Empfehlungen der Beauftragten für Chancengleichheit am UKT. Sabine Schneiderhan. G e s c h l e c h t e r g e r e c h t e s F o r m u l i e r e n - 1 -
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- Sophie Kohler
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1 I n h a l t : S e i t e Einführung 2 Empfehlungen der Beauftragten für Chancengleichheit am UKT Sabine Schneiderhan Regeln 2 Grundprinzipien 3 Praktische Umsetzung: 1. Paarformulierungen 4 2. geschlechtsneutrale Formen 5 3. unpersönliche Pronomen 5 4. Plural 5 5. modularer Infinitiv 5 6. passiv statt aktiv 5 7. handlungsbezeichnende Substantive 6 8. Adjektiv statt Paarform 6 9. direkte Ansprache Verben weibliche Anglizismen grammatikalische Übereinstimmung Stellenanzeigen 7 Kontakt 7 Quellen und Literaturtipps 8-1 -
2 E i n f ü h r u n g Die Sprache ist die wichtigste Kommunikationsform des Menschen. In der Sprache kommen gesellschaftliche Norm- und Wertvorstellungen sowie Machtprinzipien zum Ausdruck, sprachwissenschaftliche Theorien betonen die gegenseitige Abhängigkeit von Sprache und Denken bzw. Bewusstsein. Eine Sprache entwickelt und verändert sich im Laufe der Zeit, zum einen in Abhängigkeit von den jeweiligen gesellschaftlichen Rahmenbedingungen und Gegebenheiten. Zum anderen wird sie zunehmend mitgeprägt von den Medien und den Fachsprachen. Darüber hinaus ist die deutsche Gegenwartssprache vielfältigen Einflüssen der internationalen Kommunikation ausgesetzt. Sprache bildet die Wirklichkeit ab, sie prägt die Wahrnehmung, das Denken und Handeln der Sprechenden. Sie schafft damit aber auch Realitäten und unter Umständen Ungleichheiten. Wie wir die Welt sehen, hängt auch davon ab, wie wir sie sprachlich strukturieren. Was wir für gesellschaftlich relevant erachten, findet Ausdruck und wird benannt. Was in einer Sprache benannt wird, das hat auch keine Funktion und keinen Wert in der Gesellschaft, es gilt als unwichtig oder nebensächlich. Z u r V o r g e s c h i c h t e : Im Herbst 1987 wurde von der damaligen Bundesregierung eine interministerielle Arbeitsgruppe eingesetzt, mit dem Auftrag, die Rechtssprache auf die Forderung nach Gleichstellung von Frauen und Männern zu untersuchen, 1 Die Ergebnisse der Arbeitsgruppe liegen in der Bundestagsdrucksache 12/1041 vom vor. Allgemein ergibt sich der Gleichbehandlungsgrundsatz aus dem Grundgesetz. (Art. 3, Abs.2) verpflichten sich die Mitgliedstaaten der EU im Amsterdamer Vertrag die Chancengleichheit in allen Bereichen zu verankern In der Mitteilung der Europäischen Kommission ( ) Einbindung der Chancengleichheit in sämtliche politische Konzepte und Maßnahmen der Gemeinschaft verpflichtet sich die EU der Strategie Gender Mainstreaming. Bundesgleichstellungsgesetzes (Nov. 2001), 1: Rechts- und Verwaltungsvorschriften des Bundes sollen die Gleichstellung von Frauen und Männern auch sprachlich zum Ausdruck bringen. Dies gilt auch für den dienstlichen Schriftverkehr. Im August 2006 ist das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz in Kraft getreten, das Benachteiligungen aufgrund des Geschlechts verbietet. 1 Bundestagsdrucksache 12/1041 vom
3 Nun hat sich die deutsche Sprache in den vergangenen 25 Jahren erstaunlich resistent gezeigt gegen die Forderung, Frauen im deutschen Sprachgebrauch sichtbar zu machen und nur mitzumeinen. Auch am UK Tübingen sind Frauen bei einem Beschäftigungsanteil von nahezu 80% weitaus häufiger nur mitgemeint als Mitarbeiter, Vorgesetzter, Casemanager, Schüler usw., sowohl im alltäglichen Sprachgebrauch als auch bei internen und externen Veröffentlichungen. Auch am UKT ergeben 99 Krankenschwestern und ein Krankenpfleger in der Summe 100 Krankenpfleger. Dieses sog. generische Maskulinum 2 ist zeitgerecht, es steht im Widerspruch zum Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG). Dieser Leitfaden soll bei der alltäglichen Arbeit praktische Hilfestellung bieten. Er beinhaltet leicht umsetzbare und praxisbezogene Vorschläge zur sprachlichen Gleichbehandlung von Frauen und Männern. Er unterstützt dabei, Kommunikation und Publikationen professionell und durchgängig gendergerecht zu gestalten. Gendergerecht heißt, Frauen und Männer in geschriebener und gesprochener Sprache gleichermaßen zu berücksichtigen, und sichtbar zu machen. Dabei soll auf Lesbarkeit verzichten werden. R e g e l n : Zwei Grundprinzipien: Sichtbarmachung und Symmetrie 1. Sichtbarmachung: Frauen sollen sprachlich sichtbar gemacht werden. Die Seite Für neue Mitarbeiter soll Ihnen Die Seite Für neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter soll Ihnen (aus: Leitfaden zur geschlechtergerechten Formulierung; Ministerium für Justiz, Frauen, Jugend und Familie des Landes Schleswig-Holstein, 2000) 2 Die deutsche Grammatik bezeichnet maskuline Personenbezeichnungen in verallgemeinernder Bedeutung als generische Maskulina 2. Symmetrie: Frauen und Männer sollen gleichwertig und symmetrisch benannt werden. Die Oberärzte der Station, OA Dr. Braun und Frau Schmied Oberarzt Dr. Braun und Oberärztin Dr. Schmied - 3 -
4 P r a k t i s c h e U m s e t z u n g : 1. V e r w e n d e n S i e v o l l s t ä n d i g e P a a r f o r m e n Die Mitarbeiter der Abteilung Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Abteilung... Jährlich kommen nahezu Patienten zur stationären Behandlung. Jährlich kommen nahezu Patientinnen und Patienten zur stationären Behandlung. Tipp: Die Häufung von vollen Paarformen in Texten ermüdet die Lesenden rasch, denn sie wirkt wie eine lange Reihe von Aufzählungen. Kreatives Formulieren ist hier gefragt Bitte beachten Sie: Die Kurzversion transportiert rein optisch die weibliche Ausprägung als geringer bedeutsam, als Anhängsel bzw. Abweichung von der männlichen Norm. Durch die graphische Unterbrechung wird der Lesefluss gehemmt, Sätze werden unübersichtlich und schwer verständlich (Gesucht wird ein/-e für die Sachgebiete aufgeschlossene/-r Mitarbeiter/-in, die/der ) Der Auslassungsbindestrich steht dabei für das hinter dem Schrägstrich Ersparte. Die grammatikalisch richtige Nutzung der jeweiligen Kurzform kann durch die sog. Weglassprobe geprüft werden: Nach dem Weglassen des Schrägstrichs "/-" muss ein korrektes Wort bleiben: korrekt: Schüler/-innen falsch: Beamter/-in ( Beamterin ) Nach dem Weglassen der Endung /-in bzw. /-innen muss ein korrektes Wort bleiben: z. B korrekt: Leser/-innen falsch: Ärzt/-innen (Ärzt) V e r w e n d u n g d e s s o g e n a n n t e B i n n e n - I BesucherInnen PatientInnen Das Binnen-I wird von der Dudenredaktion empfohlen, da es den Rechtschreibregeln entspricht. In österreichischen Behörden wird es dort empfohlen, wo ausreichend Platz für die vollständige Paarform zur Verfügung steht, z.b. Beschilderungen BesucherInnen-Information PatientInnencafe - 4 -
5 2. V e r w e n d e n S i e g e s c h l e c h t s n e u t r a l e F o r - m e n : Der Chef, der Leiter, der Lehrer, der Experte, der Stellvertreter Die Leitung, die Führungskraft, die Lehrkraft, Fachleute, die Stellvertretung Bewerber sollen Personen, die sich bewerben, sollen 3. V e r w e n d e n S i e u n p e r s ö n l i c h e P r o n o m e n ( j e n e, a l l e, d i e j e n i g e n, w e r ) Beihilfe erhält der- bzw. diejenige, der/die älter als 18 Jahre ist. Diejenigen, die älter als 18 Jahre sind, erhalten eine Beihilfe. ebenso Beihilfe erhalten alle, die älter als 18 Jahre sind V e r m e i d e n S i e d a s u n p e r s ö n l i c h e m a n Dazu erstellt man einen Projektplan Dazu wird ein Projektplan erstellt ebenso Dazu erstellen wir einen Projektplan Man braucht dazu Sie brauchen dazu 4. V e r w e n d e n S i e d e n P l u r a l : Jeder, der den Nachweis erbracht hat Alle, die den Nachweis erbracht haben Jede Teilnehmerin und jeder Teilnehmer anerkennt mit ihrer beziehungsweise seiner Anmeldung die Kursbedingungen. Sie oder er verpflichtet sich, Die Teilnehmenden anerkennen mit ihren Anmeldungen die Kursbedingungen. Sie verpflichten sich, 5. F o r m u l i e r e n S i e m i t " i s t z u " ( m o d u l a r e r I n f i n i t i v ) : Der Antragsteller muss seine Volljährigkeit nachweisen Bei der Beantragung von Beihilfe ist die Volljährigkeit nachzuweisen (Hinweis: den modularen Infinitiv nach Möglichkeit zu häufig verwenden, um "Behörden-Deutsch" zu vermeiden)! " # $ Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Kurses erstellten ein Konzept Im Rahmen des Kurses wurde ein Konzept erstellt Der Arbeitnehmer erhält eine Zulage zusätzlich zum Gehalt. Zulagen werden zusätzlich zum Gehalt ausgezahlt
6 Bitte beachten Sie: Nicht geschlechtergerecht sind so genannte Generalklauseln. Diese weisen zu Beginn des Textes darauf hin, dass nachfolgend nur eine Form der Bezeichnung gewählt wird, aber stets Frauen und Männer gemeint seien. 9. S p r e c h e n S i e d i e A d r e s s i e r t e n d i r e k t a n : Teilnehmer haben folgende Regeln zu beachten Bitte beachten Sie folgende Regeln: Wir suchen eine/n erfahrene/n, teamfähige/n Mitarbeiter/in. Wenn Sie 3-5 Jahre Berufspraxis haben, engagiert und teamfähig sind 7. V e r w e n d e n S i e h a n d l u n g s b e z e i c h n e n d e S u b s t a n t i v e : Das Seminar mit 24 Teilnehmern Das Seminar mit 24 Teilnehmenden 10. V e r w e n d e n S i e V e r b e n : Absender abgesandt von 8. V e r w e n d e n S i e A d j e k t i v s t a t t P a a r f o r m Vertreter vertreten durch den Rat eines Arzte/einer Ärztin einholen ärztlichen Rat einholen der Rat eines Fachmanns bzw. einer Fachfrau fachkundiger Rat 11. V e r w e n d e n S i e A n g l i z i s m e n i n d e r w e i b l i c h e n u n d m ä n n l i c h e n F o r m! Auch bei Anglizismen sind im Duden folgende Formen u.a. offiziell aufgeführt: Weibliche Form Managerin Userin Administratorin Männliche Form Manager User Administrator - 6 -
7 12. A c h t e n S i e a u f Ü b e r e i n s t i m m u n g b e i m g r a m m a t i s c h e n G e s c h l e c h t Frau Bauer ist Leiter der Arbeitsgruppe Frau Bauer ist Leiterin der Arbeitsgruppe An der Sitzung nahmen Frau Maier und H. Müller, Vertreter der Personalabteilung, teil. Diplom-Ingenieur/Diplom-Ingenieurin (FH) Medizinische Fachangestellte/Medizinischer Fachangestellter EDV- Abrechnungs- und Dokumentationsfachkraft EDV-Spezialist/EDV-Spezialistin Pflegedienstleiterin/Pflegedienstleiter Auf der Sitzung wurde die Personalabteilung durch Frau Maier und H. Müller vertreten. Auch der Begleittext muss sich konsequent an beide Geschlechter richten, auch bei Personenbezeichnungen, die auf die Stellensuchenden verweisen: V e r m e i d e n S i e S p r a c h b i l d e r, d i e K l i s c h e e s u n d S t e r e o t y p e n t r a d i e r e n Das Universitätsklinikum Tübingen behandelt als Krankenhaus der Maximalversorgung jährlich ca Patientinnen und Patienten stationär. Mädchenname Geburtsname Mannschaft Team, Gruppe K o n t a k t 13. S t e l l e n a n z e i g e n Stellenanzeigen sind lauf Chancengleichheitsgesetz so auszuschreiben, dass Frauen ausdrücklich zur Bewerbung aufgefordert werden. In der Überschrift sollten feminine und maskuline Personenbezeichnungen ausgeschrieben werden, um zu verdeutlichen, dass die Anzeige sich ausdrücklich an beide Geschlechter wendet. Kurzformen sind hierfür weniger geeignet Dieser Leitfaden ist auf alle Zeiten in Stein gemeißelt, im Gegenteil: Er soll sich durch Anregungen und Ideen ständig weiter entwickeln. Vielleicht finden Sie Lösungen für Situationen, die mir eingefallen sind! Ich freue mich jedenfalls über jedes Mitwirken an der Weiterentwicklung des Leitfadens. Anregungen, Meinungen, Ideen an: Sabine Schneiderhan Beauftragte für Chancengleichheit Tel.: / sabine.schneiderhan@med.uni-tuebingen.de - 7 -
8 Q u e l l e n u n d L i t e r a t u r t i p p s Geschlechtergerechtes Formulieren, Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, Köln; April 2007 Maskuline und feminine Personenbezeichnungen in der Rechtssprache Bundestagsdrucksache 12/1041 vom Sprachliche Gleichbehandlung von Frauen und Männern, Bundesverwaltungsamt - Bundesstelle für Büroorganisation und Bürotechnik, BBB- Merkblatt: Köln 2002 Eine Sprache für beide Geschlechter. Richtlinien für einen sexistischen Sprachgebrauch, Prof. Dr. Marlis Hellinger (Universität Hannover) / Priv. Doz. Dr. Christine Bierbach (Universitäten Göttingen und Kassel); Bonn: Deutsche UNESCO-Kommission, Wikipedia: Frauenabteilung der Stadt Wien; Leitfaden "Geschlechtergerechtes Formulieren" des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur, Österreich Leitfaden Geschlechtergerechtes formulieren der Niederösterreichischen Landesverwaltung HerausgeberIn: Gender Mainstreaming Arbeitskreis; Amt der NÖ Landesregierung, St. Pölten, Februar 2006 Gendermanual: Anleitung für eine geschlechtergerechte Mediengestaltung; ÖGB, Referat für Öffentlichkeitsarbeit, Werbung und Marketing, Wien Leitfaden zur sprachlichen Gleichbehandlung; Herausgeberin: Schweizerische Bundeskanzlei, Bern 1996 Eine Sprache für Frauen und Männer; Frauenabteilung der Stadt Wien: Gleichstellung von Frauen und Männern in der Sprache ; Herausgeber: Zeitschrift "Sprachspiegel": Beitrag der Duden-Redaktion, Autorin: Birgit Eickhoff, 1/99 Geschlechter-Gerechte Sprache ; Vortrag von Mag.a Claudia Schneider; Sprachleitfaden Geschlechtergerechter Sprachgebrauch an der FH Campus Wien, Autorinnen Ursula Weilenmann, Mag.a Ulrike Alker, und_diversity_management/ Kurz & bündig: Vorschläge zum geschlechtergerechten Formulieren Hg. vom Arbeitskreis für Gleichbehandlungsfragen der Universität Klagenfurt
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