ARBEITSGEMEINSCHAFT ÖFFENTLICHES RECHT I
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- Dorothea Hofmeister
- vor 6 Jahren
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1 Staatsbürgerrecht Menschenrecht ARBEITSGEMEINSCHAFT ÖFFENTLICHES RECHT I Bruno Binder/Bettina Renner [ ] Gudrun Trauner [ ] KLAUSUR SS 2017 NAME: VORNAME ZUNAME [in Blockbuchstaben!] Punkte [50] 1. Geben Sie an, ob und welche Grundrechte in den nachfolgenden Sachverhalten verletzt sein könnten, führen Sie die verfassungsgesetzlichen Grundlagen an und kreuzen Sie jeweils an, ob es sich um ein Staatsbürgerrecht oder um ein Menschenrecht handelt! Sachverhalt Grundrecht Rechtsnorm [keine Artikel aus der GRC und keine Artikel aus dem StV von St. Germain] a. Die 18-jährige Studentin A wollte Abgeordnete zum Nationalrat werden. Da ihr Wahlvorschlag jedoch nicht zugelassen wurde, konnte niemand eine Stimme für sie abgeben. b. Statt des zuständigen Bürgermeisters der Gemeinde G erlässt die Bezirkshauptfrau von Rohrbach den Baubewilligungsbescheid. c. Die Unternehmerin U ist wegen des Öffnungszeitengesetzes gezwungen, ihren Laden zu bestimmten Zeiten geschlossen zu halten. d. Die Studentin S wird wegen Überschreitung der höchstzulässigen Geschwindigkeit mit einer Geldstrafe von 100,- bestraft. e. Das Bundesverwaltungsgericht weist die Beschwerde der D ab, ohne die Entscheidung zu begründen. f. Der Gesetzgeber verbietet F, einer gläubigen Muslimin, das Tragen einer Burka (= vollständige Verschleierung des Körpers). [7] (Cyber)Arbeitsgemeinschaft Öffentliches Recht I [SS 2017] 2. Klausur /Seite 1
2 JA NEIN JA NEIN 2. Kreuzen Sie an! 1) Das Recht der Europäischen Union nennen wir Unionsrecht. Es besteht aus dem primären Unionsrecht (staatsvertragsrechtliche Grundlagen) und dem sekundären Unionsrecht (die von den Unionsorganen erzeugten Normen). 2) Richtlinien verpflichten die EU-Mitgliedstaaten, innerhalb einer gesetzten Frist den Zielen durch nationale Rechtsakte zu entsprechen (= Umsetzung der Richtlinie). Kommt ein Mitgliedstaat der Umsetzung einer Richtlinie nicht zeitgerecht nach, kann gegen ihn ein Vertragsverletzungsverfahren vor dem EGMR eingeleitet werden. 3) Verordnungen (EU) können den Menschen in den Mitgliedstaaten der EU zwar unmittelbar Rechte gewähren, sie aber nicht unmittelbar verpflichten. 4) Das Unionsrecht sowohl das primäre Unionsrecht als auch das sekundäre Unionsrecht verdrängt im Sinne des Anwendungsvorrangs grundsätzlich entgegenstehendes nationales Recht. Gegenüber nationalem Verfassungsrecht kommt dem Unionsrecht allerdings kein Vorrang zu. 5) Die von Österreich in das Europäische Parlament zu entsendenden Abgeordneten werden aufgrund der Wahlrechtsgrundsätze der Bundesverfassung gewählt (Art 23a B-VG), wobei das aktive und das passive Wahlrecht auch UnionsbürgerInnen ohne österreichische Staatsbürgerschaft (mit Wohnsitz in Österreich) zukommt. 6) Der Europäische Rat ist das politische Führungsorgan der Europäischen Union. Er besteht aus den Staats- und Regierungschefs der EU-Mitgliedstaaten. 3. Kreuzen Sie an! 1) Der Bundespräsident ist das Staatsoberhaupt. Er kann daher dem Bundeskanzler, der Bundesregierung und allen anderen Verwaltungsorganen des Bundes und der Länder Weisungen erteilen. 2) Die vom Bundespräsidenten erlassenen Bescheide nennt man Entschließungen, Gesetze des Bundespräsidenten nennt man Allgemeine Entschließungen. 3) Die Amtsperiode des Bundespräsidenten beträgt sechs Jahre. Wer schon einmal das Amt des Bundespräsidenten ausübte, darf nicht neuerlich zum Bundespräsidenten gewählt werden. 4) Die Bundesversammlung kann die Durchführung einer Volksabstimmung zur Absetzung des Bundespräsidenten beschließen. 5) Die Bundesverfassung sieht vor, dass der Bundespräsident die Bundesregierung nach jeder Nationalratswahl neu bildet. 6) Seit der B-VG-Novelle 1929 wählt nicht der Nationalrat die Bundesregierung, sondern der Bundespräsident ernennt den Bundeskanzler und über dessen Vorschlag die Bundesminister (und Staatssekretäre). 7) Gebundene Zuständigkeiten des Bundespräsidenten, die er nur über Vorschlag eines anderen Staatsorgans ausüben darf, sind etwa der Abschluss von Staatsverträgen, die Auflösung des Nationalrats, das Notverordnungsrecht, ua. 8) Der Bundespräsident schließt die Staatsverträge des Bundes ab, die Staatsverträge der Länder schließt der Landeshauptmann ab. 9) Die Republik Österreich schließt Staatsverträge mit anderen Staaten und internationalen Organisationen. Die vom Bundespräsidenten abgeschlossenen Staatsverträge des Bundes können sowohl den Kompetenzbereich des Bundes als auch den Kompetenzbereich des Landes betreffen. Das Land ist verpflichtet, seine Rechtsordnung den Staatsverträgen anzupassen. [3] (Cyber)Arbeitsgemeinschaft Öffentliches Recht I [SS 2017] 2. Klausur /Seite 2
3 4. Streichen Sie falsche Textpassagen durch! Österreich ist nach den Bestimmungen der Bundesverfassung ein Bundesstaat, die Staaten sind gewaltenteilig organisiert und es gilt der Organisationsgrundsatz der kommunalen Selbstverwaltung. Der Bund, die Länder und die Gemeinden üben nach Maßgabe der Kompetenzordnung des B-VG die staatliche Hoheitsgewalt aus. Weil sie als (Gebiets) Körperschaften rechtsfähig sind (Art 17 B-VG und Art 116 Abs 2 B-VG), können sie durch ihre Organe bzw durch ihre Organwalter hoheitlich und nicht-hoheitlich in den Formen des Privatrechts handeln. Bund und Länder sind Staaten und haben daher nicht nur eine vollziehende, sondern auch eine gesetzgebende Gewalt. Die Gemeinden sind (Selbst)Verwaltungskörper, sie haben nur eine vollziehende, keine gesetzgebende Gewalt. Sowohl der Bund, als auch die Länder und die Gemeinden haben jeweils eine eigene Verwaltungsorganisation. Eine Organisation ist ein abstraktes Konstrukt der Rechtsordnung, sie entsteht durch Zuweisung von Zuständigkeiten (Aufgaben). Wir sprechen von Verbandzuständigkeit oder Organzuständigkeit. Eine Organisation besteht aus Organen. Auch Organe sind ein abstraktes Konstrukt, denen die Rechtsordnung im Rahmen der Verbandszuständigkeit Aufgaben und Zuständigkeiten zuweist. Die Aufgaben und Zuständigkeiten von Organen werden von natürlichen Personen wahrgenommen, die wir Organwalter nennen. In den Verwaltungsorganisationen sind das vor allem die öffentlich Bediensteten. Verwaltungsorgane sind zuständig, für die Verwaltungsorganisation zu handeln. Darf ein Verwaltungsorgan dabei nach dem Gesetz Bescheide oder Verordnungen erlassen, nennen wir es eine Verwaltungsbehörde. Verwaltungsorgane sind als Einzelorgane oder Kollegialorgane eingerichtet. Wir nennen sie monokratische oder kollegiale Verwaltungsbehörden, wenn sie nach dem Gesetz nicht nur hoheitlich, sondern auch nicht-hoheitlich handeln dürfen. In der Verwaltungsorganisation sind häufig Verwaltungsorgane in einem Amt zusammengefasst und einer Verwaltungsbehörde als bürokratischer Hilfsapparat zugeordnet. Die Ämter dürfen von sondergesetzlichen Regelungen abgesehen selbst keine Bescheide und Verordnungen erlassen. Die Ämter werden nur in der hoheitlichen, nicht in der nicht-hoheitlichen Verwaltung tätig. Der Verwaltung stehen insgesamt sechs Formen des Verwaltungshandelns zur Verfügung: Der Bescheid, die Verordnung, die Maßnahme, das schlicht-hoheitliche Handeln, der verwaltungsrechtliche Vertrag und das privatrechtliche Handeln. Der Bescheid, die Verordnung, die Maßnahme und das schlicht-hoheitliche Handeln zählen zur Hoheitsverwaltung; der verwaltungsrechtliche Vertrag und das privatrechtliche Handeln gehören zur nicht-hoheitlichen Verwaltung. Durch Bescheide, Verordnungen und Maßnahmen erlässt die Verwaltung Rechtssätze (Rechtserzeugung). Das B-VG verwendet den Begriff Bescheid (zb in Art 130 Abs 1 Z 1, Art 132 Abs 1 Z 1), ohne ihn näher zu definieren. Der Begriff muss daher schon auf Verfassungsebene durch Auslegung definiert werden. Der Bescheid ist die an eine bestimmte Person gerichtete Anordnung einer Verwaltungsbehörde. Damit machen drei Merkmale ein Verwaltungshandeln zum Bescheid. Erstens muss eine Verwaltungsbehörde handeln. Das Handeln der Verwaltungsbehörde muss zweitens an einen individuellen Adressaten gerichtet sein. Und das individuelle Handeln der Verwaltungsbehörde muss drittens eine behördliche Anordnung (Leistung, Gestaltung, Feststellung) enthalten. Fehlt auch nur eines der drei Bescheidmerkmale, liegt ein Bescheid nicht vor. Wir sprechen daher von konstitutiven Bescheidmerkmalen. Die einfache Gesetzgebung kann den drei verfassungsgesetzlich vorgegebenen Bescheidmerkmalen weitere Erfordernisse hinzufügen. Ob der Bescheid bei Fehlen solcher zusätzlicher Formerfordernisse dennoch gilt oder absolut nichtig ist, entscheidet das Gesetz. Wir bezeichnen die durch einfaches Gesetz den verfassungsgesetzlich vorgegebenen Bescheidmerkmalen hinzugefügten Formerfordernisse, deren Fehlen die Existenz und Wirksamkeit des Bescheids nicht beeinträchtigen, als destruktive Bescheidmerkmale. [6] (Cyber)Arbeitsgemeinschaft Öffentliches Recht I [SS 2017] 2. Klausur /Seite 3
4 5. Tragen Sie die entsprechenden Ämter ein! [KEINE Abkürzungen verwenden!] VERWALTUNGSBEHÖRDE AMT (Geschäftsapparat) BundespräsidentIn Bundesministerin für Familien und Jugend BundeskanzlerIn Tiroler Landesregierung Landeshauptfrau/-mann Tirol Bezirkshauptmannschaft [-frau/-mann] Gmunden Gemeinderat Gmunden Stadtrat Gmunden BürgermeisterIn Gmunden Gemeinderat der Statutarstadt Steyr Stadtsenat der Statutarstadt Steyr BürgermeisterIn der Statutarstadt Steyr Magistrat der Statutarstadt Steyr [4] 6. Tragen Sie in die nachstehenden Tabellen die BEHÖRDEN und ÄMTER ein! [KEINE Abkürzungen verwenden!] Organisation der MITTELBAREN BUNDESVERWALTUNG Wels BEHÖRDE AMT III. II. I. [3] (Cyber)Arbeitsgemeinschaft Öffentliches Recht I [SS 2017] 2. Klausur /Seite 4
5 JA NEIN Organisation der allgemeinen LANDESVERWALTUNG Bezirk Eferding BEHÖRDE AMT II. I. 7. Kreuzen Sie an! 1) Das Gesetzmäßigkeitsgebot ist im gewaltenteiligen Rechtsstaat ein wichtiger Grundsatz der Verfassungsordnung. Das Gesetzmäßigkeitsgebot ist in Art 18 Abs 1 B-VG geregelt. Es gilt weil Art 18 Abs 1 B-VG von Vollziehung spricht für die Verwaltung, nicht für die Gerichtsbarkeit. 2) Das Gesetzmäßigkeitsgebot des Art 18 Abs 1 B-VG hat zwei Adressaten: Erstens die Gesetzgebung, sie muss die Gesetze so formulieren, dass die Verwaltung eine gesicherte Grundlage für ihr Vollziehungshandeln hat. Zweitens die Verwaltung, sie darf das und nur das tun, was in den Gesetzen vorherbestimmt ist. 3) Gesetzmäßigkeitsgebot bedeutet, dass die Gesetze des Parlaments gegenüber den Anordnungen der Vollziehung Gesetzesvorrang haben. 4) Fehlerfolge im Kollisionsfall nach dem Stufenbau der Rechtsordnung kann die absolute Nichtigkeit oder die relative Nichtigkeit sein. Rechtstheoretisch ist nach der Lehre von der bedingenden und der bedingten Norm eine rangniedrigere Norm, die mit einer ranghöheren Norm kollidiert, immer absolut nichtig. 5) Relative Nichtigkeit bedeutet, dass eine rechtswidrige Rechtsnorm von vornherein unwirksam ist. Absolute Nichtigkeit bedeutet, dass eine rechtswidrige Rechtsnorm zunächst bis zur Aufhebung gilt. 6) Die Aufhebung genereller Rechtsnormen erfolgt in der Regel ex nunc, nur für denjenigen, der die Aufhebung der generellen Rechtsnorm individuell betrieben hat (Anlassfall) wirkt die Aufhebung im Einzelfall zurück ( Erfolgsprämie ). 8. [Der Weg der Bundesgesetzgebung]. a. Der Weg der Bundesgesetzgebung beginnt mit einer Gesetzesinitiative. Wer ist berechtigt, im Nationalrat einen Gesetzesvorschlag einzubringen? Nennen Sie vier Antragsberechtigte! Art B-VG. (1) (2) (3) (4) [2] (Cyber)Arbeitsgemeinschaft Öffentliches Recht I [SS 2017] 2. Klausur /Seite 5
6 b. Nennen Sie jeweils das für den Beschluss eines einfachen Bundesgesetzes und das für den Beschluss eines Bundesverfassungsgesetzes erforderliche Präsenzquorum und das Konsensquorum! einfaches Bundesgesetz Rechtsgrundlage: Art B-VG. Präsenzquorum: Konsensquorum: Bundesverfassungsgesetz Rechtsgrundlage: Art B-VG. Präsenzquorum: Konsensquorum: [3] c. Nachdem im Nationalrat ein Gesetzesbeschluss gefasst wurde, ist dieser dem Bundesrat zu übermitteln. Auf welche Weise wirkt der Bundesrat im Gesetzgebungsverfahren des Bundes mit? Erläutern Sie die drei Varianten der Mitwirkung des Bundesrats und nennen Sie jeweils ein Beispiel! 1. (Mitwirkungs)Variante: Beispiel: 2. (Mitwirkungs)Variante: Beispiel: 3. (Mitwirkungs)Variante: Beispiel: [5] (Cyber)Arbeitsgemeinschaft Öffentliches Recht I [SS 2017] 2. Klausur /Seite 6
7 d. Welche Rolle spielen der Bundespräsident und der Bundeskanzler im Gesetzgebungsverfahren des Bundes? Bundespräsident: Rechtsgrundlage: Art B-VG. Bundeskanzler: Rechtsgrundlage: Art B-VG. [3] 9. Erläutern Sie drei Kontrollrechte des Bundesparlaments! (1) (2) (3) [4] 10. Was verstehen wir unter Misstrauensvotum? Rechtsgrundlage: 11. Was verstehen wir unter Wirtschaftsordnung? Nennen Sie fünf Modelle einer Wirtschaftsordnung! (Cyber)Arbeitsgemeinschaft Öffentliches Recht I [SS 2017] 2. Klausur /Seite 7
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