Klausur zur Veranstaltung Fiskalpolitik. im WS 2004/05, 12. Februar 2005
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- Harald Koch
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1 Volkswirtschaftliche Fakultät der Universität München Lehrstuhl für Finanzwissenschaft Prof. Dr. Bernd Huber Klausur zur Veranstaltung Fiskalpolitik im WS 2004/05, 2. Februar 2005 Name, Vorname: Matrikelnummer: Bearbeitungshinweise:. Die Klausurangabe besteht aus 6 Seiten (einschließlich dieser Seite). Bitte kontrollieren Sie sofort nach Erhalt, ob Sie eine vollständige Klausurangabe erhalten haben. 2. Benutzen Sie für Ihre Lösung von Aufgabe die ausgeteilte Angabe, für Ihre Lösung aller anderen Aufgaben nur Papier mit Lehrstuhlstempel. Versehen Sie jeden Bogen nach Erhalt mit Ihrem Namen und Ihrer Matrikelnummer. 3. Die Klausur besteht aus 4 Aufgaben. Alle 4 Aufgaben sind zu bearbeiten! Erreichbare Gesamtpunktzahl: 00 Punkte 4. Die Bearbeitungszeit beträgt 20 Minuten! 5. Sie sind dafür verantwortlich, dass das Aufsichtspersonal Ihre Klausur am Ende der Bearbeitungszeit erhält. 6. Zugelassene Hilfsmittel: nicht-programmierbarer Taschenrechner.
2 Aufgabe : Multiple Choice (5 Punkte) Entscheiden Sie, ob die aufgelisteten Aussagen wahr (w) oder falsch (f) sind. Tragen Sie Ihre en in die dafür vorgesehenen Felder ein. Pro richtige gibt es ½ Punkt, pro falsche ½ Punkt Abzug. Nicht beantwortete Fragen werden weder mit Plus- noch Minuspunkten gewertet. Die minimale Gesamtpunktzahl ist Null. Es gibt keine Beschränkungen bezüglich der Anzahl wahrer oder falscher Aussagen pro Teilaufgabe. (a) Einkommen-Ausgaben-Modell (EA-Modell) () Im EA-Modell ist der Staatsausgabenmultiplikator (dy/dg) einer kreditfinanzierten Staatsausgabenerhöhung umso größer, je größer die marginale Konsumneigung ist. (2) Eine kreditfinanzierte Staatsausgabenerhöhung um führt im EA-Modell zur gleichen Einkommenserhöhung wie eine Steuersenkung um. (3) Eine kreditfinanzierte Staatsausgabenerhöhung um führt im EA-Modell zu einer geringeren Einkommenserhöhung als eine steuerfinanzierte Staatsausgabenerhöhung um. (b) Die Rolle von Lohn- und Preisrigiditäten () Wenn der Nominallohn nach unten starr ist, dann kann der Reallohn niemals unter sein Vollbeschäftigungsniveau fallen, da die Unternehmen bei einem Reallohn unterhalb des Vollbeschäftigungsniveaus ihre Nominallohnzahlungen erhöhen, um so die Überschussnachfrage nach Arbeit zu beseitigen. (2) Keynesianische Arbeitslosigkeit kann auf einen zu hohen Reallohn zurückgeführt werden, während klassische Arbeitslosigkeit durch eine Nachfragelücke auf dem Gütermarkt verursacht wird. (3) Ist der Reallohn durch eine Indexierung des Nominallohns auf ein Niveau oberhalb des Vollbeschäftigungsreallohns fixiert, so kann die daraus entstehende Arbeitslosigkeit weder durch expansive Geldpolitik noch durch expansive Fiskalpolitik reduziert werden. (4) Wenn bei flexiblen Preisen ein Mindestnominallohn Arbeitslosigkeit verursacht, dann kann diese Arbeitslosigkeit reduziert werden, indem man den Mindestnominallohn anhebt, da dann die Arbeitnehmer ihre Nachfrage erhöhen. (c) IS-LM-Modell mit Vermögenseffekten () Gemäß der monetaristischen Position gibt es Vermögenseffekte in der Geldnachfrage, während die keynesianische Position Vermögenseffekte in der Geldnachfrage und im privaten Konsum zulässt. (2) Gemäß der keynesianischen Position kann eine kreditfinanzierte Staatsausgabenerhöhung niemals zu einem vollständigen Crowding-Out führen, da der expansive Effekt auf das Volkseinkommen durch den Vermögenseffekt im Konsum noch verstärkt wird. (3) Der Staatsausgabenmultiplikator dy/dg einer kreditfinanzierten Staatsausgabenerhöhung ist gemäß der monetaristischen Position kleiner als im Modell ohne Vermögenseffekte. 2
3 (d) Stabilisierungspolitik in offen Volkswirtschaften () Wenn der Saldo der Kapitalbilanz Null ist und außerdem mehr Waren und Dienstleistungen importiert als exportiert wurden, dann liegt ein Zahlungsbilanzdefizit im materiellen Sinn vor. (2) Eine Abwertung der inländischen Währung senkt den ausländischen Preis inländischer Güter und führt somit zu einem Anstieg der Importe. (3) Der Wechselkursmechanismus der Zahlungsbilanz führt bei flexiblen Wechselkursen dazu, dass die Zahlungsbilanz materiell ausgeglichen ist. (4) Im Mundell-Flemming Modell führt eine expansive Geldpolitik bei perfekter Kapitalmobilität und flexiblem Wechselkurs zu einem steigenden Volkseinkommen und einer Abwertung der inländischen Währung. (e) Blinder-Solow Kontroverse () Im Blinder-Solow Modell führt eine kreditfinanzierte Staatsausgabenerhöhung zu einer größeren Steigerung des Volkseinkommens als eine monetärfinanzierte Staatsausgabenerhöhung. (2) Bei monetärfinanzierter Staatsausgabenerhöhung wird in jedem Fall ein neues langfristiges Gleichgewicht erreicht. (3) Bei kreditfinanzierter Staatsausgabenerhöhung wird nicht notwendig ein neues langfristiges Gleichgewicht erreicht, da die Anzahl der staatlichen Bonds im neuen langfristigen Gleichgewicht höher sein muss als im alten. (f) Staatliche Budgetrestriktion () Die No-Ponzi-Game Bedingung verlangt, dass der Schuldenstand langfristig Null wird. (2) Wenn die No-Ponzi-Game Bedingung erfüllt ist, dann impliziert die intertemporale Budgetrestriktion des Staates, dass der Barwert der Primärüberschüsse ausreicht, um die ausstehende Staatsschuld inklusive Zinsen zurückzuzahlen. (3) Die so genannten Maastricht-Kriterien verlangen, dass das Defizit eines Landes nicht mehr als 3% des Bruttoinlandsprodukts betragen darf und die Neuverschuldung geringer als die staatlichen Investitionen sein muss. (g) Ramsey-Modell mit endogenem Arbeitsangebot () Im Ramsey-Modell mit endogenem Arbeitsangebot ist die Marktlösung nicht effizient, da das durch das Arbeitsangebot verursachte Arbeitsleid eine Externalität darstellt. (2) Bei endogenem Arbeitsangebot im Ramsey-Modell sind die langfristigen Werte des Zinssatzes, der Kapitalintensität und des Lohnsatzes einzig durch die Höhe der Staatsausgaben bestimmt. (3) Der Crowding-In Effekt einer Staatsausgabenerhöhung auf das langfristige Volkseinkommen im Ramsey-Modell mit endogenem Arbeitsangebot wird verstärkt, wenn öffentlicher und privater Konsum Substitute sind. 3
4 (h) IS-LM-Modell ohne Vermögenseffekte () Im (r,y)-diagram charakterisieren Punkte unterhalb der LM-Kurve ein Angebotsüberschuss auf dem Geldmarkt. (2) Das Verdrängen privater Investitionen durch eine Erhöhung der Staatsausgaben nennt man Crowding-Out. (3) Eine expansive Geldpolitik erhöht das Volkseinkommen und die Zinsen. (i) Phillips-Kurve und Politikglaubwürdigkeit () Steigende Inflationserwartungen verschieben die Phillips-Kurve nach oben. (2) Bei adaptiven Erwartungen basiert die Inflationsprognose auf allen zum Zeitpunkt der Inflationsprognose zur Verfügung stehenden Informationen. (3) Eine expansive Geldpolitik führt bei rationalen Erwartungen zu einer kurzfristigen Belebung des Arbeitsmarktes, während sie bei adaptiven Erwartungen weder kurz- noch langfristig einen Effekt auf die Beschäftigung hat. (4) Fallen die sozialen Kosten durch Inflation stark ins Gewicht, so ist das Glaubwürdigkeitsproblem der Notenbank besonders groß. Aufgabe 2: Ausgewählte Aspekte (20 Punkte) Verdeutlichen Sie die folgenden Tatbestände jeweils anhand einer Grafik, die ausführlich zu erläutern ist. (a) Das Crowding-Out Problem im IS-LM-Modell ohne Vermögenseffekte. (5 Punkte) (b) Die Stabilität einer monetärfinanzierten Staatsausgabenfinanzierung im Blinder-Solow Modell (Hinweis: Benutzen Sie das Phasendiagramm mit den beiden Achsen M & und M!). (5 Punkte) (c) Die Wirkungen einer kreditfinanzierten Staatsausgabenerhöhung im Mundell-Flemming Modell. (5 Punkte) (d) Die expansive Wirkung einer Haushaltskonsolidierung (verstanden als permanente Kürzung der Staatsausgaben) in einem modifizierten IS-LM-Modell. (5 Punkte) 4
5 Aufgabe 3: Haavelmo-Theorem (35 Punkte) Betrachten Sie im Folgenden immer die Wirkung einer steuerfinanzierten Staatsausgabenerhöhung auf das Volkseinkommen. Gehen Sie außerdem von der Gütermarktgleichung ( T) + I G Y = C Y + () aus, wobei Y = Volkseinkommen, C = privater Konsum mit 0<C <, I = Investitionen, G = Staatsausgaben und T = Steuereinnahmen. Unterstellen Sie zunächst, die Investitionen seien exogen gegeben. (a) Nehmen Sie an, der Staat erhebt eine Pauschalsteuer T = T, so dass seine Budgetrestriktion G = T lautet. Zeigen Sie formal, dass dann das Haavelmo-Theorem gilt. Interpretieren Sie dieses Ergebnis und geben Sie eine ausführliche Intuition. (6 Punkte) (b) Nehmen Sie an, der Staat erhebt eine proportionale Einkommensteuer ty wobei t 0, der Steuersatz ist. Die Budgetrestriktion des Staates lautet jetzt G = ty. Zeigen Sie formal, dass das Haavelmo-Theorem gilt. (5 Punkte) T = ] [ (c) In vielen Ländern berücksichtigt der Staat bei der Einkommensteuererhebung einen Steuerfreibetrag, der das zu versteuernde Einkommen verringert. Mit einem Steuerfreibetrag Y können die Steuereinnahmen als t T = ( Y Y ), 0, für für Y > Y Y Y geschrieben werden (t = Steuersatz). Gehen Sie davon aus, dass G = t Y Y. Budgetrestriktion lautet also ( ) Y > Y. Die staatliche (i) Zeigen Sie formal, dass das Haavelmo-Theorem gilt, wenn der Staat die zusätzlichen Staatsausgaben durch eine Veränderung des Steuersatzes finanziert, den Steuerfreibetrag aber konstant lässt. Wie verändert sich der Steuersatz? Erläutern Sie Ihr Ergebnis. (6 Punkte) (ii) Zeigen Sie formal, dass das Haavelmo-Theorem gilt, wenn der Staat die zusätzlichen Staatsausgaben durch eine Veränderung des Steuerfreibetrags finanziert, den Steuersatz aber konstant lässt. Wie verändert sich der Steuerfreibetrag? Erläutern Sie Ihr Ergebnis. (6 Punkte) (d) Gehen Sie nun von einem allgemeinen progressiven Steuertarif T = T( Y) mit T',T' ' > 0 aus. Die staatliche Budgetrestriktion lautet nun G = T( Y). Zeigen Sie formal, dass das Haavelmo-Theorem gilt. Erklären Sie, warum es selbst in diesem recht allgemeinen Fall immer noch Gültigkeit hat. (6 Punkte) (e) Kehren Sie nun zum Fall mit einer Pauschalsteuer T = T zurück und unterstellen Sie in Gleichung (), dass die Investitionen eine fallende Funktion des Zinssatzes sind, d.h. I = I() r mit I ' < 0. Berücksichtigen Sie außerdem das Geldmarktgleichgewicht M = L( Y, r ) P (2) mit M = nominales Geldangebot, P = Preisniveau und L = reale Geldnachfrage. Es gelte L < 0 und L Y > 0. Überprüfen Sie, ob das Haavelmo-Theorem jetzt immer noch gilt. Begründen Sie Ihr Ergebnis. (6 Punkte) r 5
6 Aufgabe 4: Ramsey-Modell mit exogenem Arbeitsangebot (30 Punkte) Betrachten Sie das Ramsey-Modell mit exogenem Arbeitsangebot. Die Bevölkerungszahl sei auf eins normiert und es gebe kein Bevölkerungswachstum. Es wird immer sofort vollständig abgeschrieben, d.h. δ =. In der Vorlesung wurde die Marktlösung in einer solchen Volkswirtschaft durch folgende Bedingungen charakterisiert: ( ρ) U' ( Ct ) = + r ( C ) + t+ U' t+ K ( K t+ ) = + rt+ F (2) ( K t ) Ct + K t Gt F = + + (3) (a) Geben Sie eine ausführliche Interpretation dieser Bedingungen und begründen Sie, warum die Marktlösung effizient ist. (4 Punkte) (b) Konzentrieren Sie sich nun auf das langfristige Gleichgewicht (steady state) und leiten Sie aus () (3) Bedingungen her, die den langfristigen Konsum und den langfristigen Kapitalbestand bestimmen. Verdeutlichen Sie das langfristige Gleichgewicht anhand einer Grafik. (4 Punkte) (c) Zeigen Sie formal, wie sich eine Erhöhung der Staatsausgaben auf den langfristigen Konsum und den langfristigen Kapitalbestand auswirkt. Liefern Sie eine ausführliche Intuition für dieses Ergebnis und verdeutlichen Sie das Ergebnis anhand einer Grafik. Erläutern Sie die Grafik. (6 Punkte) Nehmen Sie in allen folgenden Teilaufgaben an, dass der Staat eine Kapitaleinkommensteuer erhebt. Der Steuersatz sei mit τ bezeichnet. (d) Erklären Sie zunächst, wie diese Steuer die Bedingungen () (3) verändert. Konzentrieren Sie sich anschließend wieder auf das langfristige Gleichgewicht und zeigen Sie formal, wie eine Erhöhung von τ (bei gegebenen Staatsausgaben) den langfristigen Konsum und den langfristigen Kapitalbestand beeinflusst. Liefern Sie eine ausführliche Intuition für dieses Ergebnis und verdeutlichen Sie das Ergebnis anhand einer Grafik. Erläutern Sie die Grafik. (6 Punkte) (e) Nehmen Sie nun an, die Erhöhung der Kapitaleinkommensteuer erhöht die Steuereinnahmen und damit die Staatsausgaben. Bestimmen Sie formal die Wirkungen der Steuererhöhung auf den langfristigen Konsum und Kapitalbestand, wenn (ceteris paribus) (i) die Staatsausgaben den Output erhöhen, die Grenzproduktivität des Kapitals aber F K + H G dargestellt wird), unverändert lassen (d.h. die Produktionsfunktion durch ( ) ( ) (ii) die Staatsausgaben den Output erhöhen und zusätzlich die Grenzproduktivität des Kapitals beeinflussen (d.h. die Produktionsfunktion durch F ( K,G) mit F KG 0 dargestellt wird). Erläutern Sie die Fälle (i) und (ii) anhand je einer Grafik und geben Sie jeweils eine ausführliche Intuition für Ihre Ergebnisse. (Hinweis: Zur Lösung dieser Aufgabe müssen sie nicht (!) auf die staatliche Budgetrestriktion zurückgreifen!) (0 Punkte) () 6
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