2 Verstöße gegen Arbeitsschutzvorschriften: Verletzung des Arbeitsvertrags (HaufeIndex: )
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- Franka Laura Raske
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1 Verstöße gegen Arbeitsschutzrecht: Sanktionsmöglichkeiten des Arbeitgebers (HaufeIndex: ) Zusammenfassung Wer kennt das nicht: Die Mitarbeiter tragen keine PSA oder befolgen trotz Unterweisung einfachste Sicherheitsregelungen nicht. Viele Arbeitnehmer sind einsichtig, wenn sie darauf hingewiesen werden, andere sind resistent gegen alle Mahnungen. Was tun? Von ersten Gesprächen über Betriebsbußen, Abmahnungen bis hin zur "fristlosen" Kündigung ist es wichtig, das jeweils angemessene und rechtlich einwandfreie Mittel zu kennen und rechtssicher zu verwenden. Dazu gehört auch eine saubere Dokumentation. Dieser Beitrag gibt einen Überblick über die arbeitsrechtlichen Sanktionsmittel, die dem Arbeitgeber zur Verfügung stehen, um Arbeitsschutzmaßnahmen wirkungsvoll und rechtssicher durchzusetzen. Arbeitgeber und betroffene Kollegen können zudem erwägen, unter den gegebenen rechtlichen Voraussetzungen Schadensersatzansprüche gegen den rechtswidrig handelnden Arbeitnehmer geltend zu machen. Daher enthält der Beitrag auch dazu Erläuterungen. 1 Einleitung (HaufeIndex: ) Wie groß die praktische Relevanz dieses Themas ist, zeigt eine Entscheidung des Landesarbeitsgerichts (LAG) Schleswig-Holstein vom (Az. 5 Sa 150/07): Ein 50-jähriger Maschinenführer, der seit rund 20 Jahren bei seinem Arbeitgeber beschäftigt ist, hatte beim Reinigen einer industriellen Presse diese von Hand wieder angefahren und dadurch die schwere Verletzung eines Kollegen verursacht. Er wurde fristlos gekündigt. Das LAG hielt die fristlose, wie auch eine hilfsweise ordentliche Kündigung aus mehreren Gründen für rechtswidrig: 1. Die Sicherheitsvorschriften des Betriebs hätten die Inbetriebnahme der Maschine während der Reinigung nicht ausdrücklich ausgeschlossen; 2. der Arbeitgeber habe solches Verhalten zumindest in der Vergangenheit geduldet; 3. der Arbeitgeber hatte keine Abmahnung erteilt. Arbeitgeber müssen jedoch solche Verstöße sanktionieren können, um den Gesundheitsschutz im Betrieb gewährleisten zu können, wozu sie nach 3 Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) verpflichtet sind. 2 Verstöße gegen Arbeitsschutzvorschriften: Verletzung des Arbeitsvertrags (HaufeIndex: ) 611 BGB "Vertragstypische Pflichten beim Dienstvertrag", der die Grundpflichten der Arbeitsvertragsparteien regelt, sagt nichts zum Thema "Arbeitsschutz". Die Rechtsprechung hat jedoch neben den arbeitsvertraglichen Hauptpflichten (Arbeitsleistung, Vergütung) eine große Zahl von "Nebenpflichten" definiert, die sich aus dem Arbeitsverhältnis ergeben. So hat der Arbeitgeber z. B. die Fürsorgepflicht für seine Arbeitnehmer. Im Gegenzug müssen Arbeitnehmer alles unterlassen, was dem Arbeitgeber - u. a. wirtschaftlich - schaden könnte. Aus dieser Fürsorgepflicht heraus muss der Arbeitgeber die Gesundheit des Arbeitnehmers schützen. Dem entspricht die Pflicht des Arbeitnehmers, sich und andere nicht unnötig zu gefährden. Die Schutzverpflichtung des Arbeitgebers ist in 3 ArbSchG geregelt, die Verpflichtung des Arbeitnehmers, ihn dabei zu unterstützen, in 15 ArbSchG. Vorschriften, die dem Gesundheitsschutz dienen, müssen konsequent eingehalten werden. Verstößt ein Seite 1 von 6
2 Arbeitnehmer gegen diese Vorschriften und gefährdet dadurch sich und/oder andere Mitarbeiter, verletzt er seine vertraglichen Pflichten. Als Folge dieser Pflichtverletzung sieht das BGB im Arbeitsrecht vor, dass der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis im äußersten Fall sogar fristlos kündigen kann (vgl. Abschn. 6). Die Entscheidung des LAG Schleswig-Holstein stellt klar, dass sich der Arbeitgeber mit der Sanktionierung solcher Verstöße sehr schwer tut, wenn er selbst den Arbeitsschutz nicht ernst nimmt. Dazu gehören unklare Sicherheitsvorschriften, nicht ausreichende Unterweisungen oder die stillschweigende Duldung von Verstößen. So etwas schwächt die Position eindeutig. Will der Arbeitgeber im Fall eines Verstoßes angemessen reagieren, muss er sich nicht wundern, wenn ihm dies ggf. entgegen gehalten wird. Leiharbeitnehmer im Betrieb Zwischen dem Leiharbeitnehmer und dem Entleiher-Arbeitgeber besteht kein direktes Vertragsverhältnis. Dennoch nimmt die Rechtsprechung hier ein Schutz- und Fürsorgeverhältnis an: Es verpflichtet den Arbeitgeber, die Gesundheit des Arbeitnehmers zu schützen und zwingt den Arbeitnehmer, sich an vorgegebene Regeln zu halten. Da Leiharbeitnehmer häufig ihre Einsatzbereiche wechseln, bedürfen sie besonders guter An- und Unterweisung, auch hinsichtlich der im Betrieb herrschenden Sicherheitsstandards. Der Wille des Arbeitgebers, Verstöße gegen Arbeitsschutzvorschriften nicht hinzunehmen, sollte im Unternehmen bekannt sein. So wissen die Arbeitnehmer, mit welchen Folgen zu rechnen ist, und haben die Sicherheit, dass das Thema Arbeits- und Gesundheitsschutz im Betrieb ernst genommen wird. 3 Verstöße zutreffend dokumentieren (HaufeIndex: ) Immer, wenn es zu rechtlichen Auseinandersetzungen kommen kann, ist es wichtig, den dieser Auseinandersetzung zugrunde liegenden Sachverhalt zutreffend zu dokumentieren und Zeugen benennen zu können. Die Checkliste in Tab. 1 kann dabei helfen. Checkliste "Unfalldokumentation" 1. Was ist passiert? Klare und eindeutige Schilderung des Geschehens, ggf. mit Skizze oder Fotos. Bei voneinander abweichenden Schilderungen des Vorgangs müssen die abweichenden Aussagen aufgenommen werden. 2. Wann ist es passiert? Datum, Uhrzeit, welche Schicht. Bei Unfällen im Freien - wie war die Sicht? 3. Wer hat es gesehen? Zeugen benennen. Aufnehmen, was diese Zeugen gesehen haben. 4. Wer wurde verletzt? Name des Opfers (wenn kein Mitarbeiter: Warum war dieser auf dem Betriebsgelände?). Art und Schwere der Verletzung (soweit für einen Laien feststellbar). 5. Meldung an BG erfolgt? Ggf. Kopie der Meldung beifügen. 6. Gegen welche Arbeitsschutzvorgaben wurde konkret verstoßen? 7. Wann wurde der Verursacher letztmalig geschult/unterwiesen? Auflistung der geltenden Regelungen im Betrieb. Nachweis beifügen. Tab. 1: Checkliste "Unfalldokumentation" Die Checkliste ist zudem hilfreich, wenn es um die Dokumentation des Vorgangs für die BG geht. Sie muss, wie alle personenbezogenen Unterlagen im Betrieb, unter Wahrung des Datenschutzes aufgehoben Seite 2 von 6
3 werden. 4 Milde Mittel: Gespräch/Belehrung, Betriebsbuße und Abmahnung (HaufeIndex: ) 4.1 Das Gespräch mit dem Mitarbeiter (HaufeIndex: ) Das mildeste Mittel ist das Gespräch mit dem Arbeitnehmer. Bei kleineren, erstmaligen Verstößen sollte ihm hier vom Arbeitgeber - ggf. unter Zeugen - erklärt werden, dass ein solches Verhalten nicht gebilligt wird. Der Arbeitnehmer sollte nochmals in geeigneter Form unterwiesen werden. Termin, Anlass und Inhalt des Gesprächs, sowie Zeugen, sollten in einer kurzen Notiz dokumentiert werden. Wer ist eigentlich der "Arbeitgeber"? Der "Arbeitgeber" ist der Unternehmer selbst oder von ihm beauftragte Personen, z. B. Prokuristen, Abteilungsleiter, usw. Wichtig ist, dass diese Personen zu allen von ihnen ausgeübten Handlungen vom Arbeitgeber auch bevollmächtigt sind. 4.2 Die Betriebsbuße (HaufeIndex: ) Gerade größere Unternehmen haben (noch) umfangreiche Betriebsordnungen (auch: "Arbeitsordnungen"), die auch Betriebsbußen vorsehen können. Diese Betriebsordnungen werden als Betriebsvereinbarung nach 77 BetrVG zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat vereinbart. Das Zustandekommen der Betriebsordnung ist ein mitbestimmungspflichtiger Akt. Alle Maßnahmen, die darauf beruhen, sind daher nur dann wirksam, wenn der Betriebsrat ihnen zustimmt. Das bedeutet, dass eine Betriebsbuße nur ausgesprochen werden kann, wenn der Betriebsrat zustimmt. Verweigert dieser die Zustimmung, muss ein arbeitsgerichtliches Zustimmungsersetzungsverfahren durchgeführt werden. Betriebsbußen können sein: angemessene Geldstrafe (max. ein Tagesverdienst), der Entzug bestimmter Vorteile, Verwarnung, Verweis. Sie müssen in einem Katalog der Betriebsordnung hinsichtlich der Art der Buße und dem dieser Buße zugrunde liegenden Vergehen klar und eindeutig geregelt sein und kommen nur infrage, wenn es sich um ein gemeinschaftswidriges Vergehen handelt. Praxis-Beispiel Eine Betriebsbuße kann verhängt werden, wenn der Arbeitnehmer gegen wichtige Sicherheitsvorschriften verstößt, z. B. gefährliche Stoffe nicht ordnungsgemäß im Betrieb deponiert. Sie kann nicht verhängt werden, wenn der Arbeitnehmer z. B. ständig zu spät kommt, weil dieses Verhalten nur das direkte Vertragsverhältnis zwischen ihm und dem Arbeitgeber betrifft. 4.3 Richtig abmahnen (HaufeIndex: ) Will der Arbeitgeber wegen eines Verstoßes gegen Arbeitsschutzvorschriften eine Abmahnung erteilen, muss sie auf einem abmahnfähigen Sachverhalt beruhen und es müssen alle Formalitäten beachtet werden. Abmahnfähig ist natürlich nur ein Verhalten, zu dem der Arbeitnehmer auch konkret verpflichtet ist. Bestandteile der Abmahnung Die Abmahnung besteht immer aus den drei Teilen Beanstandung, Hinweis und Ankündigung: 1. Der Arbeitgeber muss ein vertragswidriges Verhalten beanstanden, d. h. genau beschreiben und klar stellen, dass dieses gegen arbeitsvertragliche Verpflichtungen Seite 3 von 6
4 verstößt. 2. Es muss der Hinweis erfolgen, dass dieses Fehlverhalten zukünftig nicht mehr geduldet wird. 3. Der Arbeitgeber muss konkrete, arbeitsrechtliche Maßnahmen benennen, die für den Wiederholungsfall vorgesehen sind. Die Abmahnung muss immer schriftlich erfolgen, muss von jemandem unterzeichnet sein, der dazu bevollmächtigt ist und muss dem Arbeitnehmer ordnungsgemäß zugehen. Sie sollte eindeutig als solche bezeichnet werden, um Missverständnissen vorzubeugen. Sie ist auch ohne Zustimmung durch den Betriebsrat wirksam. Dieser muss auch über den Umstand, dass eine Abmahnung erteilt wurde, nicht informiert werden, weder vorher noch nachher. Ausländische Arbeitnehmer Ausländische Arbeitnehmer müssen in ihrer Landessprache angesprochen werden, wenn ihr Verständnis der deutschen Sprache so weit eingeschränkt ist, dass eine "normale Kommunikation" nicht möglich ist. Das gilt auch für Unterweisungen usw. Ist der Arbeitnehmer mit der Abmahnung nicht einverstanden, kann er auf Entfernung aus seiner Personalakte beim Arbeitsgericht klagen oder sich darauf beschränken, eine Gegendarstellung zu verfassen, die - unabhängig von ihrem Wahrheitsgehalt - zur Personalakte zu nehmen ist. Die Abmahnung ist mit ganz wenigen Ausnahmen eine unbedingte Voraussetzung dafür, dass einem Arbeitnehmer überhaupt aus Verhaltensgründen gekündigt werden kann (vgl. Abschn. 5). Wenn bereits abgemahnt wurde, muss der Arbeitgeber bei erneuten Verstößen den nächsten Schritt in Angriff nehmen, den er angedroht hat. Wiederholte Abmahnungen in derselben Angelegenheit verschlechtern die Position des Arbeitgebers in einem möglicherweise folgenden Kündigungsschutzprozess. Arbeitsrichter tendieren in diesen Fällen dazu, die mangelnde Nachhaltigkeit zulasten des Arbeitgebers auszulegen. Verstoß ist nicht gleich Verstoß! Wird ein Arbeitnehmer trotz Helmtragepflicht häufiger ohne Helm am Arbeitsplatz angetroffen und wird deswegen abgemahnt, kann ihm nun nicht sofort gekündigt werden, weil er ohne die erforderlichen Sicherheitsschuhe angetroffen wurde. Gilt in einem Unternehmen eine Betriebsordnung, kann der Arbeitgeber selbstverständlich anstelle der Betriebsbuße eine Abmahnung erteilen. Dabei kommt es nicht darauf an, wie das Schreiben an den betroffenen Arbeitnehmer genannt wird, sondern nur auf den Inhalt. Werden für den Wiederholungsfall weitergehende arbeitsrechtliche Konsequenzen angedroht, liegt immer eine Abmahnung vor. 5 Die ordentliche Kündigung (HaufeIndex: ) Helfen Gespräche, wiederholte Unterweisungen, Abmahnungen oder Betriebsbußen nicht weiter, wird der Arbeitgeber eine Kündigung ins Auge fassen müssen. Auch hier gilt: Das angemessene Mittel muss zuerst zur Anwendung kommen, in diesem Fall also die ordentliche Kündigung nach 620 ff. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Um diese wirksam rechtssicher auszugestalten, muss der Arbeitgeber erneut formelle und inhaltliche Aspekte beachten. Nach 1 Abs. 1 Kündigungsschutzgesetz (KSchG), das nur in Betrieben ab 10 Mitarbeitern anwendbar ist, muss ein Kündigungsgrund vorliegen. Bei Verstößen gegen Arbeitsschutzbestimmungen liegt der Grund im Verhalten des Arbeitnehmers, es handelt sich also um eine verhaltensbedingte Kündigung. Der Grund muss tatsächlich vorliegen, muss aber in der Kündigungserklärung nicht ausdrücklich erwähnt werden. Die Kündigung muss schriftlich erfolgen. Einem Mitarbeiter kann nur dann verhaltensbedingt gekündigt werden, wenn das betreffende Verhalten Seite 4 von 6
5 im Vorhinein abgemahnt wurde (vgl. Abschn. 4). Die Kündigungsfrist des 622 BGB, die abhängig von der Zeit der Betriebszugehörigkeit ist, oder arbeitsvertraglich abweichend geregelte Kündigungsfristen sind einzuhalten. Die Kündigungserklärung muss von einem dazu bevollmächtigen Mitarbeiter unterzeichnet sein. Die Kündigung muss dem Arbeitnehmer zugehen, also ihm am besten persönlich übergeben werden. Hat der Betrieb einen Betriebsrat, muss dieser nach 102 Abs. 1 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) zu der Kündigung angehört werden. Dafür müssen ihm die der Kündigung zugrunde liegenden Gründe mitgeteilt werden. Wird diese Anhörung nicht durchgeführt, ist die Kündigung bereits formell unwirksam! Der Betriebsrat muss der Kündigung zu ihrer Wirksamkeit zwar nicht ausdrücklich zustimmen: Wenn er innerhalb einer angemessenen Frist gar nicht reagiert (weil es z. B. viele Gremien mit ihrem Selbstverständnis für unvereinbar halten, Kündigungen aktiv zu unterstützen), gilt auch dies als Zustimmung. Widerspricht er der Kündigung allerdings ausdrücklich, muss der Arbeitgeber eine Kopie dieses Widerspruchs der Kündigung beifügen. Gegen diese Kündigung kann der Arbeitnehmer Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht erheben. Sind die Verstöße schwerwiegend genug und wurden alle Formalien korrekt eingehalten, dürfte diese aber aussichtslos sein. 6 Das letzte Mittel: Die fristlose Kündigung (HaufeIndex: ) Die im allgemeinen Sprachgebrauch auch als "fristlos" bezeichnete außerordentliche Kündigung kann bei schweren, wiederholten oder nachhaltigen Verstößen gegen Arbeitsschutzvorschriften als letztes Mittel eingesetzt werden. Der anfangs erwähnte Fall des LAG Schleswig-Holstein kann als ein solcher wichtiger Grund angesehen werden. Das Urteil zeigt aber auch, wie hoch die Anforderungen sind, die die Rechtsprechung an das Vorliegen eines "wichtigen" Grundes legt, der eine außerordentliche Kündigung rechtfertigt. Auch die fristlose Kündigung nach 626 BGB muss schriftlich erfolgen, dem Arbeitnehmer zugehen und bedarf einer vorausgehenden Abmahnung. Letztere ist nur entbehrlich, wenn außerordentlich schwere Verstöße gegen Verpflichtungen aus dem Arbeitsvertrag vorliegen. Wichtig ist, dass der Arbeitgeber die fristlose Kündigung innerhalb von zwei Wochen ab Kenntnis des Kündigungsgrunds aussprechen muss ( 626 Abs. 2 BGB). Zudem ist auch hier der Betriebsrat nach 102 BetrVG anzuhören. Er kann jedoch nur innerhalb von drei Tagen "Bedenken erheben". Wird ein Mitglied des Betriebsrats gekündigt, greift der Kündigungsschutz des 15 KSchG, d. h., der Betriebsrat muss der Kündigung ausdrücklich zustimmen. Liegt diese Zustimmung nicht vor, muss sie der Arbeitgeber im Rahmen eines arbeitsgerichtlichen Zustimmungsersetzungsverfahrens einholen. Wegen der hohen Anforderungen an die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung empfiehlt es sich immer, hilfsweise das Arbeitsverhältnis ordentlich, also fristgerecht zu kündigen. Auch zu dieser hilfsweisen Kündigung muss ggf. der Betriebsrat angehört werden. Arbeitnehmer, denen so schwere Verstöße gegen Arbeitsschutzbestimmungen vorgeworfen werden, dass der Arbeitgeber eine außerordentliche Kündigung in Erwägung zieht, sollten sofort von der Arbeit freigestellt werden. Alles andere wäre - auch wegen des drohenden Kündigungsschutzprozesses - kontraproduktiv. Selbst wenn der Arbeitnehmer eine Kündigungsschutzklage erhebt, sollte eine Weiterbeschäftigung durch Freistellung unter Fortzahlung der Vergütung vermieden werden. Auch gegen diese Kündigung kann der Arbeitnehmer Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht erheben. 7 Arbeitsschutzrechtliche Verstöße von Leiharbeitnehmern (HaufeIndex: ) Leiharbeitnehmer unterliegen dem Direktionsrecht des entleihenden Arbeitgebers und müssen sich selbstverständlich an die im Entleiherbetrieb geltenden Regeln halten. Verstoßen sie gegen diese, sollten sie ermahnt und ggf. erneut unterwiesen werden. Bei wiederholten Verstößen muss der Verleiher aufgefordert werden, den entsprechenden Arbeitnehmer Seite 5 von 6
6 aus dem Entleihbetrieb abzuziehen und für geeigneten Ersatz zu sorgen. Verursacht der Arbeitnehmer einen Schaden im Betrieb oder entsteht aufgrund der erforderlich werdenden Abberufung des Arbeitnehmers dem Entleiher ein Schaden, so hat dieser möglicherweise gegen das Verleihunternehmen einen Schadensersatzanspruch aus Schlechterfüllung des Überlassungsvertrags. 8 Verpflichtung zum Schadensersatz (HaufeIndex: ) Entsteht dem Arbeitgeber oder Arbeitskollegen durch den Verstoß gegen Arbeitsschutzvorschriften ein Schaden, so kann der Schadensverursacher verpflichtet sein, diesen zu ersetzen. Im Arbeitsverhältnis gilt jedoch nach der Rechtsprechung ein Haftungsprivileg, nach dem der Arbeitnehmer nur Schäden zu ersetzen hat, die er grob fahrlässig oder vorsätzlich herbeiführt. Bei Personenschäden tritt gegenüber dem geschädigten Arbeitnehmer auf alle Fälle die zuständige Berufsgenossenschaft ein und leistet den entsprechenden Schadensersatz in Form der Heilbehandlung und ggf. weiterer finanzieller Leistungen wie Verletztengeld oder Renten. Der Geschädigte hat so stets einen zahlungskräftigen Schuldner und damit eine zuverlässige Absicherung. Darüber hinausgehende Schäden, wie z. B. ein Schmerzensgeld (das im Leistungskatalog der Berufsgenossenschaft nicht vorgesehen ist), kann der Geschädigte ggf. direkt gegen den Schadensverursacher auf dem Zivilrechtsweg vor den ordentlichen Gerichten geltend machen. Musste die Berufsgenossenschaft eintreten, kann sie sich unter Beachtung des o. g. Haftungsprivilegs am Schädiger schadlos halten und Leistungen der Heilbehandlung sowie weitere sozialrechtliche Leistungen, wie z. B. Verletztengeld nach 110 Sozialgesetzbuch (SGB) VII, 116 SGB X, im Rahmen eines Regresses vom Schadensverursacher zurückfordern. Autor/in Rechtsanwalt Joachim Schwede, Aichach Seite 6 von 6
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