Einkäufer Staat als Innovationstreiber

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1 Einkäufer Staat als Innovationstreiber Entwicklungspotenziale und Handlungsnotwendigkeiten für eine innovativere Beschaffung im öffentlichen Auftragswesen Deutschlands Abschlussbericht

2 Ein gemeinsames Forschungsprojekt von: Wegweiser GmbH Berlin Research & Strategy Technische Universität Berlin Fachgebiet Innovationsökonomie Institut für Technologie und Management Orrick Hölters & Elsing Unter anteiliger Förderung durch: Bundesministerium für Bildung und Forschung Redaktionsschluss: 30. November 2009

3 Executive Summary Executive Summary In der Hightech-Strategie wird die Zielsetzung verfolgt, dass Deutschland bis zum Jahr 2020 die weltweit forschungsfreudigste Nation wird. Ein wesentliches Moment zur Erreichung dieser Zielsetzung ist die kontinuierliche Förderung der Innovationskraft in der gesamten Bundesrepublik. Hierbei ist die intensive Kooperation zwischen Wissenschaft und Wirtschaft gefragt, um neue Ideen in marktreife Produkte zu transferieren. Die Hightech-Strategie identifiziert auch das öffentliche Auftragswesen als einen wesentlichen Treiber für Innovationen. Basierend darauf wurden zahlreiche politische Aktivitäten angestoßen: Beispielsweise haben sechs Bundesressorts bereits im Jahr 2007 gemeinsam beschlossen, innovative Lösungen bei der öffentlichen Beschaffung intensiver zu berücksichtigen. Zu Beginn des Jahres 2009 erfolgte außerdem eine rechtliche Verankerung im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB). Öffentliche Auftraggeber können neben sozialen und umweltbezogenen auch innovative Aspekte als zusätzliche Anforderungen an die Auftragnehmer stellen, insofern diese im sachlichen Zusammenhang mit dem Auftragsgegenstand stehen und in der Leistungsbeschreibung festgehalten sind. Im Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung wird an der Fortführung und Weiterentwicklung der Hightech-Strategie als Kern der bundesweiten Innovationspolitik festgehalten. Vor diesen Hintergründen wurde im Zeitraum zwischen September 2008 und November 2009 untersucht, wie die bedeutende Nachfrage im deutschen öffentlichen Auftragswesen auf Bundes-, Landes- und Kommunalebene auch dazu genutzt werden kann, verstärkt in Innovationen zu investieren. Das Forschungsprojekt Einkäufer Staat als Innovationstreiber Entwicklungspotenziale und Handlungsnotwendigkeiten für eine innovativere Beschaffung im öffentlichen Auftragswesen Deutschlands wurde zusammen von der Wegweiser GmbH Berlin Research & Strategy, dem Fachgebiet Innovationsökonomie (Institut für Technologie und Management) der Technischen Universität Berlin und der Anwaltssozietät Orrick Hölters & Elsing durchgeführt. Zum einen sollten sowohl die Potenziale als auch die hemmenden Faktoren der Innovationsorientierung bei der öffentlichen Beschaffung in Deutschland aufgezeigt werden, um darauf aufbauend mögliche Alternativen zu entwickeln. Zum anderen bestand die Zielsetzung darin, Grundlagenforschung im Bereich der öffentlichen Beschaffung zu betreiben und vorhandene Wissenslücken zu schließen. Dem Erkenntnisinteresse wurde sich auf der Grundlage wesentlicher theoretischer Implikationen über verschiedenartige Herangehensweisen und empirische Methoden genähert: Zunächst wurden die europa-, bundes- und landespolitischen Maßnahmen und Initiativen zur Innovationsförderung der öffentlichen Beschaffung eingehend untersucht. Über Ausschreibungsdatenbanken und statistisches Datenmaterial erfolgten Sekundärauswertungen zu wesentlichen Charakteristika von Vergabeverfahren sowie einer detaillierten Analyse des öffentlichen Beschaffungsvolumens in Deutschland. Anhand einer quantitativen Befragung wurde der deutsche öffentliche Beschaffungsmarkt primäranalytisch untersucht. Daraus wurden Best-Practices zur Beschaffung von Innovationen identifiziert, um die zentralen Annahmen und Ergebnisse zu plausibilisieren und weitere Erkenntnisse zu erhalten. Mit Blick auf die Ableitung von Handlungsempfehlungen erfolgte außerdem eine Spiegelung und Validierung der Studienergebnisse anhand von 15 Experteninterviews. Weiterhin gibt ein Rechtsgutachten detaillierten Aufschluss über systemimmanente und vergaberechtliche Barrieren der Beschaffung von Innovationen sowie möglichen Erweiterungen und Neuregelungen. Zugleich fanden während der Projektlaufzeit zahlreiche Aktivitäten zur Vernetzung mit anderen Vorhaben sowie zur Öffentlichkeitsarbeit statt. 3

4 Executive Summary Die folgende Zusammenfassung beinhaltet die zentralen Ergebnisse des Forschungsprojektes: Bedeutung der Beschaffung Das Beschaffungswesen in Deutschland hat nicht zuletzt durch die Besonderheiten der öffentlichen Nachfrage eine wesentliche Bedeutung für Produktivität und wirtschaftliches Wachstum der gesamten deutschen Volkswirtschaft. Jährlich erfolgen im öffentlichen Sektor Beschaffungen in dreistelliger Milliardenhöhe. Allerdings werden gegenwärtig keine genauen Aufstellungen zum gesamten öffentlichen Beschaffungsvolumen geführt, so dass eine Vielzahl von Schätzungen zu stark divergierenden Resultaten gelangt. Diese Diskrepanz war Anlass dafür, auf Basis von amtlichen Statistiken der öffentlichen Haushalte eine detaillierte Analyse durchzuführen, um eine verlässliche Schätzung des öffentlichen Beschaffungsvolumens zu realisieren. Entscheidend für die Bestimmung des öffentlichen Beschaffungsvolumens ist die Abgrenzung der zu berücksichtigenden Vergabestellen. Bund, Länder und Gemeinden zeichnen Verantwortlichkeit für weniger als die Hälfte des gesamten öffentlichen Beschaffungsvolumens. Unter Einbezug öffentlicher Fonds, Einrichtungen und Unternehmen, den Sozialversicherungen und den Beschaffungen von Bund, Ländern und Kommunen ergibt sich für das Jahr 2006 ein geschätztes Beschaffungsvolumen von 247 Mrd. Euro. Dies entspricht einem Anteil von 10,6% des Bruttoinlandprodukts (BIP) und verdeutlicht den Stellenwert des öffentlichen Auftragswesens in Deutschland. Innovationspotenziale und -felder in der öffentlichen Beschaffung Aus dem Forschungsprojekt folgt, dass sich auf allen Verwaltungsebenen zahlreiche Ansätze, Maßnahmen und konkrete Beschaffungsprojekte identifizieren lassen, bei denen der Einkauf von Innovationen im Fokus steht. Aus Sicht der untersuchten öffentlichen Einrichtungen liegen innovationsträchtige Wirtschaftsfelder besonders in den Bereichen IT und Telekommunikation, Energie und Umwelt, Forschung und Entwicklung sowie dem Facility Management. Die Auswertungen der Haushaltsstatistik zeigen, dass diese Bereiche und darüber hinaus auch Baudienstleistungen von besonderer Bedeutung für die Beschaffung von Innovationen sind. Im engeren Sinne der Definition des Innovationsbegriffes und unter Berücksichtigung der vorhandenen Unschärfen bei der Hochrechung des Beschaffungsvolumens in Deutschland wird geschätzt, dass das innovationsrelevante Volumen einen Anteil von etwa 10% ausmacht. Innovationsorientierung öffentlicher Einrichtungen Die Ausrichtung öffentlicher Einrichtungen auf eine Innovationsorientierung, die sich sowohl beim Beschaffungsprozess als auch beim Einkauf innovativer Lösungen zeigt, ist insgesamt noch schwach ausgeprägt. Entlang den Verwaltungsebenen folgt, dass Bundeseinrichtungen die größte und Kommunen die geringste Innovationsorientierung aufweisen. Viele Indizien aus der Befragung untermauern dieses Ergebnis: So rangiert die Innovationsförderung bei Bund, Ländern und Kommunen als strategisches Beschaffungsziel auf dem letzten Platz. Zugleich wird dies von den öffentlichen Auftraggebern als Defizit angesehen. Der Anteil an erstmalig beauftragten Lieferanten und Dienstleistern im Referenzjahr 2008 beträgt durchschnittlich 11%, der Anteil der erstmals beschafften Produkte beläuft sich auf durchschnittlich 12%. 27%, und damit weniger als ein Drittel der befragten öffentlichen Einrichtungen bestätigen, in der Vergangenheit schon einmal Marktneuheiten eingekauft zu haben. Auf Seiten des Beschaffungsprozesses zeigt sich weiterhin, dass eprocurement noch nicht flächendeckend verbreitet ist und grundsätzlicher Nachholbedarf z. B. bei der Aus- und Weiterbildung der Einkaufsverantwortlichen oder der Orientierung an wirtschaftlichen Standards besteht. Aus der Analyse der politischen Initiativen folgt außerdem, dass zwar maßgebende Aktivitäten von der Europäischen Union und auf der Bundesebene initiiert wurden und gegenwärtig umgesetzt werden. Die strategische Ausrichtung der öffentlichen Beschaffung in den Bundesländern zeigt jedoch, dass die gezielte Berücksichtigung von Innovationen hier mehrheitlich noch einen 4

5 Executive Summary sehr geringen Stellenwert zu haben scheint. Von höherer Relevanz sind gegenwärtig der stärkere Einbezug sozialer und umweltbezogener Kriterien sowie der intensivere Einsatz elektronischer Vergabetechnologien also Aspekte, die der Beschaffung von Innovationen zumindest förderlich sein können. Zusammenhang von innovativem Beschaffungsprozess und der Beschaffung von Innovationen Trotz des zurückhaltenden Stellenwerts der Innovationsorientierung bei der öffentlichen Beschaffung folgt, dass es einen grundlegenden positiven Zusammenhang zwischen der Organisation eines innovationsorientierten Beschaffungsprozess und der Beschaffung von Innovationen gibt. Dieser Zusammenhang wurde anhand des aus der Befragung heraus entwickelten Indikators Innovationsorientierung in öffentlichen Einrichtungen empirisch bestätigt. Die Innovationsfreudigkeit im Bereich der Beschaffungsorganisation und -prozesse kann demnach auch den Einkauf von Innovationen stimulieren. Beschaffungsstrategie und politische Flankierung Die Innovationsorientierung beginnt bei der strategischen (Neu-)Ausrichtung und politischen Flankierung von Beschaffungsvorhaben. Aus der Befragung sowie den Best-Practices wird ersichtlich, dass der Einkauf von Innovationen erfolgsversprechend ist, wenn die Beschaffung allgemein und spezifische innovative Elemente strategisch in der jeweiligen Verwaltung verankert sind. Die Innovationsorientierung ist demnach in den gesamten Zusammenhang der Bemühungen um eine moderne Verwaltung einzuordnen. Nicht zuletzt ist jedoch die politische Flankierung und damit verbundene Legitimierung innovativer Beschaffungsprojekte von maßgebender Bedeutung, wie unter anderem aus den Best-Practices hervorgeht. Vergabeverfahren Freihändige Vergaben ohne Teilnahmewettbewerb sind mit Abstand das am häufigsten von den Studienteilnehmern angewendete Vergabeverfahren. Die vergaberechtlich nahegelegte Öffentliche Ausschreibung folgt auf dem zweiten Platz. In Bezug auf eine konkrete Tauglichkeit der Vergabeverfahren für den Einkauf von Innovationen dominiert wiederum die Öffentliche Ausschreibung. Ziele von Freihändigen Vergaben bzw. Verhandlungsverfahren sind in erster Linie Leistungssteigerungen und Preisreduzierungen. Eine Steigerung des Innovationsgehaltes wird damit überwiegend nicht verbunden. Die konkrete Innovationswirkung spezifischer Vergabeverfahren bleibt jedoch unklar: Den Freiheitsgraden der Freihändigen Vergabe und dem Wissenstransfer im Wettbewerblichen Dialog steht die erhöhte Marktsichtung und Transparenz bei Öffentlichen Ausschreibungen entgegen. Aus den Best-Practices folgt hierzu, dass die Wahl des Vergabeverfahrens maßgeblich von der durch innovative Lösungen zu realisierenden Bedarfsanforderung abhängt. Ein generalisierender Zusammenhang zwischen der Verfahrensart und der Beschaffung von Innovationen ist nicht ersichtlich. Öffentlich-Private Partnerschaften als alternatives Beschaffungsmodell sind aus Sicht der öffentlichen Einrichtungen grundsätzlich geeignet, einen Zugang zu den privatwirtschaftlichen Innovationskräften zu erhalten. Auf Seite der Auftraggeber werden jedoch der erhöhte Koordinationsaufwand und die reduzierten Einflussmöglichkeiten während der Kontraktphase als Nachteile gesehen. Die Unternehmen sehen Hürden entlang des Beschaffungsprozesses und in Bezug auf die Risikosteuerung. Einkaufsorganisation und Kooperationen In Bezug auf die Organisation des Einkaufs folgt, dass sowohl zentrale als auch dezentrale Modelle zur Anwendung kommen und hinsichtlich der Innovationsorientierung erneut die Bedarfsspezifik die Organisation des Einkaufs strukturiert. Zentrale und dezentrale Modelle bringen jeweils Vor- 5

6 Executive Summary und Nachteile mit sich, so dass eine flexible Einkaufsorganisation und Mischformen als erfolgversprechende Ansätze fungieren können. Die interne Koordination des Beschaffungsprozesses und Kooperationen mit anderen öffentlichen Einrichtungen oder anderen wirtschaftlichen Akteuren sind jedoch grundsätzlich von entscheidender Bedeutung für den Einkauf von Innovationen. Aus dem Forschungsprojekt folgt hierzu, dass Kooperationen mit anderen öffentlichen Einrichtungen, Unternehmen bzw. Rechtsanwaltskanzleien oder Unternehmensberatungen nur zu einem geringen Ausmaß vorliegen. Anhand der Länderanalyse und der Befragung ist jedoch Festzustellen, dass der gemeinsame Einkauf durch mehrere öffentliche Einrichtungen und die Nachfragebündelung an Bedeutung gewinnen. Anhand des bereits erwähnten Innovationsindikators ist auch empirisch ersichtlich, dass diese Kooperationsformen die Innovationsorientierung in bedeutendem Maße positiv beeinflussen. Öffnung für Innovationen in der Leistungsbeschreibung Leistungsbeschreibungen enthalten typischerweise sowohl funktionale als auch konstruktive Anforderungen. Aus der unternehmerischen Perspektive heraus wird jedoch kritisiert, dass Leistungsbeschreibungen oft zu ungenau und wenig detailreich sind. Grundlegende Herausforderungen sind demnach die Öffnung für Innovationen durch funktionale Anforderungen, die gleichzeitig hinreichend präzise sind oder auch das Ausschreiben von konventionellen und innovativen Varianten der Leistungsbeschreibungen. Die Zulassung von Nebenangeboten wiederum kann die Realisierung innovativer Lösungen begünstigen: Diese werden, wie die Analyse der Ausschreibungsdatenbanken zeigt, üblicherweise zugelassen. Eine abnehmende Berücksichtigung von Nebenangeboten ist jedoch festzustellen. Grundsätzlich fließen diese auch zu einem geringeren Ausmaß in die Leistungsbeschreibung ein als andere Aspekte. Wenn Nebenangebote zugelassen werden, dominieren als Ziele wiederum Kosten- und Qualitätsaspekte. Von den öffentlichen Einrichtungen wird in diesem Zusammenhang jedoch auch bestätigt, dass über die Nebenangebote alternative bzw. innovative Herangehensweisen zur Lösung des nachgefragten Bedarfs resultierten. Kritisiert wird an Nebenangeboten unter anderem der erhöhte Verfahrensauwand aufgrund der schwer herzustellenden Vergleichbarkeit der eingegangen Angebote, was die Effizienz im Beschaffungsprozess beeinträchtigen kann. Zuschlagskriterien Der Anschaffungspreis ist für die deutliche Mehrheit der öffentlichen Einrichtungen das entscheidende Zuschlagkriterium für die Vergabe öffentlicher Aufträge. Lebenszykluskosten als Zuschlagskriterium, welche auch die langfristigen Kosteneinsparungen von Innovationen signalisieren, fließen durchschnittlich nur mit einem Gewicht von circa 10% ein. Lebenszykluskosten sind grundsätzlich das Kriterium, das Wirtschaftlichkeit in einer langfristigen Perspektive widerspiegelt, z. B. bei den Einsparpotenzialen im Energiebereich. Aber: Die Orientierung an Wirtschaftlichkeitskriterien mit dem Preis als maßgebliche Instanz führt nicht zwangsläufig zu einer Blockade des innovativen Einkaufs. Aus den Best-Practices ist ersichtlich, dass bei entsprechender Ausgestaltung der Leistungsbeschreibungen und Vergabeverfahren auch das Preiskriterium zum Einkauf innovativer Lösungen führen kann. Dies gilt insbesondere dann, wenn entsprechende Planungsleistungen vorgeschaltet bzw. ausgeschrieben wurden. eprocurement Der Einsatz elektronischer Vergabetechnologien erfolgt von fast zwei Dritteln der öffentlichen Einrichtungen noch nicht bzw. lediglich in einem sehr geringen Ausmaß. Insbesondere Landeseinrichtungen und Kommunen scheinen hier besonderen Nachholbedarf zu haben. Die Ausschreibungsplattformen weisen insgesamt noch einen geringen Anteil elektronischer Verdingungsun- 6

7 Executive Summary terlagen auf. Die vorhandenen Möglichkeiten zum Erhalt alternativer Angebote werden demnach noch nicht voll ausgeschöpft. Betriebswirtschaftliche Methoden und Standards Generelle betriebswirtschaftliche Methoden und Standards zur Optimierung des Einkaufs, wie z. B. das Controlling aller Vorgänge oder das Risikomanagement, sind den Einrichtungen größtenteils bekannt und werden in einem umfassenden Ausmaß angewendet. In Bezug auf spezifische Ansätze, z. B. den Total-Cost-of-Ownership-Ansatz als Analysetool der ganzheitlichen Kostenplanung bzw. SWOT-Analysen, ist noch ein verhältnismäßig geringer Nutzungsgrad vorhanden. Besonders in der innovationsorientierten Organisation des Beschaffungsprozesses durch Effizienzsteigerungen und Prozessoptimierungen sind demnach noch Reserven vorhanden. Aus- und Weiterbildungen Die Best-Practices zeigen, dass bereits enormes technisches, juristisches und betriebswirtschaftliches Know-how bei den Einkaufsverantwortlichen vorhanden ist. Die erfolgreiche Beschaffung von Innovationen erfordert demnach entsprechende Kompetenzen. Festzustellen ist auf der anderen Seite, dass weniger als die Hälfte der befragten Einrichtungen bestätigt, dass die Einkaufsverantwortlichen explizit für die Beschaffung von Produkten ausgebildet sind. Geeignete Anlaufstellen für Aus- und Weiterbildungsprogramme können hier Anbieter im öffentlichen Bereich bzw. die Einrichtungen selbst sein. In Bezug auf das Format präferieren die Studienteilnehmer Seminare bzw. Workshops und die Bereitstelllung praxisorientierter Leitfäden. Potenziale der Innovationsförderung und Lösungsansätze für Defizite Die öffentlichen Studienteilnehmer sehen die größten Potenziale zur Erhöhung der Innovationsorientierung im eigenen Beschaffungswesen in der Marktbeobachtung, der Leistungsbeschreibung und den Zuschlagskriterien. Die Unternehmen wiederum sehen große Defizite bei der starken Preisorientierung öffentlicher Vergaben, einer mangelnden Bereitschaft zur Ablösung konventioneller durch innovative Produkte sowie vergaberechtlichen Barrieren. Lösungsansätze sind für diese hauptsächlich die Entbürokratisierung des Vergaberechts, die verstärkte Zulassung von Nebenangeboten und ein verstärkter Dialog zwischen öffentlicher Hand und Wirtschaft im Bereich FuE. Entbürokratisierung und Vereinfachung des Vergaberechts Mehrheitlich wird von den öffentlichen Studienteilnehmern darauf verwiesen, dass das Vergaberecht vereinheitlicht und dereguliert werden sollte. Eine weitere Erhöhung der Schwellenwerte sowie generelle Vereinfachungen der Beschaffungsprozesse und von eprocurement sind ebenfalls vielversprechend. Diesen Punkten stimmen auch die Unternehmen zu. Diese verweisen außerdem darauf, dass die Preisdominanz bei der Auftragsvergabe reduziert werden müsste und Leistungsbeschreibungen konkreter und detaillierter formuliert werden sollten. Auf Grundlage der Ergebnisse des Forschungsprojektes wurden Handlungsempfehlungen entwickelt, die eine Intensivierung der Innovationsorientierung im öffentlichen Auftragswesen begünstigen könnten (Kapitel 8). Die Empfehlungen richten sich an die beschaffenden öffentlichen Einrichtungen und auch an mögliche zukünftige politische Maßnahmen und Initiativen zur Förderung der Innovationsorientierung. 7

8 Inhalt Inhalt Abbildungsverzeichnis Einleitung Theoretische Fundierung der Innovationsorientierung im öffentlichen Auftragswesen Begriffsdefinitionen: Innovation, Innovationsprozess und Innovationsorientierung Innovation und Einkauf Besonderheiten des öffentlichen Einkaufs von Innovationen Innovationsorientierung im öffentlichen Einkauf Innovativer Beschaffungsprozess Europa-, bundes- und landespolitische Maßnahmen und Initiativen Initiativen auf Ebene der Europäischen Union Bundespolitische Initiativen Politische Maßnahmen und Initiativen im Vergleich der Bundesländer Baden-Württemberg Bayern Berlin Brandenburg Bremen Hamburg Hessen Mecklenburg-Vorpommern Niedersachsen Nordrhein-Westfalen Rheinland-Pfalz Saarland Sachsen Sachsen-Anhalt Schleswig-Holstein Thüringen Zusammenfassung des Ländervergleichs

9 Inhalt 4 Statistiken zum öffentlichen Auftragswesen in Deutschland Überblick des vorhandenen statistischen Datenmaterials zu Anzahl und Volumina öffentlicher Beschaffungsvorgänge in Deutschland Statistische Erhebungen zum Vergabegeschehen und Vergabeberichte Schätzungen zum Vergabevolumen auf Grundlage der Haushaltsstatistik Vergabedatenbanken Schätzung des Vergabevolumens auf der Basis öffentlicher Statistik Abgrenzungsprobleme Schätzung der Vergabevolumina der öffentlichen Haushalte Schätzung der Vergabevolumina öffentlicher Fonds, Einrichtungen und Unternehmen Schätzung der Gesamtvolumina in der Zeitreihe Schätzung innovationsrelevanter Volumina Auswertung von Vergabedatenbanken Anmerkungen zu den ausgewerteten Datenbanken Prozess- und Verfahrenscharakteristika Entwicklung von Anzahl und Volumen vergebener Aufträge Zusammenfassung der Ergebnisse Quantitative Studie im öffentlichen Beschaffungsmarkt Deutschlands Zielsetzung und Durchführung der Erhebung Zielsetzung Methodisches Vorgehen Rücklaufquote und Antwortstruktur der antwortenden öffentlichen Einrichtungen und im öffentlichen Sektor aktiven Unternehmen Ziele und Defizite im öffentlichen Beschaffungswesen und Stellenwert im Rahmen der Verwaltungsmodernisierung Ziele und Defizite im öffentlichen Beschaffungswesen Das Beschaffungswesen im Rahmen der Modernisierungsstrategie Analyse der Beschaffungsvorgänge für das Jahr Überblick der im Jahr 2008 abgewickelten öffentlichen Aufträge Innovationstauglichkeit der Vergabeverfahren Verhandlungsverfahren bzw. Freihändige Vergaben Stellenwert von Öffentlich-Privaten Partnerschaften Eingekaufte Produkte

10 Inhalt 5.4 (Innovationsorientierte) Organisation des Beschaffungsprozesses Interne Koordination des Beschaffungsprozesses Externe Kooperationen Entstehung eines Beschaffungsprozesses Wege der Markterkundung Verdingungsunterlagen und Leistungsbeschreibungen Erfahrungen bei der Zulassung von Nebenangeboten Einsatz von elektronischen Vergabetechnologien Zuschlagskriterien und Zuschlagserteilung Orientierung an wirtschaftlichen Standards Einkauf von innovativen Produkten Verwaltungs- und Wirtschaftsbereiche mit Potenzialen für die Beschaffung von Innovationen Bereitschaft zur Adaption neuer Produkte Neuentwicklungen und Marktneuheiten Eingekaufte bzw. verkaufte Innovationen und innovative Projekte Bewertung der eingekauften Innovationen und der Auftraggeber Defizite bei der Innovationsorientierung, Lösungsansätze und neue Aus- bzw. Weiterbildungsformate Defizite bei der Innovationsförderung in den Beschaffungsstellen und Lösungsansätze aus öffentlicher und unternehmerischer Perspektive Perspektiven für neue Aus- und Weiterbildungsformate Vereinfachung bzw. Entbürokratisierung des Vergaberechts Indikator zur Innovationsorientierung in öffentlichen Einrichtungen Indikatorherleitung Dimension 1: Ausmaß des innovativen Beschaffungsprozesses Dimension 2: Ausmaß der Beschaffung von Innovationen Innovationsorientierung im deutschen öffentlichen Auftragswesen Ranking der teilnehmenden Einrichtungen Best-Practices zur Innovationsorientierung im öffentlichen Auftragswesen Vorgehen Best-Practices Bau- und Liegenschaftsbetrieb des Landes Nordrhein-Westfalen: Wettbewerblicher Dialog bei der Vergabe von Bauleistungen (Ruhr-Universität Bochum) Stadt Erlangen: Beschaffung von DMS-Software Landesamt für Verbraucherschutz, Landwirtschaft und Flurneuordnung Brandenburg: Durchführung amtlicher Landessortenprüfungen Stadt Landshut: Armierung von Asphalt im Straßenbau

11 Inhalt Gemeinde Neuenhagen: Errichtung einer Einfeldhalle im Passivhausstandard Polizei Bremen: Energiespar-Contracting Universität Leipzig: Beschaffung eines 3D-Röntgen-Tomographiegeräts Stadt Waldshut-Tiengen: Dacheindeckung mit integrierter Photovoltaikanlage der Stadthallen Tiengen Immobilien Bremen AöR: Aufbau eines Zentrums Sozial-ökologischer Einkauf Zusammenfassung Innovative Beschaffung und Vergaberecht: Rechtsgutachten und Rechtsfolgenanalyse Identifikation innovativer Beschaffungsmaßnahmen Wahl und Strukturierung des Vergabeverfahrens Flexibilität des Verfahrens als innovationsfördernder Aspekt Umsetzung innovativer Beschaffungsmaßnahmen im Nichtoffenen Verfahren/bei Beschränkter Ausschreibung Umsetzung innovativer Beschaffungsmaßnahmen im Verhandlungsverfahren/bei Freihändiger Vergabe Umsetzung innovativer Beschaffungsmaßnahmen im Wettbewerblichen Dialog Erstellung der Leistungsbeschreibung Gebot der eindeutigen und erschöpfenden Beschreibung Gebot der produktneutralen Ausschreibung Bedarfs- und Wahlpositionen Risikoverteilung zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer Bezugnahme auf europäische Normen Innovationsklausel des 97 Abs. 4 Satz 2 GWB Festlegung der Eignungskriterien (Bieterauswahl) Festlegung der Zuschlagskriterien und ihrer Gewichtung (Angebotswertung) Innovative Aspekte als Zuschlagskriterium Unzulässigkeit der Berücksichtigung eines Mehr an Eignung Spielräume bei der Angabe der Zuschlagskriterien Erleichterungen bei der Angabe der Gewichtungen Nebenangebote Zulassung von Nebenangeboten Mindestanforderungen für Nebenangebote Wertung von Nebenangeboten Beteiligung von Projektanten Kooperation unter Auftraggebern

12 Inhalt 7.9 Innovative Wege elektronischer Beschaffung Elektronische Beschaffung Elektronische Angebotsabgabe Elektronische Auktionen Dynamisches elektronisches Verfahren (dynamisches Beschaffungssystem) Handlungsempfehlungen: Einkäufer Staat als Innovationstreiber? Verwaltungsleitung und Beschaffungsstellen Politikempfehlungen für die Bundesebene Literatur Abkürzungen Impressum

13 Abbildungsverzeichnis Abbildungsverzeichnis Abb. 2-01: Diffusion von Innovationen im Zeitverlauf Abb. 2-02: Technikzyklus...21 Abb. 2-03: Vier-Felder-Matrix zur Produkt-Markt-Positionierung Abb. 2-04: Öffentliche Wertschöpfung und ihre Ziele...28 Abb. 4-01: Verteilung des Sachaufwands und der Sachinvestitionen nach Verwaltungsebene im Jahr Abb. 4-02: Verteilung des Sachaufwands und der Sachinvestitionen nach Ausgabenarten im Jahr Abb. 4-03: Verteilung des Sachaufwands und der Sachinvestitionen nach Aufgabenbereichen im Jahr Abb. 4-04: Verteilung des Sachaufwands und der Sachinvestitionen nach Aufgaben sowie nach Baumaßnahmen und Unterhaltungs- und Bewirtschaftungsausgaben im Jahr Abb. 4-05: Verteilung der geschätzten Vergabevolumina der öffentlichen Einrichtungen nach Branchenzugehörigkeit im Jahr Abb. 4-06: Geschätzte Vergabevolumina zwischen 2001 und Abb. 4-07: Anteil der Verfahren mit Zulassung von Nebenangeboten nach Art des Auftrags Abb. 4-08: Anteil der Dienstleistungstypen an den vergebenen Aufträgen...74 Abb. 4-09: Durchschnittliches Volumen der Dienstleistungstypen an den vergebenen Aufträgen...74 Abb. 5-01: Rücklaufquote Struktur der angeschriebenen und antwortenden Einrichtungen bzw. Unternehmen...78 Abb. 5-02: Öffentliche Einrichtungen Art der Einrichtungen...78 Abb. 5-03: Öffentliche Einrichtungen Größe der Einrichtungen nach Mitarbeitern...79 Abb. 5-04: Öffentliche Einrichtungen durchschnittliche Anzahl der überwiegend im Beschaffungsbereich tätigen Mitarbeiter...79 Abb. 5-05: Unternehmen Unternehmensgröße nach Anzahl der Mitarbeiter und Jahresumsatz...79 Abb. 5-06: Unternehmen Branchenstruktur Abb. 5-07: Unternehmen Beteiligung an öffentlichen Ausschreibungen und Vergaben Abb. 5-08: Unternehmen Stellenwert öffentlicher Auftraggeber Abb. 5-09: Öffentliche Einrichtungen Bedeutung von Beschaffungszielen Abb. 5-10: Öffentliche Einrichtungen und Unternehmen Defizite in den Beschaffungsstellen..82 Abb. 5-11: Abb. 5-12: Abb. 5-13: Abb. 5-14: Abb. 5-15: Abb. 5-16: Öffentliche Einrichtungen Modernisierungsstrategie mit eindeutigen Zieldefinitionen...83 Öffentliche Einrichtungen Wichtigkeit von Bereichen für die Modernisierungsstrategie...83 Öffentliche Einrichtungen durchschnittliche Anzahl der Beschaffungsvorgänge im Jahr Öffentliche Einrichtungen durchschnittliches Gesamtvolumen der Beschaffungsvorgänge im Jahr Öffentliche Einrichtungen: Anteil des Beschaffungsvolumens am Gesamtbudget...85 Öffentliche Einrichtungen nationale Vergabeverfahren (unterhalb der Schwellenwerte), Anteil der Vergabeverfahren an der Gesamtzahl der 2008 vergebenen Aufträge

14 Abbildungsverzeichnis Abb. 5-17: Abb. 5-18: Abb. 5-19: Öffentliche Einrichtungen europaweite Vergabeverfahren (oberhalb der Schwellenwerte), Anteil der Vergabeverfahren an der Gesamtzahl der 2008 vergebenen Aufträge...87 Öffentliche Einrichtungen und Unternehmen Innovationstauglichkeit der Vergabeverfahren Öffentliche Einrichtungen Verhandlungsziele bei Verhandlungsverfahren bzw. Freihändigen Vergaben Abb. 5-20: Öffentliche Einrichtungen Vor- und Nachteile Öffentlich-Privater Partnerschaften.90 Abb. 5-21: Unternehmen Zusammenarbeit mit der öffentlichen Hand über Öffentlich-Private Partnerschaften Abb. 5-22: Öffentliche Einrichtungen eingekaufte Produkte im Jahr Abb. 5-23: Öffentliche Einrichtungen Organisation des Einkaufs...93 Abb. 5-24: Öffentliche Einrichtungen beteiligte Akteure im Beschaffungsprozess Abb. 5-25: Öffentliche Einrichtungen Kooperationsformen im Beschaffungsprozess...95 Abb. 5-26: Öffentliche Einrichtungen und Unternehmen Entstehung eines Beschaffungsprozesses in öffentlichen Einrichtungen Abb. 5-27: Öffentliche Einrichtungen Wege der Markterkundung...97 Abb. 5-28: Unternehmen Genutzte Vertriebswege zur Platzierung von Innovationen Abb. 5-29: Öffentliche Einrichtungen Anwendung von Verfahren im Vorfeld der Erstellung von Verdingungsunterlagen und Ausmaß der Abstimmung zwischen Bedarfsträger und Beschaffer Abb. 5-30: Öffentliche Einrichtungen Häufigkeit der in die Leistungsbeschreibung einfließenden Kriterien Abb. 5-31: Öffentliche Einrichtungen Erwartungen bei der Zulassung von Nebenangeboten. 100 Abb. 5-32: Öffentliche Einrichtungen Erfüllung der Erwartungen im Nachhinein betrachtet Abb. 5-33: Abb. 5-34: Abb. 5-35: Öffentliche Einrichtungen Nutzung von Vergabetechnologien Unternehmen Konfrontation mit elektronischen Vergabetechnologien von Seiten öffentlicher Auftraggeber Öffentliche Einrichtungen Gewichtung der Zuschlagskriterien bei der Auswahl des wirtschaftlichsten Angebotes Abb. 5-36: Öffentliche Einrichtungen und Unternehmen Herkunft von Aufragnehmern und Auftraggebern Abb. 5-37: Unternehmen prozentualer Anteil der Zuschläge auf Bewerbungen um öffentliche Aufträge Abb. 5-38: Unternehmen Gründe für die nicht erfolgte Zuschlagserteilung Abb. 5-39: Unternehmen Anteil der Absagen, bei denen über die Gründe informiert wird Abb. 5-40: Öffentliche Einrichtungen Bekanntheit und Nutzung von betriebswirtschaftlichen Methoden im Beschaffungsprozess Abb. 5-41: Öffentliche Einrichtungen Aufgabenfelder mit Potenzialen für die Beschaffung von Innovationen Abb. 5-42: Öffentliche Einrichtungen Potenziale für die Beschaffung innovativer Produkte Abb. 5-43: Öffentliche Einrichtungen Anteil an Lieferanten und Dienstleistern, die 2008 erstmalig beauftragt wurden Abb. 5-44: Öffentliche Einrichtungen Anteil der im Jahr 2008 erstmalig beschafften Produkte am Gesamtvolumen Abb. 5-45: Öffentliche Einrichtungen und Unternehmen erfolgte Anpassung von Produkten an die Anforderungen der Einrichtung

15 Abbildungsverzeichnis Abb. 5-46: Öffentliche Einrichtungen Anschaffung von Marktneuheiten in der Vergangenheit Abb. 5-47: Öffentliche Einrichtungen Anteil der im Jahr 2008 eingekauften Innovationen am Gesamtvolumen Abb. 5-48: Unternehmen Verkauf innovativer Produkte an öffentliche Auftraggeber in der Vergangenheit Abb. 5-49: Öffentliche Einrichtungen Innovationsgehalt des eigenen Produkt- und Dienstleistungsportfolios sowie des Portfolios der Lieferanten und Dienstleister Abb. 5-50: Öffentliche Einrichtungen Beispiele für eingekaufte Innovationen Abb. 5-51: Unternehmen Beispiele für verkaufte Innovationen Abb. 5-52: Öffentliche Einrichtungen Projekte zur Beschaffung innovativer Produkte Abb. 5-53: Abb. 5-54: Öffentliche Einrichtungen Bewertung der Eigenschaften von bisher beschafften Innovationen Unternehmen Bewertung öffentlicher Auftraggeber als Abnehmer innovativer Produkte Abb. 5-55: Öffentliche Einrichtungen Potenziale im eigenen Beschaffungswesen zur Erhöhung des Innovationsgrades der nachgefragten Produkte Abb. 5-56: Unternehmen Defizite in der Innovationsförderung im öffentlichen Sektor Abb. 5-57: Abb. 5-58: Unternehmen Maßnahmen zur Reduzierung der Defizite und gezielten Innovationsförderung im öffentlichen Sektor Öffentliche Einrichtungen Ausbildung der zuständigen Beschaffer auf den Einkauf von Produkten und Dienstleistungen Abb. 5-59: Öffentliche Einrichtungen Anbieter von Aus- und Weiterbildungsangeboten zur Behebung möglicher fachlicher Defizite Abb. 5-60: Öffentliche Einrichtungen geeignete Formate zur Behebung möglicher Defizite Abb. 5-61: Öffentliche Einrichtungen und Unternehmen Statements zur Erhöhung der Wertgrenzen im Rahmen des Konjunkturpakets der Bundesregierung Abb. 5-62: Öffentliche Einrichtungen Maßnahmen einer weiteren Vereinfachung des deutschen Vergabewesens Abb. 5-63: Unternehmen bedeutende Punkte zur Entbürokratisierung des öffentlichen Auftragswesens Abb. 5-64: Unternehmen Maßnahmen einer weiteren Vereinfachung des deutschen Vergabewesens Abb. 5-65: Öffentliche Einrichtungen Zusammensetzung des Indikators Abb. 5-66: Öffentliche Einrichtungen innovativer Beschaffungsprozess, Verteilung der Komponenten Abb. 5-67: Öffentliche Einrichtungen innovativer Beschaffungsprozess (Dimension 1) Abb. 5-68: Öffentliche Einrichtungen Beschaffung von Innovationen Verteilung der Komponenten Abb. 5-69: Öffentliche Einrichtungen Beschaffung von Innovationen (Dimension 2) Abb. 5-70: Öffentliche Einrichtungen Zusammenhang zwischen der innovativen Beschaffung und der Beschaffung von Innovation Abb. 5-71: Öffentliche Einrichtungen Innovationsorientierung öffentlicher Einrichtungen (Verteilung) Abb. 5-72: Öffentliche Einrichtungen Innovationsorientierung öffentlicher Einrichtungen Abb. 5-73: Öffentliche Einrichtungen Ergebnisse des Benchmarks zur Innovationsorientierung in öffentlichen Einrichtungen Abb. 6-01: Kurzcharakterisierung der berücksichtigten Best-Practices

16 1 Einleitung 1 Einleitung Wir müssen um so viel besser sein, wie wir teurer sind. Dieses Zitat aus der Rede des ehemaligen Bundespräsidenten Horst Köhler beim Arbeitgeberforum Wirtschaft und Gesellschaft" aus dem Jahr 2005 bringt die Herausforderungen und Chancen der Globalisierung auf einen einfachen, aber richtigen Nenner. Die Zukunft unseres Landes liegt in der Innovation, sie liegt in der Kreativität, sie liegt in neuen Ideen, aber auch in der Fähigkeit, aus der Idee ein Produkt zu machen, das wir weltweit vermarkten können. In Deutschland ist diese Notwendigkeit zur Sicherung langfristiger Prosperität erkannt, und unter dem Motto Ideen zünden 1 wird mit der Hightech-Strategie ein ehrgeiziges Ziel verfolgt: Deutschland soll bis zum Jahr 2020 die forschungsfreudigste Nation der Welt werden (vgl. BMBF 2006). Es gilt, Kräfte zu bündeln, Leitmärkte in den Blick zu nehmen und die allgemeinen Rahmenbedingungen in Wissenschaft und Wirtschaft zu verbessern. Die Schaffung eines weitweit führenden deutschen Innovationsstandortes steht auch im Zentrum der politischen Agenda der neuen Bundesregierung. Aus dem Koalitionsvertrag folgt, dass Deutschland wieder ein Gründerland und Innovationstreiber werden muss, da Forschung, Innovationen und neue Technologien die Grundlage für zukünftigen Wohlstand sind. Der durch die Hightech-Strategie eingeschlagene Weg soll fortgeführt und weiterentwickelt werden. Innovationsträchtige Branchen z. B. im Gesundheitssektor, der Luft- und Raumfahrt, dem Umwelt- und Klimaschutz oder der Bio- und Nanotechnologie sollen Leitmärkte hervorbringen, die sich im weltweiten Wettbewerb behaupten und durchsetzen können. Innovationsgutscheine und die Einrichtung des zweiten High-Tech-Gründerfonds als Öffentlich-Private Partnerschaft sind dabei nur zwei Vorhaben, um die Innovationskraft des deutschen Mittelstandes auch durch politische Initiativen voranzubringen. Eine bedeutende innovationspolitische Herausforderung, um den gesellschaftlichen Wohlstand durch Innovationen zu sichern und zu steigern, ist der Transfer von innovativen Ideen und Erkenntnissen in wirtschaftliches Kalkül. Zugleich kann der Staat jedoch auch selbst als intelligenter Nachfrager bzw. mutiger Referenzkunde agieren, um bei der Vergabe von Aufträgen Innovationen zu berücksichtigen und zu stimulieren. Wie aber kann der Staat als Treiber für Innovationen auftreten, um dem Ziel eines weltweit führenden Innovationsstandorts näher zu kommen? Dieser Frage widmet sich der folgende Forschungsbericht. Die vielseitigen und spezifischen Anforderungen der öffentlichen Hand münden in einem jährlichen öffentlichen Beschaffungsvolumen in Höhe von mehreren 100 Mrd. Euro 2 und eröffnen ein breites Feld für den Einsatz von Innovationen. Beispielsweise bietet die Modernisierung öffentlicher Verwaltungen durch Prozessoptimierung und den verstärkten Einsatz von innovativen Informations- und Kommunikationstechnologien (egovernment) Möglichkeiten für weitreichende Kosteneinsparungen. egovernment ist demnach eine Chance, den zu erwartenden Haushaltsengpässen nicht zuletzt hervorgerufen durch die Finanz- und Wirtschaftskrise zu begegnen und zugleich die Innovationspotenziale der deutschen Wirtschaft zu fördern. Vor diesen Hintergründen wurde im Zeitraum zwischen September 2008 und November 2009 untersucht, wie die bedeutende Nachfrage im deutschen öffentlichen Auftragswesen auf Bundes-, Landes- und Kommunalebene auch dazu genutzt werden kann, verstärkt in Innovationen zu investieren : vgl. die Internetplattform der Bundesregierung zur Hightech-Strategie: 2 Eine genaue Aufstellung des Beschaffungsvolumens existiert in Deutschland gegenwärtig nicht. Dieser Problematik ist das Kapitel 4 gewidmet, in dem auf Basis des vorliegenden Datenmaterials eine Hochrechung erfolgt. 16

17 1 Einleitung Das Forschungsprojekt Einkäufer Staat als Innovationstreiber Entwicklungspotenziale und Handlungsnotwendigkeiten für eine innovativere Beschaffung im öffentlichen Auftragswesen Deutschlands wurde gemeinsam von der Wegweiser GmbH Berlin Research & Strategy, dem Fachgebiet Innovationsökonomie (Institut für Technologie und Management) der Technischen Universität Berlin und der Anwaltssozietät Orrick Hölters & Elsing durchgeführt. Die treibenden sowie hemmenden Faktoren und die grundsätzlichen Chancen einer Innovationsorientierung im deutschen öffentlichen Auftragswesen sollen im vorliegenden Forschungsbericht konzeptionell strukturiert, konkret veranschaulicht bzw. nachgewiesen und darüber hinaus mit grundsätzlich strategischen, aber auch praktischen Handlungsempfehlungen untermauert werden. Im Rahmen des Forschungsprojektes wurde versucht, Antworten unter anderem auf die folgenden Fragen zu finden: In welchen Feldern des öffentlichen Beschaffungsmarktes liegen Potenziale für Innovationen und welche Volumina machen diese aus? Wie lassen sich Innovationen im öffentlichen Vergabewesen genau und besser definieren? Welche Zusammenhänge und Synergien lassen sich zwischen einem innovativen Beschaffungsprozess, im Umfeld einer modernen Verwaltungsorganisation sowie der Nutzung moderner Einkaufsinstrumente und dem Einkauf von Innovationen ableiten? Welche verschiedenen Typen von innovationsstimulierenden Beschaffungsstrategien, wie z. B. gemeinsam mit privaten Institutionen getätigte Beschaffungen, gibt es und welche werden tatsächlich in der Praxis angewandt? Wie kann mit Risiken bei der innovativen Beschaffung umgegangen werden? Welche Best-Practice -Erfahrungen gibt es? Welche Erfahrungen lassen sich für die Ausgestaltung von Beschaffungsprozessen ableiten? Wo liegen systemimmanente bzw. vergaberechtliche Barrieren? Lassen sich bestehende Grenzen im Rahmen des aktuellen Vergaberechts erweitern bzw. rechtssicher verschieben? Welche gesetzlichen Neuregelungen könnten Innovationen fördern? Wo besteht Weiterbildungsbedarf? Welche Formate sind hierfür geeignet? Wer könnte diese anbieten? Diesen Fragen wurde sich über verschiedene theoretische und praktische Herangehensweisen genähert, deren kurze Erläuterung im Folgenden zugleich den Aufbau des Forschungsberichtes entwickelt. Über eine grundsätzliche Fundierung der Konzepte der Innovationsorientierung im öffentlichen Auftragswesen sollen wesentliche theoretische Momente und Implikationen herausgestellt werden (Kapitel 2). Dies betrifft den Begriff der Innovation generell, den unternehmerischen Stellenwert und die Besonderheiten im öffentlichen Einkauf. Die theoretische Expertise ist Grundlage für das weitere Vorgehen. Im dritten Kapitel folgt eine Darstellung der europa-, bundes- und landespolitischen Initiativen zur Innovationsförderung im öffentlichen Auftragswesen. Letztere erfolgen auf Basis konkreter Anfragen an die jeweils zuständigen Landesministerien bzw. -behörden. Ausgehend von der theoretischen Auseinandersetzung ist auch festzustellen, dass es gegenwärtig kein verlässliches, offizielles Datenmaterial zum öffentlichen Auftragswesen in Deutschland gibt. Im vierten Kapitel erfolgt unter anderem aus diesem Grund eine Statistikanalyse, die durch die Analyse von europaweiten Ausschreibungen ergänzt wird. Auf Basis der Ergebnisse resultiert eine Hochrechung des öffentlichen Beschaffungsvolumens in Deutschland. Im fünften Kapitel werden wiederum die Ergebnisse der quantitativen Studie vorgestellt, die von April bis Mai 2008 unter öffentlichen Einrichtungen und Unternehmen durchgeführt wurde. Im sechsten Kapitel sollen Best-Practices Aufschluss darüber geben, wie die Beschaffung von Innovationen in der Praxis umgesetzt werden kann. Die letzte Annährung an die formulierten Forschungsfragen bildet ein ausführliches Rechtsgutachten über die vergaberechtliche Dimension der Innovationsorientierung im öffentlichen Auftragswesen (Kapitel 7). Während der Projektlaufzeit fanden zahlreiche Aktivitäten zur Vernetzung mit anderen Vorhaben sowie der Öffentlichkeitsarbeit statt. Zwischenergebnisse wurden im Mai 2009 auf der 4. Zu- 17

18 1 Einleitung kunftswerkstatt Öffentlicher Einkauf und im September 2009 auf der 11. Beschaffungskonferenz präsentiert, die beide Veranstaltungsreihen der Wegweiser Media & Conferences GmbH Berlin sind. In der im Oktober 2009 erschienenen Publikation Jahrbuch Verwaltungsmodernisierung Deutschland 2010 der Wegweiser Media & Conferences GmbH Berlin wurden außerdem acht Best-Practices sowie eine thesenartige Zusammenfassung der Ergebnisse in dem Beitrag 10 Thesen zur (innovationsorientierten) öffentlichen Beschaffung in Deutschland veröffentlicht. Das Forschungsprojekt wurde weiterhin bei der Sitzung des Arbeitskreises Öffentliche Aufträge beim BITKOM (Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e. V.) im Juni 2009, beim OECD (Organisation for Economic Co-operation and Development) Workshop zum Thema Demand-led innovation policies im September 2009 und beim Workshop der Europäischen Kommission Linking Innovation and Public Procurement: Options for the new European Plan for Innovation im Oktober 2009 vorgestellt. Auf Grundlage der Ergebnisse des Forschungsprojektes wurden Handlungsempfehlungen entwickelt, die eine Intensivierung der Innovationsorientierung im öffentlichen Auftragswesen begünstigen können (Kapitel 8). Die Empfehlungen richten sich an die beschaffenden öffentlichen Einrichtungen und an mögliche zukünftige politische Maßnahmen und Initiativen zur Förderung der Innovationsorientierung. 18

19 2 Theoretische Fundierung der Innovationsorientierung im öffentlichen Auftragswesen 2.1 Begriffsdefinitionen: Innovation, Innovationsprozess und Innovationsorientierung 2 Theoretische Fundierung der Innovationsorientierung im öffentlichen Auftragswesen Maßnahmen zur Steigerung der Innovationsfähigkeit von Regionen und Volkswirtschaften zielen oftmals auf die Förderung von Forschung und Entwicklung. Die Entwicklung neuer Waren und Dienstleistungen durch eine verstärkte Forschungsaktivität soll dabei zu einer größeren Innovationskraft der Wirtschaft beitragen. Innovationsförderung durch die Unterstützung von Forschung und Entwicklung setzt also am Beginn des Innovationsprozesses an. Die Bedeutung der Nachfrage für diesen Innovationsprozess gewinnt in Theorie und Politik zunehmend an Bedeutung. Im Gegensatz zur Forschungsförderung führt die Nachfrage nach innovativen Lösungen direkt zur Einführung und Verbreitung neuer Produkte und Dienstleistungen. Nachfrageorientierung setzt damit am Ende des Innovationsprozesses an. Der Nachfrage der öffentlichen Hand kommt dabei aufgrund ihres beachtlichen Volumens und der anspruchsvollen Bedarfe eine besondere Bedeutung zu. Ziel dieses Kapitels ist es, zunächst zentrale Begriffe der Arbeit zu definieren und grundlegende Elemente des Innovationsprozesses darzustellen (2.1). Der Einkauf spielt dabei eine große Bedeutung für die Stimulation von Innovationsprozessen (2.2). Gegenüber der Rolle des Einkaufs bei Wirtschaftsunternehmen gilt es, bei der öffentlichen Hand einige Besonderheiten zu berücksichtigen. Besondere Bedeutung eines innovativen Einkaufs, aber auch spezifische Schwierigkeiten und Begrenzungen werden daher ausgeführt (2.3). Auf der Basis der Darstellungen erlaubt das Unterkapitel 2.4 Überlegungen zu möglichen Anknüpfungspunkten zur Steigerung der Innovationsorientierung der öffentlichen Beschaffung. Das abschließende Unterkapitel (2.5) setzt sich mit den Möglichkeiten auseinander, Beschaffungsprozesse durch Managementmethoden und technische Unterstützung effizient und innovativ auszugestalten. Die Unterkapitel 2.4 und 2.5 befassen sich somit jeweils mit dem Verhältnis von Innovation und Beschaffungsprozess. Während 2.4 Möglichkeiten untersucht, innovative Lösungen einzukaufen, befasst sich 2.5 mit den Instrumenten einer innovativen Abwicklung der Beschaffungsprozesse. Das Verhältnis zwischen der Beschaffung von Innovationen und einer innovativen Beschaffung wird im fünften Kapitel genauer untersucht. 2.1 Begriffsdefinitionen: Innovation, Innovationsprozess und Innovationsorientierung Das gemeinsam von der OECD und Eurostat herausgegebene Oslo-Manual bietet eine grundlegende Definition des Innovationsbegriffs. Nach der dritten und aktuellsten Auflage handelt es sich bei einer Innovation um ( ) the implementation of a new or significantly improved product (good or service) or process, a new marketing method or a new organisational method in business practices, workplace organisation or external relations (OECD/Eurostat 2005: 46). Die Definition setzt sich aus drei Elementen zusammen, die für den Kontext dieser Untersuchung wesentlich sind. Erstens wird Innovation als Markteinführung einer Neuerung bezeichnet. Zurückgehend auf die grundlegende Unterscheidung bei Schumpeter (1952) handelt es sich erst dann um eine Innovation, wenn aus einer Neuerung bereits ein Produkt entstanden ist. Die Entwicklung einer technischen Neuerung, also die Invention, reicht hierfür noch nicht aus. Dieser Aspekt unterstreicht die Bedeutung der Nachfrage, die direkt zur Markteinführung neuer Produkte führt. Zweitens wird nach der Definition ein breites Spektrum von Neuerungen als Innovation verstanden. Neben dem klassischen Verständnis eines neuen Produktes, bei dem es sich um eine Ware oder eine Dienstleistung handeln kann, werden in der aktuellen Auflage des Oslo-Manual drei 19

20 2 Theoretische Fundierung der Innovationsorientierung im öffentlichen Auftragswesen 2.1 Begriffsdefinitionen: Innovation, Innovationsprozess und Innovationsorientierung weitere Innovationstypen angeführt (OECD/Eurostat 2005: 47-52). Prozessinnovationen werden ebenso genannt wie Neuerungen in der Organisation und beim Marketing. Für den Einkauf spiegelt dies die wachsende Bedeutung von wissensintensiven und anderen Dienstleistungen. Der dritte hervorzuhebende Aspekt der Definition betrifft die Neuheit einer Innovation. Das Manual (OECD/Eurostat 2005: 57 f.) unterscheidet hier drei Grade: neu für das Unternehmen, neu für den Markt und neu für die Welt. Neu für das Unternehmen sind alle Innovationen, die zuvor in den jeweiligen Unternehmen noch keine Verwendung fanden. Neu für die Welt sind alle Innovationen, die es in dieser Form zuvor noch nicht gegeben hat. Entsprechend wird unter neu für den Markt das erstmalige Auftreten einer Neuerung auf einem bestimmten Markt verstanden. Die Abgrenzung des Marktes ergibt sich dabei aus dem Unternehmen und seinen relevanten Mitbewerbern und kann sich sowohl auf bestimmte Regionen als auch auf Produktgruppen beziehen. Die für die Unternehmen entwickelte Definition kann weitgehend auf öffentliche Einrichtungen übertragen werden. Dabei erweist sich allenfalls die Abgrenzung von (Quasi-)Märkten für die innovative Erfüllung originärer Verwaltungsaufgaben als problematisch. Eng verbunden mit der Bestimmung unterschiedlicher Neuheitsgrade ist das Konzept der radikalen gegenüber inkrementellen Innovationen, welches ebenfalls auf Schumpeter (1952) zurückgeht. Inkrementelle Innovationen beschreiben eine schrittweise Fortentwicklung bestehender Konzepte, die sich in die bestehenden Strukturen einfügen. Radikale Innovationen sind demgegenüber mit tief greifenden Veränderungen in der jeweiligen Branche verbunden. Solche radikalen Innovationen verändern Märkte grundlegend oder führen zur Entstehung vollständig neuer Märkte. Moderne Informations- und Kommunikationstechniken, die einen Einfluss auf die Produktionsweise zahlreicher Branchen ausüben, können als Beispiele für radikale Innovationen angesehen werden. Die Erforschung einer neuen Problemlösung und die Entwicklung eines neuen Produktes sichern noch nicht die Durchsetzung am Markt. Nach Invention und Innovation entscheiden Grad und Geschwindigkeit der Diffusion, wie stark der Markt von dem neuen Produkt beeinflusst wird. Rogers (2003) hat eine Typologie für die Übernahme von Innovationen im Zeitablauf vorgeschlagen (vgl. Abbildung 2-01). Nach den eigentlichen Innovatoren, die ein neuartiges Produkt erstmalig einführen, übernehmen Early Adopters die neue Technologie. Während die Innovatoren das volle Risiko der Neuerungen tragen und bei erfolgreicher Umsetzung die höchsten Innovationsrenditen realisieren können, erlaubt die frühe Übernahme neuer Technologien bereits den Rückgriff auf erste Erfahrungen. Erst wenn die Innovation von hinreichend vielen Akteuren übernommen wurde, wird sie von der Mehrheit der Akteure akzeptiert und eingesetzt. Nachzügler, deren Anteil Rogers mit etwa einem Sechstel beziffert, sorgen dafür, dass die vollständige Marktdurchdringung erst mit deutlichem Zeitverzug abgeschlossen ist. Abb. 2-01: Diffusion von Innovationen im Zeitverlauf Die Abbildung verdeutlicht die Bedeutung einer frühen Nachfrage für die erfolgreiche Marktdurchdringung einer Neuerung. Lead User (von Hippel 1986), die Neuerungen als erste übernehmen, haben dabei eine besondere Bedeutung. Lead User versprechen sich durch die frühe Einführung einer Neuerung eine wesentliche Verbesserung der Befriedigung ihres konkreten Bedarfs. Entsprechend anspruchsvolle Anforderungen führen dabei zu einem Innovationssog für potenziel- 20

21 2 Theoretische Fundierung der Innovationsorientierung im öffentlichen Auftragswesen 2.1 Begriffsdefinitionen: Innovation, Innovationsprozess und Innovationsorientierung le Anbieter. Solchen Nachfragern kommt damit eine große Gestaltungsmacht zu, da die Neuentwicklungen auf ihre Bedürfnisse abgestimmt werden müssen. Die Mehrheit der Nachfrager, die sich erst spät auf dem dann bereits entstandenen Massenmarkt eindecken können, kann nur noch zwischen den bereits vorhandenen Produkten wählen. Die Betrachtung typischer Technikzyklen verdeutlicht jedoch auch, dass der Einkauf auf neuen Technologien beruhender Produkte mit beträchtlichen Risiken verbunden sein kann. Abbildung 2-02 stellt einen idealtypischen Technikzyklus dar. Mit der Entwicklung einer neuen Lösung werden oftmals hochgesteckte Ziele verbunden. Die einsetzende Euphorie führt zu verstärkten Forschungsaktivitäten, um die erhofften Lösungspotentiale ausschöpfen zu können. In der Regel können die neuen technischen Lösungen zu hoch gesteckte Erwartungen nicht erfüllen. Die Ernüchterung über die anfänglich erreichte Problemlösungskapazität führt zu einer langsamen Neuorientierung, die mit grundlegenden Änderungen einhergehen kann. Bereits zu einem sehr frühen Zeitpunkt im Technikzyklus erworbene Produkte sind also einem weit höheren Risiko ausgesetzt, die an sie gestellten Erwartungen nicht zu erfüllen. Abb. 2-02: Technikzyklus Abbildung 2-02 verdeutlicht zugleich die sich wandelnde Funktion von Akteuren, die am Innovationsprozess beteiligt sind. Mit der aufkommenden Euphorie zu Beginn des Technikzyklus wird die Weiterentwicklung in erster Linie durch verstärkte Forschungsaktivitäten vorangetrieben. Lead User können einen wichtigen Einfluss auf die konkrete Ausgestaltung ausüben, der wesentliche Antrieb zur Weiterentwicklung geht jedoch von Forschung und Entwicklung aus. Der Technologie- Push bestimmt in den ersten Phasen Intensität und Richtung der Fortentwicklung. In späteren Phasen gewinnt die Nachfrage zunehmend an Bedeutung. Die Neuorientierung auf Kundenbedürfnisse kann ein wesentlicher Antrieb für den neuerlichen Aufstieg einer Technologie sein. Spätestens mit der Diffusion der neuen Technologie wird der Nachfrage-Pull die entscheidende Kraft zur weiteren Fortentwicklung. Die Betrachtung des idealtypischen Technikzyklusses, die Bedeutung der Lead User und die Kategorisierung der Adaptation von Neuerungen haben gezeigt, dass Nachfragern an unterschiedlichen Punkten des Innovationsprozesses eine wichtige Bedeutung zukommt. Sie können als anspruchsvolle Nachfrage die Entwicklung neuartiger Produkte anstoßen, den einsetzenden Aufstieg einer neuen Technologie entscheidend unterstützen und die schnelle Diffusion der neuen Lösungen bewirken. Daraus ergibt sich zugleich, dass sich nicht von einem linearen Innovationsprozess ausgehen lässt. Vielmehr spielt eine Vielzahl von Akteuren und Einflussfaktoren in ganz unter- 21

22 2 Theoretische Fundierung der Innovationsorientierung im öffentlichen Auftragswesen 2.2 Innovation und Einkauf schiedlichen Phasen eine wichtige Rolle für die erfolgreiche Einführung und Diffusion neuer Lösungen. Zudem zeigt die sich wandelnde Rolle der Nachfrage, dass die lineare Abfolge um Querverbindungen und Rückkoppelungsschleifen ergänzt werden muss, um reale Innovationsprozesse abbilden zu können. Forschungsaktivitäten, die innerhalb des linearen Modells als Ausgangspunkt von Innovationen angesehen werden, sind in der Realität beispielsweise nur eine, wenn auch bedeutende Quelle unter vielen. Als weitere Einflussfaktoren lassen sich neben anspruchsvollen Nachfragern etwa der Markt oder Kooperationspartner nennen. Darüber hinaus unterscheiden sich Innovationsprozesse in unterschiedlichen Branchen und Sektoren, und die einzelnen Phasen sind nur schwer zeitlich klar voneinander zu trennen. Reale Innovationsprozesse lassen sich angemessener als technische und soziale Prozesse beschreiben, während derer der Innovator als Person bzw. Organisation vielfältige Interaktionen mit seinem Umfeld unterhält, die in einen nicht-linearen Lernprozess münden (Asheim/Cooke 1999; Malerba/Brusoni 2007; Link 2008). Austausch- und Rückkopplungsprozesse finden somit zwischen den unterschiedlichen Phasen des Innovationsprozesses, zwischen verschiedenen Akteuren und zwischen einzelnen Abteilungen eines Unternehmens statt (Camagni 1991; Lundvall/Borrás 1999). Die Interaktion zwischen Anbieter und Nachfrager kann dabei über den gesamten Innovationsprozess wesentlich sein. Zusammenfassung 1. Unter einer Innovation wird die Markteinführung eines neuen oder deutlich verbesserten Produktes, eines Prozesses, einer Organisations- oder Marketingmethode verstanden. 2. Der Grad der Neuheit lässt sich in die drei Kategorien neu für die Organisation, neu für den Markt und neu für die Welt unterteilen. 3. Die Diffusion von Innovation wird wesentlich von der Nachfrage nach neuen Lösungen bestimmt. 4. Innovationsprozesse lassen sich angemessen durch Wechselwirkungen unterschiedlicher Akteure beschreiben. Zusammenarbeit und Netzwerke erweisen sich dabei als wesentliche Erfolgsfaktoren, um beispielsweise ein neues Produkt an die konkreten Bedarfe der Kunden anpassen zu können. 2.2 Innovation und Einkauf Die Bedeutung unterschiedlicher Akteure für die Innovationskraft von Volkswirtschaften und Regionen spiegelt sich in einer wachsenden Bedeutung des Einkaufs für innovative Unternehmen (Arnold/Kasulke 2007b). Dem Einkauf kommt dabei eine doppelte Funktion zu. Einerseits trägt die Beschaffung innovativer Produkte zur Innovationskraft der Unternehmen bei, andererseits kann eine anspruchsvolle Nachfrage der Kunden Innovationsimpulse auslösen. Bereits früh wurde auf die große Bedeutung von Zulieferern in der Automobilbranche hingewiesen (Sabel et al. 1991). Wachsende Anteile der Wertschöpfung wurden von den Autozulieferern erbracht. Enge und frühzeitige Kooperationen sichern dabei die bedarfsgerechte Entwicklung und sichere Versorgung. Die in der Automobilindustrie frühzeitig zu beobachtende Bedeutung der Zusammenarbeit spiegelt sich in der aktuellen Literatur über betriebswirtschaftliches Beschaffungsmanagement wider (etwa Arnold/Kasulke 2007b). Die Rolle der Beschaffung verschiebt sich demnach zunehmend von der reinen Sicherstellung der Versorgung hin zu einem wesentlichen Beitrag zur Wertschöpfung und Innovationsorientierung der Unternehmen. Einige wesentliche Unterscheidungen sind notwendig, um das Beschaffungsmanagement beschreiben zu können. Grundlegend wird nach operativer und strategischer Beschaffung unterschieden. Strategische Beschaffung zeichnet sich demnach dadurch aus, dass sie einer klaren Zieldefinition des Unternehmens folgt. Arnold und Kasulke (2007c, 15-19) machen für den Bereich der strategischen Beschaffung vier zentrale Aufgabenbereiche aus: (1) die Integrationsfähigkeit von 22

23 2 Theoretische Fundierung der Innovationsorientierung im öffentlichen Auftragswesen 2.2 Innovation und Einkauf neuen Produkten und Prozessen in die bestehenden Abläufe, (2) die Steigerung der Innovationsfähigkeit durch frühzeitige Einbindung von Lieferanten in den Entwicklungsprozess, um Zeitvorteile realisieren zu können. Das Erkennen und Nutzen des Innovationspotenzials von Lieferanten und die Setzung geeigneter Anreize für ihre Ausschöpfung ist dabei die zentrale Aufgabe der Beschaffung. Enge Kooperationen sichern dabei (3) vertikale Verbundvorteile, die durch die Bündelung der Nachfrage um (4) kollektive Verbundeffekte ergänzt werden können. Je nach Bedeutung für das Unternehmen und der Marktsituation ändert sich die Beschaffungsstrategie für einzelne Produkte. Arnold und Kasulke (2007c, 36-39) schlagen zur Beschreibung eine Unterteilung nach der Wertigkeit des Produktes sowie dem Versorgungsrisiko vor. Ähnliche Ergebnisse zeigen sich auch bei einer Unterscheidung nach den Dimensionen Beschaffungsvolumen und Geschäftsrelevanz (Heith et al. 2007: 48 f.). Folgt man der erstgenannten Unterscheidung ergibt sich die in Abbildung 2-03 dargestellte Vier-Felder-Matrix zur Produkt-Markt-Positionierung. Abb. 2-03: Vier-Felder-Matrix zur Produkt-Markt-Positionierung Wertigkeit Niedrig: billig Hoch: starke Hebelwirkung Versorgungsrisiko Hoch Niedrig Versorgung gewährleisten: etwa durch Lagerhaltung (kaum Kapitalbindung aufgrund geringer Wertigkeit) Effizient abwickeln: zumeist standardisierte Verbrauchsgüter (etwa Büroartikel); Orientierung an größtmöglicher Prozesseffizienz: routinehafte, automatisierte, unmittelbar durch Bedarfsträger veranlasste Bereitstellung etwa durch elektronische Kataloge Vertikale Zusammenarbeit: intensive Zusammenarbeit mit hohem Investitions- und Koordinierungsaufwand; Konzentration auf ein oder zwei Lieferanten mit langfristiger Bindung Marktpotenziale ausschöpfen: aktives (aggressives) Beschaffungsmanagement zur Ausnutzung der Marktkräfte (Wettbewerb zwischen Lieferanten), ggf. Stärkung der Marktmacht durch Nachfragebündelung Quelle: Arnold/Kasulke 2007c Bei niedrigem Versorgungsrisiko und geringer Wertigkeit der Produkte (linkes unteres Feld) steht die Effizienz bei der Abwicklung der Verfahren im Mittelpunkt. Aufgrund der geringen Wertigkeit und des damit verbundenen geringen Gesamtvolumens lassen sich bei solchen Produkten keine nennenswerten Einsparungen erzielen. Zudem reichen für die Sicherstellung der Funktionsweise der Produkte etablierte Qualitätskriterien, die sich standardisiert überprüfen lassen. Kosteneinsparungen und Effizienzgewinne lassen sich hier in erster Linie durch die Optimierung der Einkaufsprozesse selbst erzielen. Bei eindeutig beschreibbaren und standardisierten Verbrauchsgütern bieten beispielsweise elektronische Kataloge eine Möglichkeit, den mit der Beschaffung verbundenen Aufwand so gering wie möglich zu halten. Rahmenverträge können zudem durch entsprechende Nachfragebündelung für geringe Einkaufskosten sorgen, wobei Einkaufspreis und Beschaffungsaufwand gleichzeitig minimiert werden. Andere Formen der vollständigen elektronischen Abbildung von Beschaffungsvorgängen bieten ebenfalls Potenziale für die effiziente Abwicklung von Beschaffungsvorgängen (Arnold/Kasulke 2007c: 33). Besteht demgegenüber ein nennenswertes Versorgungsrisiko bei weniger wertigen Produkten (linkes oberes Feld), steht die Sicherung der Versorgung im Mittelpunkt. Lagerhaltung kann hier 23

24 2 Theoretische Fundierung der Innovationsorientierung im öffentlichen Auftragswesen 2.2 Innovation und Einkauf ebenso angeraten sein, wie langfristige Lieferverträge. Die Erzielung geringer Einkaufspreise spielt dabei eine nur untergeordnete Rolle. Das genau entgegengesetzte Bild zeigt sich bei geringem Versorgungsrisiko und hoher Wertigkeit (rechtes unteres Feld). Aufgrund der hohen Wertigkeit steht hier die Erzielung möglichst geringer Einkaufspreise im Mittelpunkt. Die mit dem geringen Versorgungsrisiko verbundene große Anzahl von Anbietern erlaubt es dem Einkauf, die vorhandene Konkurrenz aktiv auszunutzen. Gelingt es darüber hinaus, Nachfrage zu bündeln, kann der Einkäufer auf dem umkämpften Markt entsprechende Marktmacht auf sich vereinen. Neben der Realisierung von Einsparungen lassen sich dadurch etwa auch höhere Qualitätsstandards durchsetzen. Das verbleibende Feld hohen Versorgungsrisikos und hoher Wertigkeit (oben rechts) ist für die Frage nach dem Einkauf von Innovationen besonders relevant. Produkte mit hoher Wertigkeit, die eine beträchtliche Hebelwirkung für das Unternehmen entfalten können, bedürfen einer besonderen Sorgfalt bei der Auswahl. Hier bietet sich eine intensive vertikale Zusammenarbeit mit den Lieferanten an. Die gemeinsame Entwicklung neuer Produkte kann dabei mit beträchtlichen Investitionen verbunden sein, zudem gehen komplexe Vorhaben mitunter mit einem hohen Koordinationsaufwand einher. Solche Kooperationen sollten daher auf Dauer gestellt sein, damit spezifisches Wissen nicht verloren geht und der anfängliche Aufwand durch langfristige Kooperationsgewinne kompensiert werden kann. Die vorgeschlagene Matrix erweist sich dabei keineswegs als undurchlässig. Vielmehr kann der konkrete Bedarf wiederum von strategischen Entscheidungen der Organisation abhängen. Während beispielsweise die Beschaffung von Papier als Routinebeschaffung geringwertiger Produkte auf einem stark umkämpften Markt angesehen werden kann, ist die Umstellung auf ein papierloses Büro unter anderem mit der Einführung entsprechender Archivierungssoftware verbunden. Solche Softwarelösungen können nur von einer weit geringeren Zahl von wenigen Zulieferern angeboten werden. Zugleich entfaltet diese Umstellung eine hohe Hebelwirkung für nahezu alle Prozesse des Unternehmens. Dennoch bietet die Kategorisierung einen guten Ausgangspunkt für die unterschiedlichen strategischen Anforderungen an die Beschaffung. Dabei wird deutlich, dass die angemessene Organisation und Abwicklung des Beschaffungsprozesses maßgeblich von der Art des zu beschaffenden Produktes abhängt. Die Kategorisierung erlaubt weitere Rückschlüsse auf einige für eine erfolgreiche und innovationsorientierte Beschaffung wesentliche Ausgestaltungselemente. So ergibt sich die Kooperationsform neben den Marktgegebenheiten in erster Linie aus der Standardisierung der Produkte und dem notwendigen Produkt-Know-how (Eßig et al. 2007). Je weniger sich die erforderlichen Produkte standardisieren lassen und je mehr spezifisches Produkt-Know-how erforderlich ist, desto schwieriger wird die Versorgung sicherzustellen sein und desto eher bieten sich enge Kooperationsformen an. Je nach Kooperationsintensität wiederum bedarf es unterschiedlicher Formen des Beziehungsmanagements (Stölzle et al. 2007). Bei kurzfristigen Marktbeziehungen reichen Expost-Kontrollmechanismen aus, bei vertrauensvollen, auf Dauer angelegten Lieferbeziehungen könnten Anreizmechanismen von größerer Bedeutung sein. Ferner bedarf es gerade bei kritischen Produkten eines entsprechenden Risikomanagements, mit dem Transparenz über die vorhandenen Ausfallrisiken hergestellt werden kann (Conte et al. 2007). Eine weitere Frage betrifft die grundlegende Organisation des Einkaufs. Ob der Einkauf zentral oder dezentral organisiert sein sollte, hängt von zahlreichen weiteren Faktoren ab, die sich mit transaktionskostentheoretischen Überlegungen untersuchen lassen (Arnold/Kasulke 2007a, 61-65). Nachfragebündelung zur Erzielung von Marktmacht sowie die Gewährleistung einer professionellen Abwicklung sprechen für eine zentrale Lösung. Das Wissen über den konkreten Bedarf vor Ort sowie möglicherweise erforderliches Detailwissen über neue Lösungen sprechen für eine dezentrale Lösung. Zwischen beiden Polen lassen sich Mittelwege ausfindig machen, die mal eher zentralen und mal eher dezentralen Charakter haben. Rahmenverträge und Kaufhauslösungen wären dabei Beispiele für eher zentrale Lösung, dezentrale Beschaffungsstellen mit einer einheitlichen Serviceeinheit zur Unterstützung betonen demgegenüber eher die dezentrale Struktur. 24

25 2 Theoretische Fundierung der Innovationsorientierung im öffentlichen Auftragswesen 2.3 Besonderheiten des öffentlichen Einkaufs von Innovationen Zusammenfassung 1. Beschaffung nimmt einen immer größer werdenden Stellenwert für die Wertschöpfung und die Innovativität von Unternehmen ein. 2. Die angemessene Beschaffungsstrategie ergibt sich stark aus dem jeweiligen Produkt sowie der zugehörigen Marktstruktur. 3. Je kritischer das Produkt für die Arbeit des Unternehmens, desto intensiver sollte die Zusammenarbeit mit den Lieferanten ausgestaltet sein. Dabei spielen Fragen der Einkaufsorganisation, des Beziehungs- und des Risikomanagements eine wesentliche Rolle. 4. Neben einer rein dezentralen und einer vollständig zentralisierten Organisation der Beschaffung lassen sich Mischformen finden, die möglicherweise die Vorteile beider Formen verbinden können. 2.3 Besonderheiten des öffentlichen Einkaufs von Innovationen Die vorangegangenen Unterkapitel haben gezeigt, dass Nachfrage ein starker Treiber für Innovationen sein kann. Zudem wurde aufgezeigt, welche Elemente der Beschaffungsorganisation für den Einkauf von Innovationen von besonderer Relevanz sind. Die für die Privatwirtschaft entwickelten Überlegungen lassen sich grundsätzlich auch auf den öffentlichen Einkauf übertragen. Dabei sind jedoch Besonderheiten des Einkaufs der öffentlichen Hand zu berücksichtigen, auf die in diesem Unterkapitel eingegangen wird. Der öffentlichen Hand kommt eine beträchtliche Bedeutung als Nachfrager auf den Märkten zu. Zum einen beschaffen Bund, Länder, Kommunen, Zweckverbände, Sozialversicherungen und öffentliche Fonds, Einrichtungen und Unternehmen alljährlich Waren und Dienstleistungen im Wert von dreistelligen Milliardenbeträgen. Auf einigen Märkten generiert die öffentliche Hand wesentliche Teile der Nachfrage oder tritt, wie etwa im Bereich Verteidigung, als monopolistischer Nachfrager auf. Zum anderen gehen vom staatlichen Einkauf beträchtliche Innovationsimpulse aus, wie eine Reihe von Studien für verschiedene Länder zeigt. Für Kanada wurde die Rolle des Staates als Lead User beobachtet. Ein Viertel aller Marktneuheiten wurden hier als erstes vom Staat genutzt (Dalpé et al. 1992). In Finnland gingen zwischen 1984 und 1998 rund die Hälfte aller Innovationen auf den Einfluss staatlicher Beschaffung und Regulierung zurück (Edler/Georghiou 2007). Die militärische Nachfrage war für die Hälfte der Innovationen in der US-amerikanischen Computerindustrie verantwortlich (Dertouzos 1997). Auch für Deutschland wurden jüngst beträchtliche Innovationsimpulse berichtet. Speziell für kleine und mittlere Betriebe, die über vergleichsweise geringe Budgets für Forschung und Entwicklung verfügen, wurde eine signifikante Förderung der Innovationstätigkeit durch öffentliche Nachfrage beobachtet (Aschhoff/Sofka 2009). Noch bis vor wenigen Jahren war öffentliche Beschaffung als Instrument der Innovationspolitik in Deutschland noch kein politisches Thema (Edler/Bührer 2007: 154). Inzwischen finden Fragen der nachfrageorientierten Innovationspolitik jedoch wachsende Berücksichtigung und Möglichkeiten der Nutzung dieses Instrumentes werden europaweit diskutiert (Bodewes et al. 2009). Öffentlicher Beschaffung kommt im Rahmen nachfrageorientierter Innovationspolitik dadurch eine besondere Rolle zu, dass die öffentliche Hand direkten Einfluss auf die Nachfrage ausüben kann. Darüber hinaus kann die öffentliche Hand auf vielfältige Weise auf die private Nachfrage einwirken (Überblick bei: Edler 2007: 58 f.). Staatliche Regulierung bietet hierfür ein anschauliches Beispiel. Etwa durch die Setzung von Produktanforderungen wie Sicherheitsstandards und die Schaffung von Rechtssicherheit können starke Impulse für die private Nachfrage nach innovativen Lösungen ausgehen (Blind 2007). Bezogen auf einzelne Technologien wie etwa der Brennstoffzelle lassen sich das Ineinandergreifen und das zeitliche Wechselspiel der einzelnen angebots- und nachfrageorientierten Politikinstrumente nachzeichnen (Wengel 2007). 25

26 2 Theoretische Fundierung der Innovationsorientierung im öffentlichen Auftragswesen 2.3 Besonderheiten des öffentlichen Einkaufs von Innovationen Die große Bedeutung öffentlicher Nachfrage für Innovationen führen Edeler et al. (2005: 14) auf fünf Überlegungen zurück: (1) Die öffentliche Hand tritt oftmals als voraussetzungsvoller Nachfrager auf. So erfordern soziale Bedarfe oftmals innovative Lösungen, die mit Anstrengungen im Bereich Forschung und Entwicklung verbunden sind. Die öffentliche Hand tritt daher häufig als Lead User auf. (2) Sind die Bedarfe mit prioritären politischen Zielen verknüpft, erlaubt dies tendenziell höhere Preise. Dadurch können Produkte beschafft werden, die sich in frühen Produktzyklen befinden. (3) Gemeinsamer Einkauf kann besonders bei jungen Technologien zu kritischen Massen führen, wodurch das Innovationsrisiko für die Anbieter sinkt. (4) Öffentliche Nachfrage ist mit einer Signalwirkung für private Nachfrager verbunden. Wenn die öffentliche Hand neue Produkte erfolgreich einsetzt, erhöht dies die Wahrscheinlichkeit, dass auch private Nachfrager auf die neuen Lösungen zurückgreifen. (5) Im Gegensatz zur Förderung von Forschung und Entwicklung führt Beschaffung direkt zum Aufbau von Produktionskapazitäten. Die Auflistung zeigt, dass öffentliche Nachfrage an allen oben beschriebenen Punkten des Innovationsprozesses als Impulsgeber wirken kann. Sowohl für die Neuentwicklung von Waren und Dienstleistungen als auch für die Diffusion von Neuerungen kommt der öffentlichen Hand eine wichtige Bedeutung zu. Die anspruchsvollen Bedarfe tragen zur Entwicklung neuer Lösungen bei, die im Rahmen des Pre-Commercial Procurement (PCP) (Europäische Kommission 2007b) entwickelt werden. Beinhalten diese zuvor nicht am Markt verfügbaren Neuerungen wesentliche technologische Neuerungen, spricht die Literatur von Public Technology Procurement (PTP) (Edquist et al. 2000b: 5). Bei vollkommen neuartigen Produkten kommt die Beschaffung direkt der Forschungs- und Entwicklungsaktivität der Zulieferer zugute. Die Diffusion von bereits am Markt befindlichen Neuerungen wird durch zwei Mechanismen unterstützt. Zum einen erlauben politische Zielsetzungen höhere Preise, die eine frühe Übernahme der Neuerung erlauben. Die öffentliche Hand kann bei entsprechend prioritären politischen Zielsetzungen als Early Adopter auftreten und die Innovationsdiffusion bereits in frühen Phasen des Produktzyklus unterstützen (Edquist et al. 2000b: 58 f.). Zum anderen führen die großen Gesamtvolumina und die Signalwirkung an private Nachfrager zur Schaffung kritischer Massen und zur möglichen Marktbeeinflussung. Jede Innovation ist notwendig mit Unsicherheiten behaftet. Während bei bestehenden Lösungen Schwächen und Stärken bekannt sind und auf eigene Erfahrung zurückgegriffen werden kann, lassen sich die Schwachstellen neuer Lösungen nicht ohne weiteres erkennen. Vollständig neu entwickelte Produkte können möglicherweise nicht die mit ihnen verbundenen Erwartungen erfüllen. Zeitliche Verzögerungen und unerwartete Kostensteigerungen stellen weitere Risiken dar, die den Erfolg des Vorhabens beeinträchtigen können. Schließlich können hochinnovative Vorhaben auch vollständig scheitern. Entsprechende Risikomanagementsysteme helfen, diese technischen Risiken transparent zu machen (Conte et al. 2007). Dabei liegt das Risiko auf beiden Seiten der Beschaffung. Nicht nur die öffentliche Hand, auch die Zulieferer sehen sich entsprechenden technischen Risiken gegenüber (Edler et al. 2005: 32-38). Je nach Ausschreibung und Vertragsgestaltung lässt sich das Innovationsrisiko zwischen beiden Partnern unterschiedlich aufteilen. Die Frage nach einer angemessenen Risikoverteilung beschränkt sich keineswegs auf innovative Vorhaben, sondern spielt in allen Ausschreibungen eine wichtige Rolle. So können funktionale Elemente in der Leistungsbeschreibung für die Bieter mit schwer kalkulierbaren Kostenpositionen verbunden sein. Auch Rahmenverträge sind mit Unsicherheiten für die Lieferanten behaftet, da die vereinbarten Mengen über einen bestimmten Zeitraum abrufbereit vorgehalten werden müssen. Zugleich besteht auch bei konventionellen Vorhaben ein Ausfallrisiko für die öffentliche Hand, wenn der Lieferant seinen Verpflichtungen nicht nachkommt. Handelt es sich bei der Risikoverteilung um einen generellen Aspekt von Beschaffungsvorgängen, zeigen sich bei der öffentlichen Hand einige Besonderheiten. Grundsätzlich ist die öffentliche Hand eher in der Lage, entsprechende Risiken zu übernehmen. Insbesondere wenn die Beschaffung eng mit politischen Zielen verknüpft ist, wird die Bereitschaft zur Übernahme der Risiken entsprechend groß sein. Dieser Bereitschaft zur Risikoübernahme sind allerdings durch das Gebot 26

27 2 Theoretische Fundierung der Innovationsorientierung im öffentlichen Auftragswesen 2.3 Besonderheiten des öffentlichen Einkaufs von Innovationen der zuverlässigen und wirtschaftlichen Bedarfsdeckung Grenzen gesetzt. Zugleich eröffnen sich neue Risiken, die sich aus der rechtlichen Rahmung sowie aus der Heterogenität der Stakeholder ergeben. Beide Aspekte bedürfen der genaueren Betrachtung. Bei der Beschaffung der öffentlichen Hand handelt es sich um einen stark verrechtlichten Bereich. Beginnend mit den europäischen Richtlinien 2004/17/EG und 2004/18/EG über den vierten Teil des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen, die Vergabeverordnung, die Verdingungsverordnungen und den Bestimmungen der einzelnen Gebietskörperschaften und Einrichtungen dient der kaskadenförmige Aufbau des Vergaberechts in erster Linie dem Ziel, Bieter vor Diskriminierung zu schützen. Bieterschutz durch diskriminierungsfreien Zugang zu öffentlichen Verfahren in transparenten Verfahren stellt also das oberste Ziel der Gesetzgebung dar. Das Ziel einer wirtschaftlichen Bedarfsdeckung lässt sich daher am ehesten durch einen Preiswettbewerb auf Konkurrenzmärkten erzielen. Stellten Edquist et al. (2000a: 307 f.) noch fest, dass die EU-Vergaberegeln einseitig auf einen Preiswettbewerb zielten, wurden die Regelungen inzwischen um zuvor als vergabefremd bezeichnete Aspekte ergänzt. Die Berücksichtigung nachhaltiger und sozialer Aspekte, die oftmals mit innovativen Lösungen verknüpft sind, wird durch entsprechende Handbücher und Initiativen unterstützt. 1 Dennoch stellt die rechtliche Rahmung auf der Ebene der Beschaffungsstelle eine bedeutende Quelle für Risiken der Beschaffungsstelle dar. Das Vergaberecht hat einen hohen Komplexitätsgrad erreicht, so dass etwa das Risiko von Nachprüfungsverfahren einen beträchtlichen Grad erreicht hat. So wurden im Jahr 2008 bereits Nachprüfungsanträge bei europaweiten Verfahren gestellt (Kramer/André 2009). Die mögliche Zuschreibung von Verfahrensfehlern auf die Beschaffungsverantwortlichen erweist sich dabei als organisationales Risiko. Die routinierte Beschaffung konventioneller Produkte erscheint vor diesem Hintergrund für die Beschaffungsstelle sinnvoll, um mögliche Sanktionen zu vermeiden. Zudem erweist sich alleine die Möglichkeit, dass Korruptionsvorwürfe aufkommen könnten, als mächtiges Instrument der Selbstbeschränkung (Otter et al. 2007: 100). Zusammen mit dem Primat des diskriminierungsfreien Zugangs steht dieses Risiko dem Eingehen von Entwicklungskooperationen im Wege, die für die Wirtschaft typisch sind. Die Berücksichtigung der Interessenlage der Beschaffungsstelle verweist auf eine zweite, für die öffentliche Beschaffung wesentliche Besonderheit: Die Heterogenität der im Prozess beteiligten Stakeholder (Edler et al. 2005: 39-46). Während sich private Nachfrager eher als monolithisch auffassen lassen, können die Interessen der an der Beschaffung Beteiligten in öffentlichen Einrichtungen deutlich divergieren. Das Auseinanderfallen von Beschaffungs- und Betriebsverantwortung liefert hierfür ein augenscheinliches Beispiel. Wird etwa der Neubau einer Immobilie aus dem Investitionshaushalt finanziert, hat die Beschaffungsstelle ein großes Interesse an einem möglichst geringen Einkaufspreis. Die Betriebskosten spielen bei dieser Entscheidung zunächst keine große Rolle. Bei der Betreiberverantwortung liegt demgegenüber ein starkes Interesse möglichst geringer Betriebskosten. Diese werden bei kameraler Haushaltsführung aus dem allgemeinen Sachhaushalt erbracht. Erst die Zusammenführung beider Aspekte in der Berechnung der Lebenszykluskosten, die sich besonders bei langfristigen Investitionen wie Immobilien anbietet, führt zu einer insgesamt optimalen Lösung. 1 Das Spektrum der Publikationen und Initiativen im Bereich Green Procurement hat eine kaum mehr zu überblickende Vielfalt erreicht. So lassen sich detaillierte Rechtsgutachten über die Berücksichtigung von Nachhaltigkeitskriterien in den einzelnen Verfahrensschritten von Vergabeverfahren (Dross, Dageförde et al. 2008) ebenso finden wie Hilfestellung und Musterleistungsbeschreibungen für die umweltfreundliche Beschaffung konkreter Produktgruppen und Dienstleistungskategorien (BMU/Umweltbundesamt 2006; Dross, Hermann et al. 2008; Bitkom et al. 2009a, 2009b; Umweltbundesamt 2009). Ausführliche Kostenvergleiche zwischen umweltfreundlichen und konventionellen Produkten finden sich ebenso wie Arbeiten zu Aspekten der Beschaffungsorganisation und Fallbeispiele von Umweltinnovationen (Defranceschi/Hidson 2007; Rüdenauer et al. 2007; Tepper 2007). Auch Handbücher für den Einkauf von Umweltinnovationen lassen sich inzwischen finden (Clement et al. 2009). 27

28 2 Theoretische Fundierung der Innovationsorientierung im öffentlichen Auftragswesen 2.3 Besonderheiten des öffentlichen Einkaufs von Innovationen Die Betrachtung der öffentlichen Wertschöpfung liefert den Hintergrund für die Vielfalt beteiligter Stakeholder (vgl. Abbildung 2-04). Kern et al. (2009: ) unterscheiden grundlegend zwischen politischer und betrieblicher Steuerungsebene. Auf der politischen Steuerungsebene wird der wahrgenommene gesellschaftliche Bedarf in politische Ziele überführt. Maßnahmenpläne sollen die Umsetzung dieser Ziele sicherstellen. Wesentliches politisches Erfolgskriterium ist es dabei, die Maßnahmen so effektiv wie möglich umzusetzen. Effizienzgesichtspunkte spielen allenfalls in soweit eine Rolle, als dass sie den politischen Handlungsspielraum durch die Freisetzung von Ressourcen erweitern. Die eigentliche Umsetzung der Maßnahmen erfolgt auf der betrieblichen oder organisationalen Steuerungsebene. Wichtigstes Erfolgskriterium ist dabei die Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung. Das Verhältnis von Input zu Output, das sich auch als Effizienz im engeren Sinne bezeichnen ließe, ist die wesentliche Zielgröße dieser Ebene. Ob durch die wirtschaftliche Leistungserbringung auch durch die Maßnahmen anvisierte Ziele erreicht werden, ist dabei zunächst weniger bedeutsam. Die Struktur der öffentlichen Wertschöpfung begünstigt also bereits das Auseinanderfallen von politischen und operativen Zielen. Abb. 2-04: Öffentliche Wertschöpfung und ihre Ziele Die politische Einflussnahme auf den öffentlichen Einkauf erstreckt sich nicht nur auf die Definition der Zielvorgaben, sondern kann tief in das operative Geschäft eingreifen. Entsprechend schwierig gestaltet sich die isolierte Bewertung der Beschaffungsorganisation (Murray 2009). Auch für die interne Verwaltungsorganisation lassen sich Stakeholder mit unterschiedlichen Interessen und Kenntnissen ausfindig machen. Nutzer können etwa an Gebäude ganz andere Anforderungen stellen als die den Beschaffungsprozess in Gang setzenden Bedarfsträger: Besucher eines Schwimmbades werden ganz andere Wünsche äußern als das für die Errichtung verantwortliche Hochbauamt. Auch wenn Bedarfsträger und Nutzer zusammenfallen, können die formulierten Anforderungen sehr unterschiedlich ausfallen. Mögen die einen auf bewährte Produkte zurückgreifen wollen, werden technische Abteilungen für Spezialaufgaben eher an den fortschrittlichsten Produkten interessiert sein. Hinzu kommen die strategischen Vorgaben der Verwaltungsleitung, Interessen der Haushaltsabteilung, die Notwendigkeiten der operativen Abwicklung bei der Beschaffungsstelle und möglicherweise zusätzlicher Beratungsbedarf durch die Rechtsabteilung, die jeweils unterschiedliche Aspekte betonen können. Aus der Heterogenität der Stakeholder bei öffentlichen Beschaffungsprozessen ergibt sich eine doppelte Konsequenz für den Einkauf von innovativen Lösungen. Zum Ersten bedarf es einer intensiven Zusammenarbeit über den gesamten Beschaffungsprozess mit klaren Zuständigkeiten (Edler et al. 2005: 39-46). Je riskanter ein Vorhaben ist, desto wichtiger ist politische Absicherung und juristische Unterstützung der Beschaffungsstelle. Die Begleitung von Experten mit entsprechendem technischem Sachverstand ist dabei für innovative Vorhaben wesentlich. Zum Zweiten 28

29 2 Theoretische Fundierung der Innovationsorientierung im öffentlichen Auftragswesen 2.4 Innovationsorientierung im öffentlichen Einkauf müssen für die Steigerung der Innovationsorientierung alle am Beschaffungsprozess Beteiligten berücksichtigt werden. Die zentrale Frage ist dabei, wie entsprechende Anreize sowohl auf Seiten der öffentlichen Hand, als auch auf Seiten möglicher Zulieferer gesetzt werden können. Zusammenfassung 1. Öffentliche Nachfrage bietet aufgrund des Volumens sowie der anspruchsvollen Bedarfe ein enormes Potenzial, Innovationsprozesse zu verschiedenen Zeitpunkten im Produktzyklus zu fördern. 2. Die Verteilung des technischen Risikos zwischen öffentlicher Einrichtung und Zulieferer ist für innovative Vorhaben von besonderer Bedeutung. Aber auch die rechtlichen und organisationsinternen Risiken für die Beschaffung müssen in Betracht gezogen werden. 3. Der rechtliche Rahmen zielt auf den Bieterschutz durch diskriminierungsfreien Zugang in transparenten Verfahren. Die Ausnutzung von Preiskonkurrenz wird dadurch gefördert, Entwicklungspartnerschaften werden erschwert. 4. Öffentliche Beschaffungsprozesse zeichnen sich durch eine große Heterogenität der Stakeholder aus. Innovationsorientierung erfordert daher eine intensive Zusammenarbeit und die Berücksichtigung der Interessen aller Beteiligten. 2.4 Innovationsorientierung im öffentlichen Einkauf Die Besonderheiten öffentlicher Beschaffung haben gezeigt, dass die Innovationsorientierung von einer Vielzahl von Einflussfaktoren abhängt. Grundlegend ist dabei zwischen innovativen Vergabeprozessen in Verwaltungen (BMWi/BME 2006) und der Orientierung hin zur Beschaffung innovativer Waren und Dienstleistungen (BMWA 2007) zu unterscheiden. Die innovative Ausgestaltung von Beschaffungsprozessen zielt in erster Linie auf Effizienzsteigerungen. Elektronische Abwicklung von Verfahren und betriebswirtschaftliche Instrumente sind hier von zentraler Bedeutung. Aspekte innovativer Beschaffungsprozesse werden im nachfolgenden Unterkapitel dargestellt. Dieses befasst sich mit den Möglichkeiten, die Orientierung des Einkaufs hin zur verstärkten Berücksichtigung von innovativen Lösungen zu steigern. Innovationsorientierung wird hier als Instrumentarium aufgefasst, den Einkauf von Innovationen zu flankieren und zu fördern. In der Literatur lassen sich umfangreiche Empfehlungen für die Ausgestaltung der Einkaufsorganisation finden. Edquist et al. (2000a: 304 f.) führen etwa die Einrichtung von flexiblen und schnell entscheidenden Vergabestellen mit entsprechenden Kompetenzen, den Aufbau technischer Kompetenz durch Personalrekrutierung, Fortbildung und externe Kooperationen sowie den Aufbau von Organisationskompetenz an. Die Allgemeinheit der Empfehlungen deutet bereits auf die Komplexität und Interdependenz der Einflussfaktoren. Konkrete Richtlinien für die Ausgestaltung einer innovationsorientierten Beschaffung lassen sich also nur schwer generalisieren. Vielmehr hängt die Ausgestaltung vom Organisationsumfeld, den Marktstrukturen sowie von der Art der nachgefragten Lösung ab. Um sich der Frage einer verstärkten Innovationsorientierung zu nähern, bedarf es daher einer Differenzierung nach mindestens zwei Dimensionen. Die erste Dimension ergibt sich aus der Art des nachgefragten Produktes. Wie bereits für den Einkauf insgesamt beschrieben (vgl. Abbildung 2-03), hängt die Wahl der angemessenen Beschaffungsmethoden wesentlich davon ab. Die im Kontext der Innovationsorientierung wichtigste Unterscheidung betrifft den Innovationsgrad der Produkte. Die reguläre Beschaffung konventioneller Produkte stellt deutlich andere Anforderungen an Organisation und Verfahren, als die Beschaffung neu auf dem Markt erhältlicher Waren und Dienstleistungen, die wiederum mit anderen Anforderungen als die Entwicklung neuartiger Lösungen verbunden ist. Die zweite Dimension ergibt sich aus der betrachteten Analyseebene. Sowohl rechtliche und ökonomische Rahmenbedingungen auf der Makroebene erweisen sich als 29

30 2 Theoretische Fundierung der Innovationsorientierung im öffentlichen Auftragswesen 2.4 Innovationsorientierung im öffentlichen Einkauf relevant, als auch die Beschaffungsorganisation auf der Mesoebene und die Ausgestaltung der Verfahren auf der Mikroebene. Beide Dimensionen bedürfen einer kurzen Betrachtung. Die Makroebene wird im Wesentlichen durch die rechtlichen Rahmenbedingungen sowie durch die jeweils relevante Marktstruktur bestimmt. Darüber hinaus können politische Initiativen und Projekte von Verbänden einen wichtigen Beitrag für die Ausrichtung öffentlicher Beschaffung leisten. Sowohl die Bestimmung politischer Zielsetzungen, die Einfluss auf die Beschaffungsstrategie ausüben können, als auch konkret die Weiterentwicklung der Vergabepraxis kann sich auf die Beschaffungspraxis öffentlicher Einrichtungen auswirken. Hinzu kommen die Vergabestellen und die Charakteristika der von ihnen veranlassten Vergabeverfahren. Die rechtlichen und politischen Rahmenbedingungen geben dabei den Möglichkeitsraum wieder, innerhalb dessen sich die Vergabestellen bewegen und ihre Vergabeverfahren ausgestalten können. Welche Instrumente und Vorgehensweisen zu einer stärkeren Innovationsorientierung öffentlicher Vergabe beitragen können, hängt maßgeblich von der Art des nachgefragten Produktes ab. Am Beispiel der Zuschlagskriterien für die Neuinstallation von Beleuchtungen lässt sich dieses Phänomen anschaulich beschreiben. Handelt es sich um ein Produkt der regulären Beschaffung, dem entsprechend keine strategische Bedeutung für die Arbeit der Einrichtung zukommt, kann die Art der Wirtschaftlichkeitsbetrachtung einen wesentlichen Hebel für eine stärkere Innovationsorientierung darstellen. Werden bei Beleuchtung nicht mehr der Anschaffungspreis, sondern die Lebenszykluskosten zugrunde gelegt, geht dies mit der verstärkten Nachfrage nach am Markt etablierten, energiesparenden Beleuchtungstechniken einher. Die Anschaffung von Energiesparstatt konventioneller Leuchtmittel könnte eine Folge dieser Umstellung sein. Neuere Beleuchtungstechniken wie etwa LEDs erweisen sich jedoch möglicherweise auch bei einer Lebenszyklusbetrachtung noch als teurer denn handelsübliche Energiesparleuchten. Zielt die Beschaffung auf eine langfristig vorteilhafte, zum Beschaffungszeitpunkt jedoch möglicherweise noch nicht wirtschaftliche Technik, bedarf es also zusätzlicher Anreize, die etwa durch politische Zielsetzungen der Verwaltungsleitung oder auch durch entsprechende Wettbewerbe motiviert sein können. Der vom BMBF ausgelobte Wettbewerb Kommunen in neuem Licht 2 kann als gutes Beispiel für einen solchen Wettbewerb angesehen werden. Die vorgeschlagenen Kategorien erweisen sich nicht als vollständig disjunkt. Der Innovationsgrad der nachgefragten Produkte kann durch geringfügige Änderungen in der Leistungsbeschreibung zwischen den Kategorien schwanken. Gerade bei funktionalen Beschreibungen und Nebenangeboten lässt sich zudem im Vorhinein nicht eindeutig bestimmen, welche Produkte sich letztlich durchsetzen. So kann sowohl ein preiswertes, konventionelles Produkt den Zuschlag erhalten, als auch eine vollständige Neuentwicklung, die zuvor noch nicht bedacht wurde. Trotz der Einschränkungen liefert das Analyseraster eine Grundlage für die Bewertung von Instrumenten der Innovationsförderung. Dabei erlaubt die Berücksichtigung des Innovationsgrades die Aufdeckung teils kontrovers diskutierter Wirkungszusammenhänge. So bedeutet eine effiziente Abwicklung von Verfahren alleine noch keineswegs eine verstärkte Innovationsorientierung. Eine effiziente Abwicklung regulärer Beschaffungsvorgänge schafft jedoch möglicherweise Freiräume, die eine intensive Auseinandersetzung mit einzelnen komplexen, innovativen Vorhaben erlauben. Solche Zusammenhänge verweisen zugleich auf die Bedeutung der Analyseebene, da die Möglichkeiten zur Abwicklung komplexer Verfahren (Mikroebene) von der Organisation und effizienten Verfahrensabwicklung der Beschaffungsstellen (Mesoebene) abhängen kann. Zur Gliederung der Elemente einer verstärkten Innovationsorientierung wird hier auf einen idealtypischen Beschaffungsprozess zurückgegriffen. Der Ablauf der Vergabeverfahren, wie er etwa vom Beschaffungsamt des Bundesministeriums des Innern (2009: 27) beschrieben wird, liefert hierfür den Nukleus, der um vor- und nachgelagerte Elemente ergänzt wird. Die Darstellung be : 30

31 2 Theoretische Fundierung der Innovationsorientierung im öffentlichen Auftragswesen 2.4 Innovationsorientierung im öffentlichen Einkauf ginnt daher mit der strategischen Ausrichtung der Beschaffung und schließt mit dem Monitoring der eigenen Vergabepraxis. Beschaffungsstrategie Die Bedeutung der Beschaffung zur Erfüllung ihrer Aufgaben divergiert bei verschiedenen öffentlichen Einrichtungen stark. Während bei allgemeinen Verwaltungen die Beschaffung eine nur untergeordnete Rolle spielt und der größte Anteil der Wertschöpfung durch die Einrichtungen selbst erzielt wird, besteht in anderen Bereichen wie etwa der Bau- und Liegenschaftsverwaltung ein beachtlicher Teil der Aufgaben in der effizienten Vergabe von Mitteln. Die zunehmende Auslagerung bestimmter öffentlicher Aufgaben auf private Dienstleister wird hier deutlich (s. a. Kapitel 4.2.1). Die Aufgaben der öffentlichen Einrichtungen beeinflussen somit wesentlich, welcher Stellenwert der Beschaffung zukommt. Einrichtungen mit beträchtlichen Anteilen des Einkaufs an ihrer Wertschöpfung werden eher geneigt sein, sich mit der strategischen Positionierung ihres Einkaufs am Markt auseinander zu setzen. Aber auch bei Einrichtungen mit geringen Anteilen des Einkaufs an der Wertschöpfung lassen sich unterschiedliche organisationspolitische Priorisierungen des Themas beobachten. Ausgangspunkt für die Innovationsorientierung der öffentlichen Beschaffung ist daher die Entwicklung einer eigenen Beschaffungsstrategie und ihre konkrete Ausgestaltung. Die Professionalisierung des Einkaufs und die Ausschöpfung von Einsparpotenzialen sowohl bei den Beschaffungskosten als auch bei der Verfahrensabwicklung zählen bei nahezu allen Einrichtungen zu den wesentlichen Zielsetzungen. Damit gehen Fragen der Aus- und Weiterbildung der Beschaffungsverantwortlichen sowie der Struktur der Beschaffung einher. Darüber hinaus wird die Neuausrichtung des Einkaufs bei einigen Organisationen mit der expliziten Formulierung weitergehender Zielsetzungen wie sozialer, ökologischer oder innovativer Aspekte verbunden. Beschaffungsorganisation Die Professionalisierung der Beschaffungsorganisation geht mit einer zunehmenden Zentralisierung und einer wachsenden Bedeutung von Kooperationen zwischen den Beschaffungsstellen einher. Während die Struktur der öffentlichen Beschaffung in Deutschland traditionell stark dezentralisiert ausgestaltet ist, zeigen sich zunehmende Tendenzen zur Zentralisierung der Beschaffung in den einzelnen Einrichtungen, der gemeinsamen Beschaffung verschiedener Einrichtungen sowie des wachsenden Erfahrungsaustausches zwischen Beschaffungsstellen. Sowohl Zentralisierung und gemeinsamer Einkauf auf der einen, als auch Erfahrungsaustausch auf der anderen Seite können einen Einfluss auf die Innovationsorientierung haben. Die wachsende Zahl von Teilnehmern im Beschaffernetzwerk 3 deutet auf einen erheblichen Abstimmungs- und Informationsbedarf der einzelnen Stellen. Der Austausch reicht dabei von Erfahrungen zur Überbrückung akuter Versorgungslücken über die Diskussion von vergabepolitischen Fragen bis hin zum Austausch von Leistungsbeschreibungen. Angesichts des teils beträchtlichen Aufwandes zur Erstellung von Leistungsbeschreibungen liegt in diesem Austausch ein beträchtliches Potenzial, mit vergleichsweise geringem Aufwand neue Produkte auszuschreiben. Ein weiterer Vorzug liegt in der bereits beschriebenen Bündelung der Nachfrage mehrerer Einrichtungen. Die größere Nachfragemacht erleichtert die Beeinflussung des Marktes und die effiziente Abwicklung schafft Freiheitsgrade für den Einkauf strategisch bedeutsamer Produkte. Die effiziente Abwicklung bedeutet jedoch nicht zwangsläufig eine höhere Innovationsorientierung. So verweisen mehrere Autoren darauf, dass eine elektronische Abwicklung mit einer stärkeren Formalisierung einher geht und tendenziell für geringwertige und standardisierte Produkte geeignet ist (Arnold/Kasulke 2007c: 33; Schinzer et al. 2009: ). Ob Effizienzgewinne und verminderte Transaktionskosten also zu einer stärkeren Innovationsorientierung beitragen, hängt von weitergehenden Faktoren ab. Ähnliches gilt für die Kooperationen mit anderen Beschaffungs : 31

32 2 Theoretische Fundierung der Innovationsorientierung im öffentlichen Auftragswesen 2.4 Innovationsorientierung im öffentlichen Einkauf stellen, die ebenfalls die oben beschriebenen Beiträge zur Innovationsorientierung leisten können, jedoch auch auf die gemeinsame Beschaffung von Routineprodukten beschränkt bleiben können. Bedarfsfestlegung Die Beschaffungsorganisation beeinflusst die Abläufe zur Bedarfsfestlegung. Je stärker die Beschaffung zentralisiert wird, desto bedeutsamer werden interne Kooperationen zwischen Nutzern, Bedarfsträgern und Beschaffungsstellen. Unterbleibt die eingehende Abstimmung dieser zentralen Akteure, gehen möglicherweise Quellen für Innovationsimpulse verloren. Jede beteiligte Akteursgruppe kann ihre spezifischen Kenntnisse und Erfahrungen für eine Weiterentwicklung einbringen. So können die Nutzer Hinweise auf Benutzerfreundlichkeit und konkrete Schwächen bestehender Lösungen beisteuern, die Bedarfsträger werden in der Regel umfassende Erfahrungen mit bisherigen Produkten gesammelt haben und zugleich umfassende Kenntnisse über alternative, am Markt verfügbare Lösungen besitzen, während die Beschaffungsstellen die Vergabeverfahren entsprechend des spezifischen Bedarfs zuschneiden können. Interne Kooperationen bieten damit nicht nur das Potenzial, sondern zugleich eine notwendige Voraussetzung für eine innovationsorientierte Beschaffung, wobei bei kleineren, spezialisierten Einheiten die drei Funktionen gegebenenfalls zusammenfallen können. Darüber hinaus stellt die Art der Bedarfsformulierung eine Quelle für Innovationen dar. Werden konkrete Produkte ausgeschrieben, können die angebotenen Lösungen sich nur auf die Bereitstellung dieser Produkte beziehen. Zumeist erfüllen diese Produkte jedoch keinen Selbstzweck, sondern dienen der Befriedigung eines Bedarfes, der auch auf anderem Wege gedeckt werden könnte. Die Formulierung der Bedarfe statt konkreter Produkte schafft eine Offenheit für neue Lösungen. Das bereits angeführte Beleuchtungsbeispiel veranschaulicht diesen Aspekt. Die Formulierung eines produktunabhängigen Bedarfs respektive eines zu lösenden Problems spiegelt sich in der Erstellung der Leistungsbeschreibungen, die vermehrt funktionale Anforderungen an die zu erbringende Leistung umfassen. Marktbeobachtung Auch funktionale Anforderungen, besonders jedoch die Festlegung dezidierter konstruktiver Anforderungen, erfordern eine umfassende Kenntnis des relevanten Marktes. Die Möglichkeiten zur Erkundung relevanter Märkte sind vielfältig. Aufbauend auf den bereits gesammelten Erfahrungen kann das Marketing von Unternehmen ebenso bedeutsam sein wie die Beobachtung aktueller Entwicklungen durch das Studium von Publikationen und den Besuch von Tagungen. Vergaberechtliche Elemente wie der Aufruf zur Einreichung von Vorschlägen können ebenso auf neuartige Lösungen verweisen wie Hinweise von Nutzern. Dabei geht die Bewertung aktueller Marktentwicklungen mit beträchtlichen Anforderungen an die technische Kompetenz der Bedarfsträger und Beschaffungsstellen einher. Erneut wird dabei die Bedeutung interner und externer Kooperationen deutlich, mittels derer die unterschiedlichen Quellen für Innovationen genutzt und die verteilten Kompetenzen gebündelt werden können. Erstellung der Verdingungsunterlagen In die Erstellung der Verdingungsunterlagen fließen die Ergebnisse der durch Beschaffungsstrategie und -organisation beeinflussten Bedarfsfestlegung und Marktbeobachtung ein. Entsprechend lassen sich auch hier die bereits beschriebenen Elemente einer möglichen Steigerung der Innovationsorientierung wieder finden. Interne und externe Kooperationen, die Verbindung unterschiedlicher Kompetenzen und die Offenheit gegenüber neuen Lösungen durch die Formulierung von funktionalen Anforderungen sind hier zu nennen. Eine weitere Möglichkeit, eine hinreichende Offenheit gegenüber neuen Lösungen sicherzustellen, liegt in der Zulassung von Nebenangeboten. Auch bei dezidierter, konstruktiver Beschreibung der Anforderungen an die Produkte können so Angebote abgegeben werden, die die gleiche Funktion durch andere technische Lösungen erreichen. 32

33 2 Theoretische Fundierung der Innovationsorientierung im öffentlichen Auftragswesen 2.4 Innovationsorientierung im öffentlichen Einkauf Nur indirekt mit der Innovationsorientierung verbunden sind die Anforderungen an die Bieter, die ebenfalls in den Verdingungsunterlagen festgelegt werden müssen. Anforderungen an die technische Leistungsfähigkeit der Bieter können jedoch indirekt auf den Innovationsgrad der angebotenen Lösungen wirken. Referenzieren von Normen und Standards Neben der Zertifizierung spielen auch Normen und Standards eine wichtige Rolle für die Erstellung der Verdingungsunterlagen. Das im 6. EU-Rahmenprogramm geförderte Projekt STEPPIN (STandards in European Public Procurement leading to INnovation) 4 hat hierzu wesentliche Erkenntnisse erbracht (etwa Blind 2008). Normen und Standards können eine entscheidende Rolle für die Diffusion und Förderung von Innovationen spielen. Ihre Funktionsweise lässt sich auf drei wesentliche Wirkungen zurückführen: Kostensenkung, dynamische Innovationsimpulse und Risikoreduktion. Die drei Aspekte bedürfen einer kurzen Erläuterung (Blind 2009). Kostensenkungen durch das Referenzieren von Normen ergeben sich im Wesentlichen aus zwei Gründen. Zum einen können Normen und Standards vor allem im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologien die Interoperabilität der zu beschaffenden Produkte mit der existierenden Infrastruktur gewährleisten. Die korrekte Implementierung von Schnittstellen durch entsprechende Kompatibilitätsnormen reduziert Anpassungskosten oder stellt Adapterlösungen bei Inkompatibilitäten bereit. Zum anderen erhöhen Normen die internationale Wettbewerbsintensität und können damit Druck auf die Preisgestaltung der Anbieter ausüben, weil sie Produkte leichter vergleichbar machen. Aus einer dynamischen Perspektive fördert die Diffusion und Implementierung von Normen weitere Kostensenkungen, so dass auf der Anbieterseite weitere Ressourcen für Investitionen in Forschung und Entwicklung und auf der Seite öffentlicher Beschaffer ein größeres Budget für innovative Produkte und Produkteigenschaften verfügbar sind. Gerade das Referenzieren von neu veröffentlichten Normen fördert deren Diffusion und damit die Verbreitung der darin abgebildeten Technologien und der entsprechenden Produkte im Markt. Unter den an Öffentlichen Ausschreibungen beteiligten Unternehmen kann die Umsetzung der referenzierten Normen eine Innovation an sich bedeuten und dadurch auch die Innovationskapazität dieser Unternehmen stärken. Die skizzierten effizienzsteigernden Effekte wirken sich wiederum positiv auf die weitere Verbreitung von Normen in der öffentlichen Beschaffung aus. Der dritte Aspekt betrifft die Risikoreduktion. Grundsätzlich erleichtert die Verwendung von Normen im Beschaffungsprozess von der Planung, über die Selektion der Angebote und die Durchführung bis hin zur Ex-post-Evaluierung Öffentlicher Ausschreibungen öffentlichen Beschaffern ihr tagtägliches Geschäft. Zusätzlich zu den effizienzsteigernden Effekten sowohl für den Beschaffungsprozess als auch für die beschafften Produkte reduziert das Referenzieren von Normen die Risiken der öffentlichen Beschaffer hinsichtlich möglicher anfallender Zusatzkosten, aber auch bezüglich Gesundheits-, Umwelt- und Sicherheitsaspekten. Die Reduktion von solchen Unwägbarkeiten eröffnet Freiräume, innovativere Produkte und Dienstleistungen zu beschaffen. Die öffentliche Beschaffung solcher Waren hat wiederum positive Implikationen auch für deren Verbreitung im privaten Sektor. Wahl des Vergabeverfahrens Die Wahl des Vergabeverfahrens determiniert den weiteren Verlauf des Beschaffungsprozesses. Trotz der strikten rechtlichen Vorgaben deuten die spärlichen empirischen Ergebnisse darauf hin, dass beträchtliche Freiheitsgrade bei der Wahl des Verfahrens bestehen. Der rechtliche Vorrang sowie die ökonomischen und sozialen Vorzüge Öffentlicher Ausschreibungen führen nicht dazu, dass diese Verfahrensart am häufigsten gewählt wird (Otter et al. 2007). So zeigte auch eine Stu : 33

34 2 Theoretische Fundierung der Innovationsorientierung im öffentlichen Auftragswesen 2.4 Innovationsorientierung im öffentlichen Einkauf die im Bereich Tiefbau in den Städten Mannheim, Heidelberg und Karlsruhe die Dominanz Freihändiger Vergaben auf (Golembiewski/Migalk 2005: 55-58). Welches Vergabeverfahren für die Beschaffung von innovativen Produkten besonders geeignet ist, lässt sich pauschal kaum beantworten. Der durch EU-Recht eingeführte Wettbewerbliche Dialog kommt den Vorstellungen eines innovationsfördernden Beschaffungsverfahrens am nächsten. In diesem in erster Linie für sehr komplexe Vorhaben z. B. im Bau- oder IT-Bereich vorgesehenen Verfahren werden wesentliche Teile der Planungsleistung auf die Anbieter übertragen. Das Verfahren bietet damit die Möglichkeit, mit klaren Vorstellungen von den Anforderungen an das Vorhaben zu beginnen und die innovativsten Lösungen hierfür mit den potenziellen Leistungserbringern zu entwickeln. Eine andere Möglichkeit, Planungsleistungen durch Dritte erbringen zu lassen, besteht in der direkten Ausschreibung dieser Leistung. Dies birgt hinsichtlich der Erfassung des Innovationsgrades von Ausschreibungen die Schwierigkeit, dass bei Bauprojekten die innovative Leistung oftmals bereits in der Planung besteht, während bei der Ausführung der Bauaufträge häufig auf konventionelle Lösungen zurückgegriffen werden kann. Über die Betrachtung von komplexen Projekten hinaus lässt sich die generelle Innovationstauglichkeit von Verfahrenstypen kaum bestimmen. Verhandlungsverfahren und Freihändige Vergaben bieten eher größere Einflussmöglichkeiten auf den Verlauf und die Zuschlagserteilung. Sollen innovative Produkte in der Frühphase des Produktzyklusses beschafft werden, können solche Einflussmöglichkeiten zielführend sein. Oftmals preiswertere konventionelle Lösungen können auf diesem Wege leichter ausgeschlossen werden. Offene Verfahren gehen demgegenüber eher mit einer unintendierten Marktsichtung einher, wenn durch die Formulierung funktionaler Anforderungen oder die Zulassung von Nebenangeboten eine hinreichende Offenheit gegenüber neuartigen Lösungen sichergestellt wird. Beschränkungen des Bieterkreises können hier dazu führen, dass nicht bedachte Lösungen nicht zum Zuge kommen können. Welches Vergabeverfahren für die Beschaffung innovativer Lösungen besonders geeignet ist, hängt also von der Art der nachgefragten Leistung, den technischen Kompetenzen und den Kenntnissen der relevanten Märkte sowie von den vergaberechtlichen Restriktionen ab. Zuschlagskriterien Ein wichtiges Element der Innovationsorientierung ist die Ausgestaltung der Zuschlagskriterien, anhand derer die Wirtschaftlichkeit der eingehenden Angebote bewertet wird. Der Anschaffungspreis spielt hier in der Regel die überragende Rolle, wie die ebenfalls nur spärlich verfügbaren empirischen Ergebnisse zeigen. So war das Kriterium günstigste Angebote bei 99,2% der Bauvergaben in verschiedenen Kommunen in Nordrhein-Westfalen eines der entscheidenden Zuschlagskriterien und damit weit bedeutsamer als die in der Befragung alternativ angebotenen Bewertungskriterien (Ziekow/Siegel 2007: 40). Wurde ein innovatives Produkt hinreichend detailliert beschrieben oder haben sich innovative und effiziente Lösungen bereits am Markt durchgesetzt, kann auch der Anschaffungspreis als Wirtschaftlichkeitskriterium zur Nachfrage nach Innovationen führen. In der Regel zeichnen sich Innovationen jedoch durch eher höhere Anschaffungspreise aus, die auch bei erreichter Marktdurchdringung erst im Verlauf des Lebenszyklusses wieder eingespart werden können. Auch hierfür kann der Vergleich einer konventionellen Glühlampe mit einer Energiesparlampe als anschauliches Beispiel herangezogen werden. Lebenszykluskosten oder Total Cost of Ownership als Bewertungskriterium heranzuziehen, führt damit nicht nur zu tendenziell innovativeren Lösungen. Solche Bewertungskriterien führen mittelfristig zudem zu Einsparungen und kommen damit dem gesetzlichen Wirtschaftlichkeitsgebot weit näher als kurzfristige Spareffekte durch geringe Anschaffungskosten. Über direkte Kostenkriterien hinaus lassen sich eine Vielzahl von weiteren Zuschlagskriterien ausfindig machen, die sich mehr oder minder direkt auf den Innovationsgrad der beschafften Produkte auswirken. Qualitätskriterien und Liefertermine können beispielsweise als Indikatoren für inno- 34

35 2 Theoretische Fundierung der Innovationsorientierung im öffentlichen Auftragswesen 2.4 Innovationsorientierung im öffentlichen Einkauf vative Nachfrage angesehen werden. Kompatibilitätskriterien, die im IKT-Bereich von besonderer Bedeutung sind, erweisen sich demgegenüber als problematisch, da sie das Spektrum technischer Lösungen deutlich einschränken. Andere Kriterien wie etwa Benutzerfreundlichkeit verweisen demgegenüber direkt auf innovative Aspekte. Auch ökologische Kriterien wie etwa der durchschnittliche CO 2 -Ausstoß können in Form von Preispräferenzen direkt als Vergabekriterien herangezogen werden. Bei all diesen Möglichkeiten darf nicht außer Acht gelassen werden, dass die Aufstellung differenzierter Bewertungsmatrizen mit einem beträchtlichen Aufwand für die Vergabestelle verbunden ist und möglicherweise rechtliche Angriffspunkte bietet. Bei handhabbarer Komplexität erweist es sich daher als einfacherer und weniger riskanter Weg für die Vergabestellen, die innovativen Anforderungen in der Leistungsbeschreibung als zwingende Vorgaben festzuschreiben. Dennoch lässt sich festhalten, dass der Anschaffungspreis als dominierendes Zuschlagskriterium als tendenziell innovationsfeindlich eingestuft werden kann. Für die Diffusion bereits vorhandener, konkurrenzfähiger Neuerungen spielen Lebenszykluskosten und Ansätze zur Bestimmung der Gesamtkosten eine wichtige Rolle. Weitere Zuschlagskriterien können zudem innovative Einzelaspekte betonen. Verfahrensabschluss Die Ausrichtung der Vergabeverfahren auf den Schutz der Bieter hat dazu geführt, dass insbesondere offene Verfahren anonyme Marktmechanismen simulieren, die in dieser Form bei anderen Handelsbeziehungen kaum gepflegt werden. Dadurch erscheinen Vergabeverfahren potenziellen Lieferanten als eine Art Black Box, die sich als Projektionsfläche für befürchtete Benachteiligungen eignet. Die durch den Verfahrensablauf vorgeschriebene Transparenz reicht zur Schaffung eines Vertrauensverhältnisses alleine kaum aus. Zusätzliches Feedback an die unterlegenen Bieter kann hier möglicherweise helfen, weitere Angebotsabgaben sicherzustellen. Speziell für innovative Lösungen, die möglicherweise nur aufgrund kleinerer Schwächen nicht zum Zuge gekommen sind, können sich daraus zukünftig Chancen durch gemeinsames Lernen ergeben. Für die obsiegenden Bieter steht die Vertragsgestaltung im Vordergrund. Hier können sowohl Leistungsanreize etwa im Bereich der Energieeinsparung oder auch vertragliche Sanktionen (z. B. Kündigungsrechte, Vertragsstrafen, etc.) zur Sicherstellung einer innovativen Ausführung des Auftrags beitragen. Monitoring: Impact und Outcome Nicht nur für die Bieter eröffnen die Erfahrungen aus den abgeschlossenen Beschaffungsvorgängen Lernmöglichkeiten, auch die Vergabestellen können die Erfahrungen für zukünftige Vorhaben nutzen. Ein systematisches Monitoring kann hier Möglichkeiten eröffnen, die gesammelten Erfahrungen zu systematisieren und für die gesamte Organisation zugänglich zu machen. Dabei sollte dann nicht nur die Wirtschaftlichkeit der betrieblichen Steuerungsebene, sondern die Effizienz des Gesamtprozesses im Sinne der in Abbildung 2-04 dargestellten öffentlichen Wertschöpfung betrachtet werden. Angesichts der anspruchsvollen Bedarfe der öffentlichen Hand kann hiervon mittelfristig ein Impuls für eine innovativere Nachfrage entstehen, wobei zudem Lösungen für operative Schwierigkeiten bei der Beschaffung von Innovationen gesammelt werden. Zugleich erhöht sich dadurch die politische Steuerungsfähigkeit der Beschaffung. Innovationsorientierung betrifft also den gesamten Beschaffungsprozess von der strategischen Ausrichtung über die Ausgestaltung der Vergabeverfahren bis hin zur Vertragsgestaltung und zum Monitoring der Beschaffungspraxis. Diese umfassende Herangehensweise lenkt den Blick auf den Innovationsgrad der Beschaffungsstelle selbst. Öffentliche Einrichtungen erbringen nahezu ausschließlich Dienstleistungen, was die Betrachtung der Verfahrensabläufe in das Zentrum rückt. Innovative Technologien speziell im Bereich von IKT können solche Verfahrensabläufe unterstützen. Insofern leistet die Beschaffung von Innovationen einen Betrag zu innovativen Verfahrensab- 35

36 2 Theoretische Fundierung der Innovationsorientierung im öffentlichen Auftragswesen 2.5 Innovativer Beschaffungsprozess läufen etwa im Bereich der Beschaffung. Den Elementen des innovativen Beschaffungsprozesses widmet sich das nachfolgende Unterkapitel 2.5. Zusammenfassung 1. Innovationsorientierung öffentlicher Beschaffung setzt auf mehreren Ebenen an: von den politischen und rechtlichen Rahmenbedingungen, über die Charakteristika der Beschaffungsstellen bis hin zur Ausgestaltung der Vergabeverfahren lassen sich unterschiedliche Aspekte ausfindig machen. 2. Welche Aspekte zu einem höheren Innovationsgrad der beschafften Produkte führen, hängt wesentlich von der Art des Bedarfes ab. Zur Strukturierung kann hier zwischen der regulären Beschaffung, der Übernahme bereits auf dem Markt befindlicher Innovationen und der Beschaffung neuartiger Produkte unterschieden werden. 3. Auf Organisationsebene erweist sich die strategische Bedeutung und die Ausrichtung der Beschaffung als zentral. Darüber hinaus erweisen sich interne und externe Kooperationen bei Bedarfsfestlegung, Marktbeobachtung und beim Verfahrensabschluss als wesentlich. Dabei gilt es, vorhandenes technisches Know-how mit rechtlichen und betriebswirtschaftlichen Kenntnissen zusammen zu bringen. 4. Der Zusammenhang zwischen zentraler versus dezentraler Beschaffungsorganisation und effizienter Verfahrensabwicklung auf der einen und der Beschaffung von Innovationen auf der anderen Seite bleibt eine offene Frage. 5. Auf der Ebene der Vergabeverfahren können funktionale Leistungsbeschreibungen und die Zulassung von Nebenangeboten die Offenheit gegenüber neuen Lösungen sicherstellen. 6. Das Referenzieren von Normen und Standards kann zu Kostensenkungen, Innovationsdiffusion und Risikominimierung beitragen. 7. Die Zuschlagskriterien erweisen sich als wichtigstes Verfahrenselement, um innovative Aspekte berücksichtigen zu können. Der Anschaffungspreis als zentrales Wirtschaftlichkeitskriterium erweist sich dabei als tendenziell innovationshemmend. 8. Wettbewerbliche Dialoge und vorangeschaltete Ausschreibungen von Planungsleistungen können öffentliche Einrichtungen bei komplexen Vorhaben entlasten und zu innovativen Lösungen führen. Darüber hinaus hängt die Wahl des innovationsgeeigneten Verfahrens von der Ausgestaltung der übrigen Aspekte ab. 9. Die Vertragsgestaltung kann für die Sicherstellung innovativer Aspekte genutzt werden. Zudem bieten Rückkoppelung und Monitoring nach Verfahrensabschluss Lernmöglichkeiten für Bieter und öffentliche Einrichtungen. 2.5 Innovativer Beschaffungsprozess Dieses Kapitel wird abschließend darauf eingehen, inwiefern Methoden und Technologien dazu beitragen können, den Beschaffungsprozess so zu gestalten, dass neben dem generellen Bedarf auch die Abwicklung innovativer Vorhaben mit größtmöglicher Qualität und Effizienz möglich ist. Die Implementierung elektronischer Vergabetechnologien bietet verschiedenartige Möglichkeiten zur Optimierung der internen Koordinierung der Beschaffungsphasen, aber auch zur Kommunikation mit den potenziellen Auftragnehmern (vgl. Frick 2006; Nekolar 2002). Der Einsatz von Vergabemanagement-Software oder einer elektronischen Bedarfsverwaltung hat den Vorteil, dass ohne größere zeitliche Verzögerungen Bedarfsmeldungen von den Nutzern bzw. Bedarfsträgern an die Beschaffungsverantwortlichen kommuniziert und computergestützt verwaltet werden können. Dies trifft sicherlich maßgeblich auf standardisierte Produkte zu, z. B. bei Büroverbrauchsmaterialien als klassischem Verwaltungsbedarf. Der Einkäufer hat im Idealfall tagesaktuelle Einblicke in den Bedarf der in seiner Zuständigkeit liegenden Einrichtungen bzw. Verwaltungsbereiche. Die elektronische Unterstützung der Bedarfserfassung kann demnach auch die exakt auf den Bedarf abgestimmte Produktbeschaffung maßgeblich vorstrukturieren. Über entsprechende Software- 36

37 2 Theoretische Fundierung der Innovationsorientierung im öffentlichen Auftragswesen 2.5 Innovativer Beschaffungsprozess tools kann der gesammelte Bedarf dann ebenfalls ohne größere bürokratische und zeitliche Hürden an die Auftragnehmer kommuniziert werden, insofern diese in den elektronischen Bestellvorgang eingebunden sind. Damit wird die Just-in-Time-Belieferung begünstigt, also die bedarfsabhängige Versorgung mit Produkten bei Minimierung der Lagerkosten bzw. sonstigen logistischen Herausforderungen. Weiterhin bietet sich den Beschaffungsverantwortlichen die Chance, flexibler auf marktspezifische Gegebenheiten zu reagieren. Entlang des Beschaffungsprozesses ist die Einrichtung bzw. Anbindung an eine Vergabeplattform ein wesentliches Instrument dafür, den Bedarf einer oder mehrerer öffentlicher Einrichtungen schnellstmöglich auf den Produktmärkten zu kommunizieren und gleichzeitig eine Vielzahl potenzieller Lieferanten anzusprechen. Die Implementierung von Vergabeplattformen schreitet europaweit und auch in der Bundesrepublik kontinuierlich voran, wie im Folgenden noch genauer erläutert wird. Die Beschleunigung der Beschaffungsvorgänge und Reduzierung des bürokratischen Aufwandes resultieren jedoch nicht allein aus der Veröffentlichung von Ausschreibungen auf der Vergabeplattform. Damit einher gehen sollte auch die elektronische Angebotsabgabe der Bieter. Auf beiden Seiten sind hierfür in der Regel elektronische Signaturen Voraussetzung, um eine sichere elektronische Übermittlung offizieller Dokumente zu gewährleisten. Nicht zuletzt kann die technologische Unterstützung des Beschaffungsprozesses auch zur Angebotsevaluation und Nutzenanalyse beitragen und damit die Anbieterauswahl und Auftragsvergabe vereinfachen. Mit dem Einsatz von eprocurement ist bereits angedeutet, dass eine Orientierung an betriebswirtschaftlichen Methoden und Standards auch für öffentliche Einrichtungen ein Anknüpfungspunkt ist, um die eigenen Beschaffungsstrukturen effizient und innovativ zu organisieren. Ein in der Wirtschaft gängiges Einkaufsverfahren ist im Bereich des eprocurement auch die inverse elektronische Auktion, bei der die Auftragsvergabe an den günstigsten Bieter erfolgt. Im Rahmen der vergaberechtlichen Möglichkeiten ist dies für öffentliche Einrichtungen im Bereich standardisierter Produkte mit geringem Spielraum für Qualitätsvariationen sicherlich denkbar. Eine Orientierung öffentlicher Einrichtungen an wirtschaftlichen Standards erscheint für die innovative Organisation des Beschaffungsprozess und für die Beschaffung von Innovationen nützlich. Inwiefern die privatwirtschaftliche Einkaufsorganisation als Vorbild fungieren kann, wird im empirischen Teil näher erläutert. Hier sollen jedoch skizzenhaft einige Ansätze zur Optimierung der Einkaufsstrukturen vorgestellt werden. Grundsätzlich von Bedeutung ist sicherlich die umfassende Steuerung und Koordination des Beschaffungsprozesses. Über ein gezieltes Controlling der Vorgänge können sich anbahnende Probleme frühzeitig unterbunden und Alternativen entwickelt werden. Gerade für innovative Projekte erscheint der Standardisierungsgrad in den einzelnen Phasen gering, was die Notwendigkeit eines ganzheitlichen Blickes auf das Geschehen erhöht. Die Entwicklung, Einführung und Nutzung von Innovationen wiederum ist mit Risiken verbunden, die zu managen sind. Weiterhin ist ein erhöhter Planungs- und Koordinationsaufwand zu erwarten alles Herausforderungen, denen mit betriebswirtschaftlichen Methoden durchaus begegnet werden kann. Etwa ist die Analyse der Stärken und Schwächen innerhalb der eigenen Einrichtung und in Bezug auf externe Strukturen ein Ansatz, um ein genaues Bild der eigentlichen Bedarfssituation zu schaffen. Die SWOT-Analyse (Strength, Weakness, Opurtunities, Threats) ist beispielsweise ein einfaches und flexibel einsetzbares Instrument (vgl. Fröhlich-Glantschnig 2005; Lombriser/Abplanalp 1998), welches bei der Bedarfsdefinition bis hin zur Effizienzanalyse der gesamtstrategischen Betrachtung positive Impulse geben kann. SCOPE-Analysen (Strategic Fit, Customer Portfolio, Operational Excellence, Product/Process Development, Economic Viability/vgl. Büsch 2007) und ABC-Analysen (vgl. Oeldorf/Olfert 2008, ursp. Dickies 1951) sind weiterhin Potenziale des Lieferantenmanagements, die auch für den öffentlichen Beschaffungsmarkt zumindest in Teilen adaptierbar wären. Wiederum in Bezug auf bevorstehende Auftragsvergaben wäre der Total-Cost-of-Ownership- Ansatz ein geeignetes Schätzverfahren, um im Vorfeld von Investitionsentscheidungen entlang des gesamten Lebenszyklusses zu erwägen, welche Kosten neben der Anschaffung auch noch 37

38 2 Theoretische Fundierung der Innovationsorientierung im öffentlichen Auftragswesen 2.5 Innovativer Beschaffungsprozess während der Nutzung entstehen könnten (z. B. Wartung, Reparaturen oder auch Energiekosten). Die konkrete Anwendung des Ansatzes (vgl. v. a. Ellram 1995, aber auch Goetze/Weber 2007, Seuring 2001) kann sehr verschiedenartig erfolgen, prinzipiell erscheint die entsprechende Berücksichtigung der indirekten und direkten Kosten besonders bei Innovationen aber wesentlich. Anschließen lassen sich hier sicher noch sehr viele andere Verfahren, z. B. auch Prognosen über die zu erwartende Effizienz von Produkten mittels geeigneter Analysen. Zusammenfassung 1. Die Implementierung elektronischer Vergabetechnologien können sowohl die internen Beschaffungsabläufe als auch die Prozesse zu potentiellen Auftragnehmern entscheidend optimieren. 2. Die Orientierung an wirtschaftlichen Standards scheint für die Entwicklung einer innovativen Beschaffungsorganisation überaus angebracht, wobei in diesem Zusammenhang jedoch auch die fachlichen Kompetenzen der Einkaufsverantwortlichen gefragt sind. 38

39 3 Europa-, bundes- und landespolitische Maßnahmen und Initiativen 3.1 Initiativen auf Ebene der Europäischen Union 3 Europa-, bundes- und landespolitische Maßnahmen und Initiativen Der öffentliche Einkauf unterliegt nicht nur vergaberechtlichen Restriktionen, sondern ist auch stets in Abhängigkeit politischer Maßnahmen und Initiativen zu sehen, wie im vorherigen Kapitel skizziert worden ist. Die stärkere Ausrichtung öffentlicher Einrichtungen auf eine Innovationsförderung im Vergabewesen erfordert demnach auch strategische Umorientierungen. Um neue Handlungspfade einzuschlagen, bedarf es der politischen Flankierung und Initiative auf allen Verwaltungsebenen, die dann als Handlungsempfehlung bzw. -anweisung und -absicherung in die regionalen und lokalen Beschaffungseinheiten durchdringen und umgesetzt werden können. Im Folgenden wird der Blick zunächst auf die europa- bzw. bundespolitischen Aktivitäten in Sachen Innovationsorientierung im öffentlichen Auftragswesen gerichtet (3.1 und 3.2). Im Unterkapitel 3.3 folgt die vergleichende Darstellung der strategischen Ausrichtung der öffentlichen Beschaffung in den Bundesländern anhand von Stellungnahmen der für den Einkauf zuständigen Landesministerien bzw. -behörden. 3.1 Initiativen auf Ebene der Europäischen Union Ein wesentlicher Ausgangspunkt der politischen Aktivitäten auf Ebene der Europäischen Union zur Frage der Innovationsorientierung im öffentlichen Auftragswesen ist sicherlich die Lissabonner Agenda, in der unter anderem das Ziel verfolgt wird, den Wirtschaftsraum der Europäischen Union als weltweit führenden Innovationsstandort zu etablieren (Europäische Kommission 2004a; vgl. zur Halbzeitprüfung Europäisches Parlament 2005). Hierzu wurde im Jahr 2005 von der Europäischen Kommission ein Konzept vorgestellt, Forschung und Innovation stärker in der EU zu verankern, um darüber in Wachstum und Beschäftigung zu investieren (Europäische Kommission 2005a; Amtsblatt der Europäischen Union 2007). Dieses Konzept war unter anderem Grundlage für die von der Kommission entwickelte, breit angelegte Innovationsstrategie, die über die ganzheitlich betrachtete Innovationsförderung eine Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit der Europäischen Union bewirken soll (Europäische Kommission 2006; Bericht der Aho Group Creating an Innovative Europe 2006). Innovationsstrategie der Europäischen Kommission Im Kern der Strategie steht die grundsätzliche und weitreichende Verankerung von Innovationen in der Gesellschaft: Europa muss zu einer wirklich wissensbasierten und innovationsfreundlichen Gesellschaft werden, in der Innovation von der Öffentlichkeit nicht gefürchtet, sondern begrüßt, nicht behindert, sondern gefördert wird, in der sie Bestandteil der sozialen Grundwerte ist und ihr Nutzen für alle Bürger allgemein anerkannt wird (Europäische Kommission 2006: 3). Das breite Spektrum des Innovationsbegriffes begonnen bei rein technischen Innovationen über organisatorische Innovationen bis hin zu Innovationen im Dienstleistungsbereich soll demnach stärker in den Mittelpunkt rücken. Zentral hierbei sind stetige Bildungs- und Forschungsaktivitäten, welche als Gerüst kontinuierlich vorhandener und zunehmender Innovationspotenziale fungieren. Aber auch zu überwindende Hindernisse auf dem europäischen Binnenmarkt, Fragen zum Schutz der Rechte an geistigem Eigentum, stärkere Kooperation der beteiligten Akteure und die Aufstockung der Finanzmittel für Forschung und Innovation werden in der Strategie festgehalten. In einer Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses folgen konkrete Implikationen bezüglich der Zusammenarbeit und dem Wissenstransfer zwischen Forschungsorganisationen, der Industrie sowie kleinen und mittelständischen Unternehmen als wesentliche Voraussetzungen für Innovationen (Amtsblatt der Europäischen Union 2009). 39

40 3 Europa-, bundes- und landespolitische Maßnahmen und Initiativen 3.1 Initiativen auf Ebene der Europäischen Union Die Innovationsstrategie sieht im Staat einen wesentlichen Innovationstreiber, der durch die Einführung neuer Konzepte, Techniken und Verfahren nicht nur die eigene Dienstleistungsqualität optimiert, sondern auch eine Vorbildfunktion für andere Gesellschaftsbereiche übernehmen kann. Empfohlen werden funktionsorientierte Beschreibungen der Leistungsanforderungen, die eine Vielfalt der Produktangebote ermöglichen können. Öffentliche Einkäufer müssen demnach intelligente Kunden werden und sollen den Lebenszyklus bei der Auftragsvergabe nicht vernachlässigen. Die Kommission empfiehlt auch in Anlehnung an das US-amerikanische Modell die vorkommerzielle Innovationsförderung stärker zu berücksichtigen: Wo keine fertigen Lösungen auf dem Markt angeboten werden, können staatliche Stellen durch vorkommerzielle Förderung die Entwicklung innovativer Lösungen herbeiführen, die auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten sind. Dabei macht der Auftraggeber keine technischen Vorgaben, sondern er fordert dazu auf, für ein bestimmtes im öffentlichen Interesse zu lösendes Problem Lösungen zu erarbeiten (Europäische Kommission 2006: 13). Darüber hinaus wird bezüglich der Vergabeverfahren auf die EU-weiten Richtlinien zum öffentlichen Auftragswesen verwiesen (Europäisches Parlament 2004) und empfohlen, diese in die nationalen Regelungen mit einzubeziehen. In der Strategie erwähnt wird auch die zukünftige Förderung der Entwicklung innovationsbasierter Pilotmärkte. Hieraus wurde im Jahr 2007 die Leitmarktinitiative der Europäischen Kommission abgeleitet. Leitmarktinitiative für Europa In der Leitmarktinitiative der Europäischen Kommission wurden im Jahr 2007 zunächst sechs Leitmärkte identifiziert. Zielsetzung hierbei ist, diese Märkte im Rahmen von ehrgeizigen Aktionsplänen unverzüglich und auf koordinierte Weise zu fördern, so dass rasch merkliche Vorteile für die Wirtschaft und die Verbraucher in Europa erzielt werden können (Europäische Kommission 2007c, 2). Die Märkte enthalten demnach hochinnovative Marktbereiche, die der Kundennachfrage gerecht werden und über eine solide technologische und industrielle Basis in Europa verfügen, und sind deshalb im besonderen Maße dafür geeignet, durch öffentliche Maßnahmen gefördert zu werden. Erwartet wird, dass die folgenden sechs Märkte ihr Gesamtvolumen bis zum Jahr 2020 verdoppeln können: elektronische Gesundheitsdienste (ehealth) Schutztextilien nachhaltiges Bauen Recycling biobasierte Produkte erneuerbare Energien Neben finanziellen Rahmenplänen, Rechtsvorschriften oder auch Initiativen zur Normung, Kennzeichnung und Zertifizierung der Innovationen bezieht sich die Richtlinie auch direkt auf das öffentliche Auftragswesen: In Anlehnung an die Innovationsstrategie wird auf die Anwendung des bestehenden EU-Rechtsrahmens und allgemein auf die Wichtigkeit der Einkaufsbündelung sowie bereichsübergreifender Maßnahmen zur Fortbildung und Sensibilisierung der Vergabebeauftragten verwiesen und über die Vernetzung ihrer Dienststellen referiert. Im Vorfeld der Leitmarktinitiative wurden in einem von der Kommission veröffentlichen Leitfaden konkrete Möglichkeiten bei der Innovationsunterstützung genannt. Leitfaden zum Umgang mit Innovationen im öffentlichen Auftragswesen Im Leitfaden der Europäischen Kommission Guide on dealing with innovative solutions in public procurement (Europäische Kommission 2007a) werden zehn Empfehlungen für öffentliche Auftraggeber abgeleitet, welche den öffentlichen Einkauf von Innovationen fördern und begünstigen sollen, ohne Wirtschaftlichkeitskriterien zu vernachlässigen. Als weitere Zielsetzung folgt: In this respect, this guide should be considered only as a first step towards more favourable conditions for innovation through public procurement, requiring a continuous exchange of practical experience and full political commitment (Europäische Kommission 2007a: 7). 40

41 3 Europa-, bundes- und landespolitische Maßnahmen und Initiativen 3.1 Initiativen auf Ebene der Europäischen Union Diese zehn Empfehlungen werden im folgenden Überblick verkürzt zusammengefasst: 1. Act as an intelligent customer. frühestmögliche Versorgung des Marktes mit Informationen zum Vorhaben bestmögliche Ausbildung der Einkaufsverantwortlichen im Einkaufsbereich, aber auch dem Projekt- und Kontraktmanagement intensive organisationsinterne Kommunikation zwischen Einkaufsverantwortlichen, der Finanz- bzw. Haushaltsabteilung und politischen Entscheidungsträgern 2. Consult the market before tendering. Identifizierung innovativer Lösungen bei der Marktsichtung technischer Dialog mit den Anbietern und Kommunikation des Bedarfs nach außen, ohne hierbei jedoch Kriterien der Transparenz zu verletzen oder den Wettbewerb zu beeinträchtigen 3. Involve key stakeholders throughout the process. Identifizierung der Schlüsselakteure, die am gesamten Prozess beteiligt sind (Nutzer, technische Experten, Führungsebene, ), um den genauen Bedarf zu definieren und Möglichkeiten der Implementierung zu entwickeln. Sicherstellung der essentiellen Beteiligung dieser Akteure am gesamten Beschaffungsprozess Motivation der Beteiligten zum Einsatz neuer Lösungen 4. Let the market propose creative solutions. Den Unternehmen muss Spielraum gewährt werden, Ideen einzubringen und Alternativen zu entwickeln. Identifizierung innovativer Lösungen bei der Marktsichtung 5. Seek value for money, not just the lowest price. keine Preisdominanz, sondern überlegte Entscheidungen darüber, welche Kosten- und Qualitätsaspekte von Bedeutung sind (MEAT most economically advantageous tender) Einbezug innovativer Kriterien Evaluation und Reflexion der zugrunde gelegten Zuschlagskriterien 6. Take advantage of electronic means. Nutzung elektronischer (Vergabe-)Technologien nach vorheriger Abstimmung darüber, welche tatsächlich benötigt werden 7. Decide how to manage risks. Risikoidentifizierung und Einplanung von Risiken bei Einkauf von Innovationen systematische Risikoaufteilung zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer 8. Use contractual arrangements to encourage innovation. Schaffung von Anreizen für weitere innovative Lösungen Regelung zum Umgang mit geistigen Eigentumsrechten 9. Develop an implementation plan. Erstellung einen Planes mit detaillierten Implementierungsschritten während der Kontraktphase Monitoring und Controlling der Implementierungsphase auch im Hinblick auf den Einkauf weiterer Innovationen 10. Learn for the future. Etablierung von Evaluationsprozederen zur Ausweitung des Wissensstandes beim Einkauf von Innovationen Schaffung einer ständig lernenden innovativen Organisation 41

42 3 Europa-, bundes- und landespolitische Maßnahmen und Initiativen 3.1 Initiativen auf Ebene der Europäischen Union Vorkommerzielle Auftragsvergaben Im Vorfeld der Leitmarktinitiative wurde von der Europäischen Kommission konkreter auf die Thematik vorkommerzieller Auftragsvergaben eingegangen (Europäische Kommission 2007b). Der Begriff zielt auf die Forschungs- und Entwicklungsphase vor der Markteinführung ab und wird definiert als Ansatz für die Vergabe öffentlicher Aufträge für Forschungs- und Entwicklungsdienstleistungen, deren Ergebnisse nicht ausschließlich Eigentum des öffentlichen Auftraggebers für seinen Gebrauch bei der Ausübung seiner eigenen Tätigkeit sind, sofern die Dienstleistung vollständig durch den öffentlichen Auftraggeber vergütet wird, und die keine staatliche Beihilfe darstellen (Europäische Kommission 2007b: 2). Der Gegenstand vorkommerzieller Auftragsvergaben bezieht sich demnach nur auf FuE-Dienstleistungen und nicht auf kommerzielle Entwicklungstätigkeiten und Serienfertigungen. Die Risiken werden zwischen öffentlichen Auftraggebern und Unternehmen aufgeteilt, keine Partei behält sich in irgendeiner Form exklusive Nutzugsrechte vor. Nach Ansicht der Kommission ist die Exklusiventwicklung zum Teil gängige Praxis, auf die jedoch verzichtet werden kann, da so die Potenziale einer stärkeren ganzheitlichen Betrachtung von innovativen Produkten nutzbar gemacht werden. Nachteile der Exklusivnutzung sind demnach Marktfragmentierung, finanzielle Schranken durch konkurrierende Entwicklungen und verpasste Chancen für noch innovativere Lösungen. Die Kommission sieht entscheidende Vorteile bei vorkommerziellen Auftragsvergaben, die bedeutende Beiträge zur Förderung eines innovativ ausgerichteten Wirtschaftsstandortes in Europa leisten können. Märkte sollen hierfür in offener und transparenter Weise herausgefordert werden um mehreren Unternehmen Chancen zur Entwicklung bestmöglicher Lösungsalternativen zu geben. Über einen gemeinsam koordinierten Prozess sollen Vor- und Nachteile anhand des funktionalen Bedarfs der Nachfrageseite sowie Fähigkeiten und Grenzen neuer technologischer Entwicklungen auf Angebotsseite herausgestellt werden. Die Auftragsvergabe soll in mehreren Etappen erfolgen, um nach jeder FuE-Phase die besten Lösungen auszuwählen. Hierbei soll auch verstärkt Wert auf Interoperabilität und Austauschbarkeit bzw. auf die Schaffung von Standards gelegt werden, um eine über das Projekt hinausgehende Implementierung zu ermöglichen. Ein positiver Wettbewerbsdruck resultiert unter anderem dadurch, dass bis in die letzte Phase hinein mit mindestens zwei Unternehmen zusammengearbeitet werden soll. Die im Rahmen der Leitmarktinitiative genannten Märkte stehen nach Ansicht der Kommission im besonderen Fokus der Intensivierung vorkommerzieller Auftragsvergaben. Die stärkere Vernetzung der öffentlichen Auftraggeber auf europäischer Ebene soll in diesen Bereichen zunehmend gefördert werden. Der Ausschuss der Regionen hat auf diese Initiative positiv reagiert und empfiehlt die Vorgabe detaillierter Leitlinien für vorkommerzielle Auftragsvergaben besonders für regionale und lokale Gebietskörperschaften (Amtsblatt der Europäischen Union 2008). Zusammenfassung Die hier dargestellten Initiativen verdeutlichen, dass die stärkere Innovationsorientierung im öffentlichen Auftragswesen von Seiten der Europäischen Union empfohlen und gefördert wird. Ihre strategische Verankerung in den weiteren Kontext der Leitmarktinitiative und der Lissabonner Agenda ist vollzogen, und es liegen Empfehlungen für Einkaufsverantwortliche zum gewinnbringenden innovativen Einkauf vor. In einem nächsten Schritt würde die konkrete vergaberechtliche Inklusion folgen. Gegenwärtig prüft die Europäische Kommission zur Innovationsförderung generell, ob es machbar ist, den Mitgliedstaaten bis zum Frühjahr 2010 einen europäischen Rechtsakt zur Innovation vorzuschlagen, der sämtliche Bedingungen für eine nachhaltige Entwicklung berücksichtigt und ein integraler und ein wesentlicher Bestandteil der künftigen europäischen Reformagenda wäre (Europäische Kommission 2009: 12). Diese Prozesse unterstützend wird von der Europäischen Union in einem breiten Umfang der Einsatz elektronischer Vergabetechnologien gefördert. Über die Online-Datenbank TED (Tenders Electronic Daily) sind die im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlichten europaweiten Ausschreibungen auch in elektronischer Form abrufbar. 42

43 3 Europa-, bundes- und landespolitische Maßnahmen und Initiativen 3.2 Bundespolitische Initiativen Inwiefern diese Ansätze auch in den einzelnen Mitgliedstaaten aufgenommen und weiterentwickelt werden, wurde an anderer Stelle bereits intensiv diskutiert (Fraunhofer 2005, OMC PTP 2009). Bezogen auf die Innovationsförderung im deutschen öffentlichen Auftragswesen wird im Folgenden auf maßgebende bundespolitische Initiativen eingegangen. 3.2 Bundespolitische Initiativen Auch in Deutschland sind auf der bundespolitischen Ebene Maßnahmen initiiert worden, die den innovativen öffentlichen Einkauf beflügeln sollen. Hightech-Strategie Im Jahr 2006 wurde von Prof. Dr. Annette Schavan, Bundesministerin für Bildung und Forschung, die Zielsetzung formuliert, Deutschland bis zum Jahr 2020 zur forschungsfreudigsten Nation der Welt (BMBF 2006: 2) zu machen. Ähnlich dem europäischen Vorbild wurden im Rahmen der Hightech-Strategie als wesentlicher Kern der bundesweiten Innovationspolitik 17 Zukunftsfelder festgelegt, die gleichermaßen Investoren und Forscher anziehen, neue Arbeitsplätze und Wohlstand generieren sollen. Für jedes Zukunftsfeld wurden spezifische Rahmen- und Aktionspläne entwickelt, um die Innovationskraft voranzubringen. Weiterhin sollen neue Anreize für die Zusammenarbeit von Wissenschaft und Wirtschaft geschaffen werden. Gemeinschaftsprojekte, Forschungsprämien und Spitzencluster bzw. die Exzellenzinitiative sind die hierfür wesentlichen Eckpunkte der Entwicklung einer anwendungsorientierten Forschungslandschaft in Deutschland. Von großem Interesse ist es ebenfalls, den deutschen Mittelstand weiter für Innovationen zu sensibilisieren, die Gründung und das Wachstum von Technologieunternehmen zu unterstützen und die Voraussetzungen für private FuE-Investitionen zu verbessern. In der Strategie festgehalten ist in Anlehnung an die Lissabonner Agenda auch, den Anteil von FuE-Investitionen bis zum Jahr 2010 auf 3% des Bruttoinlandproduktes zu steigern. Die folgenden Zukunftsfelder sind Gegenstand der Hightech-Strategie: 1. Innovationen für ein gesundes und sicheres Leben Gesundheitsforschung und Medizintechnik Sicherheitstechnologien Pflanzen Energietechnologien Umwelttechnologien 2. Innovationen für ein kommunikatives Leben Informations- und Kommunikationstechnologien Fahrzeug- und Verkehrstechnologien Luftfahrttechnologien Raumfahrttechnologien maritime Technologien Dienstleistungen (z. B. Hightech-Geschäftsmodelle) 3. Innovationen durch Querschnittstechnologien Nanotechnologien Biotechnologien Mikrosystemtechnik optische Technologien Werkstofftechnologien Produktionstechnologien Die Fortschritte der Hightech-Strategie werden in regelmäßigen Abständen evaluiert, eine maßgebende Instanz ist hierbei die von der Bundesregierung initiierte Expertenkommission For- 43

44 3 Europa-, bundes- und landespolitische Maßnahmen und Initiativen 3.2 Bundespolitische Initiativen schung und Innovation. Bereits zwei Gutachten wurden von der Kommission vorgelegt, die auf Basis einer Vielzahl von Innovationsstudien erstellt wurden ( In dem aktuellen Gutachten vom März 2009 (EFI 2009) werden besondere Schwierigkeiten der Innovationsförderung vor dem Hintergrund der Finanz- und Wirtschaftskrise aufgezeigt. Weiterer Handlungsbedarf besteht in diesem Zusammenhang unter anderem im Bildungssystem und dem generellen Fachkräftemangel in Deutschland, bei der Finanzierung von innovativen Projekten in der Krise, in der Anpassung der Steuerpolitik an die Innovationspolitik oder auch beim Wissenstransfer. Die Kommission begrüßt auf der anderen Seite die Exzellenzinitiative und den Wettbewerb zwischen Hochschulen sowie den deutlichen Anstieg der Mittel für Wissenschaft, Forschung und Entwicklung und die bildungspolitischen Maßnahmen des Konjunkturpakets. Auch die Forschungsunion Wirtschaft Wissenschaft befürwortet den Anstieg der Forschungsausgaben und bestätigt, dass hinsichtlich der Leitmarktförderung und des Wissenstransfers maßgebliche Impulse gesetzt wurden, die weiter ausgebaut werden müssen (Forschungsunion Wirtschaft Wissenschaft 2009). In dem Acht-Punkte-Plan der Bundesministerin und der aktuellen Bilanz des Ministeriums für Bildung und Forschung zur Hightech-Strategie sind die Handlungsempfehlungen unter anderem auch der hier genannten Quellen zum Teil bereits integriert (BMBF 2009a; BMBF 2009b). Modernisierung des Vergabewesens Die Innovationsorientierung im deutschen öffentlichen Auftragswesen steht im Zeichen der Hightech-Strategie, allerdings reichen generelle Modernisierungsansätze für das Vergabewesen zumindest bis zum Jahr 2003 zurück. Zur Steigerung der Effizienz und Kompetenz bei der Beschaffung auf Bundesebene wurde von der damaligen Bundesregierung ein 7-Punkte-Programm verabschiedet (BMI/BMWA 2004). Ein konkreter Bezug auf den Einkauf von Innovationen wird dort nicht explizit hergestellt die Inhalte des Programms beziehen sich eher auf technologische Aspekte, zielen also vor allem auf den Beschaffungsprozess: Bekanntmachungen von Vergabeverfahren innerhalb der Bundesverwaltung werden an einer zentralen Stelle veröffentlicht ( Umstellung der Vergabeverfahren aller Bundesbehörden auf ein rechtskonformes und sicheres elektronisches Vergabesystem ( Ausweitung von Rahmenverträgen für Standardleistungen und -produkte Einrichtung eines virtuellen Kaufhauses des Bundes Entwicklung eines Standardkatalogs durch die Beschaffungsstellen und Ressorts Definition durchgängig (elektronischer) Prozessketten zwischen den Bedarfsträgern und den Lieferunternehmen Verantwortlich für die Koordinierung und Umsetzung des Programms sind das Bundesministerium des Innern und das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie. Innovationsorientierung vor dem Hintergrund der Hightech-Strategie Die Punkte des Programms sind für den öffentlichen Einkauf auf Ebene des Bundes in großen Teilen umgesetzt. Im weiteren Verlauf des Berichtes wird jedoch gezeigt, dass die technologische Unterstützung der Beschaffungsvorgänge besonders bei den Ländern und Kommunen weiter ausbaufähig ist. In Bezug auf eine Intensivierung der Innovationsorientierung im öffentlichen Auftragswesen gibt die im Jahr 2006 vom BMWi sowie dem Bundesverband Materialwirtschaft Einkauf und Logistik e. V. (BME) veröffentlichte Publikation Impulse für Innovationen im öffentlichen Beschaffungswesen (BME/BMWi 2006) einen ersten Überblick, wo entlang der Phasen des Beschaffungsprozesses Elemente einer stärkeren Ausrichtung auf Innovationen möglich sind. Der Wissenschaftliche Beirat des BMWi legte im Jahr 2007 außerdem ein Gutachten Öffentliches Beschaffungswesen vor, in dem die Probleme einer stärkeren Gewichtung von denjenigen politischen Zielen diskutiert werden, die nicht unmittelbar mit Aspekten der Wirtschaftlichkeit in Verbindung zu bringen sind (BMWi 2007). In Bezug auf diese vergabefremden Ziele wird auch auf die Innovations- 44

45 3 Europa-, bundes- und landespolitische Maßnahmen und Initiativen 3.2 Bundespolitische Initiativen und Nachhaltigkeitsförderung referiert: Kritisch werden in diesem Zusammenhang Probleme gesehen, welche die Wirkung auf die Wettbewerbsintensität oder die Korruptionsanfälligkeit der Vergabe betreffen. Vergabefremde Aspekte sind demnach schwer mit dem Wirtschaftlichkeitskriterium vereinbar und können Intransparenzen zur Folge haben. Der Beirat schlägt hierzu vor, bei vergabefremden Aspekten den ökonomischen Konsens durch Preispräferenzen herzustellen, verweist aber auch auf die generelle Unvereinbarkeit mit dem europäischen Vergaberecht. Erfüllen Angebote der Anbieter bestimmte geforderte, vergabefremde Kriterien, so werden demnach relative Preisvorteile eingeräumt. Konkret auf die Innovationsförderung bezogen empfiehlt der Wissenschaftliche Beirat die Ausweitung von eprocurement als einem wesentlichen Faktor zur Senkung der Prozesskosten und Optimierung des Beschaffungsprozesses sowohl auf Seiten der Auftraggeber als auch der Auftragnehmer. Die Signalwirkung der öffentlichen Beschaffung von Innovationen wird vom Beirat in Frage gestellt. Zum einen wird angezweifelt, dass der Staat die Wirtschaftlichkeit einer Innovation besser einschätzen kann als der private Sektor, insbesondere in Bezug auf die mit Marktneuheiten verbundenen Risiken. Zum anderen erscheint die öffentliche Hand nicht per se geeignet, dem Marktversagen von Innovationen durch die Beschaffung dieser sowie durch ihre Standardisierung und Normierung effektiv entgegenzuwirken. Empfohlen werden andere Politikmaßnahmen, die eine gezielte Zusammenarbeit zwischen öffentlicher Hand und privatem Sektor forcieren. Der Beirat kommt in Anlehnung an die Publikation Impulse für Innovationen abschließend zu folgendem Fazit beim öffentlichen Einkauf von Innovationen: Die Beschaffung von innovativen Leistungen sollte daher kein primäres Ziel des Beschaffungswesens sein (vgl. BMWi 2006). Allerdings sollte beim Vorliegen wirtschaftlicher innovativer Produkte und Dienstleistungen das öffentliche Beschaffungswesen auch in der Lage sein, den Innovationsvorsprung zu berücksichtigen (BMWi 2007: 11). Trotz dieser eher kritischen Auseinandersetzung mit der Innovationsorientierung im öffentlichen Auftragswesen erfolgte ebenfalls im Jahr 2007 von sechs Bundesressorts (BMWi, BMBF, BMVBS, BMVg, BMI und BMU) eine direkte Reaktion auf die Hightech-Strategie: Beschlossen wurde, das Potenzial der öffentlichen Beschaffung stärker für die staatliche Nachfrage nach innovativen Produkten und Leistungen zu erschließen (BMWI/BMBF/BMVBS/BMVg/BMI/BMU 2007: 1). Zielsetzung des Beschlusses ist es, verstärkt Bereiche mit hohen Potenzialen für Innovationen zu identifizieren, den langfristigen Bedarf in geeigneten Bereichen zu schätzen und entsprechende Bedarfsprognosen bekannt zu geben. Im Fokus steht weiterhin eine Ausweitung des strategischen Dialogs zwischen Beschaffungsverantwortlichen, Anbietern und Nutzern auf Bundesebene, aber auch in Richtung der Länder und Kommunen. Mit diesem Beschluss verbunden sind Maßnahmen, die den gesamten Beschaffungsprozess innovationsfreundlicher gestalten sollen, z. B. langfristige Kosten-Nutzen-Analysen, Einbezug von Lebenszykluskosten, verstärktes Risikomanagement, stärkere Berücksichtung von Nebenangeboten oder auch funktionalen Leistungsbeschreibungen. In dem Beschluss verankert ist auch, bei den Verantwortlichen in Hinblick auf Innovationen eine größere Aufgeschlossenheit und Kompetenz zu erreichen, z. B. über Aus- und Weiterbildungen bzw. gezielte Öffentlichkeitsarbeit. Im September 2009 erfolgte die planmäßige Zwischenbilanz zu dem Beschluss, die auch erste Ergebnisse dieses Forschungsprojektes enthält (BMWi 2009). Als generelle Fortschritte werden die folgenden angemerkt: Die jeweiligen Geschäftsbereiche der sechs Bundesressorts verweisen in einem deutlicherem Umfang auf die Option der Beschaffung innovativer Problemlösungen. In zahlreichen Arbeitsgruppen innerhalb der Ressorts werden gegenwärtig die Möglichkeiten der Einbeziehung innovativer Elemente im Beschaffungsprozess geprüft; zum Teil sind diese bereits integriert. Die Beschaffung von Innovationen hat zugenommen und dies besonders im Bereich Energieeffizienz; für völlig neuartige Lösungen wurden in diesem Zusammenhang vermehrt Forschungs- und Entwicklungsaufträge vergeben. Im Fokus stehen auch die weitere Optimierung und Homogenisierung der IT-Strukturen der Beschaffungsstellen und Bedarfsträger. Außerdem wurden Aus- und Fortbildungsprogramme unter anderem über die Bundesakademie für öffentliche Verwaltung im Bundesministerium des Innern (BAköV) angestoßen sowie die Öffentlichkeitsarbeit intensiviert. In der Zwischenbilanz sind zahlreiche weiterführende Aktivitäten innerhalb der beteiligten Bundesressorts aufgeführt, auf die hier im Einzelnen nicht eingegangen wird. 45

46 3 Europa-, bundes- und landespolitische Maßnahmen und Initiativen 3.3 Politische Maßnahmen und Initiativen im Vergleich der Bundesländer Ein für das weitere Vorgehen zentraler Aspekt geht jedoch mit dem Gesetz zur Modernisierung des Vergaberechts einher (Bundesgesetzblatt 2009: ). Im April 2009 wurde darin beschlossen, im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) innovative Aspekte rechtlich zu verankern. Im vierten Teil des Gesetzes wurde bei den allgemeinen Grundsätzen des Vergabewesens im Mai 2009 folgender Passus aufgenommen: Aufträge werden an fachkundige, leistungsfähige sowie gesetzestreue und zuverlässige Unternehmen vergeben. Für die Auftragsausführung können zusätzliche Anforderungen an Auftragnehmer gestellt werden, die insbesondere soziale, umweltbezogene oder innovative Aspekte betreffen, wenn sie im sachlichen Zusammenhang mit dem Auftragsgegenstand stehen und sich aus der Leistungsbeschreibung ergeben. Andere oder weitergehende Anforderungen dürfen an Auftragnehmer nur gestellt werden, wenn dies durch Bundes- oder Landesgesetz vorgesehen ist. ( 97 Absatz 4 GWB). Die hiermit verbundenen Implikationen für die Beschaffung von Innovation werden im Rechtsgutachten in Kapitel 7 näher erläutert. In der Zwischenbilanz wird ausblickend erläutert, dass besonderer Nachholbedarf noch bei der Werbung für eine konsequente Nutzung des Lebenszykluskostenprinzips besteht. Unter anderem durch die Neuauflage der Broschüre Impulse für Innovationen im öffentlichen Beschaffungswesen soll die Öffentlichkeitsarbeit ausgeweitet werden. Weiterhin wird von den beteiligten Ressorts anhand der gewonnenen Erkenntnisse eine Ausweitung auf alle Bundesressorts befürwortet, das BMWi strebt diesbezüglich einen Kabinettsbeschluss an. Die im Bericht ebenfalls erwähnte und geplante Allianz für eine nachhaltige Beschaffung bietet weiterhin Anknüpfungspunkte, auch die Länder und Kommunen stärker in die Aktivitäten zur Innovationsorientierung im öffentlichen Einkauf mit einzubeziehen. Zusammenfassung Die Hightech-Strategie kann als Pendant zur Leitmarktinitiative mit bundespolitischer Reichweite verstanden werden. Demzufolge sind auch für die Innovationsförderung im deutschen öffentlichen Beschaffungswesens Parallelen zu den Ansätzen der Europäischen Union sichtbar. Eine allgemein verbindliche Innovationsstrategie für den öffentlichen Einkauf ist sicherlich noch nicht abzusehen, die Maßnahmen auf Bundesebene veranschaulichen jedoch, wie ein Handlungspfad eingeschlagen werden kann, der die Innovationsorientierung begünstigt. Die Ausweitung auf alle beschaffenden Bundeseinrichtungen und Einbeziehung von Ländern und Kommunen erscheinen demnach als zukunftsweisende Herausforderungen. 3.3 Politische Maßnahmen und Initiativen im Vergleich der Bundesländer In diesem Unterkapitel wird vertieft, inwiefern die Innovationsorientierung im öffentlichen Auftragswesen durch politische Initiativen auf Ebene der Bundesländer unterstützt wird. Über ein explorativ vergleichendes Vorgehen der für das Beschaffungswesen zuständigen Landesministerien bzw. der Behörden und Senate wird die Frage verfolgt, ob und wenn ja wie die Innovationsförderung im öffentlichen Einkauf Berücksichtigung findet. Hierfür wurden im Juni 2009 die für den öffentlichen Einkauf zuständigen Fachminister bzw. -senatoren in den Bundesländern um eine Stellungnahme zu den Strategien und Vorhaben ihres Landes bei der Organisation des Vergabewesens gebeten. Von insgesamt 13 Bundesländern liegen entsprechende Beiträge vor, die auch im Jahrbuch Verwaltungsmodernisierung Deutschland 2010 der Wegweiser Media & Conferences GmbH Berlin veröffentlicht wurden. Von Hessen ging aufgrund zeitlicher Engpässe keine Stellungnahme ein. Die Bundesländer Saarland und Sachsen haben bedingt durch aktuelle politische Veränderungen die Erstellung eines entsprechenden Beitrages abgelehnt bzw. nicht freigegeben. 46

47 3 Europa-, bundes- und landespolitische Maßnahmen und Initiativen 3.3 Politische Maßnahmen und Initiativen im Vergleich der Bundesländer Für jedes Bundesland bilden die Fachbeiträge, sofern vorhanden, die Grundlage der folgenden Gegenüberstellung und werden durch aktuelle Veröffentlichungen der Bundesländer zum Vergabewesen ergänzt. Im Augenmerk stehen aktuelle Initiativen der Bundesländer im öffentlichen Auftragswesen, verbunden mit der Frage, inwiefern hierin die Beschaffung von Innovationen als politische Initiative verankert ist Baden-Württemberg Wesentliche Neuerungen im Vergabewesen des Landes Baden-Württemberg sind in der Neufassung der Beschaffungsanordnung der Landesregierung festgehalten und am in Kraft getreten (BAO Baden-Württemberg 2007). Geregelt wird hier in erster Linie die Frage der Einkaufsorganisation: So wurde von der Landesregierung ein Katalog mit elf Artikelgruppen festgelegt, die zentral beschafft werden. Dies betrifft in erster Linie Büroverbrauchsmaterial, Standardgeräte in der Informations- und Kommunikationstechnik oder auch Leuchtmittel. Die Bedarfsmeldungen werden zentral im Logistikzentrum Baden-Württemberg koordiniert (LZBW) und entsprechende Ausschreibungen erstellt. Sowohl die Bedarfsmeldung als auch die Ausschreibung können auch über eine evergabe-plattform erfolgen. Das LZBW koordiniert die Einkaufsbündelung und ist berechtigt, hierfür Standards festzulegen. Der Landesbetrieb kann weiterhin beauftragt werden, gegen Ersatz der anfallenden personellen und sachlichen Kosten einzelne Ausschreibungen für Landesverwaltungen zu übernehmen. In der Verordnung wird weiterhin der Umweltschutz als allgemein verbindlicher Beschaffungsund Vergabegrundsatz festgelegt. Vorzug erhalten demnach Produkte und Dienstleitungen, die bei der Herstellung, im Gebrauch oder der Entsorgung die geringsten Umweltbelastungen hervorrufen. Auch dadurch unter Umständen entstehende höhere Kosten gelten nicht als Hinderungsgrund, sofern sie nach 7 der Landeshaushaltsordnung im Rahmen des wirtschaftlich Akzeptablen bleiben. Die ökologisch vorteilhaften Produkteigenschaften müssen allerdings in der Leistungsbeschreibung angegeben werden, weiterhin wird eine verstärkte Förderung mittelständischer Unternehmen in der Anordnung spezifiziert. Eine konkrete Berücksichtigung von Innovationen bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen ist in der Anordnung nicht berücksichtigt. In einer Stellungnahme des Wirtschaftsministeriums von Baden-Württemberg auf den Ressortbeschluss der Bundesregierung vom Oktober 2007 wird auf die grundsätzlichen vergaberechtlichen Möglichkeiten für den Einkauf von Innovationen verwiesen. Vordergründig sei bei der Vergabe jedoch das Kriterium der Wirtschaftlichkeit: Der Wert von Innovationen muss sich damit auch bei der öffentlichen Auftragsvergabe nach den Spielregeln der Marktwirtschaft an den konkreten Bedürfnissen der Nachfrager messen lassen. Das ist für die innovativen Anbieter Chance und Risiko zugleich. Die öffentliche Auftragsvergabe ist kein geeignetes Instrument zur Subventionierung bestimmter Sachverhalte, sondern muss daran orientiert bleiben, was zur Aufgabenerfüllung des Staates unbedingt nötig ist (Landtag Baden-Württemberg 2007) Bayern Das Vergabewesen in Bayern soll zukünftig unter anderem mittelstandsfreundlicher werden. Die losweise Vergabe wurde hierfür zum Grundsatz erklärt, auch wenn aus wirtschaftlichen oder technischen Gründen Ausnahmen zulässig sind. In diesem Zusammenhang sollen die organisatorische Zentralisierung der Beschaffung und die Bedarfsbündelung weitestgehend vermieden werden. Bei Öffentlich-Privaten Partnerschaften wird als Kompensation für die systembedingte Vergabe an Generalübernehmer ausdrücklich die losweise Vergabe von Unteraufträgen angestrebt. Bayern begrüßt im Bereich der Vereinfachung und Entlastung der Vergabeverfahren die bundesweite Einführung von Präqualifizierungssystemen. Außerdem wurde die seit 2003 etablierte elektronische Vergabeplattform für die Bauverwaltung ( um eine zweite Plattform ( ergänzt, die allen staatlichen Behörden und den Kommunen zur Verfügung steht. 47

48 3 Europa-, bundes- und landespolitische Maßnahmen und Initiativen 3.3 Politische Maßnahmen und Initiativen im Vergleich der Bundesländer Martin Zeil, Bayerischer Staatsminister für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie setzt sich in seinem Fachbeitrag dafür ein, dass durch die Erleichterungen des bundesweiten Vergabewesens im Rahmen des Konjunkturpakets II am Vorrang der Öffentlichen Ausschreibung festgehalten werden müsse: Die großzügige Zulassung von Beschränkten Ausschreibungen und Freihändigen Vergaben im Rahmen des Konjunkturpakets war mit der Beschleunigung von öffentlichen Investitionen als Beitrag zur raschen Unterstützung der Wirtschaftstätigkeit begründet. Weil damit in weiten Bereichen der Wettbewerb um einen öffentlichen Auftrag auf wenige Bieter beschränkt wird, kann die faktische Aussetzung des Vorrangs der Öffentlichen Ausschreibung nicht über das Jahr 2010 hinausreichen (Jahrbuch Verwaltungsmodernisierung Deutschland 2010: 117). Wie in Baden-Württemberg werden auch in Bayern Bestrebungen dahingehend deutlich, bei der Beschaffung den Umweltschutz stärker zu berücksichtigen. Zum Zwecke des Klimaschutzes wurden die Vergabestellen aufgefordert, den Aspekt der Energieeffizienz in allen Phasen eines Vergabeverfahrens besonders zu berücksichtigen (vgl. öaumwr Bayern 2009). In dem Beitrag von Herrn Staatsminister Zeil wird ebenfalls die Innovationsförderung im bayerischen Vergabewesen thematisiert: Die öffentliche Hand muss auch gegenüber Innovationen offen sein. Eine Vorreiterrolle bei der Beschaffung von Neuentwicklungen ist aber nicht ohne Risiko, weil der Staat die Wirtschaftlichkeit einer bestimmten Innovation nicht besser einschätzen kann als private Nachfrager. Verfehlte Innovationsentscheidungen können die Investitions- und Innovationsfähigkeit an anderer Stelle belasten; außerdem kann sich eine schlanke Verwaltung auf das Arbeiten mit Beta-Versionen grundsätzlich nicht einlassen (Jahrbuch Verwaltungsmodernisierung Deutschland 2010: 117) Berlin Soziale und ökologische Standards im Vergaberecht und der Vergabepraxis stehen auch für das Land Berlin im direkten Augenmerk. Vor dem Hintergrund eines stark wachsenden Niedriglohnsektors wurde im Jahr 2008 eine Novelle des Berliner Ausschreibungs- und Vergabegesetzes (vgl. BerlAVG 2008) beschlossen, die über strikte Tarifbindungen und falls nötig Mindestentgeltregelungen einer Entwicklung hin zu Dumpinglöhnen bei der Umsetzung öffentlicher Aufträge entgegenwirken sollte. Nach Prüfung der Novelle auf ihre europarechtliche Konformität und unter Berücksichtigung des im Mai 2009 geänderten Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen will Berlin zukünftig Aufträge an bietende Unternehmen nur dann vergeben, wenn eine Mindestentlohnung von 7,50 und die tarifrechtlichen Verpflichtungen aus dem Arbeitnehmerentsendegesetz sichergestellt sind. Ein weiterer Bestandteil der Norm ist auch, dass keine Waren beschafft werden, die unter unwürdigen Arbeitsbedingungen wie z. B. Zwangs- oder Kinderarbeit hergestellt wurden. Weiterhin berücksichtigt sind auch Aspekte, die den Umweltschutz betreffen. Hinweise auf eine Intensivierung der Innovationsorientierung im Berliner Vergabewesen konnten in dem Fachbeitrag, dem Ausschreibungs- und Vergabegesetz sowie anderen offiziellen Publikationen des Landes Berlin nicht festgestellt werden Brandenburg In dem Beitrag von Ulrich Junghans, ehemaliger Minister für Wirtschaft des Landes Brandenburg, wird einleitend auf die Notwendigkeit des gezielten Einsatzes von Innovationen hingewiesen: Innovationsstärke ist ein entscheidendes Kriterium unserer Wirtschaft. Nur mit neuen Produkten und verbesserten Produktionsabläufen kann es den Unternehmen gelingen, zukunftsfähig zu werden. Was für die Unternehmen gilt, gilt ebenso für die öffentliche Verwaltung. Als modernes Dienstleistungszentrum setzt auch die brandenburgische Landesverwaltung auf Innovation, um Abläufe so effektiv wie möglich zu gestalten (Jahrbuch Verwaltungsmodernisierung Deutschland 2010: 119). 48

49 3 Europa-, bundes- und landespolitische Maßnahmen und Initiativen 3.3 Politische Maßnahmen und Initiativen im Vergleich der Bundesländer Im Jahr 2008 hat die Zentralstelle und Serviceeinrichtung für das Beschaffungswesen ihre Arbeit aufgenommen (ZFB). Dort wird der landesweite Bedarf der Landesverwaltung gebündelt und über eine elektronische Bestellplattform koordiniert. In ähnlicher Weise zentralisiert ist die Beschaffung im Bereich der IT-relevanten Leistungen, die vom zentralen IT-Dienstleister des Landes Brandenburg (Z-IT) aus koordiniert wird. Seit Anfang 2008 befindet sich mit dem Vergabemarktplatz Brandenburg außerdem die offizielle Ausschreibungsplattform des Landes in Betrieb, auf der alle Vergabevorhaben bekannt gegeben, Verdingungsunterlagen heruntergeladen und Angebote elektronisch abgegeben werden können. In Brandenburg ist also insbesondere die Einrichtung elektronischer Bestellplattformen auf Seite der Beschaffungsorganisation Anzeichen einer vorhandenen Innovationsorientierung Bremen Der Bremer Senat hat in der laufenden Legislaturperiode beschlossen, sein Beschaffungswesen zu reorganisieren. Zielsetzung ist hier insbesondere die Einkaufsbündelung und die politische Handlungsfähigkeit bei der Durchsetzung von ökologischen und sozialen Standards zu stärken. Hierfür wurde die Anstalt öffentlichen Rechts Immobilien Bremen als interne Dienstleisterin für den Aufbau eines Einkaufsmanagements gegründet. Weiterhin wird mit dem Projekt Aktiver öffentlicher Einkauf das Ziel verfolgt, ökologische und soziale Kriterien im Spannungsfeld von haushalts- sowie vergaberechtlichen Anforderungen im Einkaufsprozess zu berücksichtigen und mit den Einsparzielen in Einklang zu bringen (Jahrbuch Verwaltungsmodernisierung Deutschland 2010: 120), wie Karoline Linnert, Bürgermeisterin und Finanzsenatorin des Landes Bremen, formuliert. Strukturelle Veränderungen im Vergabewesen belaufen sich unter anderem auf die ausschließliche oder zumindest stärkere Nutzung der zentralen Beschaffungsstellen. Weiterhin sollen Beschaffungskonferenzen stattfinden, um mit den Bedarfsträgern Bündelungen und Standardisierungen von Prozessen und Produkten auszuhandeln, die verwaltungsintern abzusichern sind. Unterstützend kommen die bereits eingesetzten Instrumente des elektronischen Katalogs und des Vergabemanagements hinzu, die in das Einkaufsmanagement integriert werden. Außerdem wurde der Beirat Sozial und ökologisch verantwortungsvolles Verwaltungshandeln der Senatorin für Finanzen gegründet, um diese Ziele strukturell zu verankern. Trotz zahlreicher von der Stadt Bremen organisierter Veranstaltungen zu den oben genannten Themen liegen für die Förderung von Innovationen im öffentlichen Auftragswesen dennoch keine konkreten Hinweise vor Hamburg In Hamburg ist die Finanzbehörde die zentrale Beschaffungsstelle für wesentliche Warengruppen und Dienstleistungen. Spezialbedarfe werden in den jeweiligen Behörden bzw. von den Bedarfsträgern eigenständig beschafft. Hamburg arbeitet länderübergreifend weiterhin mit Schleswig- Holstein zusammen. Beide Länder führen in bestimmten Warengruppen gemeinsame Vergabeverfahren durch. Beim Polizeibedarf werden Uniformen über das Logistikzentrum Niedersachsen beschafft. Jährlich über 100 Vergabeverfahren werden medienbruchfrei auf elektronischem Wege durchgeführt. Von hohem Stellenwert sind wiederum ethische, soziale und ökologische Standards bei der Auftragsvergabe. In Anlehnung an die im Frühjahr 2009 in Kraft getretene Novelle des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen sollen diese aber auch innovative Aspekte in Hamburg stärker in den Fokus rücken. Aus der Neufassung des Hamburgischen Vergabegesetzes vom und der Beschaffungsordnung der Freien und Hansestadt Hamburg vom (vgl. HmbVgG 2008; Beschaffungsordnung Hamburg 2009) geht hervor, dass keine Vergaben an Auftragnehmer erfolgen, wenn Waren unter Missachtung der ILO-Kernarbeitsnormen hergestellt wurden. Gegenwärtig wird der Leitfaden umweltverträgliche Beschaffung aus dem Jahr

50 3 Europa-, bundes- und landespolitische Maßnahmen und Initiativen 3.3 Politische Maßnahmen und Initiativen im Vergleich der Bundesländer (vgl. die gleichlautende Publikation, Hamburg 2007) evaluiert und überarbeitet, um den Vergabestellen eine Hilfestellung bei der Berücksichtigung umweltfreundlicher Aspekte im öffentlichen Einkauf zu geben. Bis auf die Anführung der Neufassung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen ist anhand der zugrundeliegenden Veröffentlichungen der Stadt Hamburg keine Handlungsempfehlung zu einer stärkeren Innovationsorientierung ersichtlich Hessen Vom Bundesland Hessen liegt kein Statement vor, so dass im Folgenden lediglich auf weiterführende Quellen zum öffentlichen Auftragswesen in Hessen referiert wird. Die Hessische Ausschreibungsdatenbank (HAD) ist seit 2007 die zentrale Anlaufstelle für Informationen zum öffentlichen Auftragswesen. Die Ausweitung zur ehad mit Beginn des Jahres 2009 hat zur Folge, dass nationale und internationale Ausschreibungsverfahren von der Erstellung der Leistungsbeschreibungen bis hin zur Auftragsvergabe auch auf dem elektronischen Wege durchgeführt werden können. Aus den unregelmäßig erscheinenden Runderlässen Öffentliches Auftragswesen des Landes Hessen (vgl. z. B. StAnz Hessen 2007) folgt, dass insbesondere die Mittelstandsförderung Gegenstand von Reglementierungen ist. Nachhaltige und innovative Aspekte sind hierin nicht verankert Mecklenburg-Vorpommern Der Beitrag von Mecklenburg-Vorpommern bezieht sich lediglich auf die Fortschritte bei der Umsetzung des Konjunkturpakets II. Zukünftige Vorhaben, die auf eine Neustrukturierung des öffentlichen Auftragswesen in dem Bundesland abzielen, sind demzufolge nicht enthalten. Grundsätzlich wird auch in Mecklenburg-Vorpommern eine stärkere Einkaufsbündelung über zentrale Vergabestellen gefördert. Plattformen zur elektronischen Teilnahme an Ausschreibungen sind noch nicht vorgesehen. Bestrebungen zur Verabschiedung eines Landesvergabegesetzes sind vorhanden, in denen auch soziale und ökologische Aspekte festgehalten werden sollen. Eine Ratifizierung ist gegenwärtig aber noch nicht absehbar Niedersachsen Nicht zuletzt durch die Auflösungen der Bezirksregierungen im Jahr 2005 steht auch das Vergabewesen in Niedersachen unter der Prämisse, ein schlankes und transparentes Verwaltungshandeln durchzusetzen. Für formale Nachprüfungsverfahren bei öffentlichen Aufträgen oberhalb der EU-Schwellenwerte steht seit Mitte 2008 nur noch eine zentrale Vergabekammer bereit. Parallel vorgehaltene Strukturen werden abgebaut und die Vielzahl vergaberechtlicher Landeserlasse ist auf fünf Regelungen zurückgeführt worden. Die Einkaufsbündelung bei der Beschaffung von Produkten und Dienstleistungen durch die Erweiterung des Logistik Zentrums Niedersachsen (LZN) ist auch für Niedersachsen ein Ansatz zur Standardisierung und Reduzierung der Artikelvielfalt bzw. der Zusammenfassung von Ausschreibungen und der damit verbundenen Senkung der Prozesskosten. Fairer Handel, Ökologie und Schutz vor Kinderarbeit sind weitere Aspekte, die vom LZN berücksichtigt werden. In der Neufassung des Niedersächsischen Landesvergabegesetzes (vgl. LVergabeG 2008) wurde auch die Tariftreuevorschrift an die Rechtssprechung des EuGH vom angepasst. Gegenwärtig läuft das Projekt ComParo 2 mit der Zielsetzung, von der Bedarfsermittlung bis zur Rechungslegung einen durchgängigen und medienbruchfreien elektronischen Beschaffungspro- 50

51 3 Europa-, bundes- und landespolitische Maßnahmen und Initiativen 3.3 Politische Maßnahmen und Initiativen im Vergleich der Bundesländer zess zu etablieren. Anfang 2010 soll hierfür eine zentrale Beschaffungsplattform zur Verfügung stehen. Geplant ist weiterhin, das Haushaltswirtschaftssystem des Landes mit einzubinden und Software zur Bedarfsermittlung einzusetzen. Eine Ausrichtung des Vergabewesens auf die Intensivierung des Einkaufs von Innovationen ist in Niedersachsen gegenwärtig noch nicht festzustellen Nordrhein-Westfalen In Nordrhein-Westfalen ist seit einigen Jahren der Vergabemarktplatz etabliert. Eine weitere Optimierung des Vergabewesens wird durch den Ausbau der IT-Unterstützung angestrebt. Bereits vorhanden ist ein elektronischer Katalog, in Kürze werden Vergabemanagementsysteme eingeführt, die den Bearbeiter durch den gesamten Vergabeprozess leiten sollen. Das Land setzt bei der Einkaufsorganisation auf das Lead-Buyer-Modell : Eine fachlich besonders kompetente Vergabestelle schreibt demnach eine bestimmte Produktgruppe zentral für die gesamte Landesverwaltung aus. Die Professionalisierung des Personals unter anderem in den Bereichen Lebenszykluskosten, Arbeitssicherheit und Energieeffizienz steht außerdem im Fokus der Bemühungen bei der Optimierung des Vergabewesens. Die Optimierung des Beschaffungswesens ist eine zentrale zukünftige Aufgabe für das Bundesland. Neben den innovativen Lösungen, die für diese Optimierungsbestrebungen eingesetzt werden, erfolgt wiederum keine Verankerung der gezielten Beschaffung innovativer Produkte auch für andere Verwaltungsbereiche Rheinland-Pfalz Im Rahmen einer eprocurement-initiative wird die landesweite Neuordnung des Vergabewesens in Rheinland-Pfalz angestrebt. Weiterhin soll die Einkaufsbündelung durch die Einrichtung von drei zentralen Beschaffungsstellen vorangetrieben werden (Landesbetriebe Liegenschafts- und Baubetreuung, Mobilität sowie Daten und Information). Alle Lieferungen und Leistungen für die Bedarfsträger werden in diesen Zuständigkeitsbereichen ausgeschrieben und beschafft. Die technische Unterstützung der zentralen Beschaffungsstellen erfolgt durch eine elektronische Bestellplattform dem Kaufhaus des Landes. Aus den Produktkatalogen ordern die Bedarfsträger dann standardisierte Güter und Dienstleistungen. Leitlinien und Empfehlungen zur stärkeren ökologischen Ausrichtung des Vergabewesens oder einer intensiveren Berücksichtigung von Innovationen liegen auch für das Land Rheinland-Pfalz nicht vor Saarland Auch für das Saarland liegt kein Beitrag zum Status Quo des öffentlichen Auftragswesens vor, weshalb nur ein genereller Überblick folgt. Landesausschreibungen werden über die evergabe-plattform des Bundeslandes veröffentlicht. Durch die Mitgliedschaft im Enterprise Europe Network der Europäischen Kommission wird unter anderem auch im Beschaffungsbereich eine stärkere Kooperation mit den angrenzenden Ländern Frankreich und Luxemburg angestrebt. Über spezielle Ausschreibungsdienste erhalten in dieser Region ansässige Unternehmen auf elektronischem Wege aktuelle Ausschreibungen aus allen drei Ländern. 51

52 3 Europa-, bundes- und landespolitische Maßnahmen und Initiativen 3.3 Politische Maßnahmen und Initiativen im Vergleich der Bundesländer Sachsen Als drittes Bundesland ist von Sachsen kein Bericht eingetroffen, weshalb wiederum andere Quellen zugrunde gelegt werden. Das Sächsische Vergabegesetz (vgl. SächsVergabeG) aus dem Jahr 2002 regelt die öffentliche Auftragsvergabe im Freistaat. Die Berücksichtigung innovativer Aspekte ist in dem Gesetzestext nicht enthalten, es wird lediglich auf die Mittelstandsförderung durch losweise Vergaben hingewiesen. In der dazu verabschiedeten Sächsischen Vergabedurchführungsverordnung erfolgt ebenfalls kein entsprechender Hinweis (vgl. SächsVergabeDVO). Der Zuschlag soll in jedem Falle an das wirtschaftlichste Angebot erfolgen, wobei ebenfalls Regelungen definiert werden, ab wann zu starke Preisabweichungen vorliegen, die eine Auftragsvergabe verhindern. Nach diesem Gesetz ist die Staatsregierung jedoch einmal im Jahr dazu aufgefordert, den Landtag in Form eines Vergabeberichtes über die getätigten öffentlichen Vergaben inklusive Auftragsvolumina zu informieren. Darüber soll die Transparenz des öffentlichen Auftragswesens Sachsen gefördert werden Sachsen-Anhalt Das öffentliche Auftragswesen in Sachsen-Anhalt hat sich zum Schwerpunkt gesetzt, besonders im Baubereich kleine und mittlere Unternehmen stärker für öffentliche Aufträge zu sensibilisieren. Ein wesentlicher Bestandteil dieser Maßnahmen ist die Vereinfachung des Vergabewesens. Vor etwa zehn Jahren hatten öffentliche Auftraggeber 16 Runderlässe bei der Vergabe öffentlicher Aufträge zu beachten, gegenwärtig sind es noch vier. Bei den Regelungen zur Bewerbererklärung und Präqualifizierung wurde von dem Bundesland festgeschrieben, dass öffentliche Auftraggeber die von den Bietern vorgelegten Zertifizierungen anerkennen und dies bei der Präqualifizierung durch die Auftragsberatungsstelle sowohl des Landes als auch des Bundes. Die Vorlage von Einzelnachweisen ist somit auf spezielle Fälle begrenzt. Unterstützt werden die Optimierungen durch die Einführung der elektronischen Auftragsvergabe unter Federführung des Ministeriums für Landesentwicklung und Verkehr. Eine Berücksichtigung ökologischer bzw. innovativer Aspekte ist weder im Beitrag noch im Vergabehandbuch des Landes Sachsen-Anhalt ersichtlich Schleswig-Holstein Das Mittelstandsförderungs- und Vergabegesetz und die schleswig-holsteinische Vergabeverordnung soll eine faire und zugleich praxistaugliche Vergabe öffentlicher Aufträge in dem Bundesland gewährleisten (vgl. MFG Schleswig-Holstein 2003; SHVgVO 2005/2009). Trotz der bundesweiten Erleichterungen im Vergabewesen durch das Konjunkturpaket wurde in die Landesvergabeordnung eine Transparenzpflicht aufgenommen. Vergaben nach VOL ab Euro bzw. nach VOB bei Beschränkten Ausschreibungen ab Euro sowie Freihändige Vergaben ab Euro sind nach der Auftragserteilung im Internet bekannt zu geben. Mittelständische Interessen wiederum werden durch die Teilung der Aufträge in Fach- und Teillose berücksichtigt. Die Präqualifikation von Unternehmen soll in Schleswig-Holstein auch zukünftig auf freiwilliger Basis erfolgen. Von einer verpflichtenden Regelung wird abgesehen, da für Unternehmen, die nur im geringen Ausmaß im öffentlichen Sektor tätig sind, ein nicht unerheblicher (Kosten-)Aufwand für die Präqualifikation resultiert. Damit verbundene bürokratische Hürden und Wettbewerbsbeschränkungen sollen vermieden werden. Die öffentlich-rechtlichen Anstalten Gebäudemanagement Schleswig-Holstein (GMSH) in allgemeinen Bereichen sowie dem Bauwesen und Dataport im Bereich Informations- und Kommunikationstechnologien koordinieren und beraten als zentrale Beschaffungsstellen die Verga- 52

53 3 Europa-, bundes- und landespolitische Maßnahmen und Initiativen 3.3 Politische Maßnahmen und Initiativen im Vergleich der Bundesländer be öffentlicher Aufträge. In der Anwendung befindet sich bei der GMSH bereits ein elektronisches Shopsystem, geplant ist weiterhin der Einsatz eines elektronischen Vergabesystems. Die Organisation selbst verfügt über das EMAS-Zertifikat (Eco-Management and Audit Scheme) und fordert anbietende Unternehmen auf, umweltverträgliche Standards entlang der gesamten Produktionskette einzuhalten. Regelungen in der Vergabeverordnung oder andere politische Initiativen, die auf die stärkere Ausrichtung auf soziale, ökologische oder innovationsfördernde Gesichtspunkte abzielen, sind anhand der zugrunde gelegten Dokumentrecherche nicht festzustellen Thüringen In Thüringen wird bisher auf eine eigenständige landesgesetzliche Regelung im öffentlichen Auftragswesen verzichtet. Vergaberechtliche Regelungen sind in der Landes- bzw. Gemeindehaushaltsverordnung und der Richtlinie zur Vergabe öffentlicher Aufträge enthalten. Die Vergabe- Mittelstandsrichtlinie regelt weiterhin die Förderung klein- und mittelständischer Unternehmen bei öffentlichen Aufträgen. Nach Ansicht des ehemaligen Ministers für Wirtschaft, Technologie und Arbeit, Jürgen Reinholz, hat sich der Verzicht auf ein spezifisches Vergabegesetz in Thüringen bewährt, da die Bestimmungen des Vergaberechts nach wie vor kompliziert sind: Hierbei spielt es auch eine Rolle, dass in Thüringen, wie auch in den anderen jungen Ländern, das Vergaberecht wegen der durch das Haushaltsrecht vorgegebenen Anknüpfung an das Zuwendungsrecht eine besondere Bedeutung hat. Die Regeln sollten also so ausgestaltet sein, dass der Zuwendungsempfänger die Einhaltung des Vergaberechts auch gewährleisten kann (Jahrbuch Verwaltungsmodernisierung Deutschland 2010: 129). Betont wird in diesem Zusammenhang auch die zusätzliche Bürokratisierung öffentlicher Vergaben durch landesspezifische Regelungen. Der ehemalige Minister Reinholz bezieht sich ebenfalls auf die Änderungen des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen aus 2009 und die Möglichkeit zur Berücksichtigung sozialer, umweltbezogener und innovativer Aspekte bei der Auftragsvergabe: Ich bin der Auffassung, dass bei der Berücksichtigung von vergabefremden Kriterien bei der Beschaffung die Gefahr besteht, dass der Beschaffungszweck und der Grundsatz der Transparenz zu sehr in den Hintergrund geraten. Will man die in Frage kommenden Themenfelder, sei es Umweltverträglichkeit und Innovation oder soziale Mindeststandards, noch mit Verwaltungsvorschriften abdecken, würde der nach Auffassung aller bestehende Vorschriftendickicht auf dem Gebiet des Vergaberechts noch unübersichtlicher (Jahrbuch Verwaltungsmodernisierung Deutschland 2010: 129). Zusätzliche landesrechtliche Vorschriften sind aus diesem Grund dem Hauptziel der Beschaffung, dem wirtschaftlichen Einkauf, nicht immer förderlich. Interessant ist hierbei, dass in der Richtlinie zur Vergabe öffentlicher Aufträge des Landes Thüringen unter den ergänzenden Bestimmungen ein Abschnitt zur Förderung von Innovationen, Umweltverträglichkeit und Energieeinsparung enthalten ist: Alle öffentlichen Auftraggeber werden gebeten, bei ihren Ausschreibungen und Auftragsvergaben innovativen Gesichtspunkten sowie den Belangen der Umweltverträglichkeit als auch der Energieeinsparung besonderes Gewicht beizumessen. Hierbei sollen die in der VOB/A und VOL/A enthaltenen Möglichkeiten voll ausgeschöpft werden, um den Anbietern innovativer und umweltfreundlicher Produkte den Marktzutritt zu erleichtern. Nebenangebote/Änderungsvorschläge (vgl. 10, Nr. 5, Abs. 4, VOB/A, 17, Nr. 3, Abs. 5, VOL/A) sollen daher nicht ausgeschlossen werden. (ThürStAnz Nr. 28/2004, 1737). 53

54 3 Europa-, bundes- und landespolitische Maßnahmen und Initiativen 3.3 Politische Maßnahmen und Initiativen im Vergleich der Bundesländer Zusammenfassung des Ländervergleichs Aus der hier vollzogenen Gegenüberstellung zum Stand der politischen Aktivitäten des öffentlichen Auftragswesens in den Bundesländern folgt, dass unter dem Gesichtspunkt der Innovationsorientierung gegenwärtig in erster Linie die Optimierung und Vereinfachung der Beschaffungsprozesse im Vordergrund steht. Eine konkrete politische Flankierung der stärkeren Berücksichtigung des Einkaufs von Innovationen ist auf Ebene der Länder noch nicht intensiv ausgeprägt. Auf der Seite des Beschaffungsprozesses streben die Länder hauptsächlich eine Vereinfachung und Entbürokratisierung des Vergabewesens an. Die Zentralisierung des Einkaufs durch die Schaffung bzw. den Ausbau zentraler Vergabestellen verbunden mit der Einkaufsbündelung erscheint hierbei für viele Bundesländer maßgeblich zu sein. Unterstützt werden diese Bestrebungen mehrheitlich durch den Ausbau von eprocurement über den Einsatz von elektronischen Vergabeplattformen bis hin zur elektronischen Bedarfsverwaltung und -ermittlung. Die Sensibilisierung der beschaffenden Einrichtungen für den Einsatz von eprocurement und die zunehmende Bereitschaft zur Anwendung betriebswirtschaftlicher Methoden ist von den Bundesländern weitestgehend vollzogen und erkannt. Die hier aufgezeigten Projekte und Initiativen können demnach als Möglichkeiten verstanden werden, die der auf den Beschaffungsprozess bezogenen Dimension der Innovationsorientierung öffentlicher Einrichtungen förderlich sind. Die öffentliche Beschaffung von innovativen Produkten und Dienstleistungen scheint auf der anderen Seite jedoch noch nicht im primären Fokus landespolitischer Maßnahmen zu stehen. Aus den Statements folgt diesbezüglich, dass das Prinzip der Auftragsvergabe nach Kriterien der Wirtschaftlichkeit ausschlaggebend ist. Innovationen wiederum können Ausfall- bzw. Anpassungsrisiken bei der Nutzung mit sich bringen, wie in einem Fall angemerkt wird. Außerdem kann die verbindliche Berücksichtigung von innovativen, nachhaltigen oder sozialen Kriterien bei der Auftragsvergabe die weitere Bürokratisierung und Erschwerung des Vergabewesens oder eine Zunahme der Intransparenz zur Folge haben. Anhand der Analyse relevanter Vergabedokumente in den Bundesländern konnte nur für das Land Thüringen ein entsprechender Hinweis auf die stärkere Berücksichtigung von Innovationen festgestellt werden. In dem Fachbeitrag des Landes wurde dieser Stellenwert allerdings zum Teil wieder revidiert. Dieser zurückhaltende Standpunkt in Bezug auf Innovationen kann jedoch nicht auf sämtliche vergabefremde Kriterien verallgemeinert werden. Aus den Beiträgen folgt, dass insbesondere ökologische uns soziale Faktoren bei der öffentlichen Auftragsvergabe an Bedeutung gewinnen. Beispielsweise die Berücksichtigung umweltverträglicher (Teil-)Komponenten entlang der gesamten Produktions- und Lieferkette oder auch die Einhaltung von Mindestlohnstandards als Kriterien der Zuschlagserteilung zeigen, dass nachhaltige Faktoren zunehmend zur politischen Agenda der Länder im Bereich des öffentlichen Auftragswesens gehören. Dies kann nicht zuletzt auch auf die Flankierung auf europäischer sowie auf Ebene des Bundes zurückgeführt werden. 54

55 4 Statistiken zum öffentlichen Auftragswesen in Deutschland 4.1 Überblick des vorhandenen statistischen Datenmaterials zu Anzahl und Volumina öffentlicher Beschaffungsvorgänge in Deutschland 4 Statistiken zum öffentlichen Auftragswesen in Deutschland Kaum eine Publikation zur Bedeutung öffentlicher Beschaffung kommt ohne einen Hinweis auf die beträchtlichen Summen aus, die alljährlich in diesem Bereich verausgabt werden. Die Schätzungen für das Gesamtvolumen der durch die öffentliche Hand für Waren und Dienstleistungen verausgabten Mittel schwanken dabei beträchtlich. Das Spektrum reicht von etwa 360 Mrd. Euro (entspricht etwa 17% des BIP) zuzüglich etwa 60 Mrd. Euro Beschaffungsvolumen durch öffentliche Unternehmen für das Jahr 2002 (BMWi 2007: 5) bis zu 116 Mrd. Euro (entspricht 5,2% des BIP) Beschaffungsvolumen der öffentlichen Hand ohne Sozialversicherungen im Jahr 2005 (McKinsey & Company 2008: 12 f.). Die starken Unterschiede verweisen auf das Fehlen einer umfassenden Beschaffungsstatistik für die Bundesrepublik. Originäre Beschaffungserhebungen und Berichte bleiben entweder auf einzelne Einrichtungen und Gebietskörperschaften beschränkt oder erreichen nicht die erforderliche Abdeckung für eine umfassende Darstellung. Um dennoch Aussagen über Beschaffungsvolumina machen zu können, bedarf es daher zunächst eines Überblicks über die vorhandenen Datenquellen (4.1). Darauf aufbauend lassen sich Schätzungen für die Beschaffungsvolumina aus den amtlichen Statistiken ableiten (4.2). Darüber hinaus bieten Ausschreibungsdatenbanken die Möglichkeit, Einzelaspekte einer detaillierten Analyse zu unterziehen (4.3). Im abschließenden Unterkapitel (4.4) werden die Einzelergebnisse zusammengefasst. 4.1 Überblick des vorhandenen statistischen Datenmaterials zu Anzahl und Volumina öffentlicher Beschaffungsvorgänge in Deutschland Für Schätzungen zum Vergabegeschehen lassen sich drei unterschiedliche Typen von Datenquellen heranziehen. Das größte Potenzial für eine umfassende Darstellung bieten statistische Erhebungen und eigens zum Vergabegeschehen erstellte Berichte (4.1.1). Um einen umfassenderen Blick auf das Vergabegeschehen zu generieren, können die offiziellen Statistiken zur volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung und zur Haushaltsstatistik herangezogen werden (4.1.2). Das uneinheitliche Angebot verschiedener Ausschreibungsdatenbanken erlaubt demgegenüber eine Analyse von Einzelaspekten, da hier Mikrodaten über die einzelnen Ausschreibungen vorliegen (4.1.3) Statistische Erhebungen zum Vergabegeschehen und Vergabeberichte Versuche, Aussagen über das Vergabegeschehen durch die Aggregation von Ausschreibungsdaten zu treffen, beschränken sich oftmals auf einzelne Organisationen oder Gebietskörperschaften. Eine Ausnahme hiervon bildet die vom BMWi geführte jährliche statistische Gesamtaufstellung. Mittels dieser Gesamtaufstellung nimmt die Bundesrepublik die auf Basis des Genfer Beschaffungsübereinkommens zugesicherten Berichtspflichten gegenüber der WTO wahr. Die Aufstellung beruht auf eigenen Erhebungen bei den berichtspflichtigen öffentlichen Auftraggebern (Kahn 2008). Trotz der Verpflichtung zur Bereitstellung der Daten kann die Aufstellung keinen Anspruch auf die vollständige Abbildung des Vergabegeschehens der betroffenen Einrichtungen 1 Wir danken der Work XL AG, Berlin, und Vergabe24 für die Bereitstellung der Datenbankzugänge sowie dem Statistischen Bundesamt für wertvolle Hinweise hinsichtlich der Interpretation der Haushaltsstatistik. 55

56 4 Statistiken zum öffentlichen Auftragswesen in Deutschland 4.1 Überblick des vorhandenen statistischen Datenmaterials zu Anzahl und Volumina öffentlicher Beschaffungsvorgänge in Deutschland erheben. Entsprechend beanspruchen die Aufstellungen nur, die tatsächlich gemeldeten Vergaben zu erfassen. Die beträchtliche Untererfassung wird beim Vergleich der Zahlen für die Bundesebene deutlich. Die Berichtspflichten des Bundes umfassen alle Auftragsarten, sowohl oberhalb als auch unterhalb der EU-Schwellenwerte. Entsprechend sollten die Aufstellungen das Vergabevolumen des Bundes vollständig abbilden, zumal auf Bundesebene nur eine überschaubare Anzahl von Beschaffungsstellen zu beobachten ist. Die Gesamtaufstellung weist für den Bund im Jahr 2005 ein Vergabevolumen von insgesamt 5,9 Mrd. Euro aus. 2 Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes (2008: Tabelle 4.2) beliefen sich der laufende Sachaufwand des Bundes im gleichen Jahr auf 17,6, die Sachinvestitionen auf 7,2 Mrd. Euro. Von den vergaberelevanten Haushaltsposten des Bundes in Höhe von 24,8 Mrd. Euro finden sich somit nur 24% in der Gesamtaufstellung wieder. Auch wenn Sachinvestitionen und -aufwendungen nur einen groben Schätzwert für die tatsächlichen Vergabevolumina liefern, bleibt die mangelnde Abdeckung des Vergabegeschehens durch die Aufstellung augenscheinlich. Für einzelne Gebietskörperschaften, Ministerien oder Vergabestellen liegen detaillierte und umfassende Berichte vor. So veröffentlicht beispielsweise das Beschaffungsamt des Bundesministeriums des Innern (2008) ausführliche Vergabeberichte. Auch für das Verteidigungsressort lässt sich in der Bundestagsdrucksache 15/3648 eine detaillierte Aufstellung der Beschaffungsvorgänge und -volumina finden (Staffelt 2004), die im Wesentlichen auf der jährlichen statistischen Gesamtaufstellung des BMWi beruht. Unter den Gebietskörperschaften besticht Sachsen und hier insbesondere die Landeshauptstadt Dresden (2009) durch eine umfassende Berichterstattung. Die im Dresdner Vergabebericht veröffentlichten Auftragsvolumina decken sich etwa mit dem im Haushalt ausgewiesenen sächlichen Verwaltungs- und Betriebsaufwand Schätzungen zum Vergabevolumen auf Grundlage der Haushaltsstatistik Das Statistische Bundesamt führt aktuell keine explizite Beschaffungsstatistik. Entsprechend unterschiedliche Schätzungen lassen sich in neueren Publikationen finden, die zu Beschaffungsvolumina in Deutschland Aussagen treffen. Zwei Quellen scheinen die publizierten Schätzungen wesentlich zu inspirieren. Gehen die Schätzungen von einem Beschaffungsvolumen von etwa 360 Mrd. Euro aus, basieren sie auf den Angaben des Statistischen Amtes der Europäischen Gemeinschaften, Eurostat. Wird in den Publikationen von einem Volumen von 260 Mrd. Euro ausgegangen, beruhen sie auf den Schätzungen des Bundesministeriums des Innern sowie des damaligen Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit. Diese Schätzung wurde in der Begründung zu einer Bekanntmachung zur Optimierung öffentlicher Beschaffung veröffentlicht (BMI und BMWA 2004), in der sich zudem Angaben über die Verteilung der Beschaffungsvolumina auf die Ebenen der Gebietskörperschaften finden. Diese Angaben dienen vereinzelt als Grundlage zu Berechnungen exakter Beschaffungsvolumina der Gebietskörperschaften (Eßig et al. 2009: ). Zumeist wird jedoch nur das Gesamtvolumen aus der gemeinsam vom BMWi und BME (2006: 8) herausgegebenen Arbeit über Impulse für Innovationen im öffentlichen Beschaffungswesen zitiert. In der Studie von Rambøll Management et al. (2008: 142) wird demgegenüber explizit auf Angaben des BMWi als Basis für die weiteren Berechungen verwiesen. Eine Ausnahme von der Übernahme der BMWi- respektive Eurostatschätzungen stellt die Studie von McKinsey (2008) im Auftrag des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit dar. Die Arbeit versucht die für Umweltinnovationen relevanten Beschaffungsvolumina zu bestimmen. In einem ersten Schritt setzen sich die Autoren dafür mit der Bestimmung des Gesamtvolumens öffentlicher Beschaffung auseinander. Von einem ähnlichen Gesamtbeschaffungsvolumen in Höhe von 263 Mrd. Euro ausgehend werden die laufenden Sachaufwendungen der Sozialversicherungen in Höhe von 147 Mrd. Euro abgezogen, woraus sich ein Vergabevolumen von 116 Mrd. Euro im Jahre 2005 ergibt (12 f.). Mit diesem Wert soll das gesamte Beschaffungsvolumen der Gebietskörperschaften ohne militärische Beschaffung sowie das Beschaffungsvolumen : 2005,property=pdf,bereich=bmwi,sprache=de,rwb=true.pdf 56

57 4 Statistiken zum öffentlichen Auftragswesen in Deutschland 4.1 Überblick des vorhandenen statistischen Datenmaterials zu Anzahl und Volumina öffentlicher Beschaffungsvorgänge in Deutschland der Unternehmen der allgemeinen Daseinsvorsorge (ÖPNV, Abfall- und Wasserentsorgung, Abwasserentsorgung und Krankenhäuser) erfasst sein (30 f.). Allerdings bleibt unklar, auf welcher Datengrundlage die Angaben für die Unternehmen der allgemeinen Daseinsvorsorge geschätzt wurden. Die kurze Übersicht über aktuellere Arbeiten verdeutlicht, dass die Höhe der Schätzungen der Vergabevolumina im hohen Maße von der herangezogenen Datengrundlage und von der Abgrenzung der relevanten öffentlichen Stellen abhängt. Bevor in Kapitel 4.2 ein eigener Versuch zur Bestimmung der Beschaffungsvolumina unternommen wird, bedürfen beide Aspekte einer kurzen Betrachtung. Eurostat veröffentlicht die Vergabevolumina auf der Website nicht direkt, sondern gibt den Anteil des Volumens der europaweit veröffentlichten Ausschreibungen an allen Ausschreibungen sowie am BIP an. Für das Jahr 2005 belaufen sich die europaweiten Ausschreibungen auf 1,61% des BIP und machen einen Anteil am gesamten Beschaffungsvolumen von 9,9% aus. 3 Daraus ergibt sich ein Gesamtvolumen der öffentlichen Beschaffung von 16,2% des BIP (entspricht 364 Mrd. Euro). Darunter sind sowohl die Sachausgaben der Gebietskörperschaften als auch die der Sozialversicherungen und Versorgungsunternehmen erfasst. Das Volumen der Versorgungsunternehmen wird auf der Basis eigener Umfragen geschätzt. Das verbleibende Volumen setzt sich aus drei Positionen der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung zusammen, soweit sie zum Staatssektor (13 general government sector) gezählt werden. Es handelt sich dabei um die Positionen Vorleistungen (P2 intermediate consumption), Bruttoanlageinvestitionen (P51 gross fixed capital formation) und soziale Sachleistungen (D6311_D63121_D63131PAY social transfers in kind related to expenditure on products supplied by households via market producers, payable) (Europäische Kommission 2008: 126). Gegenüber der von Eurostat verwendeten volkswirtschaftlichen Darstellung bietet die von Destatis zusätzlich geführte finanzwirtschaftliche Darstellung den Vorteil einer detaillierteren Erfassung der Einnahmen und Ausgaben. Auf der Grundlage der Auswertung von öffentlichen Haushalten bezogen auf das Jahr 2006 (Schulze-Steikow 2008: 98 f.) werden die Ausgaben und Einnahmen der Gebietskörperschaften nach drei Dimensionen aufgeschlüsselt: (1) einem hierarchisch gegliederten Gruppierungsplan in drei Gliederungstiefen mit insgesamt 242 Einzelmerkmalen, in dem die Ausgabenarten (z. B. Personal-, Sachausgaben, Bau) erfasst werden, (2) einem ebenso strukturierten Funktionenplan, der insgesamt 287 Aufgaben (z. B. allgemeine Dienste, Soziales, Bildung) beschreibt (s. a. Stache et al. 2007) und (3) die Aufteilung nach den einzelnen Gebietskörperschaften (Braun 2008). Die Finanzstatistik unterscheidet sich in einigen Punkten von den Angaben zum Staatssektor in der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung. Speziell die Bewertung bestimmter Transaktionen divergiert zwischen beiden Berechnungsmethoden. Zudem führt die Verwendung unterschiedlicher Stichtage zu geringen Abweichungen. Für die Bestimmung des Finanzierungssaldos hat Dietz (2006) für die Jahre 2001 bis 2004 Abweichungen in der Größenordung von etwa 15 Mrd. Euro im Jahr ausgemacht. Für die hier betrachteten Sachausgaben sind diese Unterschiede jedoch weniger bedeutend. Die Daten für die Schätzungen nach Eurostat und Statistischem Bundesamt und bei letzteren zwischen volkswirtschaftlicher und finanzwirtschaftlicher Darstellung unterscheiden sich also nur unwesentlich. Wichtiger für die abweichenden Schätzungen ist die Abgrenzung der einzelnen Positionen. Mit einer Sonderauswertung hat das Statistische Bundesamt in den 1990er Jahren im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie eine solche Abgrenzung durchgeführt. Die Zusammenstellung der Käufe von Waren und Dienstleistungen (Aufträge an die Wirtschaft) wurde jedoch nur bis zum Jahr 1998 erstellt und dann nicht fortgeführt. Für das Jahr 1998 weist die Statistik getrennt nach zehn Ausgabengruppen Gesamtausgaben in Höhe von um : ov/gov_oth_procur 57

58 4 Statistiken zum öffentlichen Auftragswesen in Deutschland 4.1 Überblick des vorhandenen statistischen Datenmaterials zu Anzahl und Volumina öffentlicher Beschaffungsvorgänge in Deutschland gerechnet 95,9 Mrd. Euro für Bund, Länder, Kommunen und Sozialversicherungen aus, wovon 5,7 Mrd. Euro auf letztere entfallen. Bei einem BIP von 1.915,6 Mrd. Euro (Statistisches Bundesamt 2009: Tabelle 1.1) ergibt sich daraus ein Anteil der Käufe von Gebietskörperschaften und Sozialversicherungen von 4,7%. In ähnlichen Dimensionen bewegt sich eine OECD-Auswertung der Daten von Eurostat. Demnach belief sich der Anteil der öffentlichen Beschaffung einschließlich öffentlicher Unternehmen am BIP in der Mitte der 1990er Jahre auf 7,32% des BIP Vergabedatenbanken Vergabedatenbanken böten grundsätzlich das Potenzial, verausgabte Volumina, Merkmale der Vergabeverfahren und Charakteristika der Beschaffungsstellen und obsiegenden Bieter gemeinsam auszuwerten. Diesem beträchtlichen Potenzial stehen allerdings ebenso beträchtliche Einschränkungen gegenüber. Vergabedatenbanken umfassen nur solche Vergaben, die auch öffentlich ausgeschrieben werden. Zudem werden Angaben über die vergebenen Aufträge allenfalls im Rahmen der Verpflichtungen zur Ex-post-Transparenz durch die vergaberechtlichen Vereinfachungen im Rahmen des Konjunkturpakets II veröffentlicht. Zu diesen grundsätzlichen Einschränkungen kommt hinzu, dass nicht nur das Vergabegeschehen, sondern auch die Veröffentlichung von Ausschreibungen in Deutschland dezentral organisiert ist. Eine beträchtliche Anzahl von Ausschreibungsplattformen konkurrieren um die Veröffentlichung. Dabei bleibt es den Vergabestellen überlassen, ob und bei welcher Plattform der Auftrag elektronisch veröffentlicht wird. Zwei Datenbanken heben sich für das Ziel einer möglichst umfassenden Erfassung des Vergabegeschehens gegenüber der Vielzahl schwer fassbarer Angebote ab. Erstens sind hier die auf dem european tender information system (etis) aufbauenden Datenbanken 4 zu nennen. Das auf europäische Initiative zurückgehende Informationssystem versucht eine möglichst umfassende Abbildung des Vergabegeschehens zu erreichen, was laut Selbstdarstellung für die veröffentlichten Aufträge zu etwa 75% gelingt. Eine systematische Auswertung dieser Datenbank sieht sich jedoch schwerwiegenden technischen und methodischen Schwierigkeiten gegenüber. Zum einen bietet etis zwar eine einheitliche Darstellungsweise, die Struktur der zugrunde liegenden Dokumente richtet sich jedoch nach dem Einsteller. Entsprechend aufwändig gestaltete sich eine systematische Auswertung der enormen Datenmengen. Zum anderen lässt sich kaum bestimmen, welche Ausschreibungen durch die Datenbank erfasst sind und welche nicht. Entsprechend unterlägen Hochrechnungen auf der Basis dieser Datenbank nicht beobachtbaren systematischen Verzerrungen. Zweitens hebt sich das Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union (ABl. S), das auch als Online-Datenbank TED (Tenders Electronic Daily) zur Verfügung steht 5, von den übrigen Datenbanken ab. Die hier ausgeschriebenen Aufträge, bei denen es sich in der Regel um Aufträge oberhalb der europäischen Schwellenwerte handelt, bilden einen beträchtlichen Teil des deutschen Beschaffungsvolumens öffentlicher Einrichtungen ab. Dabei sind die Kriterien für die Aufnahme in die Datenbank vergleichsweise klar umrissen und die angeführten Mikrodaten liegen in einer über mehrere Beobachtungsjahre stabilen Form vor. Trotz der verbleibenden Schwächen dieser Datenbasis (Europe Economics 2006: 15-20, 40-43) bietet sie den Vorteil, die eingestellten Ausschreibungen hinsichtlich ihrer Verfahrensmerkmale umfassend abzubilden sowie Angaben über vergebene Aufträge zu enthalten : : 58

59 4 Statistiken zum öffentlichen Auftragswesen in Deutschland 4.2 Schätzung des Vergabevolumens auf der Basis öffentlicher Statistik 4.2 Schätzung des Vergabevolumens auf der Basis öffentlicher Statistik Die kurze Darstellung der verfügbaren Datengrundlagen hat gezeigt, dass die Haushaltsstatistik als einzige Datenbasis das Potenzial hat, das Vergabegeschehen vollständig abzubilden. Bevor auf der Basis der Haushaltsstatistik eigene Schätzungen für die öffentlichen Beschaffungsvolumina der Gebietskörperschaften und Sozialversicherungen vorgestellt werden können (4.2.2), müssen zunächst einige Abgrenzungsprobleme für die Analyse der Statistik diskutiert werden (4.2.1). Diese Diskussion zeigt, dass ein wachsender Anteil des Vergabevolumens nicht mehr direkt von den Gebietskörperschaften, sondern von ausgelagerten öffentlichen Fonds und Einrichtungen sowie von öffentlichen Unternehmen verausgabt wird. Schätzungen für die Sachaufwendungen und Investitionen dieser Einrichtungen werden in vorgestellt. Auf der Basis dieser Schätzungen lassen sich die Gesamtausgaben im Zeitverlauf (4.2.4) sowie erste Schätzungen zum im engeren Sinne innovationsrelevanten Vergabevolumen (4.2.5) ableiten Abgrenzungsprobleme Die Bestimmung der Beschaffungsvolumina sieht sich einem doppelten Abgrenzungsproblem gegenüber. Die erste Abgrenzung betrifft die verausgabenden öffentlichen Stellen. Hier lassen sich drei Gruppen unterscheiden, die eine getrennte Betrachtung erfordern und für die unterschiedliche Datenquellen herangezogen werden müssen. Es handelt sich dabei um die Gebietskörperschaften und Sozialversicherungen, deren Ausgaben in der Haushaltsstatistik erfasst werden. Ausgaben der öffentlichen Fonds, Einrichtungen und Unternehmen werden in deren Kassenabschlüssen aufgeführt. Für private Sektorauftraggeber liegen demgegenüber keine eigenen Statistiken vor. Die zweite Abgrenzung bezieht sich auf die konkreten Ausgabenposten, die als Beschaffungsvolumina angesehen werden und je nach vorheriger Abgrenzung gesondert betrachtet werden müssen. Die erste Abgrenzung betrifft die vergaberechtlich relevanten Auftraggeber. Eine Beschränkung auf die Gebietskörperschaften kann hier schnell zu Fehleinschätzungen führen, da öffentliche Aufgaben zunehmend auf eigenständige Einrichtungen ausgelagert werden. Unterschiedliche Aufgabenteilungen zwischen den Verwaltungsebenen wie beispielsweise abweichende Kommunalisierungsgrade erschweren dabei den Vergleich zwischen den Bundesländern (Braun 2008). Mit zunehmender Privatisierung und entsprechender Konzentration der Verwaltungen auf ihre Kernaufgaben geht zudem eine Budgetflucht einher. Werden Aufgaben von ausgegliederten Einheiten mit eigener Rechnungslegung übernommen, gehen deren Ausgaben auch dann nicht mehr in die öffentlichen Haushalte ein, wenn sich die Einrichtungen im Eigentum der Gebietskörperschaften befinden. Die Ausgliederung kann dabei sehr unterschiedliche Formen annehmen. An drei Fällen zeigt etwa Struck (2004: 59 f.) beispielhaft, wie ähnliche Aufgabenbereiche in Einrichtungen mit unterschiedlichen Rechtsformen ausgegliedert wurden. Das Gebäude- und Liegenschaftsmanagement der Bundeswehr wurde von der gebb als Unternehmen in privatrechtlicher Form übernommen, das Gebäudemanagement Schleswig-Holstein firmiert demgegenüber als Anstalt des öffentlichen Rechts und in Nordrhein-Westfalen ist der Bau- und Liegenschaftsbetrieb NRW als Sondervermögen des Landes mit derlei Aufgaben betraut. Ausgelagerte Einrichtungen werden in den Kassenabschlüssen der öffentlichen Fonds, Einrichtungen und Unternehmen gesondert geführt (Schulze-Steikow 2008: 98). Die Daten werden durch eigene Erhebungen mit Berichtspflicht der Einrichtungen erhoben. Durch die Gewährung hinreichender Beantwortungsfristen erreicht die Statistik bei weitem nicht die Aktualität der Haushaltsstatistik. Die Berichte liegen erst etwa 27 Monate nach Abschluss des Berichtszeitraums vor (Statistisches Bundesamt 2005). Zudem werden die Statistiken nicht in allen Ländern mit dem gleichen Detailgrad veröffentlicht. Das gemeinsame Publikationsverzeichnis der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder (2009b: 263 f.) weist nur für Baden-Württemberg, Niedersachen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Sachsen und Thüringen entsprechende Veröffentlichungen aus. Bundesweit aggregierte Angaben finden sich im Statistischen Jahrbuch von Destatis. Zudem ste- 59

60 4 Statistiken zum öffentlichen Auftragswesen in Deutschland 4.2 Schätzung des Vergabevolumens auf der Basis öffentlicher Statistik hen die entsprechenden Mikrodaten für vertiefte Analysen beim Forschungsdatenzentrum zur Verfügung (Statistische Ämter des Bundes und der Länder 2009a). Darüber hinaus unterliegen rein privatwirtschaftliche Sektorauftraggeber den vergaberechtlichen Bestimmungen. Statistisch lassen sich diese Unternehmen nur schwer abgrenzen. Statistische Grundlage könnten allenfalls allgemeine Branchenstatistiken liefern, die dann um den Anteil der öffentlichen Unternehmen bereinigt werden müssten. Angesichts des geringen Detailgrades der Schätzungen würde ein solches Vorgehen jedoch zwangsläufig große Fehlerquellen eröffnen, deren Volumen leicht die angestrebte Korrektur übertreffen könnte. Zudem unterliegt die juristische Korrektur einem steten Wandel. Während der Bereich der Telekommunikation bereits früh vom Vergaberecht befreit wurde, unterlagen noch bis vor einigen Jahren private Energieversorger den entsprechenden Bestimmungen. Bei privaten Krankenhäusern lässt sich aktuell noch eine juristische Diskussion ausmachen, ob sie nach dem Vergaberecht auszuschreiben haben oder nicht. Der Bereich der privaten Sektorauftraggeber entzieht sich entsprechend weitgehend der Auswertung durch die amtliche Statistik. Angesichts der geringen politischen Beeinflussbarkeit dieser Auftraggeber erscheint deren Vernachlässigung jedoch vertretbar. Die zweite Abgrenzung betrifft die Abgrenzung der Ausgabenposten, die als Beschaffungsvolumen angesehen werden können. Für die Gebietskörperschaften und die Sozialversicherungen werden die entsprechenden Angaben in der Haushaltsstatistik zusammengeführt, die hier in der finanzwirtschaftlichen Darstellung herangezogen wird (vgl ). Die öffentlichen Haushalte setzen sich dabei aus drei großen Ausgabenblöcken zusammen: den Personalausgaben, den Sachausgaben und den Transferzahlungen. Für die Schätzung der Beschaffungsvolumina erweisen sich nur die Sachausgaben und Investitionen als relevant. Anhand der Länderhaushalte lässt sich anschaulich zeigen, dass diese Posten insgesamt nur einen geringen Anteil am Gesamthaushalt haben. Der gemeinsame Webauftritt der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder (2009c) weist für das Jahr 2008 Gesamtausgaben von Ländern und Gemeinden in Höhe von 380 Mrd. Euro aus, wovon die Personalausgaben 145 Mrd. Euro ausmachen. Die vom Statistischen Bundesamt (2009a: Tab. 4.1) veröffentlichten Kassenergebnisse weisen Ausgaben der Länder von 278 Mrd. Euro und Personalausgaben von 103 Mrd. Euro aus. Von den verbleibenden 175 Mrd. Euro entfallen nur 36 Mrd. Euro auf den laufenden Sachaufwand und auf die Sachinvestitionen, die übrigen 139 Mrd. Euro beinhalten nach volkswirtschaftlicher Darstellung Zinsausgaben, Zuwendungen und Ausgaben der Kapitalrechnung. Noch deutlicher zeigt sich der geringe Anteil bei den Sozialversicherungen. Wie oben bereits beschrieben gehen in die Eurostat-Schätzungen (vgl ) die sozialen Sachleistungen vollständig ein. Der sonstige laufende Sachaufwand der Sozialversicherungen, der sich im Jahr 2006 auf 151 Mrd. Euro belief, setzt sich jedoch zum Großteil aus faktischen Transferzahlungen wie etwa Fallpauschalen an Krankenhäuser oder Ärzte zusammen. Die originären Beschaffungsvolumina der Sozialversicherungen belaufen sich auf nicht mehr als 6,5 Mrd. Euro (Statistisches Bundesamt 2008a: Tab. 4.2). Das Statistische Bundesamt schätzt das Volumen auf nur rund 1,2 Mrd. Euro 6. Dabei dürfte es sich im Wesentlichen um allgemeinen Verwaltungsbedarf handeln, der für die Innovationsorientierung der Beschaffung von nur untergeordneter Bedeutung ist. Für die Vergleichbarkeit der Haushaltsstatistik in der Zeit ergeben sich einige Schwierigkeiten. Neben der bereits beschriebenen Ausgliederung von Tätigkeiten und der Einrichtung oder Auflösung von Sondervermögen wie etwa dem Fonds Deutsche Einheit oder Lastenausgleichsfond zum führen Umstellungen der Ausgaben- und Einnahmenstruktur zu Brüchen. Für die finanzwirtschaftliche Darstellung ergibt sich daraus eine eingeschränkte Vergleichbarkeit mit den Jahren vor 2001 (Statistisches Bundesamt 2008a: Qualitätsbericht Punkt 6 & 11). Änderungen im 6 Vgl. hierzu das Schreiben des Präsidenten des Statistischen Bundesamtes, Herrn Egeler, an den Vorsitzenden des Beirats der Wegweiser GmbH Berlin, Herrn Dr. von Dohnanyi vom sowie die E- Mail von Herrn Rehm vom Statistischen Bundesamt an den Geschäftsführer der Wegweiser GmbH Berlin, Herrn Lorenz, vom

61 4 Statistiken zum öffentlichen Auftragswesen in Deutschland 4.2 Schätzung des Vergabevolumens auf der Basis öffentlicher Statistik Rahmen der Revisionen der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung spielen demgegenüber mit Abweichungen in den Gesamtausgaben von wenigen Promille nur eine untergeordnete Rolle (Braakmann et al. 2005). Die Abgrenzung der Beschaffungsvolumina der öffentlichen Fonds, Einrichtungen und Unternehmen erweist sich als deutlich ungenauer. Aufgrund der doppischen Haushaltsführung dieser Einrichtungen steht nur die Abgrenzung nach der betriebswirtschaftlichen Rechnungslegung zur Verfügung. Eine Bestimmung der vergaberelevanten Ausgaben erweist sich somit als ungleich schwerer. Analog zum vom Statistischen Bundesamt vorgeschlagenen Vorgehen (vgl. Fußnote 6.) gehen hier nur der Zugang an Sachvermögen sowie der Materialaufwand aus Roh-, Hilfs-, Betriebsstoffen und Waren in die Schätzung ein. Statt einer Aufteilung nach Aufgaben erlaubt die Statistik eine Differenzierung nach Wirtschaftsbereichen Schätzung der Vergabevolumina der öffentlichen Haushalte Wie bereits beschrieben liefert die Haushaltsstatistik eine detailreiche Aufstellung der Ausgaben des öffentlichen Gesamthaushaltes nach Ausgabenarten und Funktionen. Analysen zur Vergleichbarkeit der Ausgaben zwischen einzelnen Bundesländern haben jedoch die Grenzen dieser Darstellung aufgezeigt. So nimmt die Genauigkeit der Angaben mit zunehmenden Detailgrad ab, wobei sich die Abgrenzung der Ausgabenarten als belastbarer erweist als diejenige nach Funktionen (Braun 2008). Hinzu kommt das strukturelle Problem, dass die Angaben nicht auf die Fragestellung nach dem Volumen beschaffter Produkte und Dienstleistungen zugeschnitten sind. Entsprechende Unschärfen bleiben also bei der Schätzung von Vergabevolumina unvermeidlich. Für das Jahr 2006 weisen die Rechnungsergebnisse des öffentlichen Gesamthaushalts Sachinvestitionen und Sachausgaben in Höhe von 115 Mrd. Euro aus. Bezogen auf das BIP von 2,3 Mrd. Euro (Statistisches Bundesamt 2009b: Tab. 1.1) ergibt sich daraus ein Anteil von 4,95%. Bemessen am BIP ergibt sich also ein Beschaffungsvolumen, das in ähnlicher Größenordnung auch vom Statistischen Bundesamt für die 1990er Jahre berichtet wurde (vgl ). Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass die hier verwendeten Schätzungen über denen des Statischen Bundesamtes liegen. Im seinem Schreiben (vgl. Fußnote 6) beziffert Destatis das Beschaffungsvolumen von Bund, Ländern und Gemeinden im Jahr 2006 mit 93 Mrd. Euro. In der Zeitreihe ergibt sich somit ein deutlich sinkender Anteil der Bedeutung öffentlicher Beschaffung, worin sich der Rückgang der Staatstätigkeit deutlich widerspiegelt. Die Aufteilung des Beschaffungsvolumens auf die Verwaltungsebenen sind in Abbildung 4-01 wiedergegeben. Die Aufteilung deckt sich etwa mit derjenigen, die auch vom BMI und damaligen BMWA veröffentlicht wurde (vgl ). Bund und Länder haben etwa einen Anteil von einem Viertel, die Kommunen verausgaben nahezu die Hälfte des gesamten Beschaffungsvolumens. Der Anteil der Sozialversicherungen bleibt demgegenüber vergleichsweise gering. Abb. 4-01: Verteilung des Sachaufwands und der Sachinvestitionen nach Verwaltungsebene im Jahr

62 4 Statistiken zum öffentlichen Auftragswesen in Deutschland 4.2 Schätzung des Vergabevolumens auf der Basis öffentlicher Statistik Die Aufteilung des Sachaufwandes und der Sachinvestitionen nach Ausgabenarten (vgl. Abbildung 4-02) zeigt die große Bedeutung des Baubereichs für die Bereitstellung öffentlich nachgefragter Aufträge. Der immobilienbezogene Sachaufwand, in dem sowohl Bewirtschaftungs- und Unterhaltungskosten für Immobilien und Liegenschaften als auch Pachten und Mieten zusammengefasst wurden, macht nahezu 20% der Gesamtausgaben aus. Mit 22,4% gehen Baumaßnahmen in die Statistik ein. Das Volumen der Baumaßnahmen übersteigt damit das Volumen sonstiger Sachinvestitionen um den Faktor drei. Zwischen den Verwaltungsebenen zeigen sich insgesamt nur geringe Unterschiede. Allenfalls eine größere Bedeutung des immobilienbezogenen laufenden Sachaufwands sowie eine geringfügig größere Bedeutung von Baumaßnahmen lassen sich bei den Kommunen konstatieren. Eine Auffälligkeit ergibt sich nur beim sonstigen laufenden Sachaufwand, der bei den Ländern mit einem Anteil von 24% ungewöhnlich hoch ausfällt. Abb. 4-02: Verteilung des Sachaufwands und der Sachinvestitionen nach Ausgabenarten im Jahr 2006 Für welche Funktionen die vergebenen Aufträge vorgesehen waren, ergibt sich aus Abb Das Volumen verteilt sich recht gleichmäßig über die aufgeführten Aufgabenbereiche. Bildung und Forschung sowie Verkehrs- und Nachrichtenwesen haben dabei nach den übrigen Aufgaben mit jeweils etwa 16% den größten Anteil. Soziale Sicherung mit 13% und Wohnungswesen sowie Verteidigung erreichen mit jeweils gut 10% ebenfalls noch zweistellige Anteilswerte. Politik und zentrale Verwaltung, Sicherheit und Ordnung sowie Gesundheit und Umwelt bewegen sich demgegenüber zwischen 8 und 4%. Abb. 4-03: Verteilung des Sachaufwands und der Sachinvestitionen nach Aufgabenbereichen im Jahr 2006 Die Aufteilung nach Aufgabenfeldern gibt allerdings nur einen groben Hinweis auf die Art der beschafften Produkte und Dienstleistungen. So verbergen sich hinter den Ausgaben für Verteidigung sowohl Produkte des allgemeinen Geschäftsbedarfs, als auch modernste Waffentechnik. Angesichts der oben beschriebenen Beschränkungen der Datenbasis sowie der Datenverfügbarkeit lässt sich diese Schwierigkeit nur unter Inkaufnahme größerer Unsicherheiten begegnen. Verbietet sich daher eine genaue Aufschlüsselung nach Ausgabenarten und Aufgaben, lassen sich durch die Kombination der beiden Kategorisierungen etwas genauere Einblicke in die Art der beschafften Produkte und Dienstleistungen gewinnen. 62

63 4 Statistiken zum öffentlichen Auftragswesen in Deutschland 4.2 Schätzung des Vergabevolumens auf der Basis öffentlicher Statistik Abbildung 4-04 gibt die Anteile nach Aufgaben wieder, bei denen die Ausgaben für Baumaßnahmen sowie für Unterhaltung und Betrieb heraus gerechnet wurden. Am Beispiel der Aufwendungen für das Verkehrs- und Nachrichtenwesen zeigen sich die dadurch bewirkten Veränderungen am anschaulichsten. Von den insgesamt 15,8% entfallen 9,5% auf die Errichtung neuer Verkehrswege und Nachrichteninfrastruktur. Bei 4% sonstiger Sachaufwendungen für diesen Aufgabenbereich entfallen etwa 2,3% auf die Unterhaltung und Bewirtschaftung der vorgehaltenen Infrastruktur. Ähnlich hohe Anteile von Baumaßnahmen sowie Bewirtschaftung und Unterhaltung lassen sich im Wohnungswesen (4,5 von 10,8%), aber auch im Bereich von Bildung und Forschung (7,4 von 15,9%) finden. Abb. 4-04: Verteilung des Sachaufwands und der Sachinvestitionen nach Aufgaben sowie nach Baumaßnahmen und Unterhaltungs- und Bewirtschaftungsausgaben im Jahr Schätzung der Vergabevolumina öffentlicher Fonds, Einrichtungen und Unternehmen Die in den vergangenen Jahren stetig sinkende Staatsquote erklärt sich zu einem beachtlichen Teil durch die Privatisierung von Aufgaben sowie die Auslagerung von öffentlichen Aufgaben in selbständige Einheiten. So sank die Staatsquote von 51,4% in 1995 auf 43,2% in 2006, was die wachsende Bedeutung der Berücksichtigung von öffentlichen Fonds, Einrichtungen und Unternehmen (kurz: öffentlicher Einrichtungen) (Schulze-Steikow 2008: 100) zeigt. Ende 2005 wurden solcher Einrichtungen statistisch erfasst, von denen auf kommunaler Ebene agierten, 8% auf Länderebene und nur 2% auf Bundesebene. Nur noch 29% dieser Einrichtungen wurden als Eigenbetriebe geführt, die große Mehrheit firmierte unter privater Rechtsform. Die Branchenschwerpunkte lagen im Bereich des Grundstücks- und Wohnungswesens (15%), der Entsorgung (14%), der Wasserversorgung (13%), der Erbringung von wirtschaftlichen Dienstleistungen (10%), dem Gesundheits-, Veterinär- und Sozialwesen (9%) und der Energieversorgung (8%) (Schulze- Steikow 2008: 105). Welche Bedeutung diese Einrichtungen inzwischen erreicht haben, zeigen beispielhaft Untersuchungen zu einzelnen Fragestellungen oder Gebietskörperschaften. In Nordrhein-Westfalen haben die Personalausgaben bereits die in den Kernhaushalten ausgewiesenen überstiegen (Emmerich 2006). Bei den kommunalen Unternehmen insgesamt liegen die Investitionsausgaben bereits auf dem Niveau der kommunalen Kernhaushalte (Reidenbach 2006). Ähnliche Ergebnisse liefert auch eine Studie über die 112 kreisfreien Städte (ohne Stadtstaaten) in Deutschland. Obwohl das Untersuchungsdesign der Studie einige öffentliche Unternehmen wie Sparkassen systematisch nicht berücksichtigen konnte, haben die kommunalen Unternehmen einen Anteil zwischen einem Drittel und der Hälfte an den Pro-Kopf-Einnahmen, -Investitionen und -Schulden. Mit etwa einem Viertel fällt der Auslagerungsgrad beim Personal sowie bei den freiwilligen Leistungen geringer aus (Haug 2009). 63

64 4 Statistiken zum öffentlichen Auftragswesen in Deutschland 4.2 Schätzung des Vergabevolumens auf der Basis öffentlicher Statistik Die Einzelergebnisse verdeutlichen bereits, dass auch für die Beschaffung der öffentlichen Einrichtungen beträchtliche Volumina zu erwarten sind, die denen der Kernhaushalte kaum nachstehen. Auch hier bieten die verfügbaren amtlichen Statistiken jedoch unterschiedliche Näherungswege an. Einen indirekten Weg zur Bestimmung der Auftragsvolumina der Sektorauftraggeber bieten die Schätzungen von Eurostat. Wie dargestellt erlauben die im Internet veröffentlichten Statistiken eine Bestimmung der Schätzungen zum gesamten Beschaffungsvolumen. Für das Jahr 2005 belief sich diese Schätzung auf 364 Mrd. Euro. Von dieser Summe lassen sich die etwa im Jahrbuch des Statistischen Bundesamtes (2006) veröffentlichten Positionen der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung, die in dieser Schätzung berücksichtigt wurden, abziehen. Bei diesem Vorgehen ergibt sich eine Schätzung für das Vergabevolumen der Sektorauftraggeber von 73 Mrd. Euro im Jahr 2005 und von 72 Mrd. Euro im Jahr Die im Jahrbuch des Statistischen Bundesamtes (2008b: ) veröffentlichten Rechnungsergebnisse der öffentlichen Fonds, Einrichtungen und Unternehmen erlauben weitere Schätzungen. Das Statistische Bundesamt selbst (vgl. Fußnote 6) setzt für die Beschaffungsvolumina nur den Zugang an Sachvermögen (37 Mrd. Euro in 2005) sowie den Materialaufwand aus Roh-, Hilfs-, Betriebsstoffen und Waren (77 Mrd. Euro in 2005) an. Der gesamte Materialaufwand belief sich demgegenüber im Jahr 2005 auf 132 Mrd. Euro. Das tatsächliche Beschaffungsvolumen dürfte sich somit im Jahr 2005 zwischen 114 und 132 Mrd. Euro bewegt haben. Die Angaben zu den von Eurostat erfassten Sektorauftraggebern lassen sich nicht direkt mit den Angaben zu den öffentlichen Einrichtungen vergleichen. Bei den öffentlichen Fonds, Einrichtungen und Unternehmen handelt es sich nicht ausschließlich um Sektorauftraggeber. Es werden somit deutlich mehr Leistungserbringer der öffentlichen Hand erfasst als nur die Sektorauftraggeber im öffentlichen Eigentum. Zugleich bilden jedoch auch die Sektorauftraggeber keine Untergruppe der öffentlichen Einrichtungen. Auch rein private Unternehmen können den Bestimmungen des Vergaberechts unterliegen, wenn sie Dienstleistungen im allgemeinen öffentlichen Interesse auf den Gebieten Trinkwasser- und Energieversorgung sowie Verkehr anbieten. Entsprechend beinhalten die Schätzungen für die Sektorauftraggeber auch Vergabevolumina, die durch die Rechnungsergebnisse der öffentlichen Fonds, Einrichtungen und Unternehmen nicht erfasst werden. Welches Vergabevolumen durch die Rechnungsergebnisse nicht erfasst wird, lässt sich nur schwer bestimmen. Allerdings deuten die nachfolgenden Ergebnisse auf eine vergleichsweise geringe Bedeutung. Selbst bei konservativer Schätzung erreichten die öffentlichen Einrichtungen, die in den Bereichen Trinkwasser- und Energieversorgung sowie Verkehr tätig sind, ein Vergabevolumen von 66 Mrd. Euro im Jahr 2005 (vgl. Abbildung 4-05). Der gesamte Materialaufwand lag mit knapp 80 Mrd. Euro sogar über den Schätzungen von Eurostat für alle Sektorauftraggeber. Der Fehler der Schätzungen, der durch die Vernachlässigung der privaten Sektorauftraggeber entsteht, dürfte somit im einstelligen Milliardenbereich liegen und angesichts des Gesamtvolumens vernachlässigenswert sein. Für die nachfolgenden Darstellungen werden daher die unteren Schätzungen für die öffentlichen Fonds, Einrichtungen und Unternehmen herangezogen. Die Angaben werden im Statistischen Jahrbuch nach Rechtsform und nach Wirtschaftsbranchen aufgeschlüsselt. Eine Aufteilung nach Ausgabenarten und Aufgaben findet sich nicht. Die Branchenaufteilung legt jedoch nahe, welche Produktgruppen in erster Linie beschafft wurden. Die nachfolgende Abbildung 4-05 gibt die Verteilung des Vergabevolumens von 114 Mrd. Euro nach Branchenzugehörigkeit für das Jahr wieder. 7 Die Angaben aus Bremen beziehen sich auf das Jahr In den Jahrgängen des Statistischen Jahrbuchs lassen sich immer wieder Hinweise auf teilweise nicht aktuelle Daten finden. Für den in der Folge betrachteten Zeitraum beziehen sich diese weniger aktuellen Daten jedoch auf kleinere Bundesländer, sodass das Gesamtergebnis hierdurch nur unwesentlich beeinträchtigt werden dürfte. 64

65 4 Statistiken zum öffentlichen Auftragswesen in Deutschland 4.2 Schätzung des Vergabevolumens auf der Basis öffentlicher Statistik Abb. 4-05: Verteilung der geschätzten Vergabevolumina der öffentlichen Einrichtungen nach Branchenzugehörigkeit im Jahr 2005 Gegenüber dem Jahr 2004 erweisen sich nahezu alle angegebenen Volumina als weitgehend stabil. Eine Ausnahme hiervon bildet jedoch der Bereich der Energieversorgung, dessen geschätztes Beschaffungsvolumen von knapp 34 Mrd. Euro in 2004 auf über 52 Mrd. Euro in 2005 gestiegen ist. Diese Erhöhung ergibt sich wiederum ausschließlich aus gestiegenen Aufwendungen für Rohstoffe und Waren. Die Erhöhung des Beschaffungsvolumens zwischen diesen beiden Jahren dürfte also nahezu ausschließlich auf gestiegene Energiepreise zurückzuführen sein. Angesichts der zu erwartenden Entwicklung der Energiepreise dürfte die Bedeutung der Energieversorgung für das Beschaffungsvolumen der öffentlichen Einrichtungen weiterhin von überragender Bedeutung sein. Neben den Diensten von allgemeinem öffentlichem Interesse, die mit den Bereichen Verkehr (8,5%), Wasserversorgung (3,5%) und Energieversorgung (46%) insgesamt 58% des Beschaffungsvolumens verausgaben, spielen noch das Kredit- und Versicherungswesen sowie das Gesundheitswesen eine wichtige Rolle. Öffentliche Banken und Krankenhäuser dürften den größten Teil der zehn bzw. zwölf Mrd. Euro in diesen Bereichen verausgabt haben. Grundstücks- und Wohnungswesen sowie Abwasser und Entsorgung haben mit jeweils sechs Mrd. Euro ebenfalls einen nennenswerten Anteil am Vergabevolumen Schätzung der Gesamtvolumina in der Zeitreihe Auf der Basis der Auswertungen der beiden Datenquellen lassen sich nun Schätzungen für das gesamte öffentliche Vergabevolumen ableiten. Die Genauigkeit dieser Schätzungen wurde bereits hinreichend diskutiert. Während das hier gewählte Vorgehen die Volumina der Gebietskörperschaften eher überschätzen dürfte, gehen für die Volumina der öffentlichen Einrichtungen sehr konservative Schätzungen in die Darstellung ein. Zudem bleiben die privaten Sektorauftraggeber unberücksichtigt. Die Betrachtung der Vergabevolumina über die Zeit sieht sich einer weiteren Restriktion gegenüber. Betrachtet man längere Zeitreihen, müssen Änderungen in der statistischen Erfassung von Haushaltsposten berücksichtigt werden. Eine solche Änderung ergab sich beispielsweise im Jahre 1998 dadurch, dass Krankenhäuser nicht mehr durch die öffentlichen Haushalte, sondern durch die Rechnungslegung öffentlicher Unternehmen erfasst wurden. Ein weiteres Beispiel ist die grundlegende Revision der Zuordnung von Aufgaben und Ausgabenarten zwischen den Jahren 2001 und Vergleiche, die auf diese Kategorien zurückgreifen, lassen sich über den Zeitraum hinweg kaum durchführen. 65

66 4 Statistiken zum öffentlichen Auftragswesen in Deutschland 4.2 Schätzung des Vergabevolumens auf der Basis öffentlicher Statistik Angesichts der methodischen Schwierigkeiten und der für die neunziger Jahre nicht lückenlosen Verfügbarkeit der Ausgaben der öffentlichen Einrichtungen beschränkt sich diese Darstellung auf den Zeitraum von 2001 bis Abbildung 4-06 gibt die geschätzten Volumina für diesen Zeitraum nach Arten von Auftraggebern getrennt wieder. Die Schätzungen wurden analog zur obigen Darstellung durchgeführt und beruhen auf den entsprechenden Tabellen der Statistischen Jahrbücher sowie der Rechnungsergebnisse des öffentlichen Gesamthaushalts über die jeweiligen Jahre. Abb. 4-06: Geschätzte Vergabevolumina zwischen 2001 und 2006 (in Mrd. Euro) Projekt Einkäufer Staat Insgesamt lässt sich eine beachtliche Konstanz bei den Ausgaben der Gebietskörperschaften und der Sozialversicherungen beobachten. Die Volumina schwanken während des Beobachtungszeitraums uneinheitlich zwischen etwa 111 und 116 Mrd. Euro. Entsprechend lässt sich von einem geringfügigen, realen Rückgang der Beschaffungsvolumina ausgehen. Relativ größeren Schwankungen sind die Volumina der öffentlichen Einrichtungen ausgesetzt. Insbesondere der bereits beschriebene Anstieg der Rohstoffkosten führte zu einer deutlichen Steigerung vom Jahr 2004 auf das Jahr 2005, die sich auch im Jahr 2006 fortgesetzt hat. Dieser Anstieg markiert zugleich die größten Schwankungen der Gesamtvolumina. Hatte die öffentliche Beschaffung im Jahr 2004 noch einen Gesamtanteil am BIP von 9,3%, stieg er im Jahr 2005 auf 10,1% und im Jahr 2006 auf 10,6% Schätzung innovationsrelevanter Volumina Die Bestimmung der Gesamtvolumina steckt den Rahmen ab, innerhalb dessen sich die innovationsrelevanten Beschaffungen bewegen. Die Bestimmung der innovationsrelevanten Volumina selbst erweist sich als alles andere als trivial. Zunächst verbleibt das Problem der nur groben Kategorisierung der Ausgaben. Die hier dargestellten Ausgabenarten und Aufgabenbereiche erlauben nur eine vage Zuordnung der verausgabten Summen zu konkreten Produktgruppen. Aber auch bei einer detaillierten Analyse der beschafften Produkte und Dienstleistungen verbleibt das Problem der Bestimmung des inhärenten Innovationspotenzials. Die doppelte Schwierigkeit erfordert ein zweistufiges Vorgehen. Die Hightech-Strategie der Bundesregierung (BMBF 2006; 2007) beschreibt zehn Technologiebereiche und Dienstleistungen sowie sechs Querschnittsthemen mit besonderem Innovationspotenzial für Deutschland. Insbesondere die beschriebenen Technologiebereiche eröffnen die Möglichkeit, relevante Vergabevolumina zu identifizieren. Nach dem Volumen bedeutendster Bereich ist derjenige der Energietechnolo- 66

67 4 Statistiken zum öffentlichen Auftragswesen in Deutschland 4.2 Schätzung des Vergabevolumens auf der Basis öffentlicher Statistik gien. Mit geschätzten gut 52 Mrd. Euro stellten die Energieversorger den bei weitem größten Einzelposten im Jahr Zudem können Baumaßnahmen zur energetischen Gebäudesanierung ebenso für diesen Innovationsbereich relevant sein, wie die zunehmende Installation von Kleinund Kleinstkraftwerken. Auf öffentlichen Gebäuden installierte Photovoltaikanlagen müssen hier ebenso genannt werden, wie Kleinstanlagen mit Kraft-Wärme-Koppelung, deren überschüssiger Strom in die öffentlichen Netze eingespeist werden kann. Auch über die in den Sachausgaben und Investitionen der Energieversorger nicht erfassten innovationsrelevanten Ausgaben zeigt das Beispiel der Energietechnologien die Schwierigkeit der Abgrenzung. Von den gut 52 Mrd. Euro werden nur 4,3 Mrd. Euro investiert. Während dieses Investitionsvolumen als weitgehend relevant eingestuft werden kann, ergibt sich der übrige Materialbedarf weitgehend aus den in der Vergangenheit getroffenen Investitionsentscheidungen. Bei Laufzeiten von Großkraftwerken von 40 Jahren und mehr wird deutlich, dass die Ausgaben für Rohstoffe mittelfristig kaum disponiert werden können. Dennoch beinhalteten auch die Rohstoffausgaben langfristig enorme Innovationspotenziale. Können beispielsweise fossile Energieträger durch regenerative Energien ersetzt werden, werden die zuvor gebundenen Mittel zu möglichen Promotoren für innovative Lösungen. Die Zeitdimension ist somit ebenfalls maßgeblich für die Bestimmung der Innovationsrelevanz. Die Bestimmung der innovationsrelevanten Volumina anhand der amtlichen Statistik bleibt also mit Unschärfen belastet, erlaubt jedoch die Bestimmung potenziell relevanter Volumina. Im Einzelnen lassen sich den Technologiefeldern folgende Ausgaben zuordnen (vgl. Abbildung 4-04 und Abbildung 4-05): 8 Gesundheitsforschung und Medizintechnik: 12,26 Mrd. Euro im Bereich Gesundheit, Veterinär- und Sozialwesen der öffentlichen Einrichtungen, davon 4,59 Mrd. Euro Zugang an Sachanlagen; 2,27 Mrd. Euro im Bereich Gesundheit, Umwelt, Sport und Erholung der öffentlichen Haushalte. Sicherheitstechnologien: 10,71 Mrd. Euro im Bereich Verteidigung und 4,96 Mrd. Euro im Bereich Sicherheit und Ordnung der öffentlichen Haushalte Energietechnologien: 52,49 Mrd. Euro im Bereich Energieversorgung der öffentlichen Einrichtungen, davon 4,31 Mrd. Euro Zugang an Sachanlagen Umwelttechnologien; integrierter Umweltschutz und Ressourcenschonung: 6,53 Mrd. Euro im Bereich Abwasser und Entsorgung der öffentlichen Einrichtungen, davon 4,79 Mrd. Euro Zugang an Sachanlagen Informations- und Kommunikationstechnologien sowie Verkehr: 9,65 Mrd. Euro im Bereich Verkehr der öffentlichen Einrichtungen, davon 6,16 Mrd. Euro Zugang an Sachanlagen 4,58 Mrd. Euro im Bereich Verkehr und Nachrichtenwesen der öffentlichen Haushalte, zuzüglich 13,59 Mrd. Euro Investitionen in Bau-, Bewirtschaftungs- und Unterhaltungsmaßnahmen. Die übrigen durch die Hightech-Strategie umrissenen Innovationsfelder wie Luft- und Raumfahrttechnologien, maritime Technologien und grüne Biotechnologie lassen sich auf dieser Aggregationsebene nur schwerlich den verschiedenen Ausgabenposten zuordnen. Ebenso problematisch erscheint die Zuordnung des Dienstleistungsbereichs. Dienstleistungen liegen quer zu den durch die Statistik erfassten Branchen- und Ausgabengruppen. Zudem verbietet sich hier eine Zuordnung zu den für die öffentlichen Einrichtungen aufgeführten Dienstleistungsbranchen. Das Kre- 8 Die Angaben für die öffentlichen Einrichtungen beziehen sich auf das Jahr 2005, diejenigen zu den öffentlichen Haushalten auf das Jahr Zudem beinhalten die Angaben für die öffentlichen Einrichtungen die getätigten Bau-, Bewirtschaftungs- und Unterhaltungsausgaben, bei den öffentlichen Haushalten werden diese Angaben gesondert geführt. Details zu den Unterschieden in der Datenbasis ergeben sich aus den Ausführungen im vorherigen Kapitel. 67

68 4 Statistiken zum öffentlichen Auftragswesen in Deutschland 4.2 Schätzung des Vergabevolumens auf der Basis öffentlicher Statistik dit- und Versicherungswesen der öffentlichen Hand mag zwar innovative Lösungen anbieten, das Innovationspotenzial liegt hier jedoch eher in der Erstellung der Lösungen durch die Einrichtungen selbst. Das Beschaffungsvolumen dieser Einrichtungen in Höhe von zehn Mrd. Euro ist hiervon nicht zwangsläufig betroffen. Dabei verdienen Dienstleistungen eine besondere Beachtung. Gerade in der Ablösung einer produktbezogenen Betrachtung hin zur Bereitstellung bestimmter Leistungskennzahlen liegt ein beachtliches Innovationspotenzial. Leasing- und Contracting-Verträge liefern hierfür anschauliche Beispiele. Ist die Unterhaltung eines eigenen Fuhrparks oder der Betrieb einer Heizungsanlage mit der Beschaffung von Anlagen, Rohstoffen und Ersatzteilen verbunden, lassen sich die gleichen Aufgaben (Bereitstellung von Fahrleistungen durch bestimmte Fahrzeugtypen respektive Sicherstellung bestimmter Mindesttemperaturen in Gebäuden) durch entsprechende Dienstleistungsverträge erfüllen. Zusätzliches Potenzial ergibt sich durch die Auslagerung ganzer Aufgabenbereiche. Zuvor selbst durchgeführte Arbeiten werden aufgrund der schrumpfenden Personalausstattung öffentlicher Stellen immer häufiger als komplexe Dienstleistungsaufträge vergeben. Reinigungsaufträge zählen hierzu ebenso wie die Auslagerung komplexer Untersuchungs- und Forschungsarbeiten. Ebenfalls von enormer Bedeutung für die öffentliche Beschaffung ist der Bereich Bau, Unterhaltung und Bewirtschaftung, der nicht explizit in der Hightech-Strategie erwähnt ist. Traditionell lassen sich in diesen Branchen eher langsame Innovationszyklen beobachten. Angesichts des beachtlichen Volumens dieser Ausgaben erscheint das Ausschöpfen der vorhanden Innovationspotenziale jedoch von besonderer Wichtigkeit. Neben technischen Speziallösungen und anspruchsvollen Einzelprojekten lassen sich hier drei Bereiche mit beachtlichem Innovationspotenzial ausmachen: die energetische Sanierung bestehender und die Niedrigenergiebauweise neuer Gebäude, die Nutzung von Dächern und Heizungsanlagen zur eigenen Energiegewinnung sowie neuartige Betreibermodelle und Facility Management-Konzepte, die sich mit Elementen der Gebäudeautomatisierung verbinden lassen. Aber auch jenseits dieser auf Gebäude konzentrierten Betrachtungsweise lassen sich Innovationspotenziale ausfindig machen, die von Lärm reduzierenden Asphaltdecken über neuartige Baustoffe bis hin zu innovativen Konstruktionen als wissensintensiven Dienstleistungen reichen. Die Annäherung an die Frage nach dem innovationsrelevanten Potenzial öffentlicher Beschaffung kommt somit zu einem doppelten Ergebnis. Zum einen lassen sich in nahezu allen Produktgruppen neuartige Lösungsansätze finden. Mag das Innovationspotenzial etwa bei laufendem Bürobedarf vergleichsweise gering ausfallen, bietet die Auslagerung von Schreibdiensten möglicherweise beträchtliche Innovationspotenziale für kleinere Einrichtungen. Speziell für das Baugewebe, das Immobilienmanagement sowie für Dienstleistungen sind diese Aspekte von herausragender Bedeutung. Die Schwierigkeit, diese Potenziale zu erfassen, liegt in der unklaren und bisher kaum entwickelten Messung. Zum anderen erlauben die Angaben der amtlichen Statistik eine Annäherung an das Potenzial von Beschaffungen, die im engeren Sinne als innovativ aufgefasst werden können. Grundlage hierfür liefern die obigen Angaben zu den Volumina, die sich einzelnen Innovationsfeldern zuordnen lassen. Lässt man dabei die Ausgaben für Rohstoffe bei den Energieversorgungsunternehmen ebenso unberücksichtigt wie die Bau-, Bewirtschaftungs- und Unterhaltungsmaßnahmen, die in den öffentlichen Haushalten ausgewiesen sind, ergibt sich ein Gesamtvolumen von etwa 55 Mrd. Euro. Unterstellt man, dass durch vorherige Investitionen bestimmte Lock-in-Effekte einen beachtlichen Teil der Neuinvestitionen binden und berücksichtigt zugleich, dass es sich bei einem Teil dieser Gelder wiederum um konventionelle Produkte wie etwa Büroverbrauchsmaterialien handelt, erscheint es plausibel, von einem Anteil von einem Drittel bis zur Hälfte im engeren Sinne innovationsrelevanter Sachinvestitionen und -ausgaben in diesen Innovationsbereichen auszugehen. Folgt man dieser Ansicht, ergibt sich ein Anteil von im engeren Sinne innovationsrelevanten Beschaffungen an allen Sachausgaben von rund 10%. Diese 23 Mrd. Euro entsprechen einem Anteil am BIP von 1%. 68

69 4 Statistiken zum öffentlichen Auftragswesen in Deutschland 4.3 Auswertung von Vergabedatenbanken 4.3 Auswertung von Vergabedatenbanken Das grundsätzliche Potenzial zur Beschreibung des Vergabegeschehens durch Ausschreibungsdatenbanken wurde unter bereits beschrieben. Der Auswertung sind jedoch beträchtliche technische und systematische Grenzen gesetzt. Die Auswertungen in diesem Unterkapitel beschränken sich daher auf drei Einzelaspekte des Beschaffungswesens: auf das Einstellen von Verdingungsunterlagen auf einer Vergabeplattform, auf die Analyse von Verfahrensmerkmalen bei europaweiten Ausschreibungen am Beispiel der Zulassung von Nebenangeboten sowie auf weitere Analysen zum Vergabevolumen in innovationsrelevanten Bereichen, wobei den nur schwer erfassbaren Dienstleistungen ein besonderes Gewicht beigemessen wird. Bevor die Ergebnisse dargestellt werden, befasst sich das Unterkapitel mit den für die Auswertungen herangezogenen Datenbanken Anmerkungen zu den ausgewerteten Datenbanken Im Rahmen des Forschungsprojektes konnten drei Datenbanken hinsichtlich ihrer Aussagekraft für die Beschreibung des bundesdeutschen Vergabegeschehens herangezogen werden: die von der Work XL AG bereitgestellte etis-datenbank ( die Vergabeplattform Vergabe24 ( sowie das Supplement zum Amtsblatt der EU (ABl. S, Dabei zeigte sich bereits zu Beginn der Auswertungen, dass die etis-daten allein aufgrund ihres beträchtlichen Umfangs im Rahmen dieses Projektes nicht auszuwerten waren. Zudem führte eine vergleichsweise schwache Strukturierung der Daten und das Fehlen der Benachrichtigungen über vergebene Aufträge für nationale Vergabeverfahren dazu, dass die Auswertungsmöglichkeiten dieser Daten nicht weiter verfolgt wurden. Dabei ist jedoch zu beachten, dass die aktuell gesteigerten Ex-post-Transparenzpflichten zur Publikation vergebener Aufträge bei nationalen Ausschreibungen in der Datenbank geführt haben. Damit erhöht sich die potenzielle Aussagekraft dieser Datenbank weiter. Ein eigens zur Analyse dieser Daten aufgesetztes Projekt könnte also beträchtliche Erkenntnisfortschritte im Bereich der Deskription von Vergabeverfahren liefern, zumal in diesem Bereich nahezu keine Daten vorliegen. Die beiden übrigen Datenbanken bieten spezifischere Vorzüge, die für diese Auswertung genutzt werden. Vergabe24 hält als gemeinsames Portal mehrerer Vergabeplattformen und Ausschreibungsdienste ein breites Spektrum von Ausschreibungen bereit. Der Schwerpunkt liegt dabei auf Ausschreibungen der Bundesländer, wobei das Portal Zugang zu allen Ausschreibungen mehrerer Landesausschreibedienste gewährt. Neben dem einheitlichen Zugang und der einheitlichen Benutzerführung bietet das Portal auch den Mehrwert, direkt auf elektronisch verfügbare Verdingungsunterlagen zu verweisen. Die Anzahl der aktuellen Ausschreibungen sowie derjenigen Ausschreibungen, zu denen Verdingungsunterlagen online verfügbar sind, werden auf der Homepage veröffentlicht. Dies erlaubt, den Grad der Durchdringung elektronischer Verfahrensabwicklung bei den ausschreibenden Stellen abzuschätzen. Auf der Basis eigener Zählungen wurden die Ergebnisse nach Bundesländern und Verfahrenstypen ausgewertet. Als dritte Vergabeplattform wurde das Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union ausgewertet. In diesem Amtsblatt müssen alle Ausschreibungen sowie vergebene Aufträge oberhalb der europäischen Schwellenwerte veröffentlicht werden. Darüber hinaus lässt sich die Plattform auch zur Veröffentlichung unterschwelliger Ausschreibungen nutzen. Der entscheidende Vorteil bei der Auswertung dieser Datenbank liegt in der vergleichsweise klaren Abgrenzung der aufgenommenen Fälle. Während etwa bei etis kaum zu ermitteln ist, welche Ausschreibungen durch die Datenbank nicht erfasst sind, erlaubt die vergleichsweise restriktiv gehandhabte Veröffentlichungspflicht europaweiter Ausschreibungen eine klare Bestimmung der sich dabei ergebenden Verzerrungen. Offene Verfahren mit großen Auftragssummen sind hier vollständig erfasst und entsprechend überrepräsentiert. 69

70 4 Statistiken zum öffentlichen Auftragswesen in Deutschland 4.3 Auswertung von Vergabedatenbanken Die erfassten Verfahren lassen sich hinsichtlich ihrer Charakteristika umfassend beschreiben. So erlaubt bereits die Version des Supplements im Internet, die Online-Datenbank TED, die statistische Auswertung wesentlicher Kennziffern. Die Nutzung von Verfahrensarten lässt sich beispielsweise auf diese Weise bestimmen. Für die Auswertung nicht codifizierter Einträge in der Datenbank und die Verbindung mehrerer Charakteristika reicht die Webabfrage jedoch nicht mehr aus. Hierzu wurde die CD-ROM-Version der Datenbank einer genaueren Analyse unterzogen. Im Mittelpunkt stand dabei die Zulassung von Nebenangeboten, die während des Beobachtungszeitraums von 2006 bis 2008 bei europaweiten Verfahren nicht obligatorisch erfolgte. An diesem Beispiel lässt sich aufzeigen, dass die Datenbank ein beträchtliches Potenzial zur quantitativen Beschreibung der spezifischen Auswahl von Vergabeverfahren hat, über die sich sonst kaum Datenmaterial finden lässt. Die Konzentration auf Nebenangebote ergibt sich dabei aus einem doppelten Grund. Zum einen liegen über diesen, für die Innovationsorientierung im Rahmen der Verfahrensausgestaltung wesentlichen Punkt kaum Angaben vor. Zum anderen lässt sich die Zulassung von Nebenangeboten bei europäischen Verfahren als aktive Nutzung dieses Instrumentes interpretieren, während bei Verfahren unterhalb der Schwellenwerte der zusätzliche Rechtfertigungsaufwand bei Nicht-Zulassung zu Verzerrungen hinsichtlich dieser Fragestellung führt. Durch die klare Abgrenzung erlauben die Daten des Amtsblattes S grundsätzlich auch Ansätze zu einer Hochrechnung der Gesamtvolumina. Statt der Ausschreibungen lassen sich hierfür die Dokumente mit den vergebenen Aufträgen auswerten. Diese enthalten nicht nur die wesentlichen Verfahrensmerkmale sowie die Auftragssummen, sondern ebenso wie die Ausschreibungen eine Einordnung der Produkte nach dem gemeinsamen Vokabular für öffentliche Aufträge (CPV). Mittels dieser, von der Europäischen Kommission (2007d) auf 370 Seiten dargestellten, hierarchisch gegliederten Produktkategorien ließen sich die Ausschreibungen prinzipiell sehr detailliert kategorisieren. Sowohl für die veröffentlichten Auftragssummen, als auch für die Zuordnung nach CPV- Codes ergeben sich jedoch einige Schwierigkeiten, die einer kurzen Erläuterung bedürfen. Für die Auftragssummen ergeben sich einige Unschärfen in der Erfassung. Neben vereinzelten Fehleinträgen, der Bennennung der niedrigsten und höchsten Gebote und dem Fehlen von Einheiten erweist sich hier die abwechselnde Berücksichtigung respektive Nicht-Berücksichtigung der Mehrwertsteuer als wichtiges Problem. Auftragssummen, bei denen sich kein Hinweis auf die Berücksichtigung oder Nicht-Berücksichtigung der Mehrwertsteuer finden ließ, wurden im Rahmen dieser Untersuchung als Nettobeträge aufgefasst. Bruttowerte wurden entsprechend um den jeweils angegebenen Mehrwertsteuersatz korrigiert. In der Zeitreihe ergibt sich das weitere Problem, dass die Erfassung vergebener Aufträge im Jahr 2006 noch weit weniger stark ausgeprägt war als in den Folgejahren. Die Anzahl der veröffentlichten Dokumente hat sich von 2006 auf 2007 um 30% auf , die Anzahl der veröffentlichten Auftragswerte um 47% auf erhöht. Eine weitere Schwierigkeit für die Hochrechnung ergibt sich aus der Schiefe der Verteilung und der Zurechnung von Auftragssummen aus Großprojekten auf das Ausschreibungsjahr. Während kleine Aufträge nur selten im Amtsblatt S veröffentlicht werden und nicht der Pflicht zur Veröffentlichung der Auftragsvergaben unterliegen, können Großprojekte die durchschnittlichen Auftragssummen wesentlich beeinflussen. Die Auftragswerte verteilen sich entsprechend von vereinzelten negativen Summen etwa bei der Ausschreibung von Altpapierentsorgung bis zu einem großen Infrastrukturprojekt mit einem Gesamtvolumen von 22,3 Mrd. Euro im Jahr Dieses Großprojekt ist nahezu allein dafür verantwortlich, dass die durchschnittliche Auftragssumme im Jahr 2007 mit 4,95 Mio. deutlich über den Durchschnittwerten in den beiden anderen betrachteten Jahren mit 1,8 bis 1,9 Mio. Euro liegt. Um den skizzierten Schwierigkeiten zu begegnen, werden die nachfolgenden Angaben stets in Relation zu allen Verfahren eines Jahres angegeben, während für die mittleren Auftragswerte der Median herangezogen wird. Auf dieser Basis lassen sich zwar keine Hochrechnungen für die Gesamtvolumina erstellen, Tendenzen hinsichtlich der Auftragsvergabe lassen sich daraus jedoch durchaus ersehen. Die Zuordnung nach CPV-Codes erfolgt obligatorisch. Entsprechend lassen sich hier alle veröffentlichten und vergebenen Aufträge nach Produktgruppen einordnen. Schwierigkeiten ergeben sich hier jedoch durch die unterschiedliche Gliederungstiefe sowie die Bündelung mehrer Produkt- 70

71 4 Statistiken zum öffentlichen Auftragswesen in Deutschland 4.3 Auswertung von Vergabedatenbanken gruppen in einem Auftrag. Grundsätzlich erfolgt die Zuordnung durch die ausschreibende Stelle und dient der leichteren Auffindbarkeit von Aufträgen durch interessierte Unternehmen. Entsprechend kann die Vergabestelle sowohl alle Aspekte des Auftrags detailliert abbilden, als auch den wesentlichen Kern des Auftrags durch einen Code auf einer hohen Hierarchieebene wiedergeben. Dies führt einerseits zu vereinzelten Zuordnungen zu mehreren Dutzend CPV-Codes, was bei Großprojekten durchaus angeraten sein kann. Andererseits lassen sich die Codes schon bei einer sehr geringen Gliederungstiefe kaum mehr vergleichen. Für die nachfolgende Darstellung wurde daher nur die zweite Ebene der CPV-Codes berücksichtigt. Die Schwierigkeit der mehrfachen Zuordnung von CPV-Codes verringert sich dadurch beträchtlich, da oftmals sowohl Überkategorien als auch detaillierte Beschreibungen aus der gleichen Überkategorie angewendet wurden. Von den vergebenen Aufträgen konnten so 92,5% eindeutig einer Kategorie zugeordnet werden, nur 1,6% der Aufträge fallen in mehr als zwei Kategorien. Für die nachfolgende Darstellung wurden mehrfach ausgewiesene Aufträge in jeder der betrachteten Produktkategorien berücksichtigt. Bei weiteren Zusammenfassungen wurde analog vorgegangen, wobei sich dadurch das Problem mehrfacher Zuordnungen weiter verringert. Auf die Auswertung der Angaben der Sektorauftraggeber wurde vollständig verzichtet. Zum einen machen diese nur ein gutes Zehntel aller Aufträge aus, zum anderen kann hier nicht von einer hinreichenden Abdeckung ausgegangen werden Prozess- und Verfahrenscharakteristika Wie in Kapitel 2 diskutiert kann mit der effizienten Ausgestaltung von Beschaffungsprozessen eine indirekte Wirkung auf die Innovationsorientierung der Beschaffung verbunden sein. Effizienzgewinne schaffen Freiräume für innovative Projekte und erleichtern die Abgabe von Angeboten durch interessierte Unternehmen. Die elektronische Abwicklung ist dabei ein wesentliches Element, um die Durchführung der Vergabeverfahren effizient zu gestalten und zugleich den Zugang für Bieter zu erleichtern. Nach der elektronischen Veröffentlichung der Ausschreibungen, die sich dank der Arbeit der Beschaffungsstellen und Ausschreibungsdienste weitgehend durchgesetzt hat, stellt die elektronische Bereitstellung der Verdingungsunterlagen einen weiteren Schritt zur reibungslosen Zusammenarbeit mit möglichen Bietern dar. Einen Eindruck davon, wie sehr sich die elektronische Bereitstellung von Verdingungsunterlagen bereits durchgesetzt hat, vermittelt die Auswertung des Portals Vergabe24. Ausgewertet wurden drei beliebig ausgewählte Zeiträume von jeweils zwei Wochen im Sommer Dabei wurde einerseits nach den von Vergabe24 vorgeschlagenen Ländergruppen, bei denen Berlin, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern sowie Rheinland-Pfalz und das Saarland zusammengefasst werden, und andererseits nach Auftragskategorien wie Hochbau und Dienstleistungen unterschieden. Insgesamt konnte so für Verfahren festgestellt werden, ob die Verdingungsunterlagen elektronisch zur Verfügung gestellt wurden. Erwartungsgemäß unterscheiden sich die Ergebnisse weder nach den Zeiträumen, noch nach den betrachteten Auftragskategorien. Die Frage nach der elektronischen Bereitstellung der Unterlagen richtet sich vielmehr nach der jeweiligen Vergabepraxis in den einzelnen Bundesländern: Die Werte für die Bundesländer unterscheiden sich beträchtlich. Eine Sonderrolle nimmt dabei Bayern ein. Hier wurden für alle Verfahren die Verdingungsunterlagen elektronisch eingestellt, für die Abrufung fällt jedoch eine zusätzliche Gebühr an. Im Sinne des erleichterten Zugangs zu Ausschreibungen wird der Vorteil der elektronischen Verfügbarkeit durch die zusätzlichen finanziellen Aufwendungen konterkariert. Schließt man Bayern aus der Betrachtung aus, ergibt sich für die elektronische Abwicklung von Verfahren, zu der die Bereitstellung elektronischer Verdingungsunterlagen nur einen Baustein darstellt, ein insgesamt klares Bild. In nur drei der berücksichtigten zwölf Bundesländer liegt der Anteil der Verfahren mit elektronischen Verdingungsunterlagen bei einem zweistelligen Wert. 71

72 4 Statistiken zum öffentlichen Auftragswesen in Deutschland 4.3 Auswertung von Vergabedatenbanken Besonders Baden-Württemberg und Sachsen-Anhalt stechen mit Anteilen von etwa 30% hervor. Für alle betrachteten Verfahren ohne Bayern liegt der Anteil jedoch nur bei 7,5%. Dieses Ergebnis deutet an, dass hinsichtlich elektronischer Abwicklung, einheitlicher Veröffentlichung und leichtem Zugang zu den erforderlichen Unterlagen noch beträchtliches Optimierungspotenzial in der bundesdeutschen Beschaffung liegt. Stärker auf die Innovationsorientierung im engeren Sinne bezogen sind Fragen nach der Ausgestaltung der Vergabeverfahren, die mittels der Daten aus dem Amtsblatt S behandelt werden können. Die Wahl der Vergabeverfahren selbst ist dabei aufgrund der Überrepräsentativität offener Verfahren weniger aussagekräftig. Allenfalls die Anzahl der durchgeführten Wettbewerblichen Dialoge, die in der Datenbank vollständig aufgeführt sind, kann als schwaches Indiz für eine veränderte Innovationsneigung der Vergabestellen angesehen werden. Seit seiner Einführung sind 168 Wettbewerbliche Dialoge ausgeschrieben worden (Stand: ). Diese Verfahren verteilen sich über die Jahre erstaunlich konstant und liegen entsprechend bei etwa 40 Verfahren im Jahr. Bei den im Datensatz hauptsächlich enthaltenen Offenen Verfahren ist die Öffnung gegenüber alternativen Angeboten als angemessenes Instrument zur Steigerung der Innovationsorientierung anzusehen. Je detaillierter die Leistung beschrieben wird, desto wichtiger ist die Öffnung durch solche Verfahrenselemente. Allerdings bieten funktionale Spezifikationen in der Leistungsbeschreibung eine ähnliche Offenheit gegenüber Alternativen. Hierfür bieten die Daten des Amtsblatt S keine Hinweise. Für die Jahre 2006 bis 2008 liefern die diversen Ausgaben des ABl. S Angaben zur Zulassung von Nebenangeboten bei Verfahren. Die Anzahl der Verfahren, zu denen die entsprechenden Angaben vorliegen, steigt zwischen 2006 und 2008 kontinuierlich von etwa auf etwa Die Anzahl der Bauaufträge bleibt dabei mit etwa konstant, während Liefer- und Dienstleistungsaufträge von jeweils etwa auf steigen. Wie Abbildung 4-07 zeigt, divergiert der Anteil der Verfahren, bei denen Nebenangebote zugelassen werden, nach der Art des Auftrags beträchtlich. Liegt der Anteil bei Bauaufträgen bei nahezu 60%, werden nur bei gut 40% der Lieferaufträge und bei nicht einmal 20% der Dienstleistungsaufträge Nebenangebote zugelassen. Über alle drei Auftragsarten lässt sich ein einheitlicher Trend zu einer nachlassenden Bedeutung der Zulassung von Nebenangeboten beobachten. Der Anteil reduziert sich von 2006 auf 2007 deutlich. Die Prozentsatzdifferenz beträgt zwischen gut 13% bei Bauleistungen und 7% bei Lieferaufträgen. Deutlich abgeschwächt setzt sich der Trend auch für das Jahr 2008 fort. Auch bei einer detaillierteren Aufschlüsselung nach Produktgruppen zeigt sich diese einheitliche Entwicklung in der Zeit. Abb. 4-07: Anteil der Verfahren mit Zulassung von Nebenangeboten nach Art des Auftrags 72

73 4 Statistiken zum öffentlichen Auftragswesen in Deutschland 4.3 Auswertung von Vergabedatenbanken Die Auswertung der Nutzung von Nebenangeboten lässt einen doppelten Schluss für die aktuelle Innovationsorientierung der in Deutschland europaweit ausgeschriebenen Verfahren zu. Einerseits zählt die Zulassung von Nebenangeboten mit einem Anteil von über 44% an allen Verfahren zur gängigen Praxis. Dabei spielen Nebenangebote bei Bauaufträgen, die sich durch tendenzielle Technologieferne auszeichnen, eine besondere Bedeutung. Dies kann darauf hindeuten, dass Nebenangebote aus der Sicht der Vergabestellen bei innovativen Leistungen eine eher untergeordnete Rolle spielen und sie für andere Zwecke wie etwa der Öffnung für Kosteneinsparungen eingesetzt werden. Es ließe sich jedoch auch als Hinweis darauf verstehen, dass Nebenangebote für die Öffnung gegenüber neuen Lösungen bei innovationsfernen Bereichen eine besondere Bedeutung haben. Nebenangebote scheinen jedenfalls für hochinnovative Vorhaben eine nur untergeordnete Rolle zu spielen. Andererseits nimmt die Nutzung dieses Instrumentes in der Zeit deutlich ab. Statt einer zunehmenden Öffnung gegenüber neuen Produkten wird dieses Instrument immer seltener genutzt Entwicklung von Anzahl und Volumen vergebener Aufträge Aussagen über die Bedeutung verschiedener Produktgruppen erlauben die im ABl. S veröffentlichten vergebenen Aufträge. Über die Einschränkungen der Auswertbarkeit wurde in Abschnitt bereits ausführlich diskutiert. Der Anspruch dieser Auswertung ist es entsprechend nicht, eine verlässliche Basis für die Hochrechnung innovationsrelevanter Vergabevolumina zu liefern. Vielmehr geht es um das Aufspüren von Tendenzen hinsichtlich der Bedeutung von bestimmten Produktgruppen. Bereits die Auswertung der Ausschreibungen hat gezeigt, dass die Bedeutung von Bauaufträgen tendenziell abnimmt, während Liefer- und Dienstleistungsaufträge einen immer größeren Anteil einnehmen. Den Dienstleistungen gilt hier das besondere Augenmerk, wobei der zeitliche Verzug zwischen Ausschreibung und Bekanntgabe der Auftragsvergabe zu leichten Verzerrungen führen kann. Betrachtet man die Verteilung der Dokumente über die Produktkategorien nach zweistelligen CPV-Codes fällt zunächst erneut die große Bedeutung des Baubereichs ins Auge. Bei etwa 43% der Aufträge handelt es sich um Baumaßnahmen. Keine andere Produktgruppe erreicht auf diesem Zusammenfassungsniveau einen auch nur annähernd gleichen Anteil. Zweitwichtigste Produktkategorie bildeten mit knapp 10% Dienstleistungen in Unternehmen, gefolgt von Kraftfahrzeugen, medizinischen und optischen Geräten sowie Büromaschinen mit jeweils gut 4%. Über die drei betrachteten Jahre bleibt der Anteil der einzelnen Produktkategorien an allen veröffentlichten vergebenen Aufträgen nahezu konstant. Die größte Abweichung lässt sich bei Kraftfahrzeugen beobachten, deren Anteil von 5,0 auf 4,1% zurückgeht. Eine nennenswerte Steigerung der relativen Bedeutung lässt sich demgegenüber nur bei medizinischen und optischen Geräten ausmachen. Ihr Anteil steigt analog von 3,9 auf 4,9%. Die wachsende Bedeutung von Beschaffungen im Bereich der Medizintechnik deutet sich hier an. Um Aussagen über die Bedeutung von Dienstleistungen treffen zu können, wurden die relevanten Produktgruppen weiter zusammengefasst. Da eine Aufteilung nach wissensintensiven und anderen Dienstleistungen auf der zweiten Ebene der CPV-Codes nicht mehr sinnvoll durchzuführen ist, sich eine Berücksichtigung tieferer Gliederungsebenen aber aus den in genannten Gründen verbietet, wurde eine alternative Einteilung gewählt. Die erste Kategorie bilden die unternehmensnahen Dienstleistungen, die sowohl Forschungs- und Entwicklungsleistungen als auch Gebäudereinigung umfassen können. Insgesamt lassen sich im Bereich der unternehmensnahen Dienstleistungen jedoch eher innovative und wissensintensive Angebote vermuten. Die zweite Kategorie bilden die verwaltungsspezifischen Dienstleistungen, unter die auch Leistungen im Bereich des Recyclings und des Umweltschutzes subsumiert wurden. Die dritte Kategorie umfasst alle übrigen Dienstleistungen. 73

74 4 Statistiken zum öffentlichen Auftragswesen in Deutschland 4.3 Auswertung von Vergabedatenbanken Die Abbildungen 4-08 und 4-09 zeigen den Anteil der drei Dienstleistungskategorien an den vergebenen Aufträgen sowie den Median der Auftragssummen. Die unternehmensnahen Dienstleistungen machen den bei weitem größten Anteil unter den betrachteten Kategorien aus. Ihr Anteil bewegt sich knapp unter 15%, während die beiden anderen Kategorien zusammen einen Anteil von nicht mehr als 11% ausmachen. Abb. 4-08: Anteil der Dienstleistungstypen an den vergebenen Aufträgen Abb. 4-09: Durchschnittliches Volumen der Dienstleistungstypen an den vergebenen Aufträgen (Median in Euro) Für die Entwicklung in der Zeit zeigt sich nur bei den sonstigen Dienstleistungen ein einheitlicher Trend. Sowohl ihr Anteil an allen vergebenen Aufträgen als auch die Mediane der Auftragssummen nehmen während der Beobachtungsdauer ab. Für unternehmensnahe und verwaltungsbezogene Dienstleistungen zeigt sich dieser Trend nicht in gleicher Deutlichkeit. Während die durchschnittlichen Auftragssummen bei den verwaltungsbezogenen Dienstleistungen ebenfalls kontinuierlich abnehmen, zeigen sich die Anteilswerte hier ebenso uneinheitlich wie die Auftragssummen und Anteilswerte bei den unternehmensbezogenen Dienstleistungen. Die Auswertung zeigt somit keinen eindeutigen Trend für eine sich wandelnde Bedeutung von Dienstleistungen. Zugleich bleibt zu fragen, warum sich in den vergebenen Aufträgen der bei den Ausschreibungen zu beobachtende Trend zu einer wachsenden Bedeutung von Dienstleistungsaufträgen nicht widerspiegelt. Der Zeitverzug zwischen Ausschreibung und Bekanntmachung der Auftragsvergabe, eine höhere Quote von erfolglosen Ausschreibungen im Dienstleistungsbereich sowie deutliche Abweichungen bei der Zuordnung von Verfahrensart einerseits und Produktgruppe andererseits könnten mögliche Erklärungen hierfür sein. 74

75 4 Statistiken zum öffentlichen Auftragswesen in Deutschland 4.4 Zusammenfassung der Ergebnisse 4.4 Zusammenfassung der Ergebnisse Die Auswertung des verfügbaren Datenmaterials zum öffentlichen Beschaffungswesen in Deutschland hat einerseits beträchtliche Lücken in der statistischen Abbildung, andererseits aber auch erste Schätzungen zu Volumina und zu Verfahrenscharakteristika aufgezeigt. Für den Fortgang der Untersuchung bleibt festzuhalten: 1. Trotz der beträchtlichen öffentlichen Beschaffungsvolumina liegt keine einheitliche und belastbare Beschaffungsstatistik für die Bundesrepublik vor. 2. Mit der Haushaltsstatistik, Vergabedatenbanken und eigenen Erhebungen steht die Datenbasis für ein umfassendes Berichtswesen zur öffentlichen Beschaffung in weiten Teilen zur Verfügung. 3. Aus der Haushaltsstatistik lässt sich das Beschaffungsvolumen der Gebietskörperschaften und der Sozialversicherungen auf 115 Mrd. Euro im Jahr 2006 schätzen, was einem Anteil am BIP von 4,95% entspricht. 4. Öffentliche Fonds, Einrichtungen und Unternehmen realisieren ein ähnliches Beschaffungsvolumen, wobei die Höhe stark von den Energiepreisen abhängig ist. Andere private Sektorauftraggeber spielen demgegenüber nur eine untergeordnete Rolle. 5. Das gesamte Beschaffungsvolumen der öffentlichen Hand belief sich demnach im Jahr 2006 auf schätzungsweise 247 Mrd. Euro, was einem Anteil von 10,6% am BIP entspricht. 6. Bauaufträge und die Unterhaltung und Bewirtschaftung von Immobilien machen einen Großteil der Beschaffungsvolumina der Gebietskörperschaften aus. Bei öffentlichen Unternehmen nimmt die Energieversorgung eine überragende Stellung ein. 7. Das im engeren Sinne innovationsrelevante Beschaffungsvolumen der öffentlichen Hand lässt sich nur schwer bestimmen und dürfte etwa bei 10% des gesamten Beschaffungsvolumens liegen. 8. Die elektronische Vergabe hat sich noch nicht durchgesetzt. 9. Wettbewerbliche Dialoge machen nur einen Bruchteil an allen europaweiten Verfahren aus, für die Zulassung von Nebenangeboten lässt sich ein abnehmender Trend beobachten. 10. Bei den europaweiten Verfahren lässt sich kein genereller Trend zu einer wachsenden Bedeutung von Dienstleistungen ausfindig machen. 75

76 5 Quantitative Studie im öffentlichen Beschaffungsmarkt Deutschlands 5.1 Zielsetzung und Durchführung der Erhebung 5 Quantitative Studie im öffentlichen Beschaffungsmarkt Deutschlands 5.1 Zielsetzung und Durchführung der Erhebung Zielsetzung In den ersten Kapiteln wurden bereits die theoretischen Implikationen der Innovationsorientierung erörtert, europa-, bundes- und länderpolitische Initiativen dargestellt und anhand von Statistiken zum Öffentlichen Auftragwesen in Deutschland sowie einer Sekundäranalyse der Ausschreibungen ein erster Überblick zum öffentlichen Beschaffungsmarkt gegeben. Auf Basis dieser Erkenntnisse wurde im April 2009 eine quantitative Studie unter ca öffentlichen Einrichtungen bzw. deren Beschaffungsstellen in Deutschland durchgeführt. Diese wurde ergänzt um eine zusätzliche Befragung von Unternehmen, die im öffentlichen Sektor tätig sind. Zielsetzung ist es, die Innovationsorientierung im öffentlichen Auftragswesen auch empirisch zu betrachten und anhand einer quantitativen Grundlagenforschung fassbar zu machen. Anhand der Ergebnisse der Primäranalyse wurde zugleich der Weg für die eher qualitativ orientierten Analyseschritte des Forschungsprojektes geebnet. Mit Blick auf die Ableitung von Handlungsempfehlungen erfolgte eine Spiegelung und Validierung der Studienergebnisse anhand von 15 Experteninterviews. Diese wurden mit Einkaufsverantwortlichen im öffentlichen Auftragswesen, Entscheidungsträgern aus wirtschaftlichen Fachverbänden bzw. -vereinigungen und dem Gesundheitssektor sowie mit Unternehmen durchgeführt, die im öffentlichen Sektor aktiv sind Methodisches Vorgehen Basierend auf den theoretischen Überlegungen und ersten Erkenntnissen entwickelten die Projektpartner von Februar bis März 2009 den quantitativen Fragebogen für die öffentlichen Beschaffungsstellen. Als stark verkürzte Variante wurde ebenfalls der Fragebogen für die Unternehmen erstellt diese ergänzende Befragung war mit der Zielsetzung verbunden, die Einschätzungen der Verwaltungen auch aus einer spiegelbildlichen, unternehmerischen Perspektive heraus beurteilen zu können. Parallel zur Fragebogenkonstruktion erfolgte der Aufbau der Befragungsstichprobe. Das Fragebogendesign orientierte sich an den zu beantwortenden Forschungsfragen sowie den dafür herangezogenen theoretischen Grundlagen. Es wurde besonders darauf geachtet, die im zweiten Kapitel abgeleiteten Dimensionen der Innovationsorientierung einer öffentlichen Einrichtung zu berücksichtigen. So wurden Schwerpunkte auf die Organisation des Beschaffungswesens und der Beschaffungsprozesse einerseits sowie der resultierenden Bereitschaft zur Beschaffung von Innovationen andererseits gelegt. Der siebenseitige Fragebogen beinhaltete in seiner finalen Version die folgenden Themenbereiche: Organisation der Beschaffungsprozesse Vergabeverfahren Weiterbildungsangebote Neue Produkte und Dienstleistungen; neue Lieferanten Quellen für Innovation Der Studie lag eine Stichprobe von öffentlichen Einrichtungen aus den Verwaltungsebenen Bund, Länder und Kommunen zu Grunde. Die Stichprobe setzt sich auf Ebene des Bundes aus allen 76

77 5 Quantitative Studie im öffentlichen Beschaffungsmarkt Deutschlands 5.1 Zielsetzung und Durchführung der Erhebung obersten Bundesbehörden und Bundesoberbehörden sowie größeren öffentlichen Körperschaften, Bundesanstalten und Bundesmittelbehörden zusammen. Bei den Ländern wurden alle Landesministerien bzw. -behörden, Staatskanzleien, Landesämter, Universitäten und Hochschulen sowie teilweise auch öffentliche Unternehmen aufgenommen. Weiterhin beinhaltet die Stichprobe auf kommunaler Ebene die Verwaltungen aller deutschen Landkreise, aller Städte und Gemeinden mit mehr als Einwohnern inklusive der dazugehörigen Bauämter und zum Teil auch kommunale Unternehmen. Zur Vorbereitung der Kontaktaufnahme in der Feldphase erfolgte für jede Einrichtung im Zeitraum von Januar bis März 2009 eine Recherche der zuständigen Abteilungs- bzw. Bereichsleiter in den Bereichen Einkauf/Beschaffung bzw. Kämmerei sowie der zentralen Verwaltung. Die Kontaktaufnahme erfolgte in zwei Schritten: Zum einen wurde der Fragebogen postalisch an die Leitung der Einrichtungen versandt, zum anderen wurden die im Vorhinein qualifizierten Ansprechpartner auf elektronischem Wege um eine Teilnahme an der Studie gebeten. Die Feldphase im April 2009 dauerte insgesamt vier Wochen. Zwei Wochen nach dem Start wurde erneut an die Studie erinnert. Die Unternehmensbefragung erfolgte Mitte April Aus dem Datenbestand der Wegweiser GmbH Berlin Research & Strategy wurde eine nach Branchen gesteuerte Zufallsauswahl von Unternehmen getroffen, die im öffentlichen Sektor aktiv sind. Folgende Wirtschaftszweige wurden in der Unternehmensstichprobe berücksichtigt: Beratungsleistungen Büroausstattung, Büromöbel Büroverbrauchsmaterialien Druck-, Repro-, Versanddienstleistungen Energie und Umwelt Facility Management Fahrzeugflotten, Sonder- und Nutzfahrzeuge Forschung und Entwicklung Infrastruktur, Bau IT und Telekommunikation Lager, Logistik, Transport Sicherheit Als Hilfestellung für die kontaktierten Zielgruppen wurde im Fragebogen eine Definition des Begriffs Innovation herausgestellt, die sich in erster Linie aus den theoretischen Implikationen im zweiten Kapitel ergibt: Produkte und Dienstleistungen werden im Folgenden als innovativ bezeichnet, wenn diese in dieser Form erstmalig oder in wesentlichen Teilen erneuert auf den Markt kommen. Im Text werden, ebenfalls in Anlehnung an den zweiten Teil des Berichts, unter dem Begriff Produkt sowohl Waren als auch Dienstleistungen verstanden. Die Auswertung der Befragung erfolgte mit Hilfe gängiger Statistik-Software. Fehlende Werte wurden bei der Auswertung nicht berücksichtigt, die Zahl der gültigen Antworten wird in den folgenden Abbildungen mit (n= ) angegeben. Variiert die Anzahl der gültigen Antworten in den Darstellungen nur in einem geringen Spektrum, wird der Bereich der gültigen Antworten wie folgt angegeben: n=[, ] Rücklaufquote und Antwortstruktur der antwortenden öffentlichen Einrichtungen und im öffentlichen Sektor aktiven Unternehmen Insgesamt 265 öffentliche Einrichtungen haben sich an der Studie beteiligt, wie aus Abbildung 5-01 hervorgeht. Die Rücklaufquote von 11,5% ist angesichts des umfangreichen Fragebogens und der allgemeinen Komplexität des Forschungsthemas als überdurchschnittlich einzustufen und bildet einen repräsentativen Querschnitt. Die Rückläufer innerhalb der Verwaltungsebenen lassen 77

78 5 Quantitative Studie im öffentlichen Beschaffungsmarkt Deutschlands 5.1 Zielsetzung und Durchführung der Erhebung ebenfalls differenzierende Analysen zu. Die Unternehmensbefragung wurde von 86 Unternehmen beantwortet, so dass die Ergebnisse der öffentlichen Einrichtungen durch die Anbieterperspektive sinnvoll ergänzt werden können. Abb. 5-01: Rücklaufquote Struktur der angeschriebenen und antwortenden Einrichtungen bzw. Unternehmen Die Teilnehmer setzen sich überwiegend aus Ministerien und Behörden auf Bundes- und Landesebene sowie Landkreisen und Kommunalverwaltungen zusammen (Abbildung 5-02). Öffentliche und kommunale Unternehmen bzw. Universitäten und Fachhochschulen haben sich nur vereinzelt an der Befragung beteiligt. Abb. 5-02: Öffentliche Einrichtungen Art der Einrichtungen Für die Einrichtungsgrößen, gemessen durch die Anzahl der Mitarbeiter, ergibt sich ein relativ homogenes Bild. Knapp ein Drittel der Einrichtungen hat bis zu 250 Mitarbeiter. Die anderen drei Mitarbeiterkategorien sind in etwa gleich besetzt. 78

79 5 Quantitative Studie im öffentlichen Beschaffungsmarkt Deutschlands 5.1 Zielsetzung und Durchführung der Erhebung Abb. 5-03: Öffentliche Einrichtungen Größe der Einrichtungen nach Mitarbeitern Überwiegend im Beschaffungsbereich tätig sind durchschnittlich 13,5 Mitarbeiter (Abbildung 5-04). Kommunen weisen hierbei mit durchschnittlich zehn Beschaffern den geringsten Wert auf, Bundeseinrichtungen mit fast 24 Beschaffern den größten. Mit zunehmender Einrichtungsgröße steigt erwartungsgemäß auch die Anzahl der überwiegend im Beschaffungsbereich tätigen Mitarbeiter. Abb. 5-04: Öffentliche Einrichtungen durchschnittliche Anzahl der überwiegend im Beschaffungsbereich tätigen Mitarbeiter (nach Verwaltungsebene und Größe der Einrichtung; Angaben als arithmetischer Mittelwert) Abbildung 5-05 wiederum verdeutlicht die Größenverteilung unter den antwortenden Unternehmen, anhand des Jahresumsatzes und der Anzahl der Mitarbeiter. Mehrheitlich haben demnach kleine und mittlere Unternehmen auf die Befragung reagiert. 26% können mit einem Jahresumsatz von mehr als 250 Mio. Euro auch als Großunternehmen bzw. Konzern klassifiziert werden. Abb. 5-05: Unternehmen Unternehmensgröße nach Anzahl der Mitarbeiter und Jahresumsatz 79

80 5 Quantitative Studie im öffentlichen Beschaffungsmarkt Deutschlands 5.1 Zielsetzung und Durchführung der Erhebung Die Branchenstruktur der antwortenden Unternehmen (Abbildung 5-06) zeigt, dass diese zu ca. zwei Dritteln in den Bereichen IT und Telekommunikation, Bau und Infrastruktur sowie dem Facility Management tätig sind. Der Rest teilt sich entsprechend auf die übrigen Branchen auf. Abb. 5-06: Unternehmen Branchenstruktur Die Unternehmen wurden eingangs gefragt, ob sie sich gegenwärtig an öffentlichen Ausschreibungen und Vergaben beteiligen bzw. ob entsprechende Aktivitäten geplant sind (Abbildung 5-07). 92% der Unternehmen bestätigen dies und wiederum 63% davon geben auch an, dass öffentliche Auftraggeber einen hohen bis sehr hohen Stellenwert haben (Abbildung 5-08). Abb. 5-07: Unternehmen Beteiligung an öffentlichen Ausschreibungen und Vergaben Die teilnehmenden Unternehmen verfügen offenbar über Erfahrungswerte im öffentlichen Sektor, so dass die Ergänzung der Einschätzungen der öffentlichen Einrichtungen durch eine spiegelbildliche, unternehmerische Perspektive auch anhand der Datengrundlage sinnvoll und praktikabel erscheint (Abbildung 5-08). Abb. 5-08: Unternehmen Stellenwert öffentlicher Auftraggeber 80

81 5 Quantitative Studie im öffentlichen Beschaffungsmarkt Deutschlands 5.2 Ziele und Defizite im öffentlichen Beschaffungswesen und Stellenwert im Rahmen der Verwaltungsmodernisierung 5.2 Ziele und Defizite im öffentlichen Beschaffungswesen und Stellenwert im Rahmen der Verwaltungsmodernisierung Ziele und Defizite im öffentlichen Beschaffungswesen Einleitend wird darauf eingegangen, welche Ziele die an der Studie teilnehmenden öffentlichen Einrichtungen bei der Beschaffung verfolgen und in welchen Bereichen noch Defizite gesehen werden. Anhand der folgenden Auswertungen ist auch eine erste Einordnung des Stellenwerts der Innovationsorientierung innerhalb des Beschaffungswesens möglich. Aus Abbildung 5-09 geht zunächst hervor, welche Beschaffungsziele für die öffentlichen Einrichtungen besonders wichtig sind: Alle auf diese Frage reagierenden Einrichtungen sehen die Bedeutung der Wirtschaftlichkeit des Beschaffungswesens als wichtig bzw. sehr wichtig an. Damit einhergehend geben 96% die Kostenreduktion bzw. die Qualitätssicherung und -steigerung als prioritär an. Die Transparenz im Beschaffungsprozess und die Sicherstellung der Versorgung bei einer kontinuierlichen Orientierung an der Nachfrage der Bedarfsträger sind ebenfalls von hoher Relevanz. Die Innovationsförderung allerdings unter welcher auch der intensivere Einkauf von Produktinnovationen subsumiert wird rangiert mit 56% auf dem letzten Platz. Abb. 5-09: Öffentliche Einrichtungen Bedeutung von Beschaffungszielen (Nennungen sehr wichtig und wichtig kumuliert) Diese relative Unwichtigkeit der Innovationsförderung als Beschaffungsziel scheint in einem direkten Zusammenhang dazu zu stehen, dass hierin auch verhältnismäßig große Defizite gesehen werden (Abbildung 5-10). Die größten Defizite ( hoch und sehr hoch kumuliert) liegen zwar im Beschaffungscontrolling, die Innovationsförderung folgt jedoch mit 29% schon auf dem zweiten Platz. Nachholbedarf scheint auch bei den Produkt- und Technologiekenntnissen der Einkäufer vorhanden zu sein. Dagegen werden vergaberechtliche Aspekte von der Vorbereitung bis hin zu Bekanntmachungsabläufen sowie die Korruptionsbekämpfung als eher unkritisch eingestuft. Die gleiche Frage wurde auch den Unternehmen gestellt. Interessanterweise ist festzustellen, dass auch aus dieser Perspektive die Produkt- und Technologiekenntnisse der Einkaufsverantwortlichen als Hauptdefizit im öffentlichen Beschaffungswesen erscheinen. Besonders defizitär werden wei- 81

82 5 Quantitative Studie im öffentlichen Beschaffungsmarkt Deutschlands 5.2 Ziele und Defizite im öffentlichen Beschaffungswesen und Stellenwert im Rahmen der Verwaltungsmodernisierung terhin die Prüfung und Wertung eingegangener Angebote nach Kriterien der Wirtschaftlichkeit gesehen. Insgesamt fällt das Ausmaß der von den Unternehmen zugeschriebenen Defizite gegenüber den Einschätzungen der öffentlichen Einrichtungen deutlich höher aus. Abb. 5-10: Öffentliche Einrichtungen und Unternehmen Defizite in den Beschaffungsstellen (Nennungen hoch und sehr hoch kumuliert) Aus dieser ersten Datensichtung bleibt festzuhalten, dass Innovationsförderung zumindest als Teilaspekt der Innovationsorientierung öffentlicher Einrichtungen noch keine stark ausgeprägte Stellung genießt. Eindeutig im Vordergrund stehen die Wirtschaftlichkeit von Auftragsvergaben bei gleichzeitiger Qualitätssteigerung sowie die Kostenreduzierung. Demzufolge werden auch verhältnismäßig hohe Defizite in den Beschaffungsstellen hinsichtlich der Ausrichtung auf innovative Maßstäbe identifiziert. Die nicht zuletzt für eine Ausrichtung auf innovative Produkte notwendigen Produkt- und Technologiekenntnisse sind aus Sicht der öffentlichen Einrichtungen und Unternehmen defizitär, was eine hemmende Wirkung auf die Entwicklung der Innovationsorientierung zur Folge haben könnte. 82

83 5 Quantitative Studie im öffentlichen Beschaffungsmarkt Deutschlands 5.2 Ziele und Defizite im öffentlichen Beschaffungswesen und Stellenwert im Rahmen der Verwaltungsmodernisierung Das Beschaffungswesen im Rahmen der Modernisierungsstrategie In der Befragung wurde weiterhin erhoben, inwiefern das Beschaffungswesen in die Modernisierungsaktivitäten der öffentlichen Verwaltungen eingebettet ist. Aus Abbildung 5-11 geht zunächst hervor, dass 39% der Einrichtungen über eine Modernisierungsstrategie mit eindeutigen Zieldefinitionen verfügen. Abb. 5-11: Öffentliche Einrichtungen Modernisierungsstrategie mit eindeutigen Zieldefinitionen (nach Verwaltungsebene) Weiterführend erfolgte für diese Einrichtungen eine Abfrage der genauen Bereiche, die Gegenstand der Strategie sind. Aus Abbildung 5-12 ist ersichtlich, dass fast allen Bereichen eine hohe bis sehr hohe Wichtigkeit beigemessen wird. Das Thema Beschaffung rangiert mit geringem Abstand zu den wichtigsten drei Themen Organisation, Personal und egovernment auf dem vierten Platz. Die Wichtigkeit der Modernisierungsstrategie im Bereich Facility Management folgt mit deutlichem Abstand auf dem letzten Platz zwei Drittel der Einrichtungen sehen jedoch auch hierin ein wichtiges Thema. Abb. 5-12: Öffentliche Einrichtungen Wichtigkeit von Bereichen für die Modernisierungsstrategie* (Nennungen sehr wichtig und wichtig kumuliert) Im Abschnitt 5.7 wird die Frage des Zusammenhangs zwischen der Innovationsorientierung und der Existenz einer Modernisierungsstrategie bei öffentlichen Einrichtungen vertiefend aufgegriffen. 83

84 5 Quantitative Studie im öffentlichen Beschaffungsmarkt Deutschlands 5.3 Analyse der Beschaffungsvorgänge für das Jahr Analyse der Beschaffungsvorgänge für das Jahr 2008 Der folgende Abschnitt soll Aufschluss über die von den Studienteilnehmern jeweils angewandten Beschaffungsvorgänge geben. Im Fokus stehen hierbei auch die Vergabearten in Verbindung mit der Frage, welche aus Sicht der öffentlichen Einrichtungen besonders für die Beschaffung von Innovationen geeignet sein könnten. Ebenfalls wird thematisiert, wie die Potenziale einer stärkeren Innovationsorientierung bei Freihändigen Vergaben oder bei Öffentlich-Privaten Partnerschaften von den teilnehmenden Einrichtungen beurteilt werden Überblick der im Jahr 2008 abgewickelten öffentlichen Aufträge Einen Überblick über die Beschaffungsintensität im Jahr 2008 geben die folgenden drei Abbildungen. Die Angaben sind um Extremwerte bereinigt. Aus Abbildung 5-13 geht hervor, dass im Jahr 2008 pro Einrichtung durchschnittlich 400 öffentliche Aufträge vergeben wurden. Zwischen Landes- und Kommunaleinrichtungen gibt es dabei kaum merkliche Unterschiede. Die Bundeseinrichtungen wiederum vergeben durchschnittlich 700 Aufträge pro Jahr. Wie zu erwarten gewesen ist, besteht ein deutlicher Zusammenhang zwischen Auftragsanzahl und Einrichtungsgröße. Abb. 5-13: Öffentliche Einrichtungen durchschnittliche Anzahl der Beschaffungsvorgänge im Jahr 2008 (nach Verwaltungsebene und Größe der Einrichtung; Angabe des Median) Auch in Bezug auf das Gesamtvolumen der Beschaffungsvorgänge lassen sich Unterschiede zwischen den Verwaltungsebenen und der Einrichtungsgröße festhalten (Abbildung 5-14). Abb. 5-14: Öffentliche Einrichtungen durchschnittliches Gesamtvolumen der Beschaffungsvorgänge im Jahr 2008 (nach Verwaltungsebene und Größe der Einrichtungen; in Tausend Euro; Angabe des Median) 84

85 5 Quantitative Studie im öffentlichen Beschaffungsmarkt Deutschlands 5.3 Analyse der Beschaffungsvorgänge für das Jahr 2008 Abbildung 5-15 verdeutlicht wiederum den Anteil des Beschaffungsvolumens am Gesamtbudget der Einrichtungen. Dieser beträgt durchschnittlich 20,5%. In den Kommunen ist dieser Anteil am höchsten. Insbesondere bei kleineren Einrichtungen macht die Beschaffung von Produkten und Dienstleistungen einen bedeutenden Anteil aus, der mit zunehmender Einrichtungsgröße abnimmt. Abb. 5-15: Öffentliche Einrichtungen: Anteil des Beschaffungsvolumens am Gesamtbudget (nach Verwaltungsebene und Größe der Einrichtungen; durchschnittliche Prozentangaben als arithmetischer Mittelwert) Dieser einleitende Überblick verdeutlicht zusätzlich zu den bereits in Kapitel 4 aufgezeigten statistischen Analysen anhand von Befragungsdaten, dass die Beschaffung von Produkten und Dienstleistungen in öffentlichen Einrichtungen einen nicht zu unterschätzenden bürokratischen, finanziellen und auch zeitlichen Aufwand mit sich bringt. Inwiefern die Wahl des Vergabeverfahrens Einfluss auf die Innovationsorientierung bei der öffentlichen Beschaffung hat, soll in den folgenden Abschnitten diskutiert werden. 85

86 5 Quantitative Studie im öffentlichen Beschaffungsmarkt Deutschlands 5.3 Analyse der Beschaffungsvorgänge für das Jahr Innovationstauglichkeit der Vergabeverfahren In der Befragung wurden die Teilnehmer um eine Aussage darüber gebeten, welchen prozentualen Anteil die in Abbildung 5-16 und Abbildung 5-17 aufgeführten nationalen und europaweiten Vergabearten in Bezug auf alle im Jahr 2008 vergebenen Aufträge in etwa ausmachten. Das am wenigsten formalisierte und den Wettbewerb am stärksten beschränkende Vergabeverfahren der Freihändigen Vergabe wird demnach im nationalen, unterschwelligen Bereich mit durchschnittlich knapp 41% am häufigsten genutzt. Insbesondere auf der Ebene des Bundes wurden über die Hälfte der 2008 vergebenen Aufträge hierüber abgewickelt. Ein ergänzender Teilnahmewettbewerb im Vorfeld der Freihändigen Vergabe erfolgte bei weiteren 7% der Studienteilnehmer. Die Öffentliche Ausschreibung kommt demgegenüber lediglich auf einen Anteil von etwa 23%, obwohl dieses Verfahren die eigentlich idealtypische Regel ist, von der laut Vergaberecht nur in Ausnahmen abgewichen werden darf. Abb. 5-16: Öffentliche Einrichtungen nationale Vergabeverfahren (unterhalb der Schwellenwerte), Anteil der Vergabeverfahren an der Gesamtzahl der 2008 vergebenen Aufträge* (nach Verwaltungsebene; durchschnittliche Prozentangaben als arithmetischer Mittelwert) Vergaben oberhalb der EU-Schwellenwerte, die auch im Europäischen Ausschreibungsblatt veröffentlicht werden müssen, sind im Jahr 2008 gegenüber den nationalen Verfahren in einem deutlich geringeren Maße erfolgt, wie aus Abbildung 5-17 ersichtlich ist. Hier kommt am häufigsten das offene Verfahren zur Anwendung. Andere Verfahren wie der Wettbewerbliche Dialog haben oberhalb der EU-Schwellenwerte sehr geringe Anteilswerte. 86

87 5 Quantitative Studie im öffentlichen Beschaffungsmarkt Deutschlands 5.3 Analyse der Beschaffungsvorgänge für das Jahr 2008 Abb. 5-17: Öffentliche Einrichtungen europaweite Vergabeverfahren (oberhalb der Schwellenwerte), Anteil der Vergabeverfahren an der Gesamtzahl der 2008 vergebenen Aufträge* (nach Verwaltungsebene; durchschnittliche Prozentangaben als arithmetischer Mittelwert) Sowohl für die öffentlichen Einrichtungen als auch für die Unternehmen wurde weiterführend in einer Mehrfachnennung erhoben, welche Vergabeverfahren aus deren Sicht besonders für die Beschaffung von Innovationen geeignet sind (Abbildung 5-18). Bei den Einschätzungen der beiden Zielgruppen lassen sich deutliche Unterschiede feststellen: Entgegen der typischen Vergabepraxis, in der die Freihändige Vergabe dominiert, geben 31% der öffentlichen Einrichtungen an, dass die Öffentliche Ausschreibung besonders für die Beschaffung von Innovationen geeignet ist. Die Freihändige Vergabe ohne Teilnahmewettbewerb wird von 23% erwogen, gefolgt von der Beschränkten Ausschreibung ohne Teilnahmewettbewerb. Dies ist insofern interessant, als der hohe Standardisierungs- und Formalitätsgrad der Öffentlichen Ausschreibung auf den ersten Blick nur schwer mit den regelmäßig unstandardisierten und nicht immer marktreifen, ex ante unbekannten Produkteigenschaften einer Innovation in Einklang zu bringen ist. Auf der anderen Seite kann die Offenlegung eines Bedarfs jedoch auch die Marktsichtung erleichtern und dies gerade bei Produkten, die als Innovationen im Sinne von Marktneuheiten aufgefasst werden können. Das Ergebnis lässt sich anhand der Datengrundlage nicht abschließend klären. Im Folgenden wird aus Sicht der Unternehmen aber nochmals darauf eingegangen. Im Bereich oberhalb der EU-Schwellenwerte wiederum dominiert das offene Verfahren. Ein nicht unbedeutender, innovationstauglicher Ansatz ist neben dem Verhandlungsverfahren der Wettbewerbliche Dialog. Die Unternehmen haben hierzu eine konträre Auffassung. Im unter- und oberschwelligen Bereich werden besonders diejenigen Vergabeverfahren als innovationstauglich eingeschätzt, bei denen die geringsten Formalitäten und Standardisierungen und damit die höchsten Freiheitsgrade im Verhandlungsprozess vorliegen. Die Freihändige Vergabe und Beschränkte Ausschreibung werden 87

88 5 Quantitative Studie im öffentlichen Beschaffungsmarkt Deutschlands 5.3 Analyse der Beschaffungsvorgänge für das Jahr 2008 am häufigsten unterhalb und das Verhandlungsverfahren bzw. der Wettbewerbliche Dialog oberhalb der EU-Schwellenwerte genannt. Abb. 5-18: Öffentliche Einrichtungen und Unternehmen Innovationstauglichkeit der Vergabeverfahren (Mehrfachnennung möglich; Unternehmen: Ausprägungen sehr gut und gut kumuliert) Falls Unternehmen bereits Innovationen an die öffentliche Hand verkauft hatten, wurden sie weiterführend danach gefragt, über welches Verfahren die zuletzt verkaufte Innovation abgewickelt wurde. Aufgrund sehr geringer Fallzahlen und damit verbundener Verzerrungen erfolgt zwar keine detaillierte und grafische Auswertung, der Tendenz nach ist jedoch durchaus festzustellen, dass die Unternehmen den Verkauf von Innovationen in erster Linie über Öffentliche Ausschreibungen bestätigen Verhandlungsverfahren bzw. Freihändige Vergaben Verhandlungsverfahren und besonders Freihändige Vergaben sind demnach wesentlicher Bestandteil der Vergabepraxis, auch wenn die öffentlichen Einrichtungen angeben, dass die Öffentliche Ausschreibung am ehesten für die Beschaffung von Innovationen geeignet ist. Insofern die erstgenannten Vergabearten zur Anwendung kamen, wurden die Studienteilnehmer auch danach gefragt, welche Ziele sie bei Verhandlungen mit potenziellen Auftragnehmern verfolgten (Abbildung 5-19). Als wesentliche Verhandlungsziele wurden vor allem Leistungssteigerungen des Produktes und die Preisreduzierung geäußert, 66% sehen ein ebenfalls sehr wichtiges bzw. wichtiges Verhandlungsziel in der Erweiterung des Kenntnisstandes über den poten- 88

89 5 Quantitative Studie im öffentlichen Beschaffungsmarkt Deutschlands 5.3 Analyse der Beschaffungsvorgänge für das Jahr 2008 ziellen Vertragspartner, weiteren 60% geht es auch um die Erweiterung der eigenen Kenntnisse. Eine Steigerung des Innovationsgehalts des Produktes wird nur von knapp der Hälfte als Ziel mit hoher bis sehr hoher Wichtigkeit angesehen. Abb. 5-19: Öffentliche Einrichtungen Verhandlungsziele bei Verhandlungsverfahren bzw. Freihändigen Vergaben (Nennungen sehr wichtig und wichtig kumuliert) Stellenwert von Öffentlich-Privaten Partnerschaften Unter einer Öffentlich-Privaten Partnerschaft (ÖPP) kann allgemein die Mobilisierung privaten Kapitals und Fachwissens zur Erfüllung staatlicher Aufgaben verstanden werden. Die für ein zu lösendes Problem erforderlichen Ressourcen werden demnach von den Partnern gemeinschaftlich aufgebracht und verantwortet. Die ÖPP bietet grundsätzlich die Chance, die Entwicklung, Implementierung und Nutzung innovativer Lösungen in einem gemeinsam koordinierten Prozess zu realisieren und von den Vorteilen einer Innovation zu profitieren, ohne Kriterien der Wirtschaftlichkeit aus dem Blick zu verlieren. Inwiefern eine ÖPP in einen Zusammenhang mit der Innovationsorientierung im öffentlichen Auftragswesen gebracht werden kann, wird in diesem Abschnitt näher erläutert. Im Monitoring Verwaltungsmodernisierung & egovernment Deutschland 2010 der Wegweiser GmbH Berlin Research & Strategy wurden die öffentlichen Einrichtungen gefragt, welche Vor- und Nachteile sie prinzipiell in der ÖPP sehen (Abbildung 5-20). Der Innovationsfaktor scheint Tatsächlich ein wesentlicher Vorteil zu sein: Mit 82% am häufigsten wird der Aussage voll bzw. eher zugestimmt, dass durch diese Kooperationsform ein Zugang zu den privatwirtschaftlichen Innovationskräften möglich ist. Interessant ist hierbei, dass sich dieser Punkt z. B. gegenüber der allgemeinen Entlastung der öffentlichen Verwaltung durchsetzen konnte, der von 62% der öffentlichen Einrichtungen zustimmend bewertet wurde. 71% sehen den Vorteil auch darin, dass eine eindeutige Kostendefinition per Vertragsabschluss möglich ist, ebenso werden die nicht vorhandene Kreditbelastung durch die öffentliche Hand und die Risikoaufteilung zwischen den Partnern mehrheitlich zustimmend bewertet. Die Entlastung der öffentlichen Haushalte generell und die Wettbewerbsförderung durch die ÖPP werden mehrheitlich nicht als Vorteile gesehen. Konkret nachteilig gesehen wird von 86% der Einrichtungen allerdings auch der zeitliche Aufwand bei der Projektimplementierung. Ein erhöhter Koordinationsaufwand zwischen den Partnern scheint natürlich besonders bei der Entwicklung innovativer Lösungen gegeben, was der großen Bedeutung eines Zugangs zu den Innovationspotenzialen der Wirtschaft entgegengesetzt werden kann. Aus Sicht der öffentlichen Einrichtungen werden weiterhin Nachteile gesehen, die die eigentliche Laufzeit des Vertrags betreffen und in der die Ausführungsrechte idealerweise beim Auftragnehmer liegen. Geringe Einflussmöglichkeiten, Insolvenzgefahren und die nicht mögliche Neuausschreibung sind für die öffentlichen Einrichtungen maßgebliche Nachteile. 89

90 5 Quantitative Studie im öffentlichen Beschaffungsmarkt Deutschlands 5.3 Analyse der Beschaffungsvorgänge für das Jahr 2008 Abb. 5-20: Öffentliche Einrichtungen Vor- und Nachteile Öffentlich-Privater Partnerschaften (Nennungen trifft voll zu und trifft eher zu kumuliert) Die ÖPP als alternatives Beschaffungsmodell gewinnt besitzt im deutschen öffentlichen Auftragswesen zwar insgesamt einen geringen Stellenwert, gewinnt aber zunehmend an Bedeutung. Die im Jahr 2008 gegründete ÖPP Deutschland AG geht bspw. im Hoch- und Straßenbau von insgesamt 133 Projekten im Zeitraum zwischen 2002 und 2009 aus. Im Jahr 2009 entstanden weitere 16 in diesem Sektor, die ein gesamtes Investitionsvolumen von ca. 1,1 Mrd. Euro ausmachen. Weiterhin befinden sich rund 150 ÖPP-Projekte in der Vorbereitungs- bzw. Ausschreibungsphase (ÖPP Deutschland AG 2009). In der Studie wurden die öffentlichen Einrichtungen gefragt, wie hoch in etwa der prozentuale ÖPP-Anteil in Bezug auf alle im Jahr 2008 vergebenen Aufträge ausfällt. Dieser Anteil beträgt knapp über 1%, so dass die ÖPP auch bei den Studienteilnehmern noch von eher geringer Bedeutung ist. 27% der Unternehmen bestätigen wiederum, über ein ÖPP-Modell mit der öffentlichen Hand zusammenzuarbeiten, wie aus Abbildung 5-21 hervorgeht. 90

91 5 Quantitative Studie im öffentlichen Beschaffungsmarkt Deutschlands 5.3 Analyse der Beschaffungsvorgänge für das Jahr 2008 Abb. 5-21: Unternehmen Zusammenarbeit mit der öffentlichen Hand über Öffentlich-Private Partnerschaften Die Unternehmen wurden in einer offenen Antwort auch danach gefragt, welche Ideen und Vorschläge sie in Bezug auf die Ausweitung von ÖPP-Projekten haben. Wie aus der unten stehenden Auflistung einiger Antworten folgt, werden in vielen Bereichen des Beschaffungsprozesses Ansätze einer Vereinfachung genannt, die auch die Transparenz betreffen. Von einigen Unternehmen wird auch gefordert, dass von ihnen zu tragende Risiko in der Projektlaufzeit zu begrenzen. Erkennen lässt sich ebenfalls ein Bedarf an Möglichkeiten zum Austausch zwischen Auftragnehmern und Auftraggebern, z. B. über Messen und Veranstaltungen oder auch über die Einrichtung einer Begegnungsplattform: bessere Risikostreuung; Berücksichtigung angemessener, nicht ausschreibungsrelevanter Risikozuschläge Abbau von organisatorischen Hindernisse in öffentlichen Einrichtungen, die es ihren Mitarbeitern erlauben an Messen und anderen Veranstaltungen teilzunehmen. Hier wäre ein einfacher Wissenstransfer möglich. eindeutige, strukturierte, aussagekräftige, transparente und funktionale Vorgaben; klare Termine für Verhandlungsphasen keine Endlosverhandlungen nicht mehr als 15% Marktanteil bei einer Größenordnung kleiner zehn Millionen Euro für ÖPP- Projekte; Risikobegrenzung für Auftragnehmer; Erarbeitung von Vertrags- und Verfahrensstandards; Vergütung der hohen Angebotskosten Schaffung einer Begegnungsplattform für Anbieter und Auftraggeber unter der Führung geeigneter Bundesministerien Transparenz steht über der Vergabe Vergabeverfahren verkürzen und vereinfachen Verpflichtung der öffentlichen Hand zur Beschaffung im Lebenszyklusansatz mit Wirtschaftlichkeitsnachweis; konventionelle Beschaffung nur in begründeten Ausnahmefällen Wirtschaftssteigerung durch Entbindung vom Vergaberecht Zusammenfassend betrachtet werden die Potenziale der ÖPP generell und auch mit Blick auf die Innovationsorientierung von den öffentlichen Einrichtungen und Unternehmen erkannt. Für die Auftraggeber scheinen hierbei der Koordinationsaufwand und die reduzierten Einflussmöglichkeiten in der Ausführungsphase nachteilig zu sein. Für die Unternehmen wiederum sind die gegenwärtigen Hürden beim Beschaffungsprozess und die Risikoproblematik hemmende Faktoren. Ein verstärkter Austausch zwischen beiden Seiten zum grundsätzlichen Vorgehen bei Öffentlich- Privaten Partnerschaften erscheint demnach angebracht Eingekaufte Produkte Abschließend zur Analyse der Beschaffungsvorgänge für das Jahr 2008 verdeutlicht die Abbildung 5-22, in welchen Bereichen Produkte und Dienstleistungen überwiegend beschafft wurden. Neben Büroverbrauchsmaterialien, der Büroausstattung sowie den Druck-, Repro- und Versanddienstleistungen, die eher dem typischen Verwaltungsbedarf zugehören, wurde besonders in den Bereichen IT und Telekommunikation bzw. Infrastruktur und Bau intensiv eingekauft. Produkte aus den Feldern Energie und Umwelt, Facility Management und Fahrzeugflotten liegen im mittleren Spekt- 91

92 5 Quantitative Studie im öffentlichen Beschaffungsmarkt Deutschlands 5.4 (Innovationsorientierte) Organisation des Beschaffungsprozesses rum. Die Bereiche Sicherheit, Forschung und Entwicklung bzw. Lager, Logistik und Transport standen dagegen 2008 eher weniger im Fokus öffentlicher Auftragsvergaben der Studienteilnehmer. Abb. 5-22: Öffentliche Einrichtungen eingekaufte Produkte im Jahr 2008 (Kategorien: sehr oft / oft kumuliert; manchmal ; selten / nie kumuliert) 5.4 (Innovationsorientierte) Organisation des Beschaffungsprozesses In den vorherigen Abschnitten wurde anhand der strategischen Einordnung des Themas Beschaffung, der Auswertung von Zielen und Defiziten im Beschaffungswesen sowie der Analyse der Beschaffungsvorgänge für das Jahr 2008 gezeigt, dass die Innovationsförderung eine noch eher untergeordnete Rolle im öffentlichen Auftragswesen spielt. Ausgehend von dem Ansatz, dass die Innovationsorientierung Elemente beinhaltet, die sowohl die Organisation des Beschaffungsprozesses als auch den tatsächlichen Einkauf von Innovationen betreffen, wird der Blick in den folgenden zwei Unterkapiteln auf eine nähere Analyse dieser zwei Dimensionen gerichtet. In diesem Abschnitt steht der Beschaffungsprozess im Mittelpunkt: Untersucht wird, inwiefern hier innovationsstimulierende Maßnahmen berücksichtigt werden, z. B. die Orientierung an wirtschaftlichen Standards, die Unterstützung der Beschaffungsprozesse durch Informations- und Kommunikationstechnologien oder auch die Zusammenarbeit zwischen den Bedarfsträgern und Einkäufern und die Organisation des Einkaufs. Die Organisation des Beschaffungswesens hängt maßgeblich davon ab, ob die strategischen und operativen Einkaufselemente zentral, z. B. gebündelt über mehrere Einrichtungen und koordiniert durch eine zentrale Vergabestelle erfolgen, bzw. ob der Einkauf von Produkten dezentral und eigenständig von einer Einrichtung bzw. deren Fachbereichen realisiert wird. Abbildung 5-23 verdeutlicht hierzu die Organisation des Einkaufs für die teilnehmenden Einrichtungen. Die Frage wurde als Mehrfachnennung gestellt, da aufgrund der zu beschaffenden Produktvielfalt in öffentlichen Einrichtungen auch Mischformen denkbar sind. In der kombinierten Betrachtung greifen insgesamt 78% auf zentrale und 61% auf dezentrale Organisationsformen beim Einkauf zurück. 92

93 5 Quantitative Studie im öffentlichen Beschaffungsmarkt Deutschlands 5.4 (Innovationsorientierte) Organisation des Beschaffungsprozesses Die Bundesverwaltungen weisen hier den höchsten Zentralisierungsgrad auf. 94% verfolgen zentrale Einkaufsformen, dezentrale Ansätze nehmen einen Anteil von lediglich 44% ein. So sind auch die zwei größten bundesweiten Beschaffungsstellen auf der Bundesebene zu verorten: Das Bundesamt für Wehrtechnik und Beschaffung koordiniert bei einem jährlichen Beschaffungsvolumen von rund 3,7 Mrd. Euro den gesamten mittelbaren und unmittelbaren Bedarf der Streitkräfte in Deutschland. Das Beschaffungsamt des Bundesministeriums des Innern wiederum ist zuständig für 26 Bundesbehörden, vom Bund finanzierte Stiftungen und international tätige Organisationen. Nach eigenen Angaben wurden im Jahr Aufträge bei einem Gesamtvolumen von 704,8 Mio. Euro abgewickelt. Auch bei den Landeseinrichtungen und Kommunen wird der zentrale häufiger als der dezentrale Einkauf genannt, jedoch in nicht so starkem Ausmaß wie auf Bundesebene. Auf Ebene der Kommunen liegt ein beinahe ausgeglichenes Verhältnis vor. 12% der Landeseinrichtungen und 7% der Kommunen bestätigen, dass auch externe Dienstleister für die Beschaffung beauftragt werden. Die teilnehmenden Bundesverwaltungen sehen von dieser Form der Einkaufsorganisation ab. Abb. 5-23: Öffentliche Einrichtungen Organisation des Einkaufs (nach Verwaltungsebene; Mehrfachnennung möglich) Der mögliche Einfluss der Organisation des Einkaufs auf die Innovationsorientierung wird im Abschnitt 5.7 aufgegriffen Interne Koordination des Beschaffungsprozesses Die interne Koordination des Beschaffungsprozesses ist Dreh- und Angelpunkt für Optimierungen und Effizienzsteigerungen des gesamten Beschaffungswesens einer öffentlichen Einrichtung. Im Idealfall müssten die unterschiedlichen Kompetenzen aller am Beschaffungsprozess beteiligten Akteure in die einzelnen Phasen (Abbildung 5-24) eingebunden werden, um einen Bedarf qualitativ hochwertig und kosteneffizient zu decken. Insbesondere in der Abstimmung zwischen den Nutzern und Bedarfsträgern auf der einen und den verantwortlichen Einkäufern auf der anderen Seite sind maßgebende Koordinierungsleistungen notwendig, um einen optimalen Beschaffungsprozess zu gewährleisten. Sicherlich mündet die eher routinemäßige Bedarfsmeldung z. B. von Büroverbrauchsmaterialien ohne größeren Abstimmungsaufwand in die Bündelung der Anfragen und der Auftragsvergabe. Größere Beschaffungsprojekte und besonders die Beschaffung von Innovationen stellen jedoch erhöhte Anforderungen an die Koordinationsleistungen der beteiligten Akteure. In der Erhebung wurde dieser Koordinationsprozess entlang eines Beschaffungsprozesses näher untersucht. Die Einrichtungen konnten in Bezug auf die Phasen eines Beschaffungsprozesses angeben, welche Akteurgruppen idealerweise in welchen Phasen beteiligt sind. Nicht überraschend 93

94 5 Quantitative Studie im öffentlichen Beschaffungsmarkt Deutschlands 5.4 (Innovationsorientierte) Organisation des Beschaffungsprozesses ist dabei, dass die Bedarfsfestlegung maßgeblich von der Gruppe der Bedarfsträger und der Nutzer beeinflusst wird. Eine Einbindung dieser Gruppen in die weiteren Phasen des Beschaffungsprozesses findet aber nur bei einer Minderheit der teilnehmenden Einrichtungen statt. Etwa 42% der Einrichtungen bestätigen zwar, dass die Bedarfsträger bei der Erstellung der Ausschreibungsunterlagen involviert sind, die Auswahl der Bewerber und die Vergabeentscheidung sind jedoch bei weniger als einem Drittel Phasen, in denen die Bedarfsträger mit einbezogen werden. Generell sind dies Aufgabenbereiche, die vom Sachbearbeiter bzw. dem Abteilungsleiter Beschaffung koordiniert und verantwortet werden. Die Vergabeentscheidung wiederum ist dann auch Aufgabe der Behördenleitung bzw. des Leiters einer zentralen Vergabestelle. Abb. 5-24: Öffentliche Einrichtungen beteiligte Akteure im Beschaffungsprozess (Mehrfachnennung möglich) Im weitesten Sinne wurde hier idealtypisch gefragt. Dennoch ist ein deutlicher Rückgang der Beteiligung von Bedarfsträgern und Nutzern in den Phasen jenseits der Bedarfsfestlegung festzustellen die Beschaffung von Innovationen jedoch erfordert im günstigsten Fall den konstruktiven Diskurs und eine intensive Kooperation zwischen den Bedarfsträgern und den Nutzern sowie den verantwortlichen Einkäufern. Darüber wäre gerade eine Möglichkeit gegeben, von den Vorteilen 94

95 5 Quantitative Studie im öffentlichen Beschaffungsmarkt Deutschlands 5.4 (Innovationsorientierte) Organisation des Beschaffungsprozesses einer innovativen Lösung zu profitieren und gleichzeitig die Kosteneffizienz innovativer Produkte nicht aus dem Blickfeld zu verlieren Externe Kooperationen Neben der internen Koordination ist der Beschaffungsprozess auch in Abhängigkeit der Kooperationen mit anderen Organisationen zu sehen. Die öffentlichen Einrichtungen wurden hierzu nach der Intensität der in Abbildung 5-25 aufgeführten Kooperationsformen gefragt. In Bezug auf die Bedarfsträger und Nutzer liegen, wie bereits im vorherigen Unterkapitel verdeutlicht, die mit Abstand größten Intensitäten vor. Die Intensität der Zusammenarbeit mit anderen Beschaffungsstellen ist eher gering ausgeprägt. Die Nachfragebündelung durch die gemeinsame Beschaffung wird von 30% intensiv bzw. sehr intensiv verfolgt. 20% der Einrichtungen beschaffen nicht über diese Kooperationsform. Auch der Erfahrungsaustausch ist von einem geringen Intensitätsgrad geprägt. Bei Kooperationen mit Unternehmen nimmt die Intensität weiter ab: Die gemeinsame Entwicklung und Produktion wird von zwei Dritteln der Einrichtungen noch nicht in Betracht gezogen, 59% verzichten gegenwärtig auf den gemeinsamen Einkauf von Produkten und Dienstleistungen. Öffentlich-Private Partnerschaften werden von 71% der Studienteilnehmer nicht verfolgt. Insofern diese Kooperationsformen mit Unternehmen zustande kommen, kann von einem eher geringen Intensitätsgrad ausgegangen werden. Dies setzt sich auch bei der Zusammenarbeit mit Rechtsanwaltskanzleien, Unternehmensberatungen oder Normungsgremien fort. Abb. 5-25: Öffentliche Einrichtungen Kooperationsformen im Beschaffungsprozess Der Beschaffungsprozess wird demnach in erster Linie durch die Eigenregie der jeweils zuständigen Einkaufsabteilung bzw. -organisation koordiniert, ohne dass hierbei maßgeblich externe Kooperationen Einfluss haben. Die Einkaufsbündelung scheint jedoch an Bedeutung zu gewinnen, wie bereits in der Darstellung der Länderinitiativen (vgl. Abschnitt 3.3) herausgestellt wurde. 95

96 5 Quantitative Studie im öffentlichen Beschaffungsmarkt Deutschlands 5.4 (Innovationsorientierte) Organisation des Beschaffungsprozesses Entstehung eines Beschaffungsprozesses Abbildung 5-26 verdeutlicht, welche Faktoren ausschlaggebend für die Entstehung eines Beschaffungsprozesses sind. Mit einer deutlichen Mehrheit wird von Seiten der öffentlichen Einrichtungen der generelle Bedarf an Produkten und Dienstleistungen genannt. Die Bedarfsentstehung scheint jedoch auch maßgeblich davon beeinflusst zu sein, inwiefern die (finanziellen) Mittel im Haushalt eingestellt sind und welche politischen Vorgaben hiermit in Einklang gebracht werden können. Anregungen aus dem wirtschaftlichen Bereich, hier der Vertriebsabteilung von Anbietern, und die Orientierung an anderen Einrichtungen sind eher von geringer Bedeutung. Aus Sicht der Unternehmen scheint neben dem generellen Bedarf besonders die Frage der vorhandenen Haushaltsmittel ausschlaggebend zu sein. Hieraus kann geschlussfolgert werden, dass die Bedarfsentstehung in öffentlichen Einrichtungen stark von Faktoren bedingt ist, die nicht unbedingt auf die Einrichtung selbst verweisen. Der übergeordnete finanzielle Spielraum aber auch die politische Flankierung bzw. Vorgabe sind demnach auch im Blick auf innovative Lösungen zu berücksichtigende Einflusskriterien. Abb. 5-26: Öffentliche Einrichtungen und Unternehmen Entstehung eines Beschaffungsprozesses in öffentlichen Einrichtungen 96

97 5 Quantitative Studie im öffentlichen Beschaffungsmarkt Deutschlands 5.4 (Innovationsorientierte) Organisation des Beschaffungsprozesses Wege der Markterkundung Die Markterkundung ist sowohl für Auftraggeber als auch für Auftragnehmer von zentraler Bedeutung. Die Marktforschung ist jedoch, wenn sie entsprechend intensiv durchgeführt wird, auch eine wesentliche Quelle für den Erhalt von Informationen zu innovativen Produkten und Dienstleistungen. Die öffentlichen Einrichtungen wurden in diesem Zusammenhang gefragt, welche Wege der Markterkundung genutzt werden, um bei der Beschaffung von Produkten und Dienstleistungen auf dem aktuellen Stand zu bleiben (Abbildung 5-27). 74% der öffentlichen Studienteilnehmer nutzen Online-Informationen häufig bis sehr häufig. Kataloge und Fachliteratur sind ebenfalls für über die Hälfte der antwortenden Einrichtungen zentrale Möglichkeiten. Werbung, Lieferantenbesuche und -befragungen werden eher gelegentlich bis selten herangezogen. Die Marktforschung über die Beauftragung entsprechender Institute wird von 41% nicht verfolgt. Die öffentlichen Einrichtungen greifen außerdem überwiegend nicht auf Geschäftsberichte bzw. Informationen von Verbänden und Kammern zurück, um auf dem aktuellen Stand bei der Beschaffung von Produkten und Dienstleistungen zu bleiben. Abb. 5-27: Öffentliche Einrichtungen Wege der Markterkundung (Kategorien sehr häufig / häufig kumuliert; gelegentlich / selten kumuliert; nie ) Die Unternehmen wiederum wurden gefragt, welche Vertriebswege sie zur Platzierung von Innovationen nutzen (Abbildung 5-28). In erster Linie scheint die Platzierung innovativer Lösungen zumindest im öffentlichen Sektor von konkreten Anfragen der Auftraggeber z. B. über Öffentliche Ausschreibungen abzuhängen. 69% greifen hierauf sehr häufig bzw. häufig zurück, weitere 68% sehen in den eigenen Kontakten des Unternehmensnetzwerkes eine entsprechend hohe Bedeutung. Auch wenn die öffentlichen Einrichtungen ihre Marktsichtung eher nicht auf Messen durchführen, bestätigen dennoch 48% der Unternehmen, dass Messen und Veranstaltungen mit hoher Häufigkeit zur Platzierung von Innovationen genutzt werden. Nicht unerheblich ist weiterhin die Präsentation von innovativen Lösungen direkt beim potenziellen Auftraggeber. 97

98 5 Quantitative Studie im öffentlichen Beschaffungsmarkt Deutschlands 5.4 (Innovationsorientierte) Organisation des Beschaffungsprozesses Einladungen zu Betriebsbesichtigungen, Online-Werbung und elektronische Vergabeplattformen sind aus Sicht der Unternehmen eher ungeeignet. Der geringe Anteil des eprocurement ist eventuell auch auf die nicht flächendeckende Verbreitung dieser Technologien im öffentlichen Sektor zurückzuführen. Abb. 5-28: Unternehmen Genutzte Vertriebswege zur Platzierung von Innovationen (Nennungen sehr häufig und häufig kumuliert) Verdingungsunterlagen und Leistungsbeschreibungen Im Vorfeld der Erstellung von Verdingungsunterlagen können sinnvollerweise Verfahren vorgeschaltet werden, die zum einen den tatsächlich erforderlichen Bedarf näher spezifizieren und zum anderen erste Erkenntnisse der zu erwartenden Kosten liefern können. Die Innovationsorientierung kann hierbei positiv beeinflusst werden, wenn in dieser vorbereitenden Phase entsprechende Verfahren zur Anwendung kommen, um exakt zu definieren, was zu beschaffen ist bzw. welche Funktionen zu erfüllen sind. Diese Wissensgrundlage führt zu Vorteilen in den anschließenden Phasen, in welchen dann zunehmend auch betriebswirtschaftliche Hintergründe von Bedeutung sind. Von hohem Stellenwert scheint hierbei auch die Abstimmung zwischen Bedarfsträger und Beschaffer zu sein. Die öffentlichen Einrichtungen wurden gefragt, welche Verfahren sie im Vorfeld der Erstellung von Verdingungsunterlagen anwenden und wie sie die gegenseitige Abstimmung hierbei beurteilen (Abbildung 5-29). Jeweils über drei Viertel der Einrichtungen bestätigen, dass als vorbereitende Maßnahmen interne Umfeldanalysen durchgeführt werden, die dann auch in der Erstellung eines Konzepts zu beschaffender Produkte sowie die darauf aufbauende Marktsondierung münden. Die ersten zwei Verfahren erfolgern mehrheitlich in enger Abstimmung zwischen Bedarfsträger und Beschaffer. 38% der befragten Einrichtungen weisen einen hohen Abstimmungsgrad auch bei der Marktsondierung auf, überwiegend scheint dies jedoch eher Aufgabe der Verantwortlichen im Bereich Einkauf zu sein. Die Erstellung eines Beschaffungsplans, der auch die Aufstellung von zu erwartenden Kostenstellen beinhalten kann, wird von 46% der Einrichtungen verfolgt. Der direkte Übergang zur Vorkalkulation ohne Erstellung eines entsprechenden Planes kann demnach wohl eher als typisches Vorgehen angesehen werden, was mit dem deutlich höheren Wert von 84% begründbar ist. 98

99 5 Quantitative Studie im öffentlichen Beschaffungsmarkt Deutschlands 5.4 (Innovationsorientierte) Organisation des Beschaffungsprozesses Tendenziell nehmen die Abstimmungsgrade im Übergang von den eher bedarfsorientierten hin zu den eher kostenorientierten Teilphasen ab. Die Vorkalkulation und auch die letztlich aus dieser Vorbereitung resultierende Beantragung von Haushaltmitteln werden jedoch von den Einkaufsverantwortlichen offenbar nicht autark realisiert. Aus dem hohen Grad an Abstimmung ist ersichtlich, dass die Bedarfsträger auch hier deutlich involviert sind. Abb. 5-29: Öffentliche Einrichtungen Anwendung von Verfahren im Vorfeld der Erstellung von Verdingungsunterlagen und Ausmaß der Abstimmung zwischen Bedarfsträger und Beschaffer Eine weitere Phase des Beschaffungsprozesses folgt mit der Erstellung der Leistungsbeschreibung. In der Erhebung wurde hierzu gefragt, mit welcher Häufigkeit generelle Kriterien wie z. B. funktionale bzw. konstruktive Anforderungen der Bedarfsträger in diese einfließen. Von Interesse war aber auch, ob für den Einkauf von Innovationen förderliche Elemente in der Leistungsbeschreibung verankert werden. Funktionale Anforderungen sind ein Indiz hierfür, da eine genaue Darstellung darüber erfolgt, was ein Produkt können muss. Außerdem wurde gefragt, wie oft Nebenangebote zugelassen werden. Für beide Punkte kann sich in Bezug auf den innovativen Einkauf ein Spielraum für die Bieter ergeben, spezifische, eventuell vom allgemeinen Vorgehen abweichende und somit auch innovative Lösungen und Verfahrensweisen für die Umsetzung des Auftrages mit in die Erstellung des Angebotes einfließen zu lassen. Weiterhin wurde zum anderen die Ausschreibung mit Preispräferenzen erhoben. Bei Preispräferenzen erhält ein Unternehmen, welches spezifische Kriterien wie z. B. ökologische oder soziale Nachhaltigkeit erfüllt, einen (prozentualen) Preisvorsprung. Auch wenn sich Preispräferenzen hier besonders anbieten, sind konkrete Kriterien, die auf den Innovationsgehalt eines Produktes oder einer Dienstleistung abzielen, ebenfalls denkbar. Für Nebenangebote und Preispräferenzen kann demnach vermutet werden, dass ein Einbeziehen dieser in die Leistungsbeschreibung den Beschaffungsprozess innovativer gestaltet und somit auch den Einkauf von Innovationen stimulieren kann. Aus Abbildung 5-30 folgt nun, dass die Anforderungen an die Bedarfsträger generell und hier besonders die funktionalen Anforderungen mit hoher Häufigkeit in die Leistungsbeschreibung einfließen. Konstruktive Anforderungen, also die Frage, wie ein Produkt oder eine Dienstleistung beschaffen sein soll, sind ebenfalls von Bedeutung. Weiterhin ist der Verweis auf Normen und Standards oft Gegenstand der Leistungsbeschreibung. Sicherlich kann hierin ein eher hemmendes Moment für die Innovationsförderung gesehen werden, da insbesondere Marktneuheiten schwer mit allgemeingültigen Normierungen und Standards in Einklang gebracht werden können. Jeweils 35% der Einrichtungen geben an, Nebenangebote oder Preispräferenzen häufig bis sehr häufig in die Leistungsbeschreibung einfließen zu lassen. Im Vergleich zu den anderen Aspekten stellt 99

100 5 Quantitative Studie im öffentlichen Beschaffungsmarkt Deutschlands 5.4 (Innovationsorientierte) Organisation des Beschaffungsprozesses sich hier ein deutlicher Rückgang ein. Zu einem relativ geringen Ausmaß ist die Nennung von Leitprodukten Gegenstand der Leistungsbeschreibung. Dies ist sicherlich in Bezug auf innovative Ausschreibungen schwer umzusetzen. In Abschnitt 5.6 wird hierzu verdeutlicht, dass Unternehmen zum Teil eine stärkere Berücksichtigung von Leitprodukten einfordern. Abb. 5-30: Öffentliche Einrichtungen Häufigkeit der in die Leistungsbeschreibung einfließenden Kriterien Somit folgt für die Erstellung der Leistungsbeschreibungen, dass die grundsätzlichen Anforderungen der Bedarfsträger verbunden mit der Absicherung einer zu erwartenden Produkt- bzw. Dienstleistungsqualität durch Normen und Standards den höchsten Stellenwert einnehmen. Sowohl Nebenangebote und Preispräferenzen als u. a. auch innovationsfördernde Aspekte sind für gut ein Drittel mit hoher Häufigkeit Bestandteil der Leistungsbeschreibung. Insgesamt lagern hier jedoch noch Potenziale für die (Weiter-)Entwicklung der Innovationsorientierung im Beschaffungsprozess Erfahrungen bei der Zulassung von Nebenangeboten Insofern Nebenangebote zugelassen werden, konnten die Einrichtungen auch angeben, welche Erwartungen damit verbunden werden (Abbildung 5-31) und ob sich diese Erwartungen im Nachhinein erfüllt haben (Abbildung 5-32). Fast alle Einrichtungen, die hierzu Angaben machten, hatten die Erwartung, dass dadurch in erster Linie kostengünstigere und qualitativ hochwertigere Produkte eingekauft werden können. 81% verbinden mit Nebenangeboten auch die Steigerung des Innovationsgehalts dieser Produkte. Auf die Vergabeverfahren bezogen werden die Marktsichtung und die Wettbewerbsförderung von über 70% als Erwartung angegeben. Abb. 5-31: Öffentliche Einrichtungen Erwartungen bei der Zulassung von Nebenangeboten* 100

101 5 Quantitative Studie im öffentlichen Beschaffungsmarkt Deutschlands 5.4 (Innovationsorientierte) Organisation des Beschaffungsprozesses 51% bestätigen wiederum, das sich die Erwartungen an die Kostenoptimierungen durch die Nebenangebote voll und ganz bzw. größtenteils erfüllt haben. Von über einem Drittel wird auch bestätigt, dass Qualitäts- und Innovationssteigerungen resultierten. Mehrheitlich wurde ebenfalls die Wettbewerbsförderung und Marktsichtung durch Nebenangebote gefördert. Abb. 5-32: Öffentliche Einrichtungen Erfüllung der Erwartungen im Nachhinein betrachtet* Die öffentlichen Einrichtungen konnten in einer offenen Abfrage auch konkret angeben, welche positiven und negativen Erfahrungen sie mit Nebenangeboten gemacht haben. Ingesamt 47 Einrichtungen reagierten auf die positiven Nennungen. Diese Antworten lassen sich in drei zentrale Kategorien einteilen: Alternative bzw. innovative Herangehensweisen: Aus einer Vielzahl der Nennungen geht hervor, dass durch die Zulassung von Nebenangeboten alternative und innovative Lösungsansätze von den Unternehmen entwickelt wurden. Für die beschaffenden öffentlichen Einrichtungen wurde mehrfach bestätigt, dass neue Sichtweisen entstanden, die auch Einfluss auf die weitere Marktbeobachtung hatten. Überwiegend wird jedoch konkret darauf hingewiesen, dass durch die Nebenangebote häufiger innovative Produkte bzw. innovative Alternativlösungen resultierten, die so im Vorhinein noch nicht bekannt waren. Ein Grund hierfür ist unter anderem die stärkere Einbeziehung des Fachwissens der Bieter in den Beschaffungsprozess, wie aus einer Nennung hervorgeht. In diesem Zusammenhang wird in zwei Fällen auch erwähnt, dass sich durch diese innovativen Lösungen die Kosten reduzieren ließen. Kosten- bzw. Preisreduzierung: Auch ohne einen konkreten Bezug auf einen steigenden Innovationsgehalt wurde vermehrt darauf hingewiesen, dass Nebenangebote zu einer Preisreduktion der beschafften Produkte bzw. Dienstleistungen geführt haben. Ergänzt wird dies in einigen Nennungen durch eine steigende Produkt- bzw. Dienstleistungsqualität. Zusammenfassend beziehen sich die Nennungen in dieser Kategorie insgesamt auf die Steigerung der Wirtschaftlichkeit bezüglich des zu beschaffenden Gegenstandes. Verbesserte Marktsichtung durch erhöhte Angebotsvielfalt: In einem etwas geringerem Ausmaß wird bestätigt, dass sich durch die Zulassung von Nebenangeboten positive Effekte bei der Marktanalyse auf Seiten der Beschaffer durch eine stärkere Angebotsvielfalt eingestellt haben. Dies hätte auch eine Erweiterung der Marktkenntnis sowie allgemeiner Erfahrungswerte der Einkaufsverantwortlichen zur Folge. In zwei Einzelfällen, die aber nicht unmittelbar in diese Kategorien subsumiert werden können, wurde weiterhin angegeben, dass die Zulassung von Nebenangeboten den Wettbewerb zwischen den Anbietern sowie die Transparenz der Vergabe fördert. 101

102 5 Quantitative Studie im öffentlichen Beschaffungsmarkt Deutschlands 5.4 (Innovationsorientierte) Organisation des Beschaffungsprozesses Zu negativen Erfahrungen mit Nebenangeboten liegen 47 Nennungen vor. Diese wurden in vier Kategorien zusammengefasst: Vergleichbarkeit und Verfahrensaufwand: Eine wesentliche negative Erfahrung bei der Zulassung von Nebenangeboten scheint die schwere Vergleichbarkeit der von den Bietern abgegebenen Nebenangebote zu sein. Die Prüfung der Angebote erfordert einen hohen Zeit- und Arbeitsaufwand, und nicht in jedem Fall kann eine Vergleichbarkeit zwischen den Nebenangeboten, auch in Hinsicht auf das Hauptangebot, hergestellt werden. Nebenangebote entsprechen nicht mehr dem Bedarfsprofil: Eine mögliche negative Konsequenz wird auch darin gesehen, dass die eingereichten Nebenangebote nicht dem ursprünglich erstellten bzw. zu erfüllenden Bedarfsprofil entsprechen. Erwähnt wird in diesem Zusammenhang z. B., dass das Hauptangebot durch das Nebenangebot so stark erweitert wird, dass Übersichtlichkeit verloren geht und kein Bezug zur eigentlichen Bedarfsanforderung mehr vorhanden ist. Nebenangebote können demnach, wie in einigen Fällen bestätigt wird, Qualitätsreduzierungen zur Folge haben. Nebenangebote sind unbrauchbar bzw. werden nicht abgegeben: Vereinzelt wird auch darauf hingewiesen, dass die Zulassung von Nebenangeboten Gegenstand der Leistungsbeschreibung ist, entsprechende Angebote jedoch nicht von den Bietern eingehen. Bemängelt wird auch, dass Nebenangebote zum Teil unbrauchbar sind, weil Bieter keine Alternativlösungen formulieren bzw. bestimmte Mindeststandards nicht einhalten. Rechtliche Barrieren: Vereinzelt wird ebenfalls auf rechtliche Aspekte verwiesen. Angemerkt wird zum einen die Anfechtbarkeit von Nebenangeboten bei Verfahren oberhalb der EU- Schwellenwerte. Zum anderen wird angemerkt, dass sich die rechtlichen Anforderungen für die Zulassung von Nebenangeboten verschärft haben. Zusammenfassend betrachtet folgt aus den letzten beiden Abschnitten, dass innovationsstimulierende Aspekte in der Leistungsbeschreibung z. B. über Nebenangebote oder Preispräferenzen berücksichtigt werden, ohne dass hierbei Einzelfälle herausragen. Dennoch besteht auf Seite der zuständigen Einkaufsabteilungen bzw. -organisationen weiterer Nachholbedarf. Die weiterführende Analyse der Erwartungen und Erfahrungen bei der Zulassung von Nebenangeboten verdeutlicht, dass sich positive Effekte nicht nur auf Kosten und Qualität, sondern auch auf den Innovationsgehalt der zu beschaffenden Produkte einstellen können. Negative Erfahrungen sind durchaus vorhanden, zeigen aber auch Anknüpfungspunkte für eine Optimierung des Vorgehens bei der Zulassung von Nebenangeboten, um stärker von den positiven Faktoren zu profitieren Einsatz von elektronischen Vergabetechnologien Eine Möglichkeit zur Prozessoptimierung und Effizienzsteigerung öffentlicher Verwaltungen ist die gezielte und flächendeckende Implementierung von Informations- und Kommunikationstechnologien. Im Bereich der Beschaffung ist hier besonders der Einsatz elektronischer Vergabetechnologien gefragt, um den Beschaffungsprozess kosten- und zeiteffizienter zu gestalten. Das Ausmaß der Anwendung entsprechender Technologien ist wiederum als positiver Faktor der Innovationsorientierung zu verstehen. Inwiefern Vergabetechnologien entlang des Beschaffungsprozesses im Einsatz sind, verdeutlicht die Abbildung Aus den relativ niedrigen Anteilswerten insgesamt folgt, dass elektronische Vergabetechnologien von durchschnittlich mindestens zwei Dritteln der teilnehmenden Einrichtungen noch nicht bzw. nur im geringen Ausmaß genutzt werden. Mit 35% häufig bzw. sehr häufig genutzt werden Vergabeplattformen, gefolgt von der elektronischen Ausschreibung und der elektronischen Bedarfsverwaltung mit jeweils 26% und dem elektronischen Katalog mit 25%. Weitere Technologien, wie z. B. Vergabemanagement-Software, die elektronische Angebotsabga- 102

103 5 Quantitative Studie im öffentlichen Beschaffungsmarkt Deutschlands 5.4 (Innovationsorientierte) Organisation des Beschaffungsprozesses be oder die elektronische Auktion, kommen eher selten bzw. gar nicht zur Anwendung. Insbesondere der Einsatz der elektronischen Signatur als Grundlage zur Übermittlung offizieller und persönlich identifizierbarer Dokumente ist noch nicht weit verbreitet. Aus einer differenzierten Betrachtung der Verwaltungsebenen folgt, dass insbesondere bei den Kommunen der Einsatz von eprocurement noch etwas geringer ausfällt, während Bundesverwaltungen zum Teil über den durchschnittlichen Anteilswerten liegen. Die Unterschiede sind jedoch nicht so gewichtig, weshalb auf eine grafische Aufschlüsselung verzichtet wurde. Abb. 5-33: Öffentliche Einrichtungen Nutzung von Vergabetechnologien (Nennungen sehr häufig und häufig kumuliert) In der Unternehmensbefragung wurde ebenfalls gefragt, inwiefern die Unternehmen auf Seiten der öffentlichen Auftraggeber mit elektronischen Vergabetechnologien konfrontiert werden (Abbildung 5-34). Im Vergleich fallen die jeweiligen Werte etwas höher aus, von einem flächendeckenden Einsatz kann jedoch auch aus Sicht der Unternehmen nicht ausgegangen werden. Insgesamt gibt es beim Einsatz von Vergabetechnologien also noch Reserven für Effizienzsteigerungen. Abb. 5-34: Unternehmen Konfrontation mit elektronischen Vergabetechnologien von Seiten öffentlicher Auftraggeber (Nennungen sehr häufig und häufig kumuliert) Zuschlagskriterien und Zuschlagserteilung Im vorletzten Abschnitt der Analyse der Innovationsorientierung des Beschaffungsprozesses wird verstärkt auf die Zuschlagskriterien und die Zuschlagserteilung eingegangen. Abbildung 5-35 zeigt zunächst, wie die öffentlichen Einrichtungen die Zuschlagskriterien bei der Auswahl des wirtschaftlichen Angebotes gewichten. Wie unschwer zu erkennen, dominiert mit 54,1% der Anschaffungspreis als Zuschlagskriterium. Die Produkt- bzw. Dienstleistungsqualität 103

104 5 Quantitative Studie im öffentlichen Beschaffungsmarkt Deutschlands 5.4 (Innovationsorientierte) Organisation des Beschaffungsprozesses folgt auf dem zweiten Platz mit 22,4%. Die Berücksichtigung von Lebenszykluskosten hat mit 9,9% nur einen geringen Einfluss. Es kann geschlussfolgert werden, dass die Preisdominanz als maßgebendes Kriterium der Auftragsvergabe eher hemmend auf den Einkauf von Innovationen wirkt, da diese in der Regel zunächst etwas teurer sind. Abb. 5-35: Öffentliche Einrichtungen Gewichtung der Zuschlagskriterien bei der Auswahl des wirtschaftlichsten Angebotes* (durchschnittliche Prozentangaben als arithmetischer Mittelwert) In einer offenen Nennung konnten die öffentlichen Einrichtungen weitere Zuschlagskriterien angeben. Die stärkere Berücksichtigung von Garantie- und Folgekosten, also Aspekte, die den Lebenszyklus betreffen, werden hier öfter genannt. Referenzen der Bieter und ökologische Faktoren werden in Einzelfällen angegeben. In einem Fall wird auch die Innovation als Zuschlagskriterium angegeben. Aus Sicht der öffentlichen Einrichtungen scheint die Zuschlagserteilung vorwiegend bundesweit mit einem leichten Übergewicht der Auftragsvergabe an regionale Liederanten bzw. Dienstleister zu erfolgen (Abbildung 5-36). EU-weite oder sogar internationale Vergaben bilden demnach eher die Ausnahme. Dies deckt sich weitestgehend mit der unternehmerischen Perspektive. Bundesweit nehmen diese jedoch mehrheitlich überregionale öffentliche Aufträge wahr. Abb. 5-36: Öffentliche Einrichtungen und Unternehmen Herkunft von Aufragnehmern und Auftraggebern* (durchschnittliche Prozentangaben als arithmetischer Mittelwert) Die Unternehmen wurden ergänzend danach gefragt, bei wie viel Prozent der Bewerbungen um öffentliche Aufträge sie den Zuschlag erhielten (Abbildung 5-37). Durchschnittlich 21,4% der Bewerbungen um öffentliche Aufträge münden demnach in einer Zuschlagserteilung. Insbesondere bei kleinen und mittelgroßen Unternehmen fällt die Chance, den Zuschlag zu erhalten, höher aus als bei großen Unternehmen. 104

105 5 Quantitative Studie im öffentlichen Beschaffungsmarkt Deutschlands 5.4 (Innovationsorientierte) Organisation des Beschaffungsprozesses Abb. 5-37: Unternehmen prozentualer Anteil der Zuschläge auf Bewerbungen um öffentliche Aufträge* (nach Mitarbeitergrößenklassen; durchschnittliche Prozentangaben als arithmetischer Mittelwert) Die teilnehmenden Unternehmen konnten außerdem Gründe angeben, warum aus ihrer Sicht kein Zuschlag erteilt wurde (Abbildung 5-38). Das eigene Angebot war demnach für 65% der Unternehmen sehr häufig bzw. häufig zu teuer. Weitere maßgebende Gründe scheinen außerdem die zu große Anzahl von Wettbewerbern oder die Ungenauigkeit der Verdingungsunterlagen zu sein. Im mittleren Spektrum liegen hier Aspekte, die auf den Innovationsgehalt der angebotenen Produkte bzw. Dienstleistungen abzielen. 15% bestätigen das Fehlen von Referenzen bei Innovationen und 13% das generelle Nichtvorhandensein von Referenzen als häufige Gründe, dass die Auftragersteilung nicht zustande kam. Nicht eingehaltene Formalitäten sind aus Sicht der Unternehmen eher kein Grund für Absagen. Neben dem Preiskriterium und dem Wettbewerb scheinen für die Unternehmen Referenzen bei der Bewerbung um öffentlichen Aufträge von hoher Bedeutung zu sein. Dies ist sicherlich ein Anspruch, der für Innovationen schwer einlösbar erscheint. Abb. 5-38: Unternehmen Gründe für die nicht erfolgte Zuschlagserteilung (Nennungen sehr häufig und häufig kumuliert) Ergänzt werden muss in diesem Zusammenhang, dass über die Gründe einer Absage von Seiten der öffentlichen Einrichtung häufig keine Information gegenüber den Unternehmen erfolgt (Abbildung 5-39). Abb. 5-39: Unternehmen Anteil der Absagen, bei denen über die Gründe informiert wird 105

106 5 Quantitative Studie im öffentlichen Beschaffungsmarkt Deutschlands 5.4 (Innovationsorientierte) Organisation des Beschaffungsprozesses Orientierung an wirtschaftlichen Standards Abschließend zur Analyse des Beschaffungsprozesses wird näher darauf eingegangen, welche betriebswirtschaftlichen Standards und Methoden in den Einkaufsabteilungen bzw. -organisationen bekannt sind und angewendet werden (Abbildung 5-40). Eine entsprechende Orientierung an der Wirtschaft durch die Übernahme solcher Standards könnte für die Prozessoptimierung und Effizienzsteigerung des Beschaffungsprozesses förderlich sein. Vermutet wird, dass die Nutzung dieser für die öffentlichen Einrichtungen innovativen Methoden auch die Innovationsorientierung an sich positiv beeinflusst, da an vielen Stellen des Beschaffungsprozesses genauere und systematischere Erkenntnisse hinsichtlich der Bedarfsdefinition aber auch der Kostenanalyse und Marktanalyse resultieren können. Eine Berücksichtigung von Zertifizierungen der Leistungserbringer erfolgt in 79% der Einrichtungen. Festzustellen ist weiterhin, dass die eher generellen Möglichkeiten zur Optimierung des Einkaufs weitestgehend bekannt und teilweise etabliert sind. Das Controlling aller Vorgänge ist 83% der Einrichtungen bekannt und wird von 59% genutzt. Das Risikomanagement befindet sich in den Einkaufsbereichen zumindest bei fast jeder zweiten Einrichtung in der Anwendung. In Bezug auf spezifische Methoden besteht jedoch Nachholbedarf. Der Total-Cost-of-Ownership-Ansatz als Möglichkeit zur ganzheitlichen Kostenschätzung unter Berücksichtigung der Lebenszykluskosten wird von 37% der Einrichtungen verfolgt, rund jede dritte Einrichtung führt ABC-Analysen durch. Prognoseverfahren, Stärken- und Schwächenanalysen (SWOT) oder das Lieferantenmanagement sind allerdings noch nicht in nennenswertem Umfang zu den Einkaufsabteilungen der öffentlichen Einrichtungen vorgedrungen. Überdies deuten auch die abnehmenden Werte beim Bekanntheitsgrad darauf hin, dass das entsprechende betriebswirtschaftliche Know-how noch nicht ausreichend genug vorhanden ist. Abb. 5-40: Öffentliche Einrichtungen Bekanntheit und Nutzung von betriebswirtschaftlichen Methoden im Beschaffungsprozess 106

107 5 Quantitative Studie im öffentlichen Beschaffungsmarkt Deutschlands 5.5 Einkauf von innovativen Produkten 5.5 Einkauf von innovativen Produkten Im folgenden Kapitel steht nun der konkrete Einkauf von innovativen Produkten und damit die zweite Dimension der Innovationsorientierung öffentlicher Einrichtungen im Blickfeld Verwaltungs- und Wirtschaftsbereiche mit Potenzialen für die Beschaffung von Innovationen Zunächst wird darauf eingegangen, in welchen Verwaltungsbereichen welche Produkte bzw. Dienstleistungen für die öffentlichen Studienteilnehmer Innovationspotenziale besitzen. Im Monitoring Verwaltungsmodernisierung & egovernment Deutschland 2010 wurde auf kommunaler Ebene erhoben, in welchen Aufgabenbereichen aus Sicht der Verwaltungen Potenziale für die Beschaffung von Innovationen liegen (Abbildung 5-41). Sehr hohe und hohe Potenziale für Innovationen liegen demnach besonders in den Bereichen Erziehung, Bildung und Kultur, wie 70% der Einrichtungen angeben. Die Verkehrsinfrastruktur sowie die Energieversorgung und der öffentliche Personennahverkehr sind weiterhin Bereiche mit hohem Innovationspotenzial. Von eher geringem Potenzial für den Einsatz von Innovationen scheinen demnach das Krankenhauswesen, der Immobilenbereich sowie die Altenpflege zu sein. Abb. 5-41: Öffentliche Einrichtungen Aufgabenfelder mit Potenzialen für die Beschaffung von Innovationen* (Nennungen sehr hoch und hoch kumuliert) Abbildung 5-42 verdeutlicht, welche Produkt- bzw. Dienstleistungskategorien Potenziale für Innovationen für die öffentlichen Einrichtungen bieten. Sehr hoch bzw. hoch wird mit 89% der Bereich IT und Telekommunikation bewertet, gefolgt von Energie und Umwelt mit 85% sowie Forschung und Entwicklung mit 58%. Im mittleren Spektrum sind das Facility Management, Fahrzeugflotten, der Bereich Infrastruktur bzw. Bau sowie die Sicherheit angesiedelt. In den eher klas- 107

108 5 Quantitative Studie im öffentlichen Beschaffungsmarkt Deutschlands 5.5 Einkauf von innovativen Produkten sischen Bereichen des Beschaffungsbedarfs öffentlicher Einrichtungen wie den Büroverbrauchsmaterialien sowie der Büroausstattung und im Bereich Lager, Logistik und Transport werden die geringsten Potenziale für den Einkauf von Innovationen gesehen. Abb. 5-42: Öffentliche Einrichtungen Potenziale für die Beschaffung innovativer Produkte Bereitschaft zur Adaption neuer Produkte In diesem und im folgenden Abschnitt wird analysiert, wie die Bereitschaft der öffentlichen Einrichtungen zum Einkauf von Innovationen zu bewerten ist. Dabei wird zwischen der Bereitschaft zur Adaption von neuen Produkten und der Bereitschaft zur Mitwirkung an Neu- und Weiterentwicklungen bzw. dem Einkauf von Marktneuheiten unterschieden. Abbildung 5-43 verdeutlicht, wie hoch der Anteil an Lieferanten und Dienstleistern bei den öffentlichen Einrichtungen ist, die im Jahr 2008 erstmalig beauftragt wurden. Dieser Anteil beträgt durchschnittlich 16,8%. Am geringsten ausgeprägt ist der Anteil neuer Lieferanten und Dienstleister mit 15,3% auf Ebene der Kommunen. Der größte Wert liegt bei den Bundeseinrichtungen vor. Hier hat fast jede vierte Einrichtung im Jahr 2008 auch Aufträge an neue Anbieter vergeben. Abb. 5-43: Öffentliche Einrichtungen Anteil an Lieferanten und Dienstleistern, die 2008 erstmalig beauftragt wurden (nach Verwaltungsebene; durchschnittliche Prozentangaben als arithmetischer Mittelwert) Ein ähnliches Bild ergibt sich auch konkret auf die Frage bezogen, in welchem Ausmaß neue Produkte im Jahr 2008 eingekauft wurden. Die Frage wurde gemessen anhand des Anteils der

109 5 Quantitative Studie im öffentlichen Beschaffungsmarkt Deutschlands 5.5 Einkauf von innovativen Produkten erstmalig beschafften Produkte in Bezug auf das gesamte Beschaffungsvolumen für das Geschäftsjahr (Abbildung 5-44). Insgesamt beträgt der Anteil 12%. Kommunen weisen mit durchschnittlich 10,9% wiederum den geringsten Wert auf, währenddessen Bundeseinrichtungen mit 17,5% vorne liegen. Abb. 5-44: Öffentliche Einrichtungen Anteil der im Jahr 2008 erstmalig beschafften Produkte am Gesamtvolumen (nach Verwaltungsebene; durchschnittliche Prozentangaben als arithmetischer Mittelwert) In Bezug auf die Adaption von neuen Produkten folgt, dass der Anteil dieser am gesamten Beschaffungsvolumen öffentlicher Einrichtungen eher gering ausgeprägt ist. Lediglich in etwa jede achte Einrichtung hat im Jahr 2008 Produkte oder Dienstleistungen erstmals beschafft. Auf der Landes- und Kommunalebene fallen die Anteilswerte am geringsten aus Neuentwicklungen und Marktneuheiten Eine Variante der Bereitschaft zum innovativen Einkauf kann auch darin bestehen, ob auch bereits vorhandene Produkte oder Dienstleistungen an die speziellen Anforderungen einer öffentlichen Einrichtung angepasst bzw. vollständig überarbeitet werden. Diese Frage wurde sowohl den öffentlichen als auch privatwirtschaftlichen Studienteilnehmern gestellt (Abbildung 5-45). Insgesamt 64% der öffentlichen Einrichtungen bestätigen, dass zumindest eine Anpassung von Produkten bzw. Dienstleistungen an die Anforderungen der jeweiligen Einrichtung erfolgt ist. Allerdings geben nur 17% an, dass eine vollständige Überarbeitung erfolgt ist. Bei den Kommunen fallen die Werte wiederum am geringsten aus und nehmen in Richtung der Bundesebene zu. Hier wurden bei 37% der Einrichtungen vollständige Überarbeitungen durchgeführt. Die Unternehmen wurden hier spiegelbildlich gefragt, ob sie als Auftragnehmer Produkte angepasst bzw. vollständig überarbeitet haben. 27% bestätigen die vollständige Überarbeitung, 56% die Anpassung. Damit stimmen die Einschätzungen der öffentlichen Einrichtungen mit denen der Unternehmen weitestgehend überein. Abb. 5-45: Öffentliche Einrichtungen und Unternehmen erfolgte Anpassung von Produkten an die Anforderungen der Einrichtung (öffentliche Einrichtungen: nach Verwaltungsebene) Aus Abbildung 5-46 geht hervor, ob die teilnehmenden öffentlichen Einrichtungen in der Vergangenheit schon einmal Innovationen im Sinne von Marktneuheiten eingekauft haben. Wie auch bei den vorherigen Auswertungen nehmen die Bundeseinrichtungen einen Spitzenwert ein. 56% der Einrichtungen bestätigen die Frage, währenddessen auf Landesebene nur 27% und bei den Kommunen lediglich 19% schon einmal Marktneuheiten beschafft haben. Insgesamt hat demnach nur in etwa jede vierte Einrichtung bereits Innovationen eingekauft. 109

110 5 Quantitative Studie im öffentlichen Beschaffungsmarkt Deutschlands 5.5 Einkauf von innovativen Produkten Abb. 5-46: Öffentliche Einrichtungen Anschaffung von Marktneuheiten in der Vergangenheit (nach Verwaltungsebene) Für die Einrichtungen, die Marktneuheiten in der Vergangenheit beschafft haben, verdeutlicht die Abbildung 5-47 wiederum, welchen Anteil die eingekauften Innovationen am gesamten Beschaffungsvolumen des Jahres 2008 ausmachen. Durchschnittlich beträgt der Anteil 12,5%. Die Kommunen weisen mit 8,4% wiederum den geringsten Wert auf, Landesverwaltungen liegen bei dieser Betrachtung mit 18% vorne. Aufgrund der geringen Fallzahlen bei dieser Frage können hierbei jedoch auch Verzerrungen vorliegen. Abb. 5-47: Öffentliche Einrichtungen Anteil der im Jahr 2008 eingekauften Innovationen am Gesamtvolumen* (durchschnittliche Prozentangaben als arithmetischer Mittelwert) Aus Sicht der Unternehmen ergibt sich ein anderes Bild. 76% geben an, dass sie in der Vergangenheit Innovationen an öffentliche Auftraggeber verkauft haben. Der relativ hohe Stellenwert öffentlicher Auftraggeber bei der deutlichen Mehrheit der befragten Unternehmen (vgl. Abschnitt 5.1.3) ist sicherlich ein Grund für diesen hohen Anteil. Abb. 5-48: Unternehmen Verkauf innovativer Produkte an öffentliche Auftraggeber in der Vergangenheit Abschließend wurden die Studienteilnehmer aus öffentlichen Einrichtungen um eine vergleichende Aussage zum Innovationsgehalt des eigenen Portfolios an beschafften Produkten und Dienstleistungen in Bezug auf das Portfolio der beauftragten Lieferanten und Dienstleister gebeten (Abbildung 5-49). 28% der Einrichtungen sehen im eigenen Portfolio innovative Elemente. Die deutliche Mehrheit von 72% gibt jedoch an, dass die beschafften Produkte eher konventionellen Charakter haben. Die Unternehmen werden insgesamt etwas innovativer eingeschätzt. 110

111 5 Quantitative Studie im öffentlichen Beschaffungsmarkt Deutschlands 5.5 Einkauf von innovativen Produkten Abb. 5-49: Öffentliche Einrichtungen Innovationsgehalt des eigenen Produkt- und Dienstleistungsportfolios sowie des Portfolios der Lieferanten und Dienstleister Für die öffentlichen Einrichtungen folgt auch in Bezug auf die Bereitschaft zum Einkauf von Innovationen als Marktneuheiten, dass diese anscheinend noch keine hohe und maßgebende Bedeutung hat. Die Beschaffung standardisierter Produkte nach engen Wirtschaftlichkeitskriterien, also in erster Linie über den Beschaffungspreis, und der Rückgriff auf bewährte und im öffentlichen Sektor etablierte Auftragnehmer scheinen noch wesentliche Charakteristika des öffentlichen Beschaffungsmarktes in Deutschland zu sein. Im Vergleich zur Analyse der auf den Beschaffungsprozess bezogenen Merkmale der Innovationsorientierung und der hier aufgezeigten Bereitschaft zum Einkauf von Innovationen sind allein anhand des Stellenwertes innovativer Aspekte erste Parallelen ersichtlich. Im Abschnitt 5.7 wird der konkrete Zusammenhang zwischen diesen beiden Dimensionen der Innovationsorientierung öffentlicher Einrichtungen analysiert Eingekaufte bzw. verkaufte Innovationen und innovative Projekte In diesem Abschnitt wird etwas detaillierter darauf eingegangen, welche Innovationen gekauft bzw. verkauft wurden und welche Projekte im Bereich des innovativen Einkaufs von Seiten der öffentlichen Einrichtungen initiiert wurden. In einer offenen Frage konnten die öffentlichen Einrichtungen angeben, welche innovativen Produkte in der Vergangenheit bereits eingekauft wurden. Die Angaben sind auszugsweise in Abbildung 5-50 dargestellt. Auffällig ist, dass viele Angaben nicht als innovativ im Sinne tatsächlicher Marktneuheiten zu verstehen sind. Als innovativ werden demnach wohl auch Produkte bezeichnet, die für die jeweilige Einrichtung zum ersten Mal beschafft wurden. Abb. 5-50: Öffentliche Einrichtungen Beispiele für eingekaufte Innovationen (Auszug aus der offenen Antwort) 111

112 5 Quantitative Studie im öffentlichen Beschaffungsmarkt Deutschlands 5.5 Einkauf von innovativen Produkten Die Unternehmen konnten in einer offenen Frage ebenfalls angeben, welche Innovationen sie an öffentliche Auftraggeber verkauft haben. Wie bei den öffentlichen Einrichtungen auch, wurden nicht in jedem Fall Marktneuheiten angegeben. Abb. 5-51: Unternehmen Beispiele für verkaufte Innovationen (Auszug aus der offenen Antwort) In einer zusätzlichen offenen Abfrage wurden die öffentlichen Einrichtungen wiederum gebeten, Projekte zur Beschaffung innovativer Produkte anzugeben, die in der Einrichtung umgesetzt wurden bzw. sich in Planung befinden (Abbildung 5-52). Die Abbildung zeigt beispielhaft in welchen Bereichen entsprechende Projekte angegeben wurden. Mehrheitlich sind dies Vorhaben im technologischen Bereich. Interessant ist, dass in etwa bei 18% der Gesamtnennungen auf Projekte hingewiesen wurde, die sich auf die Innovationsorientierung entlang des Beschaffungsprozesses beziehen. Ferner sind die Bereiche Energie und Umwelt sowie Spezialtechnologien, die eher im Wissenschaftsbetrieb zu verorten sind, auch Felder, die mit der Beschaffung von Innovationen in Verbindung gebracht werden. 112

113 5 Quantitative Studie im öffentlichen Beschaffungsmarkt Deutschlands 5.5 Einkauf von innovativen Produkten Abb. 5-52: Öffentliche Einrichtungen Projekte zur Beschaffung innovativer Produkte (kategorisierte Angaben der offenen Antwort) 113

114 5 Quantitative Studie im öffentlichen Beschaffungsmarkt Deutschlands 5.5 Einkauf von innovativen Produkten Bewertung der eingekauften Innovationen und der Auftraggeber In diesem letzten Abschnitt zur Untersuchung der Innovationsorientierung auf Einkaufsseite wird erörtert, wie von öffentlichen Einrichtungen beschaffte innovative Lösungen bewertet werden und wie die öffentlichen Auftraggeber selbst als Abnehmer innovativer Lösungen aus Unternehmensperspektive zu beurteilen sind. Ähnlich wie bei der Frage nach dem Zustandekommen eines Bedarfs (vgl. Abschnitt 5.4.3) wird auch der Einkauf von Innovationen in erster Linie damit legitimiert, dass er schlicht und einfach aufgrund eines neuen Bedarfs erforderlich war (Abbildung 5-53). Für 64% der Einrichtungen, die Erfahrungen beim Einkauf von innovativen Lösungen haben (siehe Fußnote Abbildung 5-53), trifft das voll und ganz bzw. eher zu. Bei den Produkteigenschaften sind Innovationen für die Studienteilnehmer im Vergleich zu eher konventionellen Gütern vor allem effizienter sowie benutzerfreundlicher und können außerdem in der langfristigen Perspektive zu Kosteneinsparungen führen. 48% bestätigen, dass Innovationen qualitativ höherwertiger sind. In Hinblick auf Zuverlässigkeit und Serviceleistungen überwiegen zwar auch die positiven Nennungen, viele der Einrichtungen aber scheinen noch keine konkreten Erfahrungswerte zu haben, wie anhand der verhältnismäßig hohen Werte in der Kategorie teils/teils sichtbar wird. Die eben kurz dargestellten Vorzüge von Innovationen verdecken jedoch nicht die Kosten ihrer Implementierung. Insgesamt konstatiert zwar lediglich in etwa jede vierte Einrichtung, dass Innovationen hohe Umstellungskosten mit sich bringen. Dass Innovationen preiswerter in der Anschaffung als konventionelle Lösungen wären, wird jedoch mehrheitlich verneint. Abb. 5-53: Öffentliche Einrichtungen Bewertung der Eigenschaften von bisher beschafften Innovationen* 114

115 5 Quantitative Studie im öffentlichen Beschaffungsmarkt Deutschlands 5.6 Defizite bei der Innovationsorientierung, Lösungsansätze und neue Aus- bzw. Weiterbildungsformate Abschließend wird der Blick noch einmal auf die Unternehmensperspektive gerichtet. Unternehmen wurden ebenfalls gefragt, inwiefern sich öffentliche Auftraggeber als Abnehmer von Innovationen eignen. 56% der Unternehmen kommen zu der Einschätzung, dass diese für den Einkauf von Innovationen nur bedingt geeignet bzw. ungeeignet sind (Abbildung 5-54). Dennoch sehen 39% der Unternehmen in öffentlichen Auftraggebern auch große Potenziale für den Verkauf innovativer Produkte. Abb. 5-54: Unternehmen Bewertung öffentlicher Auftraggeber als Abnehmer innovativer Produkte 5.6 Defizite bei der Innovationsorientierung, Lösungsansätze und neue Ausbzw. Weiterbildungsformate Bevor im Abschnitt 5.7 die quantitativen Ergebnisse über die Entwicklung eines Innovationsindikators zusammengefasst werden, soll herausgestellt werden, wo aus der öffentlichen und unternehmerischen Perspektive heraus Defizite bei der Innovationsorientierung im öffentlichen Auftragswesen liegen und welche Lösungsansätze gesehen werden Defizite bei der Innovationsförderung in den Beschaffungsstellen und Lösungsansätze aus öffentlicher und unternehmerischer Perspektive Wie gezeigt wurde, ist die Innovationsförderung im Beschaffungswesen öffentlicher Einrichtungen noch kein Aufgabenfeld von höchster Priorität, entsprechend hoch wurden die vorhandenen Defizite eingeschätzt. Die öffentlichen Einrichtungen wurden daraufhin gefragt, an welchen Stellen sie in ihrem Beschaffungswesen Potenziale sehen, den Innovationsgrad der nachgefragten Produkte zu steigern (Abbildung 5-55). Aus Sicht der öffentlichen Einrichtungen liegen die größten Potenziale, in welchen demnach auch großer Nachholbedarf besteht, in der Marktbeobachtung. Von hoher Relevanz sind weiterhin die intensivere Berücksichtigung von Innovationen bzw. innovativen Elementen bei der Leistungsbeschreibung und bei der Gewichtung der Zuschlagskriterien. Dies deutet auf die verstärkte Umstrukturierung der zum Teil sicherlich erheblich standardisierten Beschaffungsprozesse beim öffentlichen Einkauf hin. Nicht zuletzt sehen 50% der Einrichtungen hohe bis sehr hohe Potenziale bei der Ausgestaltung des Vergabeverfahrens. Anregungen von Unternehmen, Eignungsprüfungen der Bieter oder die verstärkte losweise Vergabe, werden weiterhin von etwa einem Drittel als Bereiche mit ausgeprägten Potenzialen gesehen. Interessant ist, dass die vollständige elektronische Abwicklung und die Beschleunigung des Verfahrens sicherlich die Effizienzsteigerung im Vergabewesen bewirken könnten, aus Sicht der öffentlichen Studienteilnehmer jedoch nicht zu denjenigen Faktoren gezählt werden, die maßgeblich zur Steigerung des Innovationsgrades nachgefragter Produkte beitragen. Die Ausweitung Öffentlich-Privater Partnerschaften hat ein eher geringes Potenzial für die Entwicklung stärkerer Innovationsorientierung. 115

116 5 Quantitative Studie im öffentlichen Beschaffungsmarkt Deutschlands 5.6 Defizite bei der Innovationsorientierung, Lösungsansätze und neue Aus- bzw. Weiterbildungsformate Abb. 5-55: Öffentliche Einrichtungen Potenziale im eigenen Beschaffungswesen zur Erhöhung des Innovationsgrades der nachgefragten Produkte (Nennungen sehr hoch und hoch kumuliert) Auch die Unternehmen wurden um eine Einschätzung gebeten, wo sie im öffentlichen Sektor konkrete Defizite sehen (Abbildung 5-56). Mit einer überwiegenden Mehrheit von 86% erscheint besonders die zu starke Preisorientierung bei öffentlichen Vergaben als hemmender Faktor der Innovationsförderung. Sehr hohe und hohe Defizite werden ebenfalls in der mangelnden Bereitschaft zum Einsatz von Innovationen, in vergaberechtlichen Barrieren sowie in der Intransparenz des deutschen Vergabewesens gesehen. Nicht unerheblich scheinen weiterhin ein gering ausgeprägtes Risikomanagement und die unzureichenden Produkt- und Technologiekenntnisse der Einkäufer zu sein. Der zurückhaltende Wettbewerb im öffentlichen Sektor spielt eine deutlich weniger wichtige Rolle. Abb. 5-56: Unternehmen Defizite in der Innovationsförderung im öffentlichen Sektor (Nennungen "sehr hoch" und "hoch" kumuliert) 116

117 5 Quantitative Studie im öffentlichen Beschaffungsmarkt Deutschlands 5.6 Defizite bei der Innovationsorientierung, Lösungsansätze und neue Aus- bzw. Weiterbildungsformate Lösungsansätze sehen die Unternehmen in erster Linie in einer Vereinfachung des Vergaberechts und bei der Zulassung von Nebenangeboten, wie Abbildung 5-57 zeigt. Innovationsfördernd kann außerdem ein verstärkter Dialog zwischen öffentlicher Hand und Wirtschaft im Bereich Forschung und Entwicklung sein. Weiterhin wird wieder auf den Stellenwert der fachlichen Kompetenzen der Einkäufer verwiesen im Abschnitt wird darauf detaillierter eingegangen. Grundsätzlich kann aus Sicht der Unternehmen eine stärkere Ausrichtung an wirtschaftlichen Standards den Einkauf von Innovationen fördern. Bestätigt wird von den Unternehmen größtenteils auch, dass die politische Flankierung und nicht zuletzt eine darüber legitimierte Subventionierung von Innovationen bedeutende Lösungsansätze sein können. Die Ausweitung der Nutzung elektronischer Vergabeplattformen, aber auch die Nachfragebündelung durch den Zusammenschluss mehrerer öffentlicher Auftraggeber werden als eher unbedeutende Faktoren wahrgenommen. Auch haben Preispräferenzen als Anreizsysteme für Anbieter aus Sicht der Unternehmen nur einen verhältnismäßig geringen Stellenwert. Abb. 5-57: Unternehmen Maßnahmen zur Reduzierung der Defizite und gezielten Innovationsförderung im öffentlichen Sektor (Nennungen sehr hoch und hoch kumuliert) Perspektiven für neue Aus- und Weiterbildungsformate Bereits mehrfach wurde auf die Wichtigkeit fachlicher Kompetenzen der Einkaufsverantwortlichen hingewiesen. Ausgeprägte Produkt- und Technologiekenntnisse der Beschaffung sind Voraussetzung für eine erschöpfende und gewinnbringende Marktsichtung, auch hinsichtlich der stärkeren Berücksichtigung von Innovationen im Beschaffungswesen öffentlicher Einrichtungen. Die Genannten wurden auch gefragt, inwiefern die zuständigen Beschaffer explizit für den Einkauf von Produkten und Dienstleistungen ausgebildet sind (Abbildung 5-58). Der Ausbildungsstand variiert zwischen den Verwaltungsebenen stark: 65% der Bundeseinrichtungen bestätigen, dass die zuständigen Beschaffer konkret für ihre Aufgaben ausgebildet wurden. Auf Ebene der Länder beträgt der Anteil noch 58%. Dagegen geben 72% der Kommunen an, dass die für die Beschaffung zuständigen Mitarbeiter nicht speziell für den Einkauf von Produkten und Dienstleistungen ausgebildet sind. 117

118 5 Quantitative Studie im öffentlichen Beschaffungsmarkt Deutschlands 5.6 Defizite bei der Innovationsorientierung, Lösungsansätze und neue Aus- bzw. Weiterbildungsformate Abb. 5-58: Öffentliche Einrichtungen Ausbildung der zuständigen Beschaffer auf den Einkauf von Produkten und Dienstleistungen (nach Verwaltungsebene) Somit stellt sich die Frage, wie und von wem diese möglichen fachlichen Defizite behoben werden könnten. Die öffentlichen EInrichtungen trauen am ehesten auch öffentlichen Anbietern die Übernahme von Aus- und Weiterbildungen der Einkaufsverantwortlichen zu, wie aus Abbildung 5-59 hervorgeht. Gefragt sind etwa Universitäten und Fachhochschulen, die Studiengänge im Bereich Verwaltungswissenschaften anbieten, bspw. aber auch die Bundesakademie für öffentliche Verwaltung im Bundesministerium des Innern und weitere öffentliche Aus- und Weiterbildungsorganisationen. Knapp die Hälfte der Einrichtungen bestätigt, dass auch einrichtungsinterne Anbieter sehr gut bzw. gut hierfür geeignet wären. Kommerzielle Ausgründungen von Vereinen bzw. Verbänden, z. B. die Akademie des Bundesverbandes Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e. V. (BME), werden von etwa zwei Drittel als geeignete Aus- und Weiterbildungsanbieter bewertet. Beratungsunternehmen, Vereine sowie Verbände sind für die Ausbildungsförderung der Beschaffer allerdings von eher geringem Stellenwert. In der offenen Nennung zu dieser Frage wurden in einzelnen Fällen außerdem Rechtsanwälte und Studieninstitute genannt. Abb. 5-59: Öffentliche Einrichtungen Anbieter von Aus- und Weiterbildungsangeboten zur Behebung möglicher fachlicher Defizite (Nennungen "sehr gut geeignet" und "gut geeignet" kumuliert) Bezogen auf den gesamten Beschaffungsbereich konnten sich die Einrichtungen auch dazu äußern, welche Lehrformate sie bei der Behebung gegebenenfalls vorhandener Defizite für nützlich halten (Abbildung 5-60). Fast alle Einrichtungen kommen zu dem Schluss, dass besonders Seminare bzw. Workshops hierfür effektive Formate sind. Im Vergleich zu Messen und Kongressen, die lediglich für 20% sehr gut geeignet bzw. gut geeignet sind, scheinen die öffentlichen Studienteilnehmer besonders kleinere und überschaubarere Veranstaltungsformate zu bevorzugen, in denen eventuell auch verstärkt auf individuelle Anliegen eingegangen werden kann. 118

119 5 Quantitative Studie im öffentlichen Beschaffungsmarkt Deutschlands 5.6 Defizite bei der Innovationsorientierung, Lösungsansätze und neue Aus- bzw. Weiterbildungsformate Veranstaltungen allein sind aus Sicht der öffentlichen Einrichtungen nicht ausreichend. Die Publikation praxisorientierter Leitfäden, ergänzt um generelle Fachpublikationen, wird mehrheitlich präferiert. Regelmäßig erscheinende Newsletter und besonders Online- bzw. elearning-angebote werden als eher ungeeignet gesehen, was eventuell auf die allgemeine Komplexität des Themas Einkauf in der öffentlichen Verwaltung zurückgeführt werden kann. Abb. 5-60: Öffentliche Einrichtungen geeignete Formate zur Behebung möglicher Defizite (Nennungen "sehr gut geeignet" und "gut geeignet" kumuliert) Vereinfachung bzw. Entbürokratisierung des Vergaberechts Abschließend wurden die Studienteilnehmer um Einschätzungen gebeten, welche Ansätze sie für eine Vereinfachung bzw. Entbürokratisierung des Vergaberechts in Deutschland als geeignet erachten. Eine intensive Auseinandersetzung in Bezug auf die Optimierung des Vergaberechts für eine stärkere Innovationsorientierung folgt im Abschnitt 7. Aus aktuellem Anlass wurden die öffentlichen Einrichtungen und Unternehmen zunächst gefragt, wie sie die Erhöhung der Wertgrenzen im nationalen, unterschwelligen Bereich im Rahmen des Konjunkturpakets der Bundesregierung bewerten (Abbildung 5-61). Die öffentlichen Einrichtungen bestätigen mehrheitlich, dass die Entbürokratisierung öffentlicher Vergaben dadurch gefördert wird. Gleichzeitig wurde mit Stand April 2009 erwartet, dass der Investitionsdruck durch die zeitliche Begrenzung der verfügbaren Mittel zunehmen wird, wodurch die Gefahr von Fehlinvestitionen steige. Für die Unternehmen ist dies der maßgebende Effekt des Konjunkturpakets gewesen, mehrheitlich wurde von den Unternehmen auch ein Abnehmen der Transparenz durch die Erleichterungen erwartet. Ein Investitionsschub in Innovationen wurde aus Sicht der öffentlichen Einrichtungen in erster Linie nicht erwartet. 119

120 5 Quantitative Studie im öffentlichen Beschaffungsmarkt Deutschlands 5.6 Defizite bei der Innovationsorientierung, Lösungsansätze und neue Aus- bzw. Weiterbildungsformate Abb. 5-61: Öffentliche Einrichtungen und Unternehmen Statements zur Erhöhung der Wertgrenzen im Rahmen des Konjunkturpakets der Bundesregierung In einer offenen Abfrage konnten die öffentlichen Einrichtungen die drei wichtigsten Maßnahmen angeben, die nach ihrer Ansicht für eine weitere Vereinfachung des deutschen Vergabewesens sorgen könnten. Die Nennungen wurden nach Bereichen kategorisiert und sind zusammenfassend in Abbildung 5-62 dargestellt. Mehrheitlich lassen sich die Antworten dahingehend interpretieren, dass in erster Linie auf die Vereinheitlichung des Vergabewesens gesetzt werden könnte, 19% der Nennungen wurden unter diese Kategorie subsumiert. Deutlich wird, dass die Schaffung einheitlicher Vergaberegelungen bundesweit und auch auf europäischer Ebene als sinnvoll erachtet wird. Etwa 17% der Antworten zielen auf eine verstärkte Deregulierung bei gleichzeitig erhöhter Entscheidungsfreiheit der Einkaufsorganisationen ab. Die weitere Erhöhung der Schwellenwerte als weiterem Punkt verdeutlicht außerdem, dass die Maßnahmen des Konjunkturpakets durchaus als dauerhafte Lösungen zur Vereinfachung des Vergabewesens angesehen werden. Neben der grundsätzlichen Vereinfachung und Entbürokratisierung, besonders bei der Erstellung der für die Vergabe notwendigen Unterlagen und dem stärkeren Einsatz von eprocurement, zielen einige Antworten auf eine Intensivierung der Rechtssicherheit. Hierunter wird vermehrt auch auf die Einschränkung der Bieterrechte verwiesen. 120

121 5 Quantitative Studie im öffentlichen Beschaffungsmarkt Deutschlands 5.6 Defizite bei der Innovationsorientierung, Lösungsansätze und neue Aus- bzw. Weiterbildungsformate Abb. 5-62: Öffentliche Einrichtungen Maßnahmen einer weiteren Vereinfachung des deutschen Vergabewesens (kategorisierte Angaben der offenen Antwort) 121

122 5 Quantitative Studie im öffentlichen Beschaffungsmarkt Deutschlands 5.6 Defizite bei der Innovationsorientierung, Lösungsansätze und neue Aus- bzw. Weiterbildungsformate Auf der Angebotsseite ergibt sich folgendes Bild: Für 83% der Unternehmen stehen als zentrale Punkte zur Entbürokratisierung des öffentlichen Auftragswesens die Vereinheitlichung und Verschlankung der vergaberechtlichen Bestimmungen im Vordergrund (Abbildung 5-63). Von großem Interesse scheinen weiterhin Aspekte zu sein, die eine langfristige strategische Zusammenarbeit stark machen: Bei der Beschaffung von Standardleistungen sollte demnach eine größere Fokussierung auf Rahmenverträge erfolgen. Für 57% der Unternehmen ist die Ausweitung Öffentlich- Privater Partnerschaften von hoher bis sehr hoher Bedeutung. Ebenso wird von den Unternehmen mehrheitlich einer Einführung zentraler Unternehmens- und Lieferantenverzeichnisse zugestimmt. Die flächendeckende Einführung elektronischer Vergabelösungen sowie die Zentralisierung des Einkaufs sind aus der unternehmerischen Perspektive nicht von zentraler Bedeutung. Abb. 5-63: Unternehmen bedeutende Punkte zur Entbürokratisierung des öffentlichen Auftragswesens (Nennungen sehr hoch und hoch kumuliert) Im abschließenden Teil dieses Unterkapitels werden die kategorisierten offenen Nennungen der Unternehmen dargestellt. Mehrheitlich wurde sich hier auf generelle Aspekte einer Vereinheitlichung, Vereinfachung bzw. Optimierung des Vergabewesens bezogen. Prinzipiell steht dabei der Bürokratieabbau bei einer gleichzeitigen Beschleunigung der Verfahren im Vordergrund. Aber auch eine stärkere Berücksichtigung betriebswirtschaftlicher Methoden wird erwähnt. In Bezug auf die Vergabeverfahren folgt, ähnlich wie bei der kategorialen Abfrage, eine Ausweitung von ÖPP und Rahmenverträgen als generelle Forderung. Stark im Blick scheint außerdem die Intensivierung von Verhandlungsverfahren und Nebenangeboten zu stehen. Circa 13% der Nennungen beziehen sich auf die Zuschlagskriterien. Die Unternehmen fordern dabei überwiegend eine Reduzierung der Preisdominanz als wesentlichem Kriterium für die Auftragsvergabe. Aus einer Nennung geht hervor, dass eine Entschärfung der Preisdominanz dadurch erfolgen könnte, dass man das preiswerteste Angebot aus der Bewertung ausschließt. Die stärkere Gewichtung von Produktqualität, Lebenszykluskosten, Nachhaltigkeit und Umweltschutz und die Reduzierung des Einflusses von Referenzen sind aus Sicht der Unternehmen weitere sinnvolle Ansätze. Von hoher Bedeutung scheinen auch konkretere Leistungsbeschreibungen und die generelle Vereinfachung des Vergaberechts zu sein. Insbesondere die Übernahme der Rechtssprechung der EU und eine bundesweite Vereinheitlichung wurden in diesem Zusammenhang vermehrt angegeben. In verhältnismäßig wenigen Fällen wird auf die Transparenzproblematik, eine verstärkte strategische Zusammenarbeit öffentlicher Einrichtungen und die Ausweitung von eprocurement hingewiesen. Jeweils vier Nennungen beziehen sich auf die stärkere Berücksichtigung von Innovationen sowie auf gezielte Aus- und Weiterbildung der Einkaufsverantwortlichen. 122

123 5 Quantitative Studie im öffentlichen Beschaffungsmarkt Deutschlands 5.6 Defizite bei der Innovationsorientierung, Lösungsansätze und neue Aus- bzw. Weiterbildungsformate Abb. 5-64: Unternehmen Maßnahmen einer weiteren Vereinfachung des deutschen Vergabewesens (kategorisierte Angaben der offenen Antwort) Öffentliche Einrichtungen und Unternehmen sind sich weitestgehend einig darüber, dass das Vergabewesen grundsätzlich vereinfacht und vereinheitlicht werden muss. Parallelen gibt es neben vergaberechtlichen Aspekten unter anderem auch in Bezug auf die (transparente) Erstellung 123

124 5 Quantitative Studie im öffentlichen Beschaffungsmarkt Deutschlands 5.7 Indikator zur Innovationsorientierung in öffentlichen Einrichtungen der Leistungsbeschreibungen oder die intensivere Zusammenarbeit durch die Einkaufsbündelung. Gegensätzliche Positionen sind jedoch ebenfalls offensichtlich: Die öffentlichen Einrichtungen fokussieren die Ausweitung der eigenen Freiheitsgrade entlang des gesamten Beschaffungsprozesses. Die enge Anlehnung an Wirtschaftlichkeitskriterien, demzufolge also auch die Preisdominanz bei der Auftragsvergabe, steht für die Einkaufsseite nach wie vor hoch im Kurs. Die Unternehmen wiederum sehen einen wesentlichen Punkt der Optimierung des Vergabewesens genau in dem Abbau der starken Preisgewichtung als Hauptkriterium für die Zuschlagserteilung. Faktoren wie Qualität, Lebenszyklus und Nachhaltigkeit sollen demnach an Gewicht gewinnen. Weiterhin wird von den Unternehmen auch stärker auf die Verfahrensaspekte eingegangen. Die Ausweitung langfristig bindender Regelungen, z. B. ÖPP und Rahmenverträge, sind aus der Unternehmensperspektive zukünftige Herausforderungen. 5.7 Indikator zur Innovationsorientierung in öffentlichen Einrichtungen In diesem Unterkapitel soll als Zusammenfassung der Studienergebnisse ein Indikator vorgestellt werden, der als quantifizierendes Maß für Innovationsorientierung in öffentlichen Einrichtungen fungieren kann. Zum einen sollen weiterführende Erkenntnisse zum Stand der Innovationsorientierung im öffentlichen Auftragswesen aufgezeigt werden. Im Vordergrund steht der Zusammenhang zwischen einem innovativen Beschaffungsprozess und der Beschaffung von Innovationen. Zum anderen soll verdeutlicht werden, dass dieser Indikator bspw. über die Erstellung von Rankings verschiedene Möglichkeiten bietet, die bei einer Positionsbestimmung öffentlicher Einrichtungen in der Frage der Innovationsorientierung behilflich sein können Indikatorherleitung Für die Herleitung des Indikators Innovationsorientierung in öffentlichen Einrichtungen wurden die in den vorherigen Unterkapiteln beschriebenen Ergebnisse sowie die im zweiten Kapitel abgeleiteten theoretischen Grundlagen herangezogen und miteinander kombiniert. Aus den theoretischen Überlegungen folgt, dass sich die Innovationsorientierung öffentlicher Einrichtungen in zwei Dimensionen zeigt, die sich gegenseitig bedingen können: Die innovationsorientierte Gestaltung des Beschaffungsprozesses und der tatsächliche Einkauf von Innovationen. Sowohl die Fragebogenkonstruktion als auch die Entwicklung des Indikators erfolgte in enger Anlehnung an diese Grundlage. In einem ersten Schritt erfolgte zunächst die inhaltliche Auseinandersetzung darüber, welche abgefragten Themenbereiche herangezogen werden können und inwiefern diese als aussagekräftige Indizien der beiden Dimensionen zu verstehen sind. Unterstützt wurde der Prozess durch eine explorative Datenanalyse: Überwiegend wurden hier neben deskriptiven Auswertungen kausalanalytische Zusammenhangsmaße sowie Regressions- und Faktorenanalysen berechnet. Aus dieser inhaltlichen und methodischen Exploration folgte, dass sich jede Dimension der Innovationsorientierung einer öffentlichen Einrichtung in zumindest zwei weitere Teilkomponenten ausdifferenzieren lässt. Die Dimensionen mit den zugehörigen Komponenten werden im Folgenden erläutert. Für jede Komponente ist auch angegeben, welche Inhalte aus der Befragung sich in der Exploration durchgesetzt haben und in die Indikatorberechnung eingegangen sind. 124

125 5 Quantitative Studie im öffentlichen Beschaffungsmarkt Deutschlands 5.7 Indikator zur Innovationsorientierung in öffentlichen Einrichtungen Innovativer Beschaffungsprozess Die erste Dimension setzt sich aus den zwei Komponenten effiziente Beschaffung und innovativer Beschaffungsprozess zusammen (vgl. Unterkapitel 2.4 und 2.5). Effiziente Beschaffung: Darunter wird die Anwendung von Methoden und Maßnahmen verstanden, die der effizienten, rationalen und beschleunigten Beschaffung von Produkten und Dienstleistungen nach Kriterien der Wirtschaftlichkeit dienlich sind. In diese Kategorie fallen demnach Bestandteile des Beschaffungsprozesses, die sich auf den Einkauf generell beziehen und nicht nur auf die Beschaffung von Innovationen. Bedeutung des Themas Beschaffung in der Modernisierungsstrategie: Im Abschnitt 2.4 wurde auch auf die generelle Wichtigkeit der politischen Flankierung im öffentlichen Auftragswesen verwiesen. Insofern wäre für diese Komponente wichtig, inwiefern das Thema Beschaffung in der Modernisierungsstrategie der Einrichtungen verankert ist. Explizite Ausbildung der Beschaffer für den Einkauf von Waren und Dienstleistungen: Ein enger Zusammenhang scheint zwischen der Effizienzsteigerung und den fachlichen Kompetenzen der für die Durchführung verantwortlichen Beschaffer zu bestehen. Ausmaß der Anwendung elektronischer Vergabetechnologien: Elektronische Vergabetechnologien sind maßgebende Hilfsmittel zur Prozessoptimierung der Beschaffungsabläufe, weshalb effizient operierende Beschaffungsorganisationen entsprechenden Wert auf deren Implementierung legen sollten. Bekanntheit und Nutzungsgrad betriebswirtschaftlicher Methoden im Beschaffungsprozess: Die gezielte Orientierung an betriebswirtschaftlichen Standards und Übernahme entsprechender Methoden kann positive Auswirkungen auf die Kosteneffizienz der zu beschaffenden Produkte haben. Hier werden auch grundlegende Potenziale für den Einkauf von Innovationen gesehen. Innovationsorientierung im Beschaffungsprozess: Unter dieser Komponente werden Bestandteile des Beschaffungsprozesses subsumiert, bei denen eine gezielte Ausrichtung, Förderung und somit Bereitschaft zum Einkauf von Innovationen ersichtlich ist. Bedeutung der Innovationsförderung als wichtigem Beschaffungsziel: Gerade bei der Innovationsförderung scheint politische Initiative gefragt. Die Deklaration der Innovationsförderung als wichtiges Beschaffungsziel sollte positiven Einfluss haben. Grad der Zusammenarbeit der am Beschaffungsprozess beteiligten Akteure: Hier wird vermutet, dass die intensivere Abstimmung der am Beschaffungsprozess beteiligten Akteure zu Synergieeffekten zwischen fachlichen und betriebswirtschaftlichen Kenntnissen führen kann. Wichtigkeit der Innovationssteigerung zu beschaffender Produkte als Ziele bei Verhandlungsverfahren bzw. Freihändigen Verfahren: Wenn es aufgrund des Vergabeverfahrens zu Verhandlungen kommt, wird angenommen, dass eine intensive Berücksichtigung der Innovationssteigerung des zu verhandelnden Produktes für die Innovationsorientierung im Beschaffungsprozess spricht. Nutzung der Verfahren Konzepterstellung, Marktsondierung und Beschaffungsplan im Vorfeld der Erstellung von Verdingungsunterlagen und Ausmaß der Abstimmung zwischen Bedarfsträger und Beschaffer: Die genaue Definition und Planung der Beschaffung im Vorfeld kann etwaige Schwierigkeiten bei der eigentlichen Beschaffung reduzieren. Die erwähnten Konzepte sind konkrete Verfahren hierfür, bei der in erster Linie die Kooperation zwischen Beschaffer und Bedarfsträger fruchtbare Ergebnisse liefern kann. Gerade in Bezug auf Bedarfe, die innovative Lösungen erfordern, kann der Beschaffungsprozess hier detailliert strukturiert werden. Intensität des Einflusses von funktionalen Anforderungen, Verweisen auf Normen und Standards, Zulassung von Nebenangeboten und Preispräferenzen in die Leistungsbeschreibung benötigter Produkte: Insbesondere funktionale Anforderungen des Produktes und die Zulassung von Nebenangeboten räumen möglichen Bietern Freiräume ein, das Angebot zu individualisieren und auch innovative Elemente einfließen zu lassen. 125

126 5 Quantitative Studie im öffentlichen Beschaffungsmarkt Deutschlands 5.7 Indikator zur Innovationsorientierung in öffentlichen Einrichtungen Intensität der Kooperation mit externen Einrichtungen beim Beschaffungsprozess: Ein nicht autark orientiertes Vorgehen durch die Kooperation mit anderen (privaten und öffentlichen) Einrichtungen fördert die Innovationsorientierung im Beschaffungsprozess, da Input auch zu innovativen Lösungen auf verschiedenen Quellen beruhen kann. Ausmaß der Nutzung von Informations- und Beratungsmöglichkeiten (Wege der Markterkundung): Erwartet wird, dass eine differenzierte und verschiedenartige Markterkundung für die Einkaufsverantwortlichen neben dem detaillierten Marktüberblick auch Zugänge zu innovativen Lösungen offenbaren kann. Beschaffung von Innovationen Auch die Dimension zur Beschaffung von Innovationen wird an zwei weiteren Komponenten festgemacht: der Adaption von Neuerungen sowie Neuentwicklungen. Die Ableitung basiert auf den definitorischen Abgrenzungen des Innovationsbegriffes (vgl. Unterkapitel 2.1), die anhand der Ergebnisse der quantitativen Befragung empirische Relevanz aufzuweisen scheinen. Adaption von Neuerungen: Hierunter wird die generelle Bereitschaft aufgefasst, Produkte zu beschaffen, die als neu für die jeweilige Einrichtung zu bewerten sind. Die Komponente ist demnach unabhängig vom Innovationsgehalt des Produktes. Anteil der im Jahr 2008 erstmals beauftragten Lieferanten und Dienstleister: Der Anteil an neuen Anbietern ist ein Merkmal für die Bereitschaft, sich nicht nur auf den historisch gewachsenen Anbieterstamm zu verlassen. Demnach wird vermutet, dass ein entsprechend hoher Anteil auch die Adaption von neuen Produkten begünstigt. Anteil der im Jahr 2008 erstmals beschafften Produkte am gesamten Vergabevolumen: Als etwas konkreter ist dann der Anteil der erstmals beschafften Produkte aufzufassen. Diese sind neu für die Einrichtung und demnach ein Anzeichen des Innovationspotenzials. Anteil der im Jahr 2008 beschafften innovativen Produkte am gesamten Vergabevolumen: Hierüber wird am deutlichsten gemessen, wie die Bereitschaft zum Einkauf von Neuheiten im weiteren Sinne zu beurteilen ist. Einschätzung des Innovationsgehalts des eigenen Portfolios: Über diese Selbsteinschätzung wird der Blick auf den Innovationsgehalt des gesamten Produktportfolios gelenkt. Neuentwicklungen und Marktneuheiten: Gegenüber der ersten Komponente geht es hier um die konkrete Einbindung der öffentlichen Einrichtung in die Produktentwicklung bzw. der Beschaffung von Marktneuheiten. Diese Komponente basiert auf einem vierstufigen Steigerungsverhältnis: Die geringste Stufe liegt vor, wenn keine Anpassungen bzw. Überarbeitungen von Produkten erfolgt sind und auch keine Marktneuheiten beschafft wurden. Es folgen die Anpassung von Produkten an die Anforderungen der Einrichtung als schwaches und die Weiterentwicklung bzw. vollständige Überarbeitung von Produkten als starkes Indiz der aktiven Mitgestaltung bei der Entwicklung. Als höchste Stufe wird der erfolgte Einkauf einer Marktneuheit in der Vergangenheit als konkreter Hinweis für die innovative Beschaffung aufgefasst. Erfolgte Anpassung bzw. vollständige Überarbeitung von Produkten an die Anforderungen der Einrichtung Einkauf von Marktneuheiten in der Vergangenheit Abbildung 5-65 verdeutlicht die hier beschriebene Zusammensetzung des Indikators Innovationsorientierung in öffentlichen Einrichtungen mit den zwei Leitdimensionen und vier Komponenten. Die Berechnung der Dimension Innovativer Beschaffungsprozess beinhaltet die Komponenten effiziente Beschaffung und Innovationsorientierung im Beschaffungsprozess. Letztere Komponente ging mit doppeltem Gewicht ein, um dem dynamischen Innovationspotenzial im Beschaffungsprozess einen größeren Einfluss zu verleihen, als den eher auf Effizienzsteigerungen bezogenen Kriterien der ersten Komponente. Bei der zweiten Dimension Beschaffung von Innovationen gingen beide Komponenten zu gleichem Gewicht ein, da die Beschaffung von Innovationen sowohl von der Bereitschaft zum Einkauf von Neuerungen als auch von der konkreten Neu- 126

127 5 Quantitative Studie im öffentlichen Beschaffungsmarkt Deutschlands 5.7 Indikator zur Innovationsorientierung in öffentlichen Einrichtungen entwicklung von Produkten jeweils dem Bedarf der Einrichtung entsprechend abhängig zu sein scheint. In dem letztlich resultierenden Gesamtindikator fließt die Dimension Innovativer Beschaffungsprozess aus den genannten Gründen ebenfalls mit einem doppelten Gewicht gegenüber der Dimension Beschaffung von Innovationen ein. In diesem Zusammenhang wird davon ausgegangen, dass einer Sensibilisierung zum Einkauf von Innovationen zunächst eine korrespondierende Ausrichtung der Beschaffungsorganisation vorausgehen muss. Abb. 5-65: Öffentliche Einrichtungen Zusammensetzung des Indikators Innovationsorientierung in öffentliche Einrichtungen Innovativer Beschaffungsprozess Gewichtung 2:1 Beschaffung von Innovationen Effiziente Beschaffung Innovationsorientierung im Beschaffungsprozess Adaption von Neuerungen Neuentwicklungen und Marktneuheiten Gewichtung 1:2 Ungewichtet Projekt Einkäufer Staat Methodische Hinweise Die Berechnung der Komponenten, Dimensionen sowie des finalen Indikators erfolgten prinzipiell nach einem additiven Verfahren. Je stärker bspw. die Nutzung der in der Befragung erhobenen elektronischen Vergabetechnologien einer Einrichtung ist, desto höher ist demnach auch die Ausprägung der Komponente Effiziente Beschaffung, die wiederum die erste Dimension und damit auch den Gesamtindikator beeinflusst. Den einzelnen einfließenden Variablen liegen verschiedenartige Skalenniveaus zu Grunde. Über Normierungen, zum Teil durch Z-Transformationen, wurde Vergleichbarkeit hergestellt. Die final ermittelten Dimensionen und der daraus konstruierte Indikator variieren jeweils in einem Wertespektrum zwischen 0 und 100. Je höher die Werte ausfallen, desto höher fällt demnach auch die Innovationsorientierung aus. Dieses theoriegeleitete Vorgehen hat den Vorteil, nicht nur Vergleiche zwischen den Dimensionen zu ermöglichen, sondern auch ihr wechselseitiges Zusammenspiel verfolgen und interpretieren zu können. Eingeräumt wird jedoch, dass die Innovationsorientierung einer Einrichtung mit dem Wert 100 realistischerweise nicht dem Idealtypus einer vollständig auf den Einkauf von Innovationen spezialisierten Einrichtung entsprechen kann. Bei den in die Berechnung eingegangen Befragungsinhalten müssen sich zwangsläufig bestimmte Verfahren, Methoden oder auch Kooperationsformen gegenseitig ausschließen Dimension 1: Ausmaß des innovativen Beschaffungsprozesses Der innovative Beschaffungsprozess wurde aus den Komponenten des Ausmaßes effizienter Beschaffungsstrukturen und der Innovationsorientierung im Beschaffungsprozess ermittelt. Die Verteilungen der zwei Komponenten sind, jeweils normiert auf ein Wertespektrum zwischen 0 und 100 Punkten, in Abbildung 5-66 dargestellt. Festzustellen ist, dass sowohl die effiziente als auch die innovationsorientierte Gestaltung des Beschaffungsprozesses durchschnittlich einen Mittelwert von 50 Punkten nicht übersteigt. Für die effiziente Beschaffung stellt sich ein Durchschnittswert von knapp 34 Punkten ein. Die Masse der in die Berechnung eingegangenen Einrichtungen liegen im Spektrum zwischen 20 und 127

128 5 Quantitative Studie im öffentlichen Beschaffungsmarkt Deutschlands 5.7 Indikator zur Innovationsorientierung in öffentlichen Einrichtungen 45 Punkten. Entlang des theoretisch Möglichen ist die Gestaltung effizienter und auf die Prozessoptimierung ausgelegter Organisation der Beschaffungsorganisation bei den teilnehmenden öffentlichen Einrichtungen demnach als eher gering zu bewerten. Dies ist beispielweise auf den noch zurückhaltenden Einsatz elektronischer Vergabetechnologien oder auch auf die insgesamt geringe Orientierung an betriebswirtschaftlichen Standards zurückzuführen, die unter anderem Grundlage dieser Komponente des innovativen Beschaffungsprozesses waren. Genau eine Einrichtung erreicht bei der effizienten Beschaffung einen Wert von 89 Punkten (Maximum in der Abbildung). Hier ist auch anhand der empirischen Werte zu sehen, dass eine kombiniert hohe Orientierung der in die Berechnung eingegangen Faktoren zu dieser Komponente möglich ist. In etwa 8% der Einrichtungen weisen jedoch auch Werte von maximal zehn Punkten und eine der Einrichtungen null Punkte auf. Dies verdeutlicht auf der anderen Seite, welche Potenziale für Effizienzsteigerungen teilweise noch vorhanden sind. In Bezug auf die Innovationsorientierung stellt sich mit fast 47 Punkten ein deutlich höherer Durchschnittswert ein. Mehrheitlich liegen die Einrichtungen hier zwischen 35 und 55 Punkten. Das relativ breite Wertespektrum zwischen ca. 13 und 90 Punkten allerdings verdeutlicht, dass es bereits Einrichtungen zu geben scheint, die in ihre Beschaffungsabläufe innovationsfördernde Elemente integriert haben. Die Kombination verschiedener Ansätze, z. B. die Nutzung gezielter Verfahren im Vorfeld von Verdingungsunterlagen, die häufige Zulassung von Nebenangeboten oder eine über verschiedene Quellen durchgeführte Markterkundung (vgl. Abschnitt 5.7.1), ist demnach möglich und kann die Grundlage für den intensiveren Einkauf von Innovation sein. Aber auch hier besteht für die Mehrheit der öffentlichen Einrichtungen noch Nachholbedarf. Insgesamt weisen etwa 12% der Einrichtungen eine Innovationsorientierung im Beschaffungsprozess von maximal 30 Punkten auf. Abb. 5-66: Öffentliche Einrichtungen innovativer Beschaffungsprozess, Verteilung der Komponenten Zwischen diesen beiden Komponenten besteht ein sehr deutlicher positiver Zusammenhang, wie der mit 0,58 sehr hoch ausgeprägte Korrelationskoeffizient nach Pearson verdeutlicht. Eine Ausweitung effizienzsteigernder Beschaffungsstrukturen kann demnach auch die Innovationsorientierung im Beschaffungsprozess fördern und umgedreht. Daraus folgt auch, dass beide Komponenten zentral für die (Neu-)Strukturierung der Beschaffung sind und sich gegenseitig bedingen. Eine einseitige Ausrichtung ist deshalb nicht unbedingt angebracht. Die beiden Komponenten sind, unter Berücksichtigung der doppelten Gewichtung der Innovationsorientierung der zweiten Komponente, Grundlage für die erste Dimension der Innovationsorientierung öffentlicher Einrichtungen, dem innovativen Beschaffungsprozess. In Abbildung 5-67 ist wieder die Verteilung aufgeführt, in diesem Fall auch differenziert nach der Verwaltungsebene. Aufgrund der Zusammensetzung aus den Komponenten liegt der Durchschnittswert mit etwa 42 Punkten ebenfalls unter der theoretischen Mitte von 50 Punkten. Festzustellen ist auch hier, dass zwischen Effizienz und Innovationsorientierung ein direkter Zusammenhang besteht, der dann zu insgesamt hohen bzw. niedrigen Gesamtwerten führt. In der annährend normalverteilten Dimension liegt die Masse der Einrichtungen im Spektrum von 30 bis 50 Punkten. 30% der Einrichtungen erreichen Werte unter 35 Punkten, in etwa 8% weisen eine innovationsorientierte Beschaffung von über 60 Punkten auf. Wie bereits an einigen Stellen der bisherigen Analyse gezeigt wurde, ist 128

129 5 Quantitative Studie im öffentlichen Beschaffungsmarkt Deutschlands 5.7 Indikator zur Innovationsorientierung in öffentlichen Einrichtungen die innovationsorientierte Beschaffung in Abhängigkeit von der Verwaltungsebene zu sehen. Kommunen weisen mit 40 Punkten den geringsten Wert auf, die Bundesebene scheint entlang des Beschaffungsprozesses durchschnittlich am stärksten innovationsorientiert zu sein. Abb. 5-67: Öffentliche Einrichtungen innovativer Beschaffungsprozess (Dimension 1) Dimension 2: Ausmaß der Beschaffung von Innovationen In der zweiten Dimension Beschaffung von Innovationen wurde zwischen der Adaption von Neuerungen durch die öffentlichen Einrichtungen (Komponente 1) und der Frage, inwiefern diese im Prozess der Produktentwicklung involviert sind, um letztendlich Innovationen im Sinne von Marktneuheiten zu beschaffen, differenziert (Komponente 2). Abbildung 5-68 verdeutlicht die Verteilungen der beiden Komponenten. Die Adaption von Neuerungen wurde gemessen anhand der Anteile erstmals beauftragter Lieferanten und Dienstleister, der erstmals beschafften Produkte sowie der eingekauften innovativen Produkte am gesamten Beschaffungsvolumen. Außerdem floss die Einschätzung zum Innovationsgehalt des eigenen Portfolios mit ein. Wiederum sind prinzipiell Werte zwischen 0 und 100 Punkten möglich. Mit durchschnittlich 14,6 Punkten ist die Adaption von Neuerungen sehr gering ausgeprägt. 50% der in die Berechnung eingegangenen Einrichtungen weisen Werte unter 10 Punkten auf, bei 5% ist keine Ausprägung vorhanden. In etwa 10% erreichen Werte größer als 30 Punkte. Der zunächst unabhängig vom Beschaffungsprozess betrachtete Einkauf von Innovationen, worunter auch Neuerungen bzw. Neuheiten fallen, die für die jeweilige Einrichtung erstmals beschafft werden, hat im Vergleich zum typischen Verwaltungsbedarf einen geringen Stellenwert. Das Steigerungsverhältnis der zweiten Komponente bezüglich der Frage der Neuentwicklungen lässt sich wie folgt quantifizieren: 18,2% der Einrichtungen vollziehen keine Neu- bzw. Weiterentwicklungen im Sinne der unter beschriebenen Herangehensweise. Bei 45,5% der Einrichtungen ist zumindest eine Anpassung an die eigenen Anforderungen erfolgt. Die Weiterentwicklung bzw. vollständige Überarbeitung von Produkten wurde bei 10,7% vollzogen. Der konkrete Einkauf von Marktneuheiten und damit die höchste Form der aktiven Mitgestaltung wurde von 25,6% der Einrichtungen realisiert. Im unteren Teil der folgenden Abbildung wird explorativ die Verbindung zwischen diesen beiden Komponenten herausgestellt. Hier sind die Mittelwerte der ersten Komponente differenziert nach den vier Steigerungen der zweiten Komponente dargestellt. Ein Zusammenhang ist ersichtlich, insbesondere bei den Marktneuheiten steigt der Mittelwert der Adaption von Neuerungen deutlich an. Dies ist insofern nicht verwunderlich, als der Einkauf von Marktneuheiten auch unter die Adaption von Neuerungen fällt. Die unterschiedlichen Aspekte der zwei Komponenten sind jedoch maßgeblich für die Zusammenführung zu einer Dimension: Die Adaption beinhaltet grundsätzlich alle Innovationsgrade beschaffter Produkte. Die zweite Komponente wiederum beschreibt, inwiefern die jeweilige öffentliche Einrichtung bei der Adaption aktiv an der Entwicklung des Produktes beteiligt ist. 129

130 5 Quantitative Studie im öffentlichen Beschaffungsmarkt Deutschlands 5.7 Indikator zur Innovationsorientierung in öffentlichen Einrichtungen Abb. 5-68: Öffentliche Einrichtungen Beschaffung von Innovationen Verteilung der Komponenten Wie anhand der Abbildung 5-69 ersichtlich, fällt auch die zweite Dimension, das Ausmaß der Beschaffung von Innovationen, mit durchschnittlich 31,6 Punkten ebenfalls verhalten aus. Anhand der Auswertung der einzelnen Komponenten war dies nicht anders zu erwarten. Interessant ist wiederum, dass auch die empirische Verteilung anhand des Maximalwertes von 80 Punkten zeigt, dass in vereinzelten Fällen Einrichtungen anscheinend einen hohen Innovationsgehalt ihrer beschafften Produkte vorweisen. Die Ausrichtung auf den innovativen Einkauf ist demnach nicht illusorisch, sondern eine realistisch umsetzbare Option. Auf der anderen Seite scheint es öffentliche Einrichtungen zu geben, die hier keine bzw. nur geringe Bestrebungen vorweisen, innovativ einzukaufen. In etwa 15% der Einrichtungen weisen bei der Beschaffung von Innovationen Werte geringer als zehn Punkte auf. Abb. 5-69: Öffentliche Einrichtungen Beschaffung von Innovationen (Dimension 2) Innovationsorientierung im deutschen öffentlichen Auftragswesen In diesem Abschnitt werden die Ergebnisse des finalen Indikators vorgestellt. Aus den Berechnungen der Dimensionen zum innovativen Beschaffungsprozess und dem Einkauf von Innovationen lassen sich zunächst folgende Schlüsse ziehen: Generell besteht in beiden Bereichen zum Teil grundsätzlicher Nachholbedarf, auch wenn sich Innovationstreiber nicht nur mit Blick auf die Wirtschaft, sondern auch in Richtung öffentlicher Einrichtungen identifizieren lassen. Ob sich die öffentlichen Einrichtungen hier in einem Umstrukturierungsprozess hin zu einer stärkeren Ausrichtung befinden, kann anhand dieser Momentaufnahme nicht beantwortet werden. Auf Seiten des Beschaffungsprozesses sind jedoch für viele der an der Studie beteiligten Einrichtungen 130

131 5 Quantitative Studie im öffentlichen Beschaffungsmarkt Deutschlands 5.7 Indikator zur Innovationsorientierung in öffentlichen Einrichtungen Elemente erkennbar, die in eine der Innovationsorientierung förderliche Richtung zeigen. Doch mündet dies offenbar noch nicht zwangsläufig in die tatsächliche Beschaffung innovativer Lösungen, wie die Ergebnisse der zweiten Dimension veranschaulichen. Ein positiver Zusammenhang zwischen den beiden Dimensionen ist dennoch ersichtlich, wie Abbildung 5-70 zu entnehmen ist. Die Abbildung zeigt die in einem Koordinatensystem aufgespannten Ausprägungen der innovativen Beschaffung (x-achse) und der Beschaffung von Innovationen (y-achse). Um eine direkte Vergleichbarkeit der Dimensionen zu ermöglichen, sind die z- transformierten Werte angegeben, mit denen auch der finale Indikator konstruiert wurde. Trotz vorhandener und nicht unerheblicher Abweichungen ist im Ansatz eine Linearität zwischen den beiden Dimensionen ersichtlich. Der Korrelationskoeffizient nach Pearson bestätigt einen mäßigen positiven Zusammenhang von 0,33. Von einem determinierenden Übergang der innovativen Beschaffung in die Beschaffung von Innovationen kann noch nicht ausgegangen werden. Als Stoßrichtung ist jedoch zu sehen, dass die Innovationsorientierung zwischen den zwei Dimensionen, auch wenn überwiegend noch gering ausgeprägt, eine deutliche Interdependenz bilden: Mit steigender Ausrichtung auf einen innovationsorientierten und effizienten Beschaffungsprozess nimmt demnach auch der Einkauf von Innovationen zu. Abb. 5-70: Öffentliche Einrichtungen Zusammenhang zwischen der innovativen Beschaffung und der Beschaffung von Innovation Auf Basis dieser Berechnungen resultiert der Indikator Innovationsorientierung in öffentlichen Einrichtungen (Abbildung 5-71). In einem Wertespektrum zwischen 0 und 100 Punkten stellt sich für die in die Berechnung eingegangen Fälle eine generelle Innovationsorientierung von 38,5 Punkten ein. Dies verdeutlicht zusammenfassend, dass die Organisation des Beschaffungswesens mit innovationsstimulierenden Elementen sowie der letztlich resultierende Einkauf von Innovati- 131

132 5 Quantitative Studie im öffentlichen Beschaffungsmarkt Deutschlands 5.7 Indikator zur Innovationsorientierung in öffentlichen Einrichtungen onen Faktoren im öffentlichen Auftragswesen zu sein scheinen, die gegenwärtig nicht mit höchster Priorität angegangen werden. 10% der Einrichtungen weisen hierbei eine Innovationsorientierung von höchstens 23 Punkten auf (Abbildung 5-71, Perzentile). In etwa 50% liegen im Spektrum zwischen 30 und ca. 46 Punkten. Lediglich 10% der Einrichtungen weisen eine Innovationsorientierung auf, die größer als 55 Punkte ausfällt. Abb. 5-71: Öffentliche Einrichtungen Innovationsorientierung öffentlicher Einrichtungen (Verteilung) Der finale Indikator wurde abschließend noch einmal auf inhaltliche Aspekte der Befragung ausgewertet (Abbildung 5-72). Zum Teil sind hier auch Fragen enthalten, die letztendlich in den Indikator eingeflossen sind. Hier fallen die Mittelwertunterschiede generell größer aus, dennoch lassen sich darüber ein paar Schlüsse ziehen: Entlang der Verwaltungsebene wurde bereits mehrfach auf die Unterschiede hingewiesen: Die Bundeseinrichtungen verfügen durchschnittlich über die am deutlichsten ausgeprägte Innovationsorientierung. Im Vergleich zu den Kommunen fällt sie um neun Punkte höher aus. Bei den kommunalen Einrichtungen scheint der höchste Nachholbedarf zu bestehen. Die Modernisierungsstrategie war Gegenstand der Berechnung. Die Mittelwertsdifferenz von fast 14 Punkten bei vorhandener im Vergleich zur nicht vorhandenen Modernisierungsstrategie verdeutlicht aber, dass die politische Flankierung und strategische Verankerung, in diesem Falle bezogen auf die Innovationsorientierung, nicht zu unterschätzen ist. Politische Initiative beeinflusst demnach auch den innovativen Einkauf. In Bezug auf die Organisation des Einkaufs folgt, dass die Zentralisierung eine um 2 Punkte höhere Innovationsorientierung wie der dezentrale Einkauf hat. Interessant ist jedoch vor allem, dass der Verzicht auf eine der beiden Formen einen Rückgang der Werte bedeutet. Die im zweiten Kapitel angedeutete Produktvielfalt und die speziellen Bedarfe der öffentlichen Hand begünstigen demnach sowohl das eine als auch das andere Vorgehen, ohne dass mit letzter Gewissheit eine Idealform für den innovativen Einkauf resultiert. Fachliche Kompetenzen der Einkaufsverantwortlichen sind ebenfalls zentral für die (Weiter-) Entwicklung der Innovationsorientierung. In der gesamten Analyse kam dies mehrfach zum Vorschein. Auch hier gilt zu berücksichtigen, dass die Frage Gegenstand des Indikators ist. 132

133 5 Quantitative Studie im öffentlichen Beschaffungsmarkt Deutschlands 5.7 Indikator zur Innovationsorientierung in öffentlichen Einrichtungen Die Zulassung von Nebenangeboten wiederum begünstigt die innovative Beschaffung. Es geht hierbei nicht einmal um die Häufigkeit der Nebenangebote. Eventuell bedarf dieses Instrument eher des gezielten Einsatzes bei speziellen und auch innovativen Ausschreibungen. Abschließend wird noch einmal auf den Kooperationsgedanken eingegangen. Aus der nächsten Abbildung folgt, dass eine Intensivierung der Nachfragebündelung durch den gemeinsamen Einkauf mit anderen öffentlichen Einrichtungen ein wesentliches Merkmal zur Förderung der Innovationsorientierung sein kann. Nicht zuletzt durch die Risiko- und Kostenteilung kann der Einkauf von Innovation dadurch begünstigt werden. Dieses Item war ebenfalls Gegenstand des Indikators. Abb. 5-72: Öffentliche Einrichtungen Innovationsorientierung öffentlicher Einrichtungen (Verteilung der Werte nach ausgewählten Befragungsinhalten; Angaben als arithmetischer Mittelwert) 133

134 5 Quantitative Studie im öffentlichen Beschaffungsmarkt Deutschlands 5.7 Indikator zur Innovationsorientierung in öffentlichen Einrichtungen In der hier durchgeführten Analyse wurden treibende und hemmende Faktoren der Innovationsförderung anhand der quantitativen Studienergebnisse aufgezeigt. Der ermittelte Indikator verdeutlicht, dass ein grundsätzlicher Nachholbedarf beim innovativen Einkauf zu bestehen scheint. Aus Sicht der befragten öffentlichen Einrichtungen und Unternehmen lassen sich, wie unter anderem im Abschnitt 5.6 erläutert, erste Lösungsansätze identifizieren. Im weiteren Verlauf werden die Studienergebnisse aufgegriffen, um einen vertiefenden Einblick zur Innovationsorientierung im öffentlichen Auftragswesen zu erhalten. Im folgenden Abschnitt werden die Ergebnisse des Rankings der teilnehmenden Einrichtungen vorgestellt, welches auf Basis des Indikators erstellt wurde. Für den Indikator selbst bleibt festzuhalten, dass die hier zugrunde gelegten Berechnungen sicherlich noch ein Anfangsstadium darstellen. Eine Intensivierung der Auswertung des vorhandenen Materials und besonders die Ausweitung der Analyseschärfe durch zukünftige Erhebungen können dazu beitragen, die Positionsbestimmung der öffentlichen Hand zur Aus- und Weiterentwicklung der Innovationsorientierung weiter zu unterstützen Ranking der teilnehmenden Einrichtungen In Abbildung 5-73 werden abschließend die besten Ergebnisse des Rankings der teilnehmenden Einrichtungen für jede Verwaltungsebene dargestellt. Das Ranking basiert auf den Ergebnissen des Indikators und wurde anonymisiert erstellt. Abb. 5-73: Öffentliche Einrichtungen Ergebnisse des Benchmarks zur Innovationsorientierung in öffentlichen Einrichtungen (Kombination aus Merkmalen zum innovativen Beschaffungsprozess und der Beschaffung von Innovationen) 134

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