Entwicklung der Schlachthofstruktur in Baden-Württemberg und Folgen für die tierhaltenden Betriebe

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1 Landtag von Baden-Württemberg 16. Wahlperiode Drucksache 16 / Antrag der Abg. Georg Nelius u. a. SPD und Stellungnahme des Ministeriums für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Entwicklung der Schlachthofstruktur in Baden-Württemberg und Folgen für die tierhaltenden Betriebe Antrag Der Landtag wolle beschließen, die Landesregierung zu ersuchen zu berichten, 1. wie sich die Zahl und Kapazität der Schlachtbetriebe in Baden-Württemberg und in den jeweiligen Regionen des Landes seit 2005 entwickelt haben; 2. wie sich seit 2005 die Zahl der tierhaltenden Landwirtschaftsbetriebe und die Zahl der Tiere (Schweine, Rinder, Schafe) entwickelt hat; 3. wie sich die Situation der Schlachtbetriebe insbesondere im nordbadischen Raum derzeit darstellt; 4. welche Möglichkeiten die Agrarbetriebe und insbesondere auch die Schweinemäster in Nordbaden und im Odenwald für Schlachtungen haben, wenn der Schlachthof in Mannheim schließen sollte; 5. welche Auswirkungen die Schließung des Mannheimer Schlachthofs auf die Metzgereien in Mannheim und im Rhein-Neckar-Kreis hätte; 6. wie es sich auf die Fahrtzeiten für die Tiertransporte auswirkt, wenn der Schlachthof in Mannheim schließen sollte und wie die Transportzeiten insgesamt im Land vor dem Hintergrund der derzeitigen Schlachthofstruktur aussehen; 7. welche Rolle die Schlachtung von Tieren aus biologischer Haltung spielt, wie sich dieses Segment seit 2005 entwickelt hat und welche Schlachtmöglichkeiten/Schlachthöfe Biobetrieben zur Verfügung stehen; Eingegangen: / Ausgegeben: Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen Der Blaue Engel. 1

2 8. welche weitere Entwicklung sie für die Schlachthöfe und die Schlachthofstruktur im Land erwartet Nelius, Kopp, Gall, Dr. Weirauch, Dr. Fulst-Blei SPD Begründung Die zurzeit im Raum stehende mögliche Schließung des Fleischversorgungszentrums Mannheim wirft die Frage auf, wie für viele Tierhalter in der Region künftig die Möglichkeit aussieht, überhaupt noch in akzeptabler Entfernung Tiere schlachten lassen zu können. Überdies haben kleinere Schlachtbetriebe in der Region bereits in der Vergangenheit geschlossen, auch ein Heilbronner Schlachtbetrieb wird in absehbarer Zeit seine Arbeit beenden. Durch die Schließung regionaler Schlachtbetriebe werden ganz allgemein die Transportwege für die Tierhalter länger, was auch aus Sicht des Tierschutzes nicht zu begrüßen ist. Für das Fleisch nur selten gehaltener Tiere sowie biologisch gehaltener Tiere stellt sich die Situation dadurch womöglich nochmals verschärft dar, was angesichts steigender Nachfrage kontraproduktiv wäre. Stellungnahme*) Mit Schreiben vom 24. Januar 2017 Nr. Z(22) F nimmt das Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz zu dem Antrag wie folgt Stellung: Der Landtag wolle beschließen, die Landesregierung zu ersuchen zu berichten, 1. wie sich die Zahl und Kapazität der Schlachtbetriebe in Baden-Württemberg und in den jeweiligen Regionen des Landes seit 2005 entwickelt haben; Zu 1.: Nach der ersten Fleischgesetz-Durchführungsverordnung müssen Schlachtbetriebe, die wöchentlich über 200 Schweine oder 75 Rinder schlachten, Meldung erstatten gab es in Baden-Württemberg 26 meldepflichtige Rinderschlachtbetriebe und 41 meldepflichtige Schweineschlachtbetriebe waren noch 20 Rinderund 37 Schweineschlachtbetriebe meldepflichtig. Dienstleistungsschlachtungen für andere Unternehmen (z. B. Fleischhandel, Fleischverarbeitung, Metzgereien, Landwirtinnen und Landwirte) werden dabei nicht erfasst bzw. gemeldet, sofern diese nicht selbst meldepflichtig sind. Im Regierungsbezirk Karlsruhe befinden sich z. B. fünf meldepflichtige Rinderschlachtbetriebe, die 2016 rund 28,9 % der Rinder im Land schlachteten, sowie acht Schweineschlachtbetriebe mit einem Anteil von 32,3 % an den Schweineschlachtungen Baden-Württembergs. Seit 2005 wurden in einigen überwiegend ehemals kommunalen und für andere Unternehmen der Fleischbranche als Dienstleister tätigen Schlachthöfen die Schlachtungen eingestellt, da die Betriebsstätte und deren technische Anlagen zum Teil sehr veraltet waren und erheblicher Investitionsbedarf bestand, um die rechtlichen Anforderungen zu erfüllen. Dies betraf insbesondere Schlachthöfe, die sich in Regionen, in denen wenig Vieh gehalten wird, befanden und deshalb zum Teil auf den Zukauf von Schlachttieren aus anderen Regionen angewiesen waren. Innerhalb Baden-Württembergs setzt sich die *) Der Überschreitung der Drei-Wochen-Frist wurde zugestimmt. 2

3 regionale Umverteilung der Schlachtungen in die viehstarken Regionen im Osten des Landes weiter fort. Bei den nicht meldepflichtigen Betrieben handelt es sich überwiegend um handwerklich strukturierte Schlachtbetriebe wie Metzgereien mit eigener Schlachtung, landwirtschaftliche Direktvermarkter mit Schlachtstätte sowie bis Ende 2009 um einige Gemeindeschlachthäuser. Ende 2005 waren bei den Veterinärbehörden in Baden-Württemberg ca derartige Betriebe registriert. Allerdings wurden nur bei ca. 2/3 dieser Schlachtstätten zu diesem Zeitpunkt regelmäßig Schlachtungen durchgeführt. Das EU-Hygienerecht fordert seit 2006 mit Übergangsfrist bis Ende 2009 für alle Schlachtbetriebe, die gewerbliche Schlachtungen durchführen, eine Zulassung durch die Veterinärbehörden nach EU-Hygienerecht. Anfang 2010 hatten rund 900 Schlachtbetriebe in Baden-Württemberg die EU-Zulassung für die Durchführung von Schlachtungen von Rindern und Schweinen, davon sind rund 850 handwerkliche Schlachtbetriebe. Diese Zahl hat sich in den letzten Jahren nicht wesentlich geändert. Daten über deren Kapazitäten liegen dem MLR nicht vor. Auch in Baden-Württemberg liegt ein Trend vor, der wegen der Kostenvorteile von großen Schlachthöfen in viehdichten Regionen im Osten des Landes zu einem Rückgang der Schlachtzahlen in mittelgroßen Schlachtbetrieben und einigen Betriebsschließungen geführt hat. Insbesondere mittelgroße Schlachtbetriebe ohne spezifisches eigenes Vermarktungskonzept und als Dienstleister für andere tätige, haben es sehr schwer im Wettbewerb zu bestehen und die erforderlichen Investitionen zum Erhalt und Weiterentwicklung von Bausubstanz und Technik für die Schlachtung von Rindern und Schweinen leisten zu können. 2. wie sich seit 2005 die Zahl der tierhaltenden Landwirtschaftsbetriebe und die Zahl der Tiere (Schweine, Rinder, Schafe) entwickelt hat; Zu 2.: Die Entwicklung der Zahl der tierhaltenden Betriebe nach den Daten des Statistischen Landesamts Baden-Württemberg ist in Tabelle 1 aufgeführt: Tab. 1 Tierhaltung in Baden-Württemberg Jahr Rinder 1) Schweine Schafe Tiere Halter Tiere Halter 2) Tiere Halter 2) in ,3 23, ,9 13,1 315,7 4, ,5 23, ,4 12,2 298,5 3, ,9 21, ,5 10,1 278,5 3, ,2 22, ,3 10,1 299,7 4, ,6 21, ,6 9,5 282,6 3, ,1 20, ,8 3,7 248,7 2, ,8 20, ,5 3,5 221,3 1, ,8 19, ,5 3,2 221,7 1, ,6 18, ,5 2,9 216,1 1, ,0 17, ,9 2,6 215,7 1, ,5 17, ,9 2, ) Seit 2008: HIT-Auswertung 2) Ab 2010 nur Schweinehalter mit mind. 10 Zuchtsauen oder mind. 50 anderen Schweinen, sowie Schafhalter mit mind. 20 Tieren. 3

4 3. wie sich die Situation der Schlachtbetriebe insbesondere im nordbadischen Raum derzeit darstellt; Zu 3.: Insgesamt verfügen in Baden-Württemberg derzeit 851 Betriebe über eine EUhygienerechtliche Zulassung für die Schlachtung von Huftieren wie Rindern, Schweinen, Schafen, Ziegen oder Pferden. Davon befinden sich 152 Betriebe im Regierungsbezirk Karlsruhe. 4. welche Möglichkeiten die Agrarbetriebe und insbesondere auch die Schweinemäster in Nordbaden und im Odenwald für Schlachtungen haben, wenn der Schlachthof in Mannheim schließen sollte; 5. welche Auswirkungen die Schließung des Mannheimer Schlachthofs auf die Metzgereien in Mannheim und im Rhein-Neckar-Kreis hätte; 6. wie es sich auf die Fahrtzeiten für die Tiertransporte auswirkt, wenn der Schlachthof in Mannheim schließen sollte und wie die Transportzeiten insgesamt im Land vor dem Hintergrund der derzeitigen Schlachthofstruktur aussehen; Zu 4., 5. und 6.: Die größten Schlachtbetriebe in Baden-Württemberg liegen in den Veredelungsregionen (Hohenlohe bzw. Oberschwaben/Ulm) mit den höchsten Schweinedichten, was zu kurzen Transportzeiten führt und dem Tierwohl Rechnung trägt. Der Raum Mannheim und angrenzende Regionen sind insgesamt vergleichsweise viehschwach, die dort produzierte Menge an Schweinen kann größtenteils über die regionalen Verarbeiter und Metzgereien aufgenommen und vermarktet werden. Aktuell werden am Standort Mannheim an vier Schlachttagen je Woche bis Schweine und 45 Rinder geschlachtet. Nur ein Teil der heute in Mannheim geschlachteten Schlachttiere stammt auch aus dieser Region. Für die Landwirte und Metzgereien in der Rhein-Neckar-Region befindet sich der nächstgelegene Schlachthof, der als Dienstleister für Metzgereien und landwirtschaftliche Betriebe tätig ist, in Baden-Württemberg in Bretten. Außerhalb Baden- Württembergs liegen die nächsten Schlachthofstandorte im rheinland-pfälzischen Alzey und im hessischen Brenzbach. Die Entfernungen betragen von Mannheim jeweils ungefähr 50 km. Für die wenigen verbliebenen größeren Schweinemastbetriebe im Großraum Mannheim würde eine Schließung des Standortes die regionale Vermarktung und Schlachtung auch größerer Mastpartien (100 Schweine oder mehr) erschweren. 7. welche Rolle die Schlachtung von Tieren aus biologischer Haltung spielt, wie sich dieses Segment seit 2005 entwickelt hat und welche Schlachtmöglichkeiten/ Schlachthöfe Biobetrieben zur Verfügung stehen; Zu 7.: Es wird auf die Ausführungen der Drucksache 15/1237 vom 8. Februar 2012 verwiesen. Aktuellere Auswertungen sind derzeit nicht verfügbar. Über das bundeseinheitliche Meldeformular für Ökobetriebe werden Angaben, die sich auf die konkrete Tätigkeit einer Schlachtung beziehen, nicht systematisch erfasst. 8. welche weitere Entwicklung sie für die Schlachthöfe und die Schlachthofstruktur im Land erwartet. Zu 8.: Der Fleischmarkt befindet sich im scharfen Wettbewerb. Schlachtbetriebe müssen die Kostenstruktur auf der Schlacht- und Verarbeitungsstufe und gegebenenfalls das 4

5 Marketing verbessern, um dauerhaft bestehen zu können. Eine große Herausforderung ist die Sicherstellung einer ausreichenden Versorgung mit Schlachttieren aus Baden-Württemberg beziehungsweise Süddeutschland. In Baden-Württemberg hat das Metzgerhandwerk noch eine große Bedeutung. Große Metzgereien, teils auch als Filialisten, haben in den letzten Jahren entsprechend ihrer auf Verbraucherinnen und Verbraucher ausgerichteten durchgehenden Produktstrategien in eigene kleinere Schlachtanlangen investiert. Es ist jedoch davon auszugehen, dass die Betriebsgrößenentwicklung der Schlachtbetriebe weitergeht, da sie untereinander im Wettbewerb in der Versorgung des Lebensmitteleinzelhandels, des Ernährungshandwerks, der Außerhausverpflegung, der Verarbeitungsunternehmen und auch im Export stehen. Hauk Minister für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz 5

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