Fall 6. Lösungsskizze. Unterscheide: rechtsgeschäftlicher Eigentumserwerb ( 929 ff. BGB) & gesetzlicher Eigentumserwerb
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1 Juristische Fakultät Konversatorium zum Bürgerlichen Recht III Wintersemester 2014/2015 Fall 6 Lösungsskizze Unterscheide: rechtsgeschäftlicher Eigentumserwerb ( 929 ff. BGB) & gesetzlicher Eigentumserwerb Tatbestände des gesetzlichen Eigentumserwerbs: Ersitzung, 937 BGB Verbindung, Vermischung, Verarbeitung, 946 ff. BGB Erwerb von Erzeugnissen und sonstigen Bestandteilen, 953 ff. BGB Aneignung, 958 ff. BGB Fund und Schatzfund, 965 ff. BGB Eigentum an Schuldurkunden, 952 BGB (hierbei folgt das Eigentum an der Urkunde der Inhaberschaft an dem verkörperten Recht) Konversatorium zum Bürgerlichen Recht III WS 2014/2015 1
2 Teil I A. Anspruch des N auf Herausgabe des Holzes gegen S gem. 985 BGB I. N ist Eigentümer des Holzes 1. Ursprünglich hatte H das Eigentum an dem Holz. 2. Eigentumserwerb durch D mittels Diebstahls (-) 3. Eigentumserwerb des N durch den Tod des H N tritt als Alleinerbe gem I BGB in die Rechtsposition des H ein (Gesamtrechtsnachfolge) 4. Eigentumserwerb des S durch die Übereignung von D a) Einigung, 929 S. 1 BGB Auslegung gem. 133, 157 BGB: Mit Kaufvertrag konkludent zeitgleich auch Übereignung gem. 929 S. 1 BGB vereinbart. b) Übergabe, 929 S. 1 BGB (+) c) Berechtigung des D (-) 5. Eigentumserwerb vom Nichtberechtigten gem. 929 S. 1, 932 I 1 BGB Rechtsgeschäft i.s.e. Verkehrsgeschäfts (+) Guter Glaube gem. 932 II BGB (+) Kein Abhandenkommen gem. 935 I 1 BGB (-), Holz war gestohlen 2
3 6. Eigentumserwerb des S durch Verarbeitung Überblick: 950 BGB ermöglicht dem Hersteller einer neuen Sache den umfassenden Erwerb des Eigentums an der verwendeten alten Sache (= Stoff),vgl. 950 II BGB: bestehende Rechte erlöschen. Voraussetzungen der Verarbeitung gem. 950 I BGB: Herstellereigenschaft Verarbeitung oder Umbildung (= Herstellungsvorgang) Neue Sache (=Herstellungserfolg) Wertvergleich a) S ist Hersteller (+) = wer die Sache tatsächlich hergestellt hat/in dessen Namen und wirtschaftlichem Interesse die Herstellung erfolgt b) Verarbeitung = Zielgerichteter Arbeitsvorgang, der auf die Veränderung des verarbeiteten Stoffes und die Entstehung einer neuen Sache gerichtet ist. Hier (+) c) Neuheit der Sache - Neuheit ist wirtschaftlich unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung zu verstehen - Indizien: neuer Name des Produkts, Nutzungsveränderung - Wertsteigerung allein ist nicht ausreichend Hier (+) 3
4 d) Wertvergleich Überblick: Ob der Wert der Verarbeitung erheblich geringer ist als der Wert des Stoffes wird regelmäßig in 4 Schritten ermittelt: Ermittlung Stoffwert Ausgangssache Ermittlung Verkehrswert neuer Sache Ermittlung Wert der Verarbeitung (= Verkehrswert Stoffwert) Betrachtung Wertverhältnis Verarbeitung zu Stoffwert (erheblich geringer, wenn weniger als 60 % des Stoffwertes) Stoffwert ursprünglich (Holz): ( ) Verkehrswert neuer Sache (Schrank): Verarbeitungswert (Wertsteigerung durch Schreiner): ( ) Wertverhältnis: 60% des Stoffwertes (3.000 ): erheblich geringer (-), da > e) Zwischenergebnis S hat durch Verarbeitung das Eigentum an dem Holz erworben. II. Ergebnis: N hat keinen Anspruch aus 985 BGB. B. Anspruch des N gegen S auf Wertersatz/ Schadensersatz I. Anspruch aus 687 II, 681 S. 2, 667 BGB (-), da keine Kenntnis von fehlender Berechtigung 4
5 II. Anspruch aus 989, 990 I BGB 1. Vindikationslage (zum Zeitpunkt der schädigenden Handlung) a) N war Eigentümer (+) b) S ist Besitzer (+) c) Kein Recht zum Besitz, 986 BGB (+) 2. Bösgläubigkeit des S im Zeitpunkt der Verarbeitung hinsichtlich seines Besitzrechts (-) III. Anspruch aus 823 I BGB (-), da Sperrwirkung des EBV 993 I a.e., 992 IV. Anspruch aus 951 I 1, 812 I 1 Alt. 2, 818 I, II BGB h.m.: 951 I 1 BGB = Rechtsgrundverweis 1. Sperrwirkung des EBV? Keine Sperrwirkung - EBV erfasst nur Schadens- und Nutzungsersatzansprüche - hier wird aber Wertersatz begeht - Anspruch auf Wertersatz = Rechtsfortwirkungsanspruch aus dem Eigentum 2. Etwas erlangt Eigentum an dem Holz (s.o.). Beachte: Durch die Verarbeitung (=Eingriffshandlung) wurde nur das Eigentum am Holz erlangt, nicht der Besitz. Der Besitz wurde bereits vorher durch Leistung des D erlangt. 5
6 3. In sonstiger Weise Problem: Leistung des D (Vorrang der Leistungskondiktion)? Kein Vorrang! Aber Warum? Unterschiedliche Begründungen: e.a.: Berücksichtigung der vorrangigen Wertungen des Sachenrechts - Bei rechtsgeschäftlichem Eigentumserwerb wäre Vindikation nach 985 BGB möglich, da gutgläubiger Erwerb wegen 935 I 1 BGB ausgeschlossen wäre - Anspruch aus 951, 812 I 1 Alt. 2 BGB soll nach gesetzlichem Eigentumsverlust durch Verarbeitung an die Stelle des 985 treten (Rechtsfortsetzungsgedanke) - Bei einem Ausschluss der Nichtleistungskondiktion wäre N hier schlechter gestellt a.a.: unter Wertungsgesichtspunkten unbillig daher kein Vorrang der Leistungskondiktion - S hat durch die Leistung des D nur den Besitz am Holz erhalten - Eigentum hat S erst nach 950 I BGB durch die von ihm selbst vorgenommene Verarbeitung erlangt - Leistungsbeziehung zwischen S und D bezieht sich daher nur auf den Besitz schon tatbestandlich keine Leistungsbeziehung zwischen S und D bzgl. Eigentum am Holz insoweit daher kein Vorrang der Leistungskondiktion 6
7 4. Auf Kosten des N (+) Eingriff in den Zuweisungsgehalt des Eigentumsrechts des N 5. Ohne Rechtsgrund (+), insb. stellt 950 BGB keinen Rechtsgrund dar 6. Rechtsfolge Wertersatz gem. 818 II BGB i.h.v Entreicherung des S gem. 818 Abs. 3 BGB Problem: C. Gesamtergebnis Entreichert hins. Kaufpreis i.h.v gem. 818 III BGB? Erwerbskosten bleiben nach Sinn und Zweck des 950 BGB außer Betracht, da sie auch dem Herausgabeanspruch nach 985 BGB nicht entgegengehalten werden können. Zwar hat S Eigentum an dem Holz erlangt, so dass N dessen Herausgabe nicht verlangen kann, S schuldet jedoch Wertersatz in Höhe von
8 Teil II A. Herausgabe der Elektroinstallation I. Anspruch aus 985 BGB 1. Eigentum a) Ursprünglich war U Eigentümer b) Eigentumsverlust durch Verbindung mit Grundstück, 946 BGB aa) Bewegliche Sache (+) bb) Wesentlicher Bestandteil eines Grundstücks - Elektroinstallation = wesentlicher Bestandteil des Gebäudes, 94 II BGB - Gebäude = wesentlicher Bestandteil des Grundstücks, 94 I 1 BGB - Daher (+) cc) Zwischenergebnis: Eigentumsverlust durch Verbindung mit Grundstück, 946 BGB (+) 2. Ergebnis: Kein Anspruch auf Herausgabe nach 985 BGB II. Weitere Ansprüche 1. Anspruch aus 861 Abs. 1 BGB (-) B besitzt gegenüber U nicht fehlerhaft nach 858 Abs. 2 S. 1 BGB. 2. Anspruch aus 1007 Abs. 1 BGB (-) B war bei Erwerb des Besitzes in gutem Glauben. 3. Anspruch aus 1007 Abs. 2 BGB (-) Die Sache ist U nicht abhandengekommen. 4. Anspruch aus 823 Abs. 1 BGB (-) Der Eigentumserwerb erfolgte rechtmäßig. 5. Anspruch aus 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB (-) Eine Herausgabe des Eigentums nach bereicherungsrechtlichen Vorschriften ist nach 951 Abs. 1 S. 2 BGB ausgeschlossen. III. Gesamtergebnis U kann die Herausgabe der Elektroinstallation nicht verlangen. 8
9 B. Ansprüche auf Vergütung I. Vertragliche Ansprüche, 631 I BGB 1. Anspruch entstanden a) Abschluss eines Werkvertrags (+) b) Rechtshindernde Einwendung Der Vertrag ist nach 134 BGB nichtig, da er gegen 1 II Nr. 2 SchwarzArbG verstößt - Ohne-Rechnungs-Abrede bezieht sich zwar nur auf einen Teil des Vertrags - Aber keine konkrete Zuordnung einzelner Leistungen Vertrag als einheitliches Rechtsgeschäft anzusehen 2. Ergebnis: Kein Anspruch aus 631 I BGB II. Ansprüche aus GoA, 677, 683, 670 BGB 1. Geschäftsführung (+) = jede Tätigkeit in fremdem Interesse 2. Fremdgeschäftsführungswille (+) Der Fremdgeschäftsführungswille wird bei objektivem und auchfremdem Geschäft vermutet. Problem: U denkt, er sei zur Leistung verpflichtet, Vertrag ist aber nach 134 BGB nichtig (s.o.) Lit.: eigenes Geschäft - Kein FGW des U, da er mit Vertragserfüllung ausschließlich ein eigenes Geschäft führen will - Leistungskondiktion = speziellere Regelung BGH: auch-fremdes Geschäft - U will vermeintliche Vertragspflicht erfüllen UND mit Elektroinstallation ein Geschäft des B führen - FGW wird vermutet - FGW nicht widerlegt, weil Vertrag nichtig ist - Nichtigkeit eines Vertrages sagt nichts darüber aus, ob U neben seiner vermeintlichen vertraglichen Pflicht auch im Interesse der des Geschäftsherrn tätig werden wollte 9
10 3. Ohne Auftrag oder sonstige Berechtigung Vertrag nichtig, (s.o.) 4. Berechtigung, 683 BGB (+), entspricht Interesse und Willen des B 5. Aufwendung, 670 BGB a) Bestehen einer Aufwendung = freiwillige Vermögensopfer Problem: Arbeitszeit als Aufwendungen (+), 1835 III BGB analog b) Für erforderlich halten (-) wegen Verstoß gegen 1 II Nr. 2 SchwarzArbG III. Anspruch nach 951 I 1, 812 I 1 Alt. 1 BGB U könnte gegen B einen Anspruch auf Wertersatz für die eingebauten Materialien aus 951 I 1, 812 I 1 Alt. 1 BGB haben. 1. Rechtsverlust nach 946 bis 950 BGB (+) Verbindung mit Grundstück nach 946 BGB, s.o I 1 Alt. 1 BGB h.m.: 951 I 1 BGB = Rechtsgrundverweis, s.o. Problem: 951 I 1 BGB = auch Verweis auf Leistungskondiktion? (-) Literatur, Verweis nur auf Eingriffskondiktion, Leistungskondiktion direkt nach 812 I 1 Alt. 1 BGB (+) BGH, auch Verweis auf Leistungskondiktion Streit kann (zunächst) offenbleiben, da nach beiden Ansichten 812 I 1 Alt. 1 BGB geprüft werden muss a) Etwas erlangt (+) B hat das Eigentum an der Elektroinstallation erlangt. b) Durch Leistung (+) U wollte auf Grund einer vermeintlich bestehenden Verpflichtung leisten. c) Ohne Rechtsgrund (+) Der Werkvertrag ist nichtig. 10
11 3. Rechtsfolge Problem: 951 I 1 BGB = auch Verweis auf Leistungskondiktion? (s.o.) Lit: Rechtsfolge 818 I BGB = Rückforderung der Leistung in Natur grds. Rückübereignung BGH: Herstellung des Ursprungszustandes ausgeschlossen wegen 951 I 2 BGB Streit kann auch hier offenbleiben, da Herausgabe in Natur gem. 275 I Alt. 2 oder 275 II BGB ausgeschlossen nach beiden Ansichten kommt nur Wertersatz ( 818 II BGB) in Betracht 4. Ausschluss nach 817 S. 2 BGB a) Anwendbarkeit h.m.: 817 S. 2 = allgemeiner Ausschlussgrund für alle Ansprüche aus Leistungskondiktion b) Verstoß gegen die guten Sitten ( 138 BGB) oder ein Gesetz ( 134 BGB)? aa) Erbringung von Elektroinstallationen Erbringung der Elektroinstallation ist wertneutral kein Verstoß gegen die guten Sitten, 138 BGB bb) Aber Verstoß gegen 1 II Nr. 2 SchwarzArbG? (+) Sowohl die vertragliche Vereinbarung als auch die Ausführung der Arbeiten verstoßen gegen 1 II Nr. 2 SchwarzArbG. U hat die Absicht, steuerliche Pflichten nicht zu erfüllen. 11
12 c) Einschränkende Auslegung des 817 S. 2 BGB analog geboten? Fallgruppen: aa) Sinn und Zweck des Verbotsgesetzes erfordern Schutz des Leistenden (-) - SchwarzArbG dient Wahrung öffentlicher Belange - Schutzzwecke: fiskalisches Interesse des Staates und fairer Wettbewerb bb) Aufrechterhaltung des verbotswidrig geschaffenen Zustands kann mit Sinn und Zweck des Gesetzes nicht hingenommen werden (-) - SchwarzArbG verbietet nur die Ausführung der Arbeiten - Erfolg dieser Arbeiten ist vom Verbot des SchwarzArbG nicht erfasst d) Einschränkung des 817 S. 2 BGB analog nach Treu und Glauben, 242 BGB? Wandel in der Rspr. Frühere Rspr.: Versagung des Bereicherungsanspruchs unbillig - Gefahr der Strafverfolgung und Nachzahlung der Steuern entfaltet ausreichende generalpräventive Wirkung - Besteller wirtschaftlich stärker als der Unternehmer - Begünstigung des Bestellers durch Vorleistung Neue Rspr. (BGH, NJW 2014, 1805): Keine Beschränkung - Früher angenommene Generalprävention ist in der Realität nicht eingetreten (weiter viele Verstöße gg. SchwarzArbG) - Neufassung des SchwarzArbG will Unrechtsbewusstsein schaffen - Wertersatzanspruch würde Wertungen d. SchwarzArbG konterkarieren - Auch keine Einschränkung weil B selbst gegen Gesetz verstößt und die erlangte Leistung behalten darf: 5. Ergebnis U verstöß bewusst gegen das Gesetz und ist daher nicht schutzwürdig U hat gegen B keinen Anspruch aus 951 I 1, 812 I 1 Alt. 1 BGB. IV. Gesamtergebnis Es besteht kein Anspruch auf die Vergütung. 12
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