Das Dublin- Verfahren RA in Pauline Endres de Oliveira, Dozentin RLC
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- Elsa Schubert
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1 Das Dublin- Verfahren RA in Pauline Endres de Oliveira, Dozentin RLC 1
2 Überblick I. Einordnung II. Die Dublin- III- Verordnung III. Das Dublin- Verfahren in Deutschland IV. Übersichten: Fristenim Dublin- Verfahren V. Abgrenzung zur Drittstaatenregelung VI. Grundsätzliche Probleme des Dublin- Systems VII. Alternativen zu Dublin? 2
3 I. Einordnung Möglich an der Grenze / bei Polizei / ABH... Wenn Einreise erlaubt wurde, haben Behörden Pflicht zur Weiterleitung an Erstaufnahmeeinrichtung zur weiteren Verteilung Verteilung (EASY) Asylgesuch (BÜMA) Asylantrag (Aufenthaltsgestattung) Erstaufnahmeeinrichtung (ED- Behandlung) Dublin- Anhörung Zuständig: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) Umverteilung in Gemeinschaftsunterkunft Deutschland ist zuständig: Anhörung zu den Fluchtgründen Bei Hinweisen auf Zuständigkeit eines anderen Staates: Dublin- Verfahren! Flüchtlings- eigenschaft (GFK) Inhaltliche Prüfung des Asylantrags Asyl nach Art. 16a GG Subsidiärer Schutz (QRL) Nationale Abschiebungs- verbote Deutschland ist nicht zuständig: Asylantrag wird als unzulässig abgelehnt + Überstellung in zuständigen Staat wird angeordnet (aber: Rechtsschutz möglich!) Bei positiver Entscheidung: Aufenthaltstitel wird von ABH erteilt Bei Ablehnung: Androhung der Abschiebung in das Herkunftsland (aber: Rechtsschutz möglich!)
4 Was ist die Dublin- Verordnung? VERORDNUNG (EU) Nr. 604/2013 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (Neufassung) à Kurz: Dublin- III- Verordnung à ElementdesGemeinsamen Europäischen Asylsystems= Verordnung à zur Regelung der Zuständigkeit für Asylanträge (= Anträge auf internationalen Schutz) 4
5 Die Dublin- III- Verordnung Vorgängerregelungen: Dublin Übereinkommen von 1990 Dublin- II- Verordnung (2003) Ziel: one state only no refugees in orbit Dublin- Staaten : 28 EU- Mitgliedstaaten + Schweiz, Norwegen, Liechtenstein und Island 5
6 II. Die Dublin- III- Verordnung Allgemeine Schutz- und Verfahrensgarantien Recht auf Information (Art. 4): Ø Unterrichtung über Ziele der VO, Zuständigkeitskriterien und ihre Rangfolge, Verfahren und dessen Dauer, pers. Gespräch, Rechtsbehelf, Datenschutz Ø schriftlich, Merkblatt in verständlicher Sprache Persönliches Gespräch (Art. 5): Ø zeitnah, jedenfalls vor Überstellungsentscheidung Ø in verständlicher Spracher, ggf. mit Dolmetscher Ø Gewährleistung von Vertraulichkeit Ø Befragung durch qualifizierte Person Ø Ausnahmen (Abs. 2): Person ist flüchtig oder hat bereits sachdienliche Angaben gemacht 6
7 III. Das Dublin- Verfahren in Deutschland Beispiel: Frau A. war ursprünglich als»bootsflüchtling«in Italien angekommen. Dort wurden ihr Fingerabdrücke abgenommen und in der Eurodac- Datenbank gespeichert. Sie war für kurze Zeit in einem Heim unterbracht, wurde dann aber obdachlos. Sie flieht weiter nachdeutschland undstellt hiereinen Asylantrag. Ihre Fingerabdrücke werden mit den Daten der Eurodac- Datenbank abgeglichen. Es wird festgestellt, dass sie über Italien in die EU gelangt ist. Deutschland geht daher davon aus, dass Italien für das Verfahren zuständig ist. Ein Dublin- Verfahren wird eingeleitet. Frau A. wird schriftlich darüber informiert. 7
8 Das Dublin- Verfahren im deutschen Asylverfahren Asylantragstell ung oder Aufgriff einer Person ohne Papiere BAMF prüft, ob Deutschland für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist Dublin- Verfahren Erst nach Feststellung der Zuständigkeit erfolgt die Anhörung zu den Fluchtgründen und die inhaltliche Prüfung des Asylantrags(= Dublin- Verfahren ) Bei Feststellung der Unzuständigkeit ergeht in der Regel ein ablehnender Bescheid (Asylantrag unzulässig ) und eine Überstellung in den zuständigen MS wird eingeleitet 8
9 III. Das Dublin- Verfahren in Deutschland Bei Hinweisen auf Zuständigkeit eines anderen MS à Dublin- Verfahren: 1. Prüfung der Zuständigkeit ü Zuständigkeitskriterien (Art Dublin- III- VO)? ü Ausnahmeregelung (Art. 16, 17 Dublin- III- VO)? ü Überstellung wg. systemischer Mängel ausgeschlossen? (Art. 3 (2) Dublin- III)? ü Fristen eingehalten (Art. 20 ff., bes. Art , 29 Dublin- III)? 2. Ggf. Übernahmeersuchen an den anderen MS ü Je nach Fall: Aufnahmeersuchen oder Wiederaufnahmeersuchen ü Das Ersuchen und die Antwort auf das Ersuchen müssen innerhalb einer bestimmten Frist erfolgen ü Folge bei Fristablauf: MS, der Frist versäumt, wird zuständig ü Bei Zustimmung/Zustimmungsfiktion: Abschluss des Verfahrens (Bescheid) 9
10 Deutschland ist nicht zuständig = Überstellung? Systemische Mängel à Seit 2011: Keine Überstellungen nach Griechenland Ausnahmen Individuelle Gefahr unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung Keine Überstellung besonders Schutzbedürftiger nach Malta Umstritten zwischen den Gerichten: u. a. Italien, Bulgarien, Ungarn 10
11 Beispiel: Dublin - Bescheid (Auszug, ohne Begründung und Rechtsbehelfsbelehrung) 11
12 Beispiel: Bescheid nach inhaltlicher Antragsprüfung (Auszug, ohne Begründung und Rechtsbehelfsbelehrung) 12
13 Fortführung des Asylverfahrens in Deutschland Schaubild Dublin- Verfahren: keine Hinweise Asylgesuch/Asylantrag/Aufgriff Hinweise auf Zuständigkeit eines anderen Staates z.b. aufgrund von ED Maßnahmen (Abgleich mit EURODAC- Datenbank) oder Angaben des Asylsuchenden (z.b. bei Dublin- Anhörung) Einleitung des Dublin- Verfahrens: BAMF prüft Zuständigkeit (Asylsuchende und Ausländerbehörde werden schriftlich informiert) Negative Antwort BAMF stellt (Wieder- )Aufnahmeersuchen an für zuständig befundenen Dublin- Staat Positive Antwort Keine Antwort = Zustimmungsfiktion Dublin- Bescheid: 1. Asylantrag ist unzulässig. 2. Anordnung der Abschiebung in zuständigen Dublin- Staat. Ø In jedem Verfahrensstadium gelten bestimmte Fristen, die zu beachten sind! Kein Rechtsmittel Rechtsmittel: Klage (Frist: 2 Wochen) + Eilantrag (Frist: 1 Woche) Klage erfolgreich Überstellung erfolgt nicht Eilantrag erfolgreich Aussetzung der Überstellung bis zur Entscheidung über die Klage oder Eilantrag abgelehnt Klage abgewiesen Überstellung erfolgt (Zuständig ist Ausländerbehörde)
14 IV. Fristen im Dublin- Verfahren Fristen im Aufnahmeverfahren (= in dem anderen MS ist noch kein Antrag auf internationalen Schutz gestellt worden) Frist Folgen bei Fristablauf Ersuchen = Anfrage an für zuständig befundenen Mitgliedstaat (MS) Antwort des angefragten MS Überstellung 2 Monate ab Eurodac- Treffer oder 3 Monate ab Antragstellung (in Deutschland) 2 Monate (Achtung: bei Dringlichkeit max. 1 Monat) 6 Monate (ab Zustimmung des ersuchten MS oder Zustimmungsfiktion) Deutschland wird zuständig Anderer MS (wird) zuständig Deutschland wird zuständig Achtung: 18 Monate bei Untertauchen 14
15 IV. Fristen im Dublin- Verfahren Fristen im Wiederaufnahmeverfahren (= in dem anderen MS ist noch kein Antrag auf internationalen Schutz gestellt worden) Frist Folgen bei Fristablauf Ersuchen = Anfrage an für zuständig befundenen Mitgliedstaat (MS) Antwort des angefragten MS 2 Monate ab Eurodac- Treffer oder 3 Monate ab Antragstellung (in Deutschland) 2 Wochen bei Eurodac- Treffer, sonst 1 Monat Deutschland wird zuständig Anderer MS (wird) zuständig Überstellung 6 Monate (ab Zustimmung des ersuchten MS oder Zustimmungsfiktion) Deutschland wird zuständig Achtung: 18 Monate bei Untertauchen 15
16 III. Das Dublin- Verfahren in Deutschland Beispiel (Fortsetzung): Im Falle der Frau A. hat Deutschland ein Ersuchen an Italien gestellt. Da Italien nicht innerhalb der vorgesehenen Frist reagiert hat, erklärt sich Deutschland für unzuständig und entscheidet über das Dublin- Verfahren. Frau T. erhält einen Dublin- Bescheid, in dem ihr Asylantrag als»unzulässig«abgelehnt und die Abschiebung nach Italien angeordnet wird. 16
17 V. Abgrenzung zur Drittstaatenregelung Nach Artikel 16a Abs. 2 des Grundgesetzes ist ein sicherer Drittstaat ein solcher, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (GFK) und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) gewährleistet ist. 26a Abs. 2 AsylG definiert die folgenden Staaten als sichere Drittstaaten: Alle MS der EU + Norwegen und die Schweiz (siehe Anlage I zum AsylG) à Das sind zwar alle Dublin- Staaten, aber die Dublin- III- Verordnung überlagert die Drittstaatenregelung! Die Drittstaatenregelung findet allerdings Anwendung auf alle, die nicht unter die Dublin- III- VO fallen ( Anerkannte ) sowie nach dem Dublin- Verfahren 26a Abs. 1 AsylG: Ein Ausländer, der aus einem Drittstaat im Sinne des Artikels 16a Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes (sicherer Drittstaat) eingereist ist, kann sich nicht auf Artikel 16a Abs. 1 des Grundgesetzes berufen. Er wird nicht als Asylberechtigter anerkannt. à dafür muss der Asylantrag inhaltlich geprüft werden! 17
18 VI. Grundsätzliche Probleme des Dublin- Systems Ungleiche Verteilung (da kaum legale Zugangswege: Regelzuständigkeit der Mittelmeeranrainer, Bulgarien und Ungarn, über die irreguläre Einreisen erfolgen) Europäische Asylverfahrens- und Aufnahmerichtlinie legen zwar einheitliche Mindeststandards fest, aber in der Realität schwanken die Standards und Lebensbedingungen sehr stark: Teilweise keine menschenwürdigen Aufnahmebedingungen / fairen Asylverfahren ( systemische Mängel u.a.) Keine einheitliche Anerkennungspraxis Keine Freizügigkeit nach Anerkennung 18
19 VII. Alternativen zu Dublin? Streichung von Artikel 13 Absatz 1 (Zuständigkeit bei illegaler Einreise) free choice Verbindungsprinzip Verteilungsquote Relocation (Umsiedlungsprogramm) 19
20 Zur Vertiefung: Heinhold, Hubert: Recht fu r Flu chtlinge, von Loeper Literaturverlag 2015 Schott- Mehrings, Tillmann: Asylverfahren und Dublin III fu r die Grenzpolizei, Lu beckermedien Verlag 2015 Informationsverbund Asyl und Migration, Basisinformationen Nr. 2 Das Dublin- Verfahren, Pro Asyl, Erste Hilfe gegen Dublin- Abschiebungen. Basiswissen und Tipps für die Einzelfallarbeit, 2015
21 Vielen Dank für die Aufmerksamkeit! 21
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