimmter Informationsbereitschaft Informationsbereiche des Arztes medizinische Fachkompetenz *Studie mit 135 Brustkrebspatientinnen am Freiburger Brustkrebszentrum
5 Was wollen Patienten? Bedürfnisse und Erwartungen an die Arzt-Patienten-Kommunikation Emotionale Unterstützung Ganzheitliche Wahrnehmung Jeder Jeck ist anders* *Düsseldorfer Weisheit Informationsbereitschaft des Arztes medizinische Fachkompetenz *Studie mit 135 Brustkrebspatientinnen am Freiburger Brustkrebszentrum
6 Das kommunikationstheoretische Dilemma: Gedacht heißt nicht immer gesagt, gesagt heißt nicht immer richtig gehört, gehört heißt nicht immer richtig verstanden verstanden heißt nicht immer einverstanden, einverstanden heißt nicht immer angewendet,... (nach Konrad Lorenz)
7 Besonderheiten im Arzt-Patient-Gespräch *aus Bechmann 2014
8 Besonderheiten im Arzt-Patient-Gespräch Informationsinteressen / Rollenasymmetrie * aus Bechmann 2014
9 Besonderheiten im Arzt-Patient-Gespräch Informationsinteressen / Rollenasymmetrie Spannungsfeld a) Lebenswelt des Patienten b) professionell-wissenschaftliche Welt der Medizin Akteure mit z.t. unterschiedlichen Interessen, Erwartungen und Ängsten Hohe emotionale Komponente und sensible Themen à besonders gesprächssensible Patienten * aus Bechmann 2014
10 Problem: Somatische Fragmentierung Interessensschwerpunkte in medizinischen Gesprächen* 1 Interesse Arzt Patient / Angehöriger Diagnose / Befunde 36 % 26,1 % Therapie 21,9 % 15,9 % Krankheitserleben und persönliche Konsequenzen 8,3 % 24,8 % *In Gesprächen mit PatientInnen kommt es oft zu einer somatischen Fragmentierung! à Arztzentrierte Kommunikation GZDE.MS Westphale, C et al Gesprächssituation und Informationsaustausch während der Visite auf einer internistisch-psychosomatischen Krankenstation. In: Köhle, K (Hrsg.): Das Gespräch während der ärztlichen Visite. München. 1982
11 Problem: Somatische Fragmentierung Interessensschwerpunkte in medizinischen Gesprächen* 1 Interesse Arzt Patient / Angehöriger Diagnose / Befunde 36 % 26,1 % Therapie 21,9 % 15,9 % Krankheitserleben und persönliche Konsequenzen 8,3 % 24,8 % *In Gesprächen mit PatientInnen kommt es oft zu einer somatischen Fragmentierung! à Arztzentrierte Kommunikation GZDE.MS Westphale, C et al Gesprächssituation und Informationsaustausch während der Visite auf einer internistisch-psychosomatischen Krankenstation. In: Köhle, K (Hrsg.): Das Gespräch während der ärztlichen Visite. München. 1982
12 Patientenzentrierte Kommunikation Patientenzentrierte Kommunikation verbessert... Diagnosestellung 1 Arzt-Patienten-Beziehung, Kooperation und Adhärenz 2 Patientenzufriedenheit 3 klinisches Outcome 4 1 Martina, B et al., J Gen Intern Med 1997, 12:8, Jenkins, V et al., Br. J. Canc 2001, 84, S Goedhuys, J et al., J Fam Pract 2001, 18, 6, S Kelley, J et al., PLoS ONE , e94207
13 Das ärztliche Gespräch ist neben der somatischen Befunderhebung das wichtigste diagnostische Mittel in der ärztlichen Praxis.
14 Medizinische Kommunikation ist immer zugleich medizinisches Handeln......und damit medizinisch wirksam!
15 How to do things with words? (John Austin, Linguist)
16 Medizinische Kommunikation was ist das? Sprechen und Kommunizieren sind nicht dasselbe! Sie können sprechen ohne zu kommunizieren und kommunizieren ohne zu sprechen! Kommunikation ist mindestens ein duales System. Es gibt verschiedene kommunikative Rollen und......kommunikative Bedürfnisse. Kommunikation dient nicht (allein) dem Informationsaustausch! Kommunikation löst kein Transportproblem: Es wird nichts ausgetauscht! Es gibt keine verlustfreie Übertragung von Informationen! Vergessen Sie das Sender- Empfänger-Modell!
17 Kommunikation ist immer Mittel der Beeinflussung!
18 Es gibt kein Entrinnen aus der Interpretierbarkeit!
19 Kommunikative Zeichen was wird interpretiert? Zeichen Hervorbringung Kommunikative Realisierung Anteil an der Gesamtkommunikation verbal physisch Wörter, Sätze (gesprochen oder geschrieben, Laut- sprache) Ca. 10 % paraverbal physisch Stimme: Tonfall Tonhöhe, Lautstärke Sprechtempo Melodie Sprechpausen Laute Füllwörter Dialekt, Akzent, Soziolekt nonverbal physisch Bewegungs- und Raumverhalten: Mimik Gestik Körperhaltung Körperabstand Berührungen Positionierung Ca. 35 % Ca. 55 % extraverbal nicht physisch Kommunikationsrahmen: Olfaktorische Parameter (Geruch) Visuelle Parameter (Farben) Akustische Parameter (Warntöne) Anzahl Gesprächspartner Kleidung additiv
20 Kommunikationsmodell Kommunikationsquadrat (Schulz von Thun)
21 Kommunikationsmodell Kommunikationsquadrat (Schulz von Thun) Auch jedes nicht-sprachliche Verhalten wird derselben Auslegung unterzogen!
22 Konversationsmaximen Kommunikative Grundsätze nach den Konversationsmaximen von H.P. Grice: Maxime der Modalität: Sprechen Sie klar, verständlich und verbindlich! Keine Fachbegriffe, keine Füllwörter, kein Konjunktiv Maxime der Relevanz: Bringen Sie die Nachricht auf den Punkt! à Relevante Informationen Maxime der Quantität: Reden Sie nicht zu viel, nicht zu wenig Maxime der Qualität: Sagen Sie die Wahrheit
23 Warum scheitert Kommunikation? Kommunikationsprobleme sind in erster Linie Ausdruck gestörter Beziehungsebenen! Man muss kommunizieren wollen! Voraussetzung: vertrauensvolle Gesprächsbasis Grundvoraussetzungen dafür sind... Unbedingte Wertschätzung Authentizität Empathie.
24 Der unklare Ausdruck eines Gedankens ist immer der Ausdruck eines unklaren Gedankens!
25 Geschlossene Fragen bewirken verschlossene Patientinnen! 25
26 Offene vs. geschlossene Fragen Ein historisches Beispiel...
27 Fragen und Fragetechniken Offene W-Fragen* * aus Bechmann 2014: 188 (nach Bergner).
28 Das Trichterprinzip führt zum Erfolg: Ärztliche Gespräche beginnen mit offenen Fragen und werden nur zur Diagnose durch geschlossene Fragen gelenkt.
29 Phasenmodell patientenzentrierter Kommunikation Calgary-Cambridge-Guides offene Fragen, aktives Zuhören Trichterprinzip: Von offenen zu geschlossenen Fragen Angemessene Sprache, bildhafte Sprache, Verständnis abfragen, klare und verbindliche Aussagen Verabschiedung, offene Fragen klären, weitere Schritte erläutern
30 Kennen Sie das auch? Auf Wiedersehen... Ach, ich hab da noch was... Was ich noch sagen wollte... Ich weiß ja nicht, ob es wichtig ist, aber... Und ich soll jetzt also...? Nur so aus Interesse... Können Sie vielleicht nochmal ganz kurz... Vermeiden Sie Türklinken-Phänomene durch einen guten Gesprächsabschluss!
31 Zeit für das Gespräch ist keine Zeitverschwendung, sondern Zeitinvestition! Zeitdruck erzeugt Zeitnot! Unterbrechungen der initialen Patientenrede kosten Zeit à lassen Sie Ihre Patienten ausreden und hören Sie gut zu!
32 Danke für Ihre Zeit! Patientisch statt Fach(arzt)chinesisch!
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