Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft

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1 Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft Durchwachsene Silphie (Silphium perfoliatum L.) - eine Energiepflanze zum Einsatz als Koferment in Biogasanlagen M. Conrad, A. Biertümpfel, Dr. A. Vetter Thüringer Ministerium für Landwirtschaft, Naturschutz und Umwelt

2 Die verstärkte Nutzung erneuerbarer Energien, insbesondere von Biomasse, eröffnet dem Landwirt zunehmend Einkommensalternativen. Dabei ist besonderes die Konvertierung von Biomasse zu Biogas, welches dann in Blockheizkraftwerken zu Elektroenergie und Wärme umgewandelt wird, für den landwirtschaftlichen Bereich interessant. Gegenwärtig existieren in Thüringen mehr als 80 Biogasanlagen, die mit einer installierten Leistung von über 40 MW zwischen und Haushalte mit Elektroenergie versorgen können. Rohstoffe der landwirtschaftlichen Biogasanlagen sind heute Wirtschaftsdünger, wie Gülle und Stallmist und pflanzliche Rohstoffe, vor allem Getreide und Mais. Der Anbau von Energiepflanzen für Biogasanlagen beläuft sich in Thüringen im Jahr 2007 auf ca ha. Dabei folgt der Mais mit einem Flächenumfang von etwa ha dem Getreide (Korn), wiederum gefolgt von Anwelk- und Ganzpflanzensilage. Obwohl Thüringen bei einer geschätzten Gesamtanbaufläche von Mais mit ha von der prognostizierten Maiswüste angesichts des Biogasbooms weit entfernt ist, wird seitens der landwirtschaftlichen Forschung nach alternativen Kofermenten gesucht. Neben verschiedenen Hirsen und auch Ganzpflanzengetreide stellte dabei die Durchwachsene Silphie (Silphium perfoliatum L.), auch Becher- oder Kompasspflanze genannt, auf unterschiedlichen Standorten über mehrere Jahre ihre Anbauwürdigkeit und Eignung als Kosubstrat in anbautechnischen Versuchen unter Beweis. Die Durchwachsene Silphie ist ein ausdauernder Korbblütler, der ursprünglich aus den gemäßigten Regionen Nordamerikas stammt. Die Pflanze erreicht ab dem 2. Anbaujahr eine Wuchshöhe von 2,5 bis 3,0 m. Im Anpflanz- bzw. Ansaatjahr entwickelt sich lediglich eine kräftige Blattrosette. Typisch für die Durchwachsene Silphie sind die vierkantigen Stängel mit nahezu quadratischem Querschnitt und die am Stängel sitzenden verwachsenen Blätter, in denen sich Niederschlag und Tau wie in einem Becher sammeln. Wie erste Exaktversuche zur Eruierung von Futterpflanzen um 1980 in Deutschland zeigten, lässt sich die Durchwachsene Silphie unter mitteleuropäischen Anbaubedingungen problemlos kultivieren. Sie ist bezüglich des Bodens anspruchslos., gedeiht jedoch am besten auf humosen Böden mit guter Wasserführung. Durch ihren geringen Wasserbedarf von 350 bis 400 mm Jahresniederschlag ist sie auch für einen Anbau in Trockenlagen prädestiniert. Die Durchwachsene Silphie stellt auch keine besonderen Ansprüche an die Vorfrucht. Wichtig ist es, auf unkrautunterdrückende Eigenschaften der Vorfrucht zu achten, da für die Kultur derzeit keine Pflanzenschutzmittel zugelassen sind. Nach der Silphie sollte Getreide folgen, um einen eventuellen Durchwuchs bekämpfen zu können. Vor der Anlage der Dauerkultur ist eine tiefgründige Bodenbearbeitung mit dem Ziel der Reduzierung von Dauerunkräutern notwendig. Die Herstellung eines feinkrümeligen Saat- bzw. Pflanzbettes nach einer feuchtigkeitsbewahrenden Saatbettbereitung bildet die Voraussetzung für eine optimale Bestandesetablierung. Die Samen der Durchwachsenen Silphie benötigen zum Keimen eine längere Kühlphase bzw. Wechseltemperaturen, so dass es bei einer Frühjahrs- bzw. Frühsommersaat zu erheblichen Verzögerungen beim Auflaufen kommen kann. Erste Versuche zur Vorbehandlung des Saatguts zur Brechung der Keimhemmung und der Aussaat des behandelten Saatgutes mit einer Einzelkorndrillmaschine verliefen erfolgversprechend. Bisherige Versuche wurden durch Pflanzung vorgezogener Jungpflanzen in einer Bestandesdichte von Pflanzen/ha etabliert. Durch die hohen Kosten amortisiert sich die Pflanzung bei einer Nutzungsdauer von ca. 10 Jahren. Bei der Anlage der Dauerkultur muss somit dieser lange Nutzungszeitraum, z. B. bei Pacht oder Lieferverträgen beachtet werden. Die Direktsaat bzw. Pflanzung sollte für einen vollen Ertrag im 2. Anbaujahr bis Ende Juni erfolgen.

3 Die Jungpflanzen entwickeln sich relativ langsam, so dass es bei einer zwar erheblich kostengünstigeren Direktsaat zu Problemen wegen der geringen Konkurrenzkraft gegenüber Unkräutern kommen kann. Eine Maschinenhacke ist aufgrund des weiten Standraums der Pflanzen aber gut möglich. Zugelassene Pflanzenschutzmittel für die Durchwachsene Silphie gibt es noch nicht, über die Möglichkeit der Genehmigung des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln nach 18b des Pflanzenschutzgesetzes informieren die zuständigen Pflanzenschutzdienststellen. Ab dem 2. Standjahr schließt die Silphie die Bestände, so dass Unkrautbekämpfungsmaßnahmen nicht mehr notwendig sind. Krankheiten bzw. Schädlingen traten in den Beständen bisher nicht auf. Zur Pflanzung und zu Beginn eines jeden Vegetationsjahres beträgt der N-Sollwert in Abhängigkeit von der Ertragserwartung 150 bis 200 kg N/ha. Die Kalium- und Phosphordüngung sollte nach Entzug alle drei Jahre erfolgen. Je nach Ertragsniveau ist mit Entzügen von 20 bis 30 kg P/ha und 100 bis 200 kg K/ha und Jahr zu rechnen. Geerntet wird der gesamte oberirdische Teil der Pflanze bei einem TS-Gehalt von 28 bis maximal 35 % mit einem praxisüblichen Häcksler. In Abhängigkeit der Anbauregion erreicht die Silphie die Erntereife Anfang bis Ende September im Entwicklungsstadium Blühende bzw. Beginn der Samenreife. Der Biomasseertrag liegt bei 170 bis 200 dt Trockenmasse/ha ab dem 2. Anbaujahr (Abb. 1). 300 VS Dornburg VS Heßberg (2. Standjahr) 2006 (3. Standjahr) Silomais 'PR38F53' Durchw. Silphie Silomais 'PR38F53' Durchw. Silphie Abbildung 1: Trockenmasseerträge von Durchwachsener Silphie im 2. und 3. Standjahr im Vergleich zu Silomais, Dornburg und Heßberg 2005 und 2006 Das Erntegut der Pflanze kann problemlos siliert werden. Da die Durchwachsene Silphie einen guten Futterwert besitzt, ist die Silage als Viehfutter geeignet, wobei die Akzeptanz in der Rinderfütterung durch die Blattbehaarung der Pflanze eingeschränkt ist. Sie kann aber auch als Koferment in Biogasanlagen eingesetzt werden. Letztgenannte Verwertungsrichtung wird gegenwärtig favorisiert.

4 Gärversuche im Labor- und Technikumsmaßstab haben gezeigt, dass die Methanausbeuten vergleichbar mit Maissilage vergleichbar sind. Ein erster Praxistest in einer landwirtschaftlichen Biogasanlage ist für 2008 geplant. In der Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft wird derzeit ein von der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e. V. gefördertes Forschungsvorhaben mit dem Ziel der Optimierung des Anbauverfahrens für die Durchwachsene Silphie und die Einführung dieser Pflanze in die landwirtschaftliche Praxis bearbeitet. Im Rahmen dieses Forschungsvorhabens laufen derzeit intensive Versuche zur Wahl geeigneter Herkünfte, zur Bestandesetablierung mittels Direktsaat, damit verbunden auch zur optimalen Saatzeit und Saatstärke sowie zur Wirkung und Verträglichkeit von Herbiziden. Ein erster Praxisanbau in Thüringen im Hektarmaßstab wurde 2007 begonnen. Weitere Informationen und aktuelle Ergebnisse sind unter zu finden. Gepflanzter Bestand der Durchwachsenen Silphie im ersten Anbaujahr

5 Blühender Bestand der Durchwachsenen Silphie im zweiten Anbaujahr