Projekttag Radikal zur Prävention vor Extremismus und Radikalisierung

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1 HANSA-BERUFSKOLLEG MÜNSTER Projekttag Radikal zur Prävention vor Extremismus und Radikalisierung Am 30. Mai organisierten Schülerinnen und Schüler der DE15A, Auszubildende im zweiten Lehrjahr zum/r Veranstaltungskauffrau/-mann, gemeinsam mit ihrem Religionslehrer, York Gaskow, einen Projekttag unter dem Motto Radikal. Ziel der Klasse war es, ihre Mitschüler/innen über die Gefahren extremistischer Ideologien zu sensibilisieren und vor einem schnellen und einfachen Abdriften in diese Szenen zu bewahren. Aus diesem Grunde lud die Klasse einen ehemaligen Neonazi 1 und einen ehemaligen Salafisten 2 ein, welche aus ihrem früheren Leben berichte- Abbildung 1: Projektleitende Klasse, DE15A, mit York Gaskow. Foto: HBK-Hülsbusch. ten. Der Projekttag fand im Rahmen des deutschlandweit aktiven Schulnetzwerks Schule ohne Rassismus Schule mit Courage statt. Das Hansa-Berufskolleg möchte als erstes Berufskolleg der Stadt Münster durch seinen aktiven Beitrag gegen Diskriminie- 1 Der Begriff Neonazi bedeutet: Neonazi (aus griech. νέος/neos (neu) und Nazi) ist die Bezeichnung eines Anhängers nationalsozialistischen Gedankenguts, der aufgrund seines Lebensalters erst nach dem Zweiten Weltkrieg und dem Ende des Dritten Reiches politisch aktiv wurde. Siehe: 2 Zum Begriff Salafist und Salafismus vgl.: 1

2 rung, Ausgrenzung, Hass und Demokratiefeindlichkeit diesem Schulnetzwerk beitreten. Inhaltlich konzentrierte sich das Informationsangebot auf den Rechtsextremismus sowie den Salafismus. So wurden deutliche Parallelen in den Strukturen und Abläufen dieser zunächst komplett gegensätzlich erscheinenden Szenen deutlich gemacht. Abbildung 2: Schulleiter, David Fischer, begrüßt die Gäste des Projekttages "Radikal". Foto: HBK-Hülsbusch Schulleiter David Fischer begrüßte die 150 teilnehmenden Schülerinnen und Schüler in der Aula der Schule und fasste den bisherigen Weg des Hansa-Berufskollegs auf dem Weg zu einer Schule ohne Rassismus zusammen. Diese Kampagne gegen Rassismus und für mehr Courage wurde vor gut einem Jahr am Projekttag Hansa- FAIRbindet 3 ins Leben gerufen. Anschließend übernahmen die Schüler, Jonas Seggewiß und Peter Termath, aus der DE15A das Mikrophon und zeigten den geladenen Schülerinnen und Schülern den Kurzfilm Radikal, der zum Ausdruck bringen sollte, dass ein junger Mensch sich in kurzer Zeit radikalisieren kann. Im zweiten Teil der Veranstaltung standen verschiedene Informationsangebote der DE15A und ein Workshop der mobilen Beratungsstelle gegen Rechtsextremismus im Regierungsbezirk Münster 4 im Mittelpunkt des Interesses. 3 Siehe hierzu: Berufskollegs-zu-Inklusion-im-Bereich-Religion-Kultur-und-Menschen-mit-Behinderung 4 Die mobile Beratungsstelle im Regierungsbezirk Münster des Landesprogramms Mobile Beratung NRW gegen Rechtsextremismus wird vom Ministerium für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport des Landes NRW im Rahmen des Bundesprogramms Demokratie leben! gefördert. Siehe hierzu: 2

3 Der Workshop der mobilen Beratungsstelle zeigte unter fachkundiger Anleitung viele Maßnahmen und Ideen auf, wie ein gemeinsames, vielfältiges Miteinander ohne Diskriminierung und Ausgrenzung am Hansa-Berufskolleg mit nachhaltigem Erfolg gestaltet werden kann. Die besten Empfehlungen werden zunächst analysiert und dann am Hansa-Berufskolleg in die Praxis umgesetzt werden. In den Informationsangeboten rund um das Thema Diskriminierung mussten die Schülerinnen und Schüler für sich selbst herausfinden, an welchem Punkt Diskriminierung und Ausgrenzung beginnen, indem sie zu verschiedenen Thesen, Aussagen und Parolen Stellung bezogen. Dies ging einher mit spannenden Diskussionen, denn die Grenze zwischen Diskriminierung und Nichtdiskriminierung erwies sich als fließend und schwer abgrenzbar. Ebenso interessant war das Informationsangebot zum Thema Rechtsextremismus und Salafismus: Hier konnten die Lernenden insbesondere ihr bisheriges Wissen über die beiden Szenen testen, indem sie verschiedene Ideologie behaftete Symbole, Gesten und Sprachcodes identifizieren sollten. In diesem Zusammenhang wurde der (reale) Radikalisierungsverlauf einer Person der rechtsextremen sowie einer Person der salafistischen Szene vorgestellt. Den Schülerinnen und Schülern fiel schnell auf, dass es in der Persönlichkeitsentwicklung beider Personen Parallelen gibt. Der Höhepunkt des Aktionstages gegen Extremismus und Radikalisierung war der dritte Teil der Veranstaltung. Unter der Moderation einer Mitarbeiterin des nordrheinwestfälischen Verfassungsschutzes berichteten zwei Szeneaussteiger authentisch und ohne Scheuklappen aus ihrem einerseits sehr unterschiedlichen, anderseits jedoch sehr ähnlichem Leben. Angefangen in der Kindheit und Schulzeit, welche geprägt war durch Mobbing, Drogen und schlechte Schulleistungen, waren beide Personen leicht erreichbar für extremistische Ideologien, welche ihnen das eigene Denken und jegliche Individualität nach und nach nahmen. Dabei waren der Hass auf Ausländer und Ungläubige aller- 3

4 dings zunächst gar nicht das entscheidende Kriterium auf dem Weg ihrer Radikalisierung, sondern vielmehr die vermeintliche Sinnsuche, die Gemeinschaft und ein Gefühl der Stärke. Die Schülerinnen und Schüler hörten den Aussteigern aufmerksam zu, stellten interessierte Zwischenfragen und konnten somit einen Einblick in die extremistischen Parallelgesellschaften gewinnen. Immer radikaler seien beide Personen geworden, in einem Fall häuften sich die Straftaten und nach einem anfänglichen Ekel vor Gewalt wurde diese nach und nach zu einer Art Droge. Eine Reflexion des eigenen Handelns fand nicht mehr statt. Den entscheidenden Punkt für den Ausstieg aus der Szene habe es nicht gegeben. Viele kleine Schritte und Denkanstöße hätten am Ende dazu geführt, dass beide ihre Szenen verlassen hätten. Mit der Präventionsarbeit an Schulen wollen die beiden Aussteiger nun eine Art Wiedergutmachung leisten. Ihre Ablösung sowie ihr jetziges Engagement gegen Extremismus haben in der ehemaligen Szene Hass ausgelöst. Und so kommt es nicht von ungefähr, dass beide Aussteiger ständig konfrontiert werden mit Bedrohungen bis hin zu Mordaufrufen. Aus diesem Grund werden weder die Namen genannt, noch sind Fotos während des Gesprächs gemacht worden. Der Projekttag, an dem viele Schülerinnen und Schüler teilnahmen, wurde finanziell unterstützt durch den Förderverein des Hansa-Berufskollegs und durch die Stadt Münster. GSK/LV 4

5 Impressionen des Projekttages 5