ARMUTSBETROFFENE KINDER
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- Silvia Waldfogel
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1 ARMUTSBETROFFENE KINDER BEDINGUNGEN FÜR EIN POSITIVES AUFWACHSEN SCHAFFEN UND GESTALTEN Gerda Holz, Frankfurt am Main Schwerpunkte Armut bei Kindern und Jugendlichen Definition und Umfang Aufwachsen unter Armutsbedingungen Die Armutsspirale Kindbezogene Armutsprävention Ein positives Aufwachsen sichern und gestalten Individuelle Förderung Strukturelle (Armuts)Prävention 1
2 Armut Definition und Umfang Wie wird Armut definiert / gemessen? Relative Armut definiert Armut immer im Vergleich zur jeweiligen Umwelt eines Menschen EU-Armutsdefinition: Als arm gelten Einzelpersonen, Familien und Personengruppen die über so geringe (materielle, kulturelle und soziale) Mittel verfügen, dass sie von der Lebensweise ausgeschlossen sind, die in dem Mitgliedsstaat, in dem sie leben, als Minimum annehmbar ist. Lebenslagenansatz: Gesamtheit der äußeren Bedingungen, die das Leben und die Handlungsspielräume des Einzelnen prägen Ressourcenansatz: Einkommen zur Bestimmung von Armut (EU-Definition oder SGB-II-Bezug) Lebenslagendimensionen Materielle Lage (Kleidung, Wohnen, Nahrung, Partizipation u.a.) Soziale Lage (soziale Kompetenz, soziale Kontakte u.a.) Gesundheitliche Lage (physisch und psychisch) Kulturelle Lage (kog. Entwicklung, Sprache, Bildung, u.a.) 2
3 Armut ist ungleich verteilt! Ost-West-Gefälle & Nord-Süd-Gefälle & Stadt-Land-Gefälle Leipzig 24,5% = Pers. Dresden 15% = rd P. LK Görlitz 18,1% = rd P. Erzgebirgskreis 9,8% = rd P. Stand: Mai 2017 Quellen: Bremer Institut für Arbeitsmarktforschung 5/ Jugendberufshilfe
4 Kinder in SGB-II-Familien in Deutschland nach Altersgruppen, 2015 Aufwachsen unter Armutsbedingungen? Das Kindergesicht der Armut Die Armutsspirale 4
5 Entwicklungsaufgaben von Kindern und Jugendlichen Jahre 0-3 Jahre Bindung Autonomie 3-6 Jahre Sprache Bewegung Achtsamkeit 6 12 Jahre Aneignen Gestalten Beziehungen eingehen Jahre Körper spüren Grenzen suchen Identität finden Sich entscheiden Intimität leben Verantwortung übernehmen Entwicklungsschritte benötigen Rahmenbedingungen, Zeit und stetiges (Ein)Üben. 9 Gestaltung kindlichen Wohlergehens Zwei Zugänge Bewertung des eigenen Lebens durch die Kinder selbst. Z.B. -- Zufriedenheit -- Selbstakzeptanz -- Umweltbewältigung -- Beziehungen Soziale und ökonomische Indikatoren, von denen angenommen wird, dass sie zum Child-Well-Being beitragen. Z.B. -- Armut -- Gesundheit -- Schulische Leistungen 10 5
6 Was ist Kinderarmut? Lebenslagedimensionen Haushalt ist arm Materiell (Kleidung, Wohnen, Nahrung, Partizipation u.a.) Eltern/ Erwachsene materiell kulturell sozial Kind Sozial (soziale Kompetenz, soziale Kontakte u.a.) Gesundheitlich (physisch und psychisch) Was kommt beim Kind an? Kulturell (kognitive Entwicklung, Sprache, Bildung, kult. Kompetenzen u.a.) Lebenslagetyp Kind Wohlergehen Benachteiligung Multiple Deprivation Quelle: Hock/Holz/Wüstendörfer 2000 Lebenslage von Sechsjährigen nach Armut Anteil armer und nicht-armer Kinder mit Defiziten Lebenslagebereich arme Kinder nicht-arme Kinder Grundversorgung (n = 220 arm; 598 nicht-arm) Kulturelle Lage (n = 223 arm; 614 nicht-arm) Soziale Lage (n = 219 arm; 618 nicht-arm) Gesundheit (n = 225 arm; 640 nicht-arm) 40 % 15 % 36 % 17 % 36 % 18 % 31 % 20 % auf- oder abgerundete Angaben Quelle: Armut im Vorschulalter 1999, Berechnungen des ISS 12 6
7 Lebenslage von Zehnjährigen nach Armut 2003/04 Lebenslagebereich Arme Kinder Nicht-arme Kinder (<50 %) (50 % - 75 %) (75 % %) (> 100 %) Grundversorgung 52 % 9 % 5 % 0 % Kulturelle Lage 38 % 19 % 10 % 4 % Soziale Lage 35 % 16 % 16 % 4 % Gesundheit 26 % 23 % 21 % 8 % n = Gerundete Zahlen Quelle: Armut im späten Grundschulalter 2003/04 ; eigene Berechnung 13 Empirisch belegte Folgen: Arme Kinder erleben mehr Mangel und Verzicht wachsen sozial isolierter auf erleben häufiger multiple Belastungen: auch in der Familie durchlaufen häufiger problematische Bildungsbiografien nehmen seltener non-formale und informelle Angebote in Anspruch verfügen tendenziell über einen schlechteren Gesundheitszustand entwickeln tendenziell ein riskanteres Gesundheitsverhalten Quelle: Laubstein/Holz/Seddig 2016.: Armutsfolgen für Kinder und Jugendliche. Erkenntnisse aus empirischen Studien in Deutschland.Gütersloh 7
8 Entwicklungsmerkmale von Kindern und Sozialgeldbezug (in %) Visuomotorik ist die Koordination von visueller Wahrnehmung und Bewegungsapparat Kindspezifische Netzwerke von nicht-armen und armen Kindern in Braker Grundschulen 2000 Quelle: Richter, Antje (2000): Wie erleben und bewältigen Kinder Armut? 8
9 17 Zugang zu Schulbildung: Elternhaus und Wahl der Schulart in Klasse 5 Bildung Familienform Einkommen * Beobachtung für die jeweilige Teilgruppe statistisch signifikant auf 5 Prozent-Niveau Quelle: vgl. IAW (2016): S. 36. Berechnung auf Basis des NEPS, Startkohorte 3. 9
10 Schulkarriere: Auf- und Abstiege in Sekundarstufe I Arme: 6 % Arme: 2 % Arme: 17 % Arme: 14 % * Beobachtung für die jeweilige Teilgruppe statistisch signifikant auf 5 Prozent-Niveau Quelle: BMAS: 5. ARB 2017: 227 auf Basis von IAW Analysen (2016): S. 46ff. Die Armutsspirale Prozess sozialer Exklusion des Einzelnen gesteigertes Stressempfinden wenig Kapital Ohnmachtsgefühl Rückzug Soziale Herkunft weniger Sozialkontakte Frühestmögliche Prävention Hilfen werden nicht (mehr) wahrgenommen Gesundheitliche Beeinträchtigungen Misserfolg in der Schule wenig Erfolgserlebnisse negative Selbstwahrnehmung weniger Selbstwirksamkeitserfahrungen keinen Ausbildungsplatz Armut Johannes Schütte/ISA 2017 mit Anpassung ISS. Stress 20 10
11 Kindbezogene Armutsprävention Ein positives Aufwachsen sichern und gestalten individuelle Förderung strukturelle Armutsprävention Gestaltung kindlichen Wohlergehens Zwei Zugänge Bewertung des eigenen Lebens durch die Kinder selbst. Z.B. -- Zufriedenheit -- Selbstakzeptanz -- Umweltbewältigung -- Beziehungen Soziale und ökonomische Indikatoren, von denen angenommen wird, dass sie zum Child-Well-Being beitragen. Z.B. -- Armut -- Gesundheit -- Schulische Leistungen 22 11
12 Armutsprävention und frühe Förderung Die zwei entscheidenden Ebenen 1. Fokus = Individuelle Förderung und Stärkung Gestaltung/Veränderung von Verhalten/Handeln durch Angebote/Maßnahme über öffentliche Infrastruktur, individuelle Zeit und Kompetenz 2. Fokus = Strukturelle Armutsprävention 23 Sechs Prioritäten subjektiven Wohlbefindens von Kindern Positive Beziehung zu Familie und Freunden Möglichkeiten der positiven Teilhabe Bedingungen zum Lernen und zur Entwicklung Sechs Prioritäten Eine sichere und geeignete Wohnumgebung Genug vom dem was zählt Positive Sicht auf sich selbst und eine Identität, die respektiert wird Quelle: The Children s Society (2016). Promoting positive well-being for children. UK 24 12
13 Resilienzförderung in der Praxis Der Blick in die Praxis zeigt, dass es bereits dort eine große Anzahl von (Präventions)Konzepten gibt, z.b. Kinderwelten Vorurteilsbewusste Erziehung Marte Meo, Papilio, Rucksack, TAFF, Fun, und, und, und Was wird gebraucht? Eine flächendeckende Umsetzung grundlegender Ansätze als Regelpraxis Ungleiche Vorhaltung je nach Sozialraum Mehr Qualifizierung im Handeln aller (Fach)Akteure, die mit Kindern, Jugendlichen, Eltern zu tun haben sozialräumlich orientiert Armutsprävention und frühe Förderung Die zwei entscheidenden Ebenen 1. Fokus = Individuelle Förderung und Stärkung/Resilienz 2. Fokus = Strukturelle Armutsprävention Gestaltung/Veränderung von Verhältnissen, z.b. durch armutsfeste Grundsicherung, kostenfreie Angebote sowie umfassende und qualifizierte öffentliche Infrastruktur 13
14 Armutsprävention vom Kind aus denken Mehrebenen beachten und Verantwortungen benennen Bund Land Leitbilder, Politik, integrierte Strukturentwicklung, Vernetzung, Beteiligung und Qualität Kommune Sozialraum Einrichtung / Schule Mutter / Vater Kind Soziale Mischung, Infrastruktur und Engagement Rahmenmöglichkeiten, Konzepte, Qualität Bildungspartner/in, Erwachsene mit eigenem Unterstützungsbedarf Quelle: Eigene Darstellung. Entwicklungsmöglichkeiten schaffen, Förderung und Teilhabe sichern, Beteiligung ermöglichen, Hilfe geben Armutspräventives Handeln in Kommunen Hohe Priorität für Kommune/Land/Bund: Die Sicherung von sozialer Teilhabe, sozialer Gerechtigkeit und einem Aufwachsen im Wohlergehen Vor Ort Politische Beschlüsse in kommunalen Gremien / Kreisgremien Entwicklung eines kommunalen Gesamtkonzeptes Präventionskette Aufbau eines funktionierenden Netzwerkes gegen Kinderarmut Ausbau und Förderung kommunaler Infrastruktur für (armutsbetroffene) Kinder, Jugendliche und Familien sozialraumbezogen Konkrete Maßnahmen wie Bedarfsgerechtes Angebot und gleiche Nutzung durch alle Kostenfreier Zugang zu kommunalen Einrichtungen Ungleiche Förderung von Angeboten und Einrichtungen Dialogische Weiterentwicklung der Hilfestrukturen Qualitätsentwicklung Fort- /Weiterbildung in Armuts- und Präventionsfragen Monitoring, Planung, Steuerung 14
15 Kommunale Prävention von Armut und sozialer Exklusion Jede/r von uns ist wichtig beteiligt gefordert Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Institut für Sozialarbeit und Sozialpädagogik e. V. Zeilweg Frankfurt am Main Frankfurt am Main Tel.: Fax: Gerda Holz Tel.:
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