Politischer Dialog Brüssel EU-Überregulierung am Beispiel der Entsenderichtlinie
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- Busso Schmitt
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1 Politischer Dialog Brüssel EU-Überregulierung am Beispiel der Entsenderichtlinie Donnerstag, 4. Mai 2017 um 13:00 Uhr Stanhope Hotel Brüssel, Tearoom Rue de Commerce 9, 1000 Brüssel Begrüßung und Eröffnungsstatement Bertram Brossardt Hauptgeschäftsführer vbw Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e. V. Es gilt das gesprochene Wort.
2 1 Sehr geehrte Damen und Herren, ich möchte Sie recht herzlich in dieser Runde begrüßen! Ich freue mich, dass wir wieder die Gelegenheit des Austausches haben der intensive Dialog mit Vertretern der europäischen Institutionen ist uns seit jeher ein großes Anliegen. Heute geht es um die geplante Revision der Entsenderichtlinie ein wichtiges Thema für den Wirtschaftsraum Europa. Allgemeines zur Neufassung der Entsenderichtlinie Die Entsenderichtlinie aus dem Jahr 1996 gewährleistet im Rahmen der im Vertrag von Lissabon garantierten Dienstleistungsfreiheit einen fairen Wettbewerb und einen Mindestschutz für die entsandten Arbeitnehmer. Die bestehenden Regelungen sehen vor, dass Arbeitgeber, die Mitarbeiter in einen Mitgliedstaat entsenden, diesen Arbeitnehmern die
3 2 arbeitsrechtlichen Mindeststandards gewähren müssen, die im Aufnahmestaat gelten. Das betrifft vor allem allgemeine gesetzliche Mindestlöhne und tarifliche Branchenmindestlöhne. Die Überarbeitung der Entsenderichtlinie durch die EU-Kommission im März 2016 sieht eine deutliche Verschärfung vor: Sie beschränkt die Dienstleistungsfreiheit unverhältnismäßig, erschwert den internationalen Personaleinsatz und hemmt damit die Entfaltung des europäischen Arbeitsmarkts. Das Ziel der Kommission einen vertieften Binnenmarkt erreicht die Revision der Entsenderichtlinie gerade nicht. Im Gegenteil! Aktuell ist der EMPL mit dem Entwurf befasst hier drohen sogar noch weitere Verschärfungen! Insgesamt stellen wir fest: Die Revision konterkariert den europäischen Binnenmarktgedanken.
4 3 Sie ist ein Musterbeispiel für unnötige, überzogene und kontraproduktive Regulierung seitens der EU. Wir lehnen die Revision der Entsenderichtlinie daher entschieden ab. Vier konkrete Kritikpunkte Ich möchte auf vier Punkte näher eingehen, die uns besonders Bauchschmerzen bereiten: Erstens: Entsendungen, die länger als 24 Monate dauern, sollen vollständig dem Arbeitsrecht des Einsatzlandes zugeordnet werden. Viele Projekte dauern jedoch länger als zwei Jahre und werden durch eine solche Regelung unnötig verkompliziert. Bei Verlängerungen droht sogar ein Wechsel des anwendbaren Rechts. Dies sorgt für erhebliche Schwierigkeiten und Unsicherheiten bei Arbeitgebern und Arbeitnehmern.
5 4 Eine solche starre Grenze wird der betrieblichen Realität nicht gerecht. Zweitens: Die derzeit geltende Entsenderichtlinie ist völlig ausreichend, um unfairen Wettbewerb und Sozialdumping zu verhindern. Die Problemfälle, die wir teilweise haben, entstehen ausschließlich durch Defizite bei der Durchsetzung der bereits vorhandenen Regeln. Die Kommission hat hier aber bereits Abhilfe geschaffen: Im Mai 2014 hat sie die Durchsetzungsrichtlinie verabschiedet, mit dem Ziel die Überwachung von grenzüberschreitenden Entsendungen zu verbessern und Kriterien für die einheitliche Auslegung auf Unionseben einzuführen. Drittens müssen wir uns klar machen, dass die Mitarbeiterentsendung für die Unternehmen
6 5 schon heute mit erheblichem bürokratischem Aufwand verbunden ist. Bei einer Verschärfung der Richtlinie können sich das vor allem kleine und mittelständische Unternehmen nicht mehr leisten dies gilt besonders im Hinblick auf die Anwendbarkeit ganzer Entgeltsysteme in allgemeinverbindlichen Tarifverträgen im Zielland. Die Folge ist: Kleine und mittlere Unternehmen schränken ihre internationalen Aktivitäten ein. Davon sind auch deutsche Arbeitgeber stark betroffen. Das kann nicht im Sinne der europäischen Integration sein! Viertens droht eine weitere Spaltung der Europäischen Union. Vor allem seitens der osteuropäischen Staaten ist mit Widerstand zu rechnen, da sie zu Recht! eine Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit ihrer Unternehmen befürchten.
7 6 Zum Wettbewerb gehören auch Standortvorteile von Staaten mit geringeren Arbeitskosten. Solange einheitliche soziale Mindeststandards existieren, ist dagegen nichts einzuwenden. Eine Frontenbildung zwischen West- und Osteuropa können wir uns in der derzeitigen Lage nicht leisten. Die EU steht vor großen Herausforderungen Stichworte sind: Brexit Schuldenkrise Flüchtlinge und nationalistische Tendenzen in vielen Ländern. In dieser Lage müssen wir uns um Einheit in der EU bemühen. Wir müssen gemeinsam effizienter und schlagkräftiger werden: weniger Bürokratie, mehr Rechtssicherheit und die Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit der EU insgesamt. Die Verschärfung der Entsenderichtlinie ist da genau das falsche Signal!
8 7 Ein starker europäischer Wirtschaftsraum braucht einen offenen Arbeitsmarkt. EU überschreitet Gesetzgebungszuständigkeit Noch ein weiterer wichtiger Punkt: Mit der Revision der Entsenderichtlinie überschreitet die EU klar ihre Gesetzgebungszuständigkeit. Die Änderungen dienen offensichtlich nicht dem Schutz des Wettbewerbs, sondern stellen unnötigerweise den Arbeitnehmerschutz in den Vordergrund. Zudem verstößt die Neufassung gegen das Subsidiaritätsprinzip. Die bestehende Richtlinie bildet schon einen ausreichenden Rechtsrahmen auf europäischer Ebene. Schluss Meine Damen und Herren, die geplante Richtlinie würde den Personaleinsatz über Grenzen hinweg viel komplizierter und teurer machen und so das Zusammenwachsen des
9 8 Europäischen Arbeitsmarktes eher behindern als fördern. Gerade auch Deutschland als eine besonders offene Volkswirtschaft wäre davon stark betroffen. Im Kern geht es hier um die Frage, welches Verständnis von Europa wir haben: Ein Europa der Bürokraten, mit starren Regelungen, die an der Realität der Menschen und Unternehmen vorbeigehen. Oder ein effizientes, offenes Europa mit einer starken Wirtschaft, das den globalen Herausforderungen gewachsen ist. In diesem Sinne freue ich mich auf die Vorträge und Diskussionen und wünsche uns allen einen interessanten Nachmittag. Vielen Dank!
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