Josten Müggenborg Weyers Rechtsanwälte. Rechtliche Risiken bei unterlassener oder fehlerhafter Gefährdungsbeurteilung
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- Benedikt Franke
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1 Josten Müggenborg Weyers Rechtsanwälte Arbeitsschutzkongress in Emden am : Rechtliche Risiken bei unterlassener oder fehlerhafter Gefährdungsbeurteilung von Hans-Jürgen Müggenborg Fachanwalt für Verwaltungsrecht Lehrbeauftragter der Universität Kassel und der RWTH Aachen Oppenhoffallee Aachen Telefon: 0241/ Telefax: 0241/ info@kanzlei-jmw.de
2 Hans-Jürgen Müggenborg, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, Aachen GLIEDERUNG A. Pflichten des Arbeitgebers im Umfeld von Gefährdungsbeurteilungen I. Gefahrstoffverordnung II. Arbeitsschutzgesetz III. Betriebssicherheitsverordnung IV. Allg. Bundesbergverordnung und GesundheitsschutzbergV V. Arbeitssicherheitsgesetz VI. Dienst-/Arbeitsvertragsrecht VII. 82 Betriebsverfassungsgesetz Pflichten der Beschäftigten Eingriffsmöglichkeiten der Berufsgenossenschaften Zivilrechtliche Haftung Strafrechtliche Haftung 2
3 Nur einer Gefahr, die man kennt, kann man wirksam vorbeugen. Gefährdungsbeurteilungen sind der erste Schritt zur Schadensvermeidung! 3
4 Arbeitsstoffverordnung (1971) verpflichtete Arbeitgeber dazu, Maßnahmen zum Schutz der Arbeitnehmer zu ergreifen und geeignete persönliche Schutzausrüstungen zur Verfügung zu stellen, und die für seinen Betrieb geltenden Regeln in einer für die Arbeitnehmer verständlichen Form und Sprache in einer Betriebsanweisung darzustellen ( 13 ArbStoffV). (außer Kraft getreten 1986, abgelöst von GefStoffVO) 4
5 Gefahrstoffverordnung (1986) Neufassung 2004 verpflichtet Arbeitsgeber dazu, durch eine fachkundige Person eine Gefährdungsbeurteilung durchführen zu lassen, zu der insbesondere Informationen über die verwendeten Gefahrstoffe bei den Inverkehrbringern einzuholen sind ( 7 Abs. 2 GefStoffV). Okt. 2003: EU verabschiedet Entwurf der REACH-Verordnung (Registration, Evaluation and Authorisation of Chemicals): hierdurch wird Datenbasis verbreitert, denn heute fehlen die erforderlichen Informationen oft noch. 5
6 Die Gefährdungsbeurteilung durchläuft folgende Stationen: (Gefahr-)Stoff Tätigkeit, Arbeitsmittel, Verfahren GefStoffV geht davon aus, daß man einen Stoff hat, mit dem man etwas tut. Hierzu sind Informationen über die Stoffe nötig. Da sie oft fehlen: REACH Gefährdungsbeurteilung Ohne sie droht Haftung des Arbeitgebers. Schutzmaßnahmen Hat die Maßnahme das Problem gelöst oder wenigstens minimiert? Wirksamkeitsprüfung Ohne Doku kein Entlastungsbeweis möglich, Haftungsgefahren! Dokumentation 6
7 Arbeitsschutzgesetz (1996) verpflichtet Arbeitgeber, eine Gefährdungsbeurteilung vorzunehmen. Dazu sind die für die Beschäftigten mit der Arbeit verbundenen Gefährdungen zu beurteilen und zu ermitteln, welche Maßnahmen des Arbeitsschutzes erforderlich sind ( 5 ArbSchG). Die Ergebnisse der Gefährdungsbeurteilung sind zu dokumentieren ( 6 ArbSchG). Die Beschäftigten sind über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit zu unterweisen ( 12 ArbSchG). 7
8 Biostoffverordnung (2004) verpflichtet Arbeitgeber, eine Gefährdungsbeurteilung vorzunehmen und zu ermitteln, welche Schutzmaßnahmen, die in vier Schutzstufen eingeteilt sind, zu ergreifen sind ( 5 12 BioStoffV). Bei der Gefährdungsbeurteilung hat sich der Arbeitgeber fachkundig beraten zu lassen, so durch Betriebsärzte und FaSi ( 8 BioStoffV). Vor Aufnahme der Tätigkeit durch die Beschäftigten ist eine stoffbezogene Betriebsanweisung zu erstellen ( 12 BioStoffV). 8
9 Bildschirmarbeitsplatzverordnung (2003) verpflichtet Arbeitgeber, für alle Tätigkeiten an Bildschirmgeräten eine Gefährdungsbeurteilung vorzunehmen hinsichtlich möglicher Gefährdungen des Sehvermögens sowie körperlicher und psychischer Belastungen der Arbeitnehmer ( 3 BildscharbV). Bei Sehbeschwerden hat Arbeitgeber eine Augenuntersuchung durch fachkundige Personen anzubieten und spezielle Sehhilfen zur Verfügung zu stellen ( 6 BildscharbV. 9
10 Lastenhandhabungsverordnung (1996) verpflichtet Arbeitgeber, zum Schutz der Gesundheit, insbesondere der Lendenwirbelsäule der Beschäftigten, geeignete organisatorische Maßnahmen zu treffen und Arbeitsmittel, insbesondere mechanische Ausrüstungen, einzusetzen. Der Sache nach erfordert auch das eine Gefährdungsbeurteilung. 10
11 Baustellenverordnung (1998) verpflichtet Arbeitgeber, einen Sicherheitsund Gesundheitsschutzplan mit den für die Baustelle anzuwendenden Arbeitsschutzbestimmungen zu erstellen, wenn auf der Baustelle Beschäftigte mehrerer Arbeitgeber tätig werden und bestimmte gefährliche Arbeiten anfallen ( 2 BaustellV). Ferner ist ein Koordinator zu bestellen, der den Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan auszuarbeiten und seine Einhaltung zu überwachen hat ( 3 BaustellV. 11
12 Betriebssicherheitsverordnung (2002) verpflichtet Arbeitgeber, bei der Zurverfügungstellung von Arbeitsmitteln (Werkzeugen, Geräten, Maschinen und Anlagen) eine Gefährdungsbeurteilung nach Maßgabe des ArbSchG vorzunehmen ( 3 BetrSichV). Explosionsgefährdete Bereiche sind in Zonen einzuteilen ( 5 BetrSichV). Das Explosionsschutzdokument muss die möglichen Gefährdungen und angemessene Vorkehrungen des Explosionsschutzes erkennen lassen ( 6 BetrSichV). 12
13 Allg. Bundesbergverordnung (1995) und Gesundheitsschutzbergverordnung (2002) verpflichtet Bergbauunternehmer, die erforderlichen Arbeitsschutzmaßnahmen zu treffen ( 2 ABBergV). Dazu hat er ein Sicherheits- und Gesundheitsschutzdokument zu erstellen ( 3 ABBergV). Dies setzt der Sache nach eine Gefährdungsbeurteilung voraus. Für die unter Tage Beschäftigten ist die Belastung mit fibrogenen Stäuben zu ermitteln ( 5 GesBergV) und sicherzustellen, dass bestimmte Staubbelastungen nicht überschritten werden ( 6, 10 GesBergV). Ferner sind die Lärmbelastung und die Einwirkungen durch mechanische Schwingungen zu ermitteln und eine Gefährdungsbeurteilung durchzuführen ( 11, 12 GesBergV). 13
14 Arbeitssicherheitsgesetz (1973) verpflichtet Arbeitgeber dazu, Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit zu bestellen, die ihn bei der Unfallverhütung und beim Gesundheitsschutz unterstützen ( 3, 6 ArbSichG). Sie ändern nichts an der primären Verantwortung des Arbeitgebers, einen ausreichenden Arbeitsschutz im Betrieb sicherzustellen. 14
15 Dienst-/Arbeitsvertragsrecht ( 618 BGB) verpflichtet Arbeitgeber dazu, Räume, Vorrichtungen und Gerätschaften, die er zur Verrichtung der Arbeit zu beschaffen hat, so einzurichten und zu unterhalten, dass der verpflichtete Arbeitnehmer gegen Gefahren für Leben und Gesundheit weitestmöglich geschützt ist (= Fürsorgepflicht des Arbeitgebers). 15
16 Betriebsverfassungsgesetz verpflichtet Arbeitgeber dazu, jeden Arbeitnehmer vor Beginn der Beschäftigung über die Unfall- und Gesundheitsgefahren, denen er bei der Beschäftigung ausgesetzt ist, sowie über die Maßnahmen und Einrichtungen zur Abwendung dieser Gefahr und über die nach dem ArbSchG getroffenen Maßnahmen zu belehren ( 81 BetrVG). 16
17 Die Pflichten der Beschäftigten: nach eigenen Möglichkeiten sowie nach den Weisungen des Arbeitgebers für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit Sorge tragen, insb. Schutzvorrichtungen und persönliche Schutzausrüstungen bestimmungsgemäß verwenden ( 15 ArbSchG), den Weisungen des Arbeitgebers Folge leisten (für Azubis in 13 Nr. 2 BBiG geregelt), ggf. Erweiterungen oder Beschränkungen aus Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung oder Arbeitsvertrag beachten. 17
18 Eingriffsmöglichkeiten der Berufsgenossenschaften Ausreichende Zahl Aufsichtspersonen beschäftigen zur Überwachung des Unternehmers bei der Durchführung der Maßnahmen zur Verhütung von Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten, arbeitsgedingten Gesundheitsgefahren und bei Erster Hilfe ( 18 Abs. 1 SGB VII). Bei Gefahr im Verzug darf Aufsichtperson sofort vollziehbare Anordnungen treffen ( 19 Abs. 2 SGB VII), Bei Arbeitsschutzmängeln können Unfallversicherungsträger bestimmte Anordnungen gegenüber dem Unternehmer treffen, die ggf. durch die Gewerbeaufsichtsämter vollstreckt werden können. 18
19 Haftungssubjekte im Zivilrecht Forderung Ansprüche richten sich immer gegen Personen natürliche Personen juristische Personen z. B.: AG GmbH GmbH & Co. KG KG 19
20 Durchgriffshaftung Grundsatz: juristische Personen haften nur mit ihrem Stammkapital Ausnahmen: Durchgriffshaftung auf die Gesellschafter bei υ qualifizierter Unterkapitalisierung ϖ Vermögensvermischung ω existenzvernichtendem Eingriff Vgl.: BGH NJW 2001, 3622 Bremer Vulkan BGH NJW 2002, 3024 KBV
21 Pflichtverstösse des Mitarbeiters und des Betriebsbeauftragten Arbeits-/Dienstvertrag Mögliche Sanktionen des Chefs bei Fehlverhalten des AN Abmahnung verhaltensbedingte Kündigung Schadenersatz bei schuldhafter Pflichtverletzung Aber: Haftungsbegrenzung nach der Rechtsprechung beachten! 21
22 Haftungsbegrenzung der Arbeitnehmer nach GmS- OBG vom , NJW 1994, 856 Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit Mittlere Fahrlässigkeit leichte Fahrlässigkeit Arbeitnehmer haftet voll Arbeitnehmer und Arbeitgeber haften anteilig, d. h. der Schaden wird zwischen beiden geteilt Arbeitnehmer haftet nicht Arbeitgeber sollte für Versicherungs- Schutz sorgen
23 Haftung gegenüber Arbeitskollegen Aua! Schädigung Personenschaden 105 Abs. 1 SGB VII: Sozialversicherungsträger zahlt und nimmt Rückgriff beim AN bei Vorsatz und grober Fahrlässigkeit Sachschaden SGB VII gilt nicht, d. h. AN haftet direkt unter Beachtung der Einschränkung der AN-Haftung: Bei leichter und mittlerer Fahrlässigkeit besteht ein Freistellungsanspruch gegen den Arbeitgeber 23
24 Haftung gegenüber Dritten Schädigung Unternehmen AN hat arbeitsrechtlichen Freistellungs- Anspruch! außenstehender Dritter Unternehmen Mitarbeiter haftet nach 823, 831 BGB, 22 WHG u.a.,wenn durch seine Betätigung, z. B.den Betrieb seiner Anlagen Dritte zu Schaden kommen. Geschädigter muß nicht nachweisen, wer betriebsintern verantwortlich ist oder warum bestimmte Schadstoffe vom Betrieb ausgegangen sind (Beweiserleichterung). haftet nach 823 BGB, allerdings muß der Geschädigte beweisen, daß der Mitarbeiter seine Pflichten verletzt hat und daß der Schaden bei Beachtung der Pflichten nicht entstanden wäre (also voller Kausalitätsbeweis). 24
25 254 BGB - Mitverschulden Das Mitverschulden des Arbeitgebers kann dazu führen, dass 1. der Anspruch gegen den Arbeitnehmer zu kürzen ist (gemäß Abwägung beider Verschuldensanteile), 2. der Anspruch ganz entfällt (wegen überwiegenden Verschuldens des Arbeitgebers). 25
26 Die Haftung des Arbeitgebers gegenüber dem Arbeitnehmer Vertragliche Haftung aus 280 ff. BGB (z. B. bei unterlassener oder fehlerhafter Gefährdungsbeurteilung, Zurverfügungstellung unsicherer Räume, Vorrichtungen oder Gerätschaften) Gesetzliche Haftung nach 823 BGB bei schuldhafter Verletzung absoluter Rechtsgüter wie Leben, Körper, Gesundheit, Eigentum oder ein sonstiges Recht. Bei Personenschäden tritt ggf. die Berufsgenossenschaft ein; Ausnahme bei vorsätzlicher Schädigung.
27 Die Haftung des Unternehmens gegenüber Dritten Vertragliche Haftung, z. B. 280 ff. BGB 581 Abs. 2, 548 Abs. 2 BGB Gesetzliche Haftung verschuldensabhängig 823 BGB 831 BGB verschuldensunabhängig 906 Abs. 2 Satz 2 BGB 22 WHG UHG weitere Gefährdungshaftungen
28 Das Strafrecht sühnt persönliche Schuld, also keine Strafbarkeit von Unternehmen! Das Schuldprinzip ist Ausfluß der Menschenwürdegarantie und des Rechtsstaatsprinzips 28
29 Hans-Jürgen Müggenborg, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, Aachen Delegation und Haftungsaddition Geschäftsleitung Delegation von Aufgabe, Kompetenz, Verantwortung Auswahl-, Anweisungs-, und Überwachungspflicht Hierarchieebene 1 Delegation von Aufgabe, Kompetenz, Verantwortung Auswahl-, Anweisungs-, und Überwachungspflicht Hierarchieebene 2 Delegation von Aufgabe, Kompetenz, Verantwortung Auswahl-, Anweisungs-, und Überwachungspflicht Hierarchieebene n 29
30 Hans-Jürgen Müggenborg, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, Aachen Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit RAe Josten Müggenborg Weyers Oppenhoffallee Aachen Telefon: 0241/ Telefax: 0241/ info@kanzlei-jmw.de 30
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