Algebra und Zahlentheorie I, Blatt 10, Aufgabe 4
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- Jörg Geisler
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1 Algebra und Zahlentheorie I, Blatt 10, Aufgabe 4 Aufgabe 4. (Die Gruppen der Ordnung 12) Beweisen Sie, dass jede Gruppe der Ordnung 12 sich als semidirektes Produkt einer 2-Sylowuntergruppe mit einer 3-Sylowuntergruppe bzw. einer 3-Sylowuntergruppe mit einer 2-Sylowuntergruppe gewinnen lässt, eingeschlossen den Fall trivialer Aktion des Faktors H auf dem Faktor G, der zu einem direkten Produkt führt. Beschreiben Sie alle auftretenden fünf Isomorphieklassen. Lösung zu Aufgabe 4 von Blatt 10 (von Stephan Schmitz) Zunächst eine Aussage zu semidirekten Produkten allgemein, die im Folgenden Anwendung findet. Satz 1 Sei G eine Gruppe, N G und U eine Untergruppe von G mit N, U = G und N U = {1 G }. Dann ist U isomorph zur Faktorgruppe G/N und es gilt: wobei U per Konjugation auf N operiert. G N U, Beweis: Alle Nebenklassen Nu mit u U sind disjunkt, denn Nu 1 = Nu 2 = u 2 u 1 1 N U = {1 G } = u 1 = u 2 (1) für alle u 1, u 2 U. Außerdem liegt jedes g G in einer Nebenklasse Nu mit einem u U (Beweis hierzu selbst). Es ist also G/N = {Ng g G } = {Nu u U }, und offensichtlich ist die Faktorgruppe G/N isomorph zu U. 1 Da die Gruppe U ein Vertretersystem für G/N darstellt, kann man jedes g G eindeutig schreiben als g = n(g)u(g) mit n(g) N und u(g) U. (2) Dies bedeutet, dass die Abbildung ϕ : G N U, g (n(g), u(g)) eine Bijektion ist. Beim semidirekten Produkt N U operiere U per Konjugation auf N. Nun soll ϕ(g 1 g 2 ) für g 1, g 2 G ermittelt werden. Offensichtlich gilt g 1 g 2 = n(g 1 )u(g 1 )n(g 2 )u(g 2 ) = n(g 1 ) u(g 1 )n(g 2 )u(g 1 ) } {{ 1 u(g } 1 )u(g 2 ) } {{ } N U Hieraus lässt sich zweierlei ablesen, nämlich (3) n(g 1 g 2 ) = n(g 1 ) u(g 1 )n(g 2 )u(g 1 ) 1 und u(g 1 g 2 ) = u(g 1 )u(g 2 ). (4) Dies sind genau die Komponenten des semidirekten Produktes von (n(g 1 ), u(g 1 )) und (n(g 2 ), u(g 2 )). Also ist ϕ(g 1 g 2 ) = (n(g 1 ), u(g 1 ))(n(g 2 ), u(g 2 )) = ϕ(g 1 )ϕ(g 2 ). (5) Fazit: ϕ ist ein bijektiver Gruppenhomomorphismus, also ein Isomorphismus. Damit ist G N U, und der Satz ist bewiesen. Nun zur eigentlichen Aufgabe 4. Sei G eine Gruppe mit G = 12. Dann hat G eine oder drei Untergruppen der Ordnung vier (2-Sylowuntergruppen) und eine oder vier Untergruppen der Ordnung drei (3-Sylowuntergruppen). Dies folgt aus den Sylow schen Sätzen. Durch Zählen der in diesen Untergruppen enthaltenen Elemente sieht man nun, dass G nicht gleichzeitig drei 2-Sylowuntergruppen und vier 3-Sylowuntergruppen haben kann. Mithin gibt es entweder nur eine Untergruppe der Ordnung vier, die dann ein Normalteiler ist, oder nur eine Untergruppe der Ordnung drei, die dann ein Normalteiler ist. 1 Der Isomorphismus ist die Abbildung u Nu. 1
2 Sei D eine Untergruppe der Ordnung 3 und V eine Untergruppe der Ordnung vier in G. Dann gilt wegen der Gruppenordnungen offensichtlich D, V = G und D D = {1G }. (6) Mit dem oben bewiesenen Satz folgt dann, dass G ein semidirektes Produkt von V und D ist, wobei eine der beiden Gruppen ein Normalteiler ist und die andere auf diesem per Konjugation operiert. Um alle Isomorphieklassen von Gruppen G der Ordnung 12 zu finden reicht es also aus, alle möglichen 3- Sylowuntergruppen auf allen möglichen Normalteilern der Ordnung vier auf alle möglichen Arten mit Automorphismen operieren zu lassen, und alle möglichen 2-Sylowuntergruppen auf allen möglichen Normalteilern der Ordnung drei auf alle möglichen Arten mit Automorphismen operieren zu lassen und die semidirekten Produkte zu bilden. Die Anzahl der Möglichkeiten ist dabei bedeutend kleiner als die Anzahl der Worte im vorstehenden Satz. Denn es gibt bis auf Isomorphie nur eine Gruppe der Ordnung drei, nämlich C 3, die zyklische Gruppe der Ordnung drei. Diese hat nur zwei Automorphismen, nämlich die Identität und die Abbildung I : x x 1 (Invertierung). Ferner gibt es bis auf Isomorphie nur zwei Gruppen der Ordnung vier, nämlich C 4, die zyklische Gruppe der Ordnung vier, und V 4 := C 2 C 2, in der jedes Element die Ordnung zwei hat. Die Automorphismengruppe der C 4 hat (wie die der C 3 ) nur zwei Elemente, nämlich die Identität und die Abbildung I : x x 1 (Invertierung). Nun können die Isomorphieklassen untersucht werden. Man beachte hierbei, dass eine triviale Operation ein direktes Produkt erzeugt. Fall A G habe eine 3-Sylowuntergruppe D C 3 als Normalteiler. Insbesondere ist D die einzige Untergruppe der Ordnung drei in G. V sei eine 2-Sylowuntergruppe (Ordnung vier). A.1 V C 4 und V operiert trivial auf D. z. B. (1, 2, 3)(4, 5, 6, 7) S 7 Eine triviale Operation ergibt ein direktes Produkt. In diesem Fall ist also G D V C 12 nach dem Hauptsatz über endlich erzeugte abelsche Gruppen. Die zyklische Gruppe C 12 der Ordnung 12 hat nach Aufgabe 1 von Blatt 5 für jeden Teiler t der Gruppenordnung genau eine (ebenfalls zyklische) Untergruppe der Ordnung t. Wendet man diese Aussage auch auf die Untergruppen an, so ergibt sich der oben stehende Untergruppenverband. 2
3 A.2 V C 4 und V operiert nichttrivial auf D. z. B. (1, 2, 3), (2, 3)(4, 5, 6, 7) S 7 V ist zyklisch von der Ordnung vier, also V = v. Der einzige nichttriviale Automorphismus von D, die Invertierung I, hat Ordnung 2. Dies bedeutet, dass die Quadrategruppe v 2 als einzige Untergruppe vom Index zwei in V der Kern der Operation ist. Da dieser trivial auf D operiert, ist das Erzeugnis v 2, D wieder ein direktes Produkt und mithin isomorph zur C 6. v 2, D ist als Untergruppe vom Index zwei ein Normalteiler in G, und da v 2 darin die (notwendig) einzige Untergruppe der Ordnung zwei ist, ist v 2 ebenfalls ein Normalteiler in G. Jede weitere Untergruppe der Ordnung zwei in G wäre die einzige Untergruppe der Ordnung zwei in einer zu V konjugierten 2-Sylowuntergruppe und daher zu v 2 konjugiert. Da aber v 2 ein Normalteiler ist, ist es die einzige Untergruppe der Ordnung 2 in G. Da es ferner nur D als Untergruppe der Ordnung drei gibt, existieren auch außer v 2, D keine weiteren Untergruppen der Ordnung sechs in G. D werde von d erzeugt. Dann ist wegen der nichttrivialen Operation von V notwendig vdv 1 = d 1 d, also vd dv (man beachte, dass die zum semidirekten Produkt gehörige Operation von V auf D sich innerhalb der Gruppe G als Konjugation ergibt, vgl. den oben stehenden Satz). Also ist insbesondere G nicht abelsch und damit nicht zyklisch. Es existieren also keine Elemente in G mit einer Ordnung, die größer als sechs ist. Da es nur je eine Untergruppe der Ordnung zwei drei und sechs gibt, müssen noch weitere Untergruppen der Ordnung vier vorliegen, um die nötige Elementzahl von 12 zu erreichen. Nach dem zweiten Sylow schen Satz existieren dann genau drei zu V isomorphe Untergruppen der Ordnung vier. Diese enthalten alle die eine Untergruppe v 2 der Ordnung zwei. Dies ergibt den oben stehenden Untergruppenverband. A.3 V V 4 und V operiert trivial auf D. z. B. (1, 2), (3, 4), (5, 6, 7) S 7 Die triviale Operation ergibt wieder ein direktes Produkt, also ist G C 6 C 2 nach dem Hauptsatz über end- 3
4 lich erzeugte abelsche Gruppen. Die in V enthaltenen drei Untergruppen der Ordnung zwei operieren ebenfalls trivial auf D und erzeugen daher mit D drei Untergruppen die isomorph zu C 6 = C 2 C 3 sind. Nachzählen der Elemente ergibt nun, dass man bereits alle Untergruppen von G gefunden hat. Dies liefert den oben stehenden Untergruppenverband. A.4 V V 4 und V operiert nichttrivial auf D. z. B. (1, 2, 3, 4, 5, 6), (1, 2)(3, 6)(4, 5) S 6 Schreibe V = {1, a, b, ab}, wobei alle Elemente die Ordnung zwei haben. Es gibt also mindestens drei Untergruppen der Ordnung zwei, nämlich a, b und ab. V wird von je zwei dieser drei Untergruppen erzeugt. Die einzige nichttriviale Operation auf D ist (bis auf Vertauschung der Elemente von V) gegeben durch 1 id D, a I, b I, ab id D, (7) wobei I die Invertierung ist. Das bedeutet, dass ab, D C 2 C 3 = C 6, weil ab auf D trivial operiert. Die beiden Erzeugnisse a, D und b, D sind hingegen keine direkten Produkte und daher nach Aufgabe 2c isomorph zur Diedergruppe D 3. Jede der beiden Diedergruppen a, D und b, D muss noch weitere zwei Untergruppen der Ordnung zwei haben, denn jede D 3 enthält drei Gruppen der Ordnung zwei. Eine ist hier a bzw. b. Die beiden Diedergruppen können keine zwei Untergruppen der Ordnung zwei von V beeinhalten, weil sie sonst ganz V enthalten würden im Widerspruch zur Gruppenordnung. Sie können auch keine gemeinsamen Untergruppen der Ordnung zwei haben, da sie sonst identisch wären. Also gibt es vier weitere Untergruppen der Ordnung zwei. Sie werden bezeichnet als U a,1, U a,2 a, D und U b,1, U b,2 b, D. (8) Alle sieben Untergruppen der Ordnung zwei liegen in 2-Sylowuntergruppen von G. Da aber V nur drei solche Untergruppen enthält, müssen weitere 2-Sylowuntergruppen existieren, und zwar nach den Sylow schen Sätzen insgesamt drei, alle isomorph zu V. Die zwei zusätzlichen seien mit U 1 und U 2 bezeichnet. Man überlegt sich jetzt leicht, dass U 1 die Untergruppen ab, U a,1, U b,1, und dass U 2 die Untergruppen ab, U a,2, U b,2 enthalten muss. (Alle anderen Zusammensetzungen führen entweder zur Identität von 2-Sylowuntergruppen, zur Identität der beiden Diedergruppen oder zu Untergruppen der Ordnung vier in den Diedergruppen, alles Widersprüche.) Nach diesen notwendigen Betrachtungen kann man nun nachzählen, dass die bisher ermittelten Untergruppen alle 12 Elemente von G enthalten. Weitere Untergruppen der Ordnung zwei kann es daher nicht geben (zusätzliche Elemente). Weitere Untergruppen der Ordnung drei und vier existieren nach den Sylow schen Sätzen nicht. Weitere Untergruppen der Ordnung sechs würden weitere der Ordnung zwei oder drei enthalten, die nicht existieren. Dies beweist, dass alle Untergruppen gefunden wurden. Man erhält dann den oben stehenden Untergruppenverband. Es handelt sich hier um die Diedergruppe D 6 der Ordnung 12. 4
5 Fall B G habe eine 2-Sylowuntergruppe V als Normalteiler. Insbesondere ist V die einzige Untergruppe der ordnung vier in G. D sei eine 3-Sylowuntergruppe. B.1 D operiert trivial auf V C 4. Dies liefert das direkte Produkt C 4 C 3 C 12 und damit den Fall A.1. B.2 D operiert nichttrivial auf V C 4. Die Operation durch Automorphismen induziert einen Homomorphismus von D in die Automorphismengruppe von C 4. Da in dieser die Invertierung Ordnung zwei hat, kann sie nicht Bild eines Elementes der Ordnung drei in D sein. Dieser Fall tritt also nicht auf. B.3 D operiert trivial auf V V 4. Dies liefert das direkte Produkt V 4 C 3 C 6 C 2 und entspricht daher dem Fall A.3. B.4 D operiert nichttrivial auf V V 4. z. B. (1, 2, 3), (1, 2)(3, 4) S 4 Dies muss notwendig die (Isomorphieklasse der) A 4 sein, denn diese hat 12 Elemente und ist bisher noch nicht aufgetaucht. Die Fälle A.1, A.2, A.3, A.4 und B.4 liefern genau (die) fünf Isomorphieklassen von Gruppen der Ordnung 12. 5
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