Strafrecht. Recht. Vorsatz und Fahrlässigkeit 2 Tatbestand und Abwandelung 2
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- Eike Kneller
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1 Recht VORSÄTZLICHE BEGEHUNGSDELIKTE Vorsatz und Fahrlässigkeit 2 Tatbestand und Abwandelung 2 EVENTUALVORSATZ Eventualvorsatz 2 SCHULD Schuldfähigkeit 3 Ausnahmen 3 RECHTSWIDRIGKEIT Notwehr 4 Notstand 4 FAHRLÄSSIGKEITSDELIKT Unbewusste, bewusste Fahrlässigkeit 5 Unterschied zum Eventualvorsatz 5 Kriterien 6 UNTERLASSUNGSDELIKTE Echte, unechte Unterlassungdelikte 6 Sterbehilfe 7 STRAFEN Straftheorien und Strafen 7 Strafbefreiung 7 Strafantrag und Verjährung 8 Revision Sanktionenrecht (seit 2018) 8 Opferhilfegesetz 8 Konkurrenzen bei Strafberechnung 9 TEILNAHME Anstiftung 9 Gehilfenschaft 9 Mitttäterschaft 9 DELIKTE Vorsätzliche Tötung, Mord, Totschlag 9 Hausfriedensbruch 9 Sachbeschädigung 9 Diebstahl 9 Tätlichkeiten 9 Einfache Körperverletzung 9 Schwere Körperverletzung 9 Dieses Dokument ist Teil der saliorel Library. saliorel.com/files
2 Vorsätzliche Begehungsdelikte 1.1 Vorsatz und Fahrlässigkeit _ Vorsatz Art. 12 Abs. 2 StGB Ausführung der Tat mit Wissen und Willen _ Fahrlässig Art. 12 Abs. 3 StGB Folgen aus pflichtwidriger Unvorsichtigkeit 1.2 Tatbestand _ Objektiver Tatbestand Äusseres, obj. Merkmal Eine Handlung verursacht einen Tod. _ Subjektiver Tatbestand Inneres, psych. Merkmal Wissen: Kennen des obj. Tatbestand Willen: Verwirklichung des obj. Tatb. Deliktsfamilie Es gibt für jede Deliktsfamilie einen Grundtatbestand, den Ausgangpunkt, der die Mindestvoraussetzungen für die Strafbarkeit festsetzt. Der Grundtatbestand kann wie folgt abgewandt werden: Qualifizierter Tatbestand Der Grundtatbestand wird erweitert, sodass sich die Strafe erhöht. (oder Offizialdelikt) Privilegierter Tatbestand Der Grundtatbestand wird erweitert, sodass sich die Strafe mildert. (oder Antragsdelikt) Offizialdelikt Antragsdelikt Eine Straftat, die behördlich verfolgt werden muss. Eine Straftat, die nur verfolgt wird, wenn ein Strafantrag gestellt wird. 2 Eventualvorsatz Der Unterschied zur bewussten Fahrlässigkeit wird unter 5.1 erläutert. Direkter Vorsatz Art. 12 Abs 2 (1. Satz) StGB Ausführung der Tat mit Wissen und Wille Eventualvorsatz Art. 12 Abs 2 (2. Satz) StGB Hält die Verwirklichung der Tat für möglich und nimmt sie in Kauf. Seite 2 von 9
3 Schuld 3.1 Schuldfähigkeit _ Schuldunfähigkeit Art. 19 Abs. 1 StGB Erkenntnisunfähigkeit: Steuerungsunfähigkeit: Der Täter kann das Unrecht der Tat nicht einsehen. Der Täter ist unfähig, richtig zu handeln. Keine Strafe oder Massnahme möglich _ Verminderte Schuldfähigkeit Art. 19 Abs. 2 StGB Nur teilweise Erkenntnis- oder Steuerungsfähigkeit Mildere Strafe oder Massnahme möglich 3.2 Ausnahmen _ actio libera in causa Art. 19 Abs. 4 StGB Schuldunfähigkeit/Verminderung gilt nicht, wenn sie vermieden und die Tat vorausgesehen hätte werden können. Vorsätzlich: Fahrlässig: Der Täter hat die Bewusstseinsstörung absichtlich herbeigeführt und die Tat schon vorher beschlossen. Er hat die Tat nicht beschlossen oder in Kauf genommen, aber hätte sie vorhersehen können.* * Beispielsweise betrinkt sich der Täter und begeht dann eine Tat. Obwohl er vermindert schuldunfähig war, hätte aber damit rechnen müssen, dass er bei Volltrunkenheit zu gewissen Delikten neigt. _ Selbstverschuldete Unzurechnungsfähigkeit Art. 263 StGB Wenn sich der Täter vorsätzlich oder fahrlässig bis zur Zurechnungsunfähigkeit berauscht, und nicht hätte vorhersehen können, dass er berauscht ein gewisses Delikt begeht, wird er gemäss Art. 263 StGB bestraft. Seite 3 von 9
4 Rechtswidrigkeit 4.1 Notwehr Art. 15, 16 StGB > Voraussetzungen Angriff auf persönliches Rechtsgut? (Leib, Leben, Eigentum, usw.) Angriff rechtswidrig? Angriff unmittelbar bevorstehend oder noch andauernd? > Subsidiarität Das ungefährlichste Angriffmittel muss gewählt werden. > Proportionalität Die Notwehr darf kein Rechtsgut von höherem Wert verletzen. Bei Angriff auf das Eigentum ist eine einfache Körperverletzung zulässig. Die Schwere der Schädigungen müssen verhältnismässig zueinander sein. (z.b.: Ein Faustangriff darf nicht mit einem Messerstich in den Bauch erwidert werden.) 4.2 Notstand Art. 17, 18 StGB > Voraussetzungen Gefahr auf persönliches Rechtsgut? (Leib, Leben, Eigentum, usw.) Besteht eine unmittelbare konkrete Gefahr? > Subsidiarität Die Tat muss das einzig mögliche Abwehrmittel sein, um die Gefahr abzuwenden. > Proportionalität Der Notstand darf kein fremdes Rechtsgut von höherem Wert verletzen. Leib und Leben ist wertvoller als Eigentum. Die Schwere der Schädigungen müssen verhältnismässig zueinander sein. Seite 4 von 9
5 Fahrlässigkeitsdelikte 5.1 Fahrlässigkeit Art. 12 Abs. 1 StGB Fahrlässige Taten sind nur dann strafbar, wenn sie ausdrücklich im Gesetz so bestimmt sind (z.b. fahrlässige Tötung). Andernfalls sind nur vorsätzliche Taten strafbar. + Es muss für den Täter voraussehbar gewesen sein, dass so etwas aufgrund des sorgfaltswidrigen Verhaltens eintreten würde. + Durch pflichtgemässes Verhalten hätte die Tat vermieden werden können. Unbewusste Fahrlässigkeit Der Täter hat überhaupt nicht daran gedacht, dass sein Verhalten zu diesem Tatbestand führen würde. Bewusste Fahrlässigkeit Der Täter erkennt die Möglichkeit des Eintritts des Tatbestands, aber hofft darauf, dass es nicht passiert. Unterschied zwischen Eventualvorsatz und bewusste Fahrlässigkeit: nach der Frankschen Formel Bewusste Fahrlässigkeit: Er hofft, dass die Folge nicht eintritt, und hätte die Tat nicht weitergeführt, wenn er gewusst hätte, dass sie eintreten würde. Eventualvorsatz: Der Täter handelt gleichgültig davon, ob die Folge eintreten würde oder nicht. Für die bewusste Fahrlässigkeit muss es konkrete Aussichten für das Ausbleiben der Folge geben. Hängt das Eintreten nur noch vom Zufall ab, liegt ein Eventualvorsatz vor. Seite 5 von 9
6 Fahrlässigkeitsdelikte / Unterlassungsdelikte 5.2 Kriterien a) Erfolgseintritt Ist ein Erfolg eingetreten? (z.b. Fahrlässige Tötung) b) Kausalität Hat der Täter den Erfolg verursacht? c) Sorgfaltspflicht verletzt Hat der Täter eine Sorgfaltspflicht verletzt? (Art. 18 Abs 3. StGB) d) Voraussehbarkeit Hat der Täter den Erfolg voraussehen können? e) Relevanz Wäre der Erfolg vermieden werden können mit Sorgfalt? f) Rechtfertigung/Entschuldig. Nicht strafbar in Notsituation / mit Einwilligung zur Gefahr* g) Schuld Ist der Täter schuldfähig? * Bei Lebensgefahr oder Gefahr einer schweren Körperverletzung gilt die Einwilligung des Verletzten nur, wenn «gewichtige Werte auf dem Spiel stehen» (z.b. Mitwirken bei riskanter Rettungsaktion) Bei sportlichen Wettkämpfen liegt eine Einwilligung zu einfachen Körperverletzungen vor. 6.1 Unterlassungsdelikte Es ist möglich, dass auch das Unterlassen einer Handlung strafbar ist. Echte Unterlassungsdelikte Unterlassung eines Gebots im Tatbestand (im Gesetz Unterlassung ) z.b. Unterlassung der Nothilfe (Art. 128) Unterlassung der Buchführung (Art. 166) Unechte Unterlassungsdelikte Pflichtwidriges Untätigbleiben trotz Rechtspflicht durch Gesetz, Vertrag oder Schaffung einer Gefahr z.b. Tötung, Körperverletzung, Betrug * Garantenstellung (Art. 11 Abs. 2 StGB) Es ist nur haftbar, wer in einer Garantenstellung steht: Obhutsgarant Rechtlich verpflichtet, ein bestimmtes Rechtsgut vor unbestimmt vielen Gefahren zu schützen (z.b. Mutter Kind) Sicherungsgaranten Rechtlich verpflichtet, vor einer bestimmten Gefahrenquelle zu schützen (z.b. Leiter einer Sprengung) Obhutsgaranten können entstehen aus Gesetz (z.b. Ehegatten, Kinder), aus Vertrag (z.b. Arzt, Bergführer) oder aus freiwilliger Gefahrengemeinschaft. Sicherungsgaranten entstehen aus Gesetz (z.b. Umgang mit gefährlichen Stoffen), aus Vertrag (z.b. Mitarbeiter einer chemischen Fabrik) oder aus der Schaffung einer Gefahr. Kriterien für vorsätzliches Unterlassungsdelikt: Erfolg eingetreten Kausalität (Erfolg durch Unterlassung eingetreten) Garantenstellung* Möglichkeit, Erfolg abzuwenden Subjektiver Tatbestand Gleichwertigkeit (Unterlassen gleich wie wenn der Erfolg duch eine Tat hervorgebracht wurde?) Kriterien für fahrlässiges unechtes Unterlassungsdelikt: Garantenstellung vorausgesetzt und fahrlässiges Erfolgsdelikt Seite 6 von 9
7 Sterbehilfe / Strafen 6.2 Sterbehilfe Aktive Sterbehilfe Direkt Tötung auf Verlangen (Art. 114 StGB) strafbar Verleitung und Beihilfe zum Selbstmord aus selbstsüchtigen Beweggründen (Art. 115 StGB) strafbar Indirekt Palliativmedizin straflos Medikamente mit lebensverkürzenden Nebenwirkungen Passive Sterbehilfe Unterlassen oder Abbrechen von lebenserhaltenden straflos Massnahmen durch den Arzt (Schlechte Prognose, urteilsfähiger Patient lehnt ab oder hat Patientenverfügung, befugte Angehörige lehnen ab) 7.1 Strafen Geldstrafe Art StGB Gemeinnützige Art StGB Arbeit Freiheitsstrafe Art StGB 7.2 Strafbefreiung Fehlendes Strafbedürfnis Art. 52 StGB Schuld und Tatfolgen sind geringfügig. Straftheorien 1. Absolute Straftheorien Ausgleichen der Untat 2. Relative Theorien (Zwecktheorien) 1. Generalpräventiv Abschreckung der Allgemeinheit 2. Sozialpräventiv Gelegenheitstäter vor wiederholten Straftaten abschrecken 3. Vermittelnde und vereinigende Theorien Ausgleich zwischen verschiedenen Theorien Umrechnung (Art. 39 Abs. 2 StGB) 1 Tagessatz = 4 Stunden gemeinnützige Arbeit = 1 Tag Freiheitsstrafe Wiedergutmachung Art. 53 StGB Der Schaden ist gedeckt und das Unrecht, wie zumutbar, ausgeglichen. Bedingte Strafe muss möglich sein und das Interesse von Öffentlichkeit und Geschädigten an der Strafe ist klein. Betroffenheit des Täters durch seine Tat Art. 54 StGB Der Täter durch die Folgen seiner Tat so schwer betroffen, dass eine Strafe unangemessen wäre. Seite 7 von 9
8 Strafen 7.3 Strafantrag und Verjährung Strafantrag Einige Delikte werden nur bestraft, wenn ein Strafantrag des Verletzten vorliegt. (geringfügige Delikte, Eingriffe in die Privatsphäre, enge Beziehung) Verjährung Strafverfolgung verjährt nach Art. 97 StGB Bestimmte schwere Verbrechen (Kriegsverbrechen, Völkermorde oder schwere Terrorismusakte) verjähren nicht. 7.4 Revision Sanktionenrecht Ziel der Revision: Zurückdrängen der Geldstrafe gegenüber der Freiheitsstrafe Vermehrt kurze unbedingte Freiheitsstrafen einführen Tagessätze können in Ausnahmefällen à 10 Fr. anstatt mind. 30 Fr. berechnet werden können, damit auch einkommensschwächere Personen Geldstrafen zahlen können. Inkrafttreten per Opferhilfegesetz Das Opferhilfegesetz bietet Opfern von körperlicher, sexuellen oder psychischer Beeinträchtigung Beratung, Schutz im Strafverfahren und finanzielle Hilfe. Hierbei werden besondere Rechte im Strafverfahren zugeschrieben, wie Informationsrechte (z.b. Information bei Entlassung des Täters), Schutzrechte (z.b. Schutz der Identität oder Vermeidung einer Gegenüberstellung, o.ä.). Per 2009 wurde das Opferhilfegesetz revidiert, neu: Frist zur Einrichung eines Gesuches neu 5 Jahre anstatt 2 Jahre Neuer Höchstbetrag für Schmerzensgeld und Entschädigung. Seite 8 von 9
9 Teilnahme / Delikte 7.6 Konkurrenzen bei Strafberechnung Im Schweizerischen gilt das Asperationsprinzip. (Art. 49 Abs. 1 StGB) > Bei mehreren Straftaten wird von der schwersten Straftat ausgegangen. > Dieses schwerste Strafmass kann dann maximal um die Hälfte erhöht werden. 8 Teilnahme Anstiftung Art. 24 StGB Man stiftet einen Täter zu einem Verbrechen an. Gehilfenschaft Art. 25 StGB Man leistet zum Verbrechen vorsätzlich Hilfe. Mittäterschaft 9.1 Strafbare Handlungen gegen Leib und Leben _ Vorsätzliche Tötung Art. 111 StGB Vorsätzliche Tötung ohne Zutreffen anderer Artikel _ Mord Art. 112 StGB Verwerflicher Beweggrund, Zweck oder Art _ Totschlag Art. 113 StGB Entschuldbare grosse seelische Belastung Beispiel zur Deliktsfamilie: Grundtatbestand: Vorsätzliche Tötung Qualifizierter Tatb.: Mord Privilegierter Tatb.: Totschlag 9.2 Weitere Delikte _ Hausfriedensbruch Art. 186 StGB Unrechtmässiges Besetzen/Eindringen in ein Haus _ Sachbeschädigung Art. 144 StGB Fremdes Eigentum beschädigen _ Diebstahl Art. 139 StGB Fremdes Eignetum unbefugt aneignen _ Tätlichkeiten Art. 126 StGB Beeinträchtigung ohne gesundheitliche Schäden* _ Einfache Körperverl. Art. 123 StGB Jemanden am Körper verletzen _ Schwere Körperverl. Art. 122 StGB Jemanden am Körper lebensgefährlich verletzen z.b. Bart- oder Zopfabschneiden Alle Rechte vorbehalten. Inhalte in der saliorel Library sind nicht zur freien Lizenzierung, Vervielfältigung bereitgestellt und durch urheberrechtliche Gesetze geschützt. Die unautorisierte Verwendung oder Extraktion ist untersagt. Seite 9 von 9
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