Kapitel 2 Lineare Algebra II. 2.1 Lineare Abbildungen
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- Beate Irmela Diefenbach
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1 Kapitel 2 Lineare Algebra II 21 Lineare Abbildungen Die mit der Vektorraumstruktur verträglichen Abbildungen zwischen Vektorräumen werden als linear bezeichnet Genauer definiert man: 21 Definition Eine Abbildung L: V W zwischen zwei reellen Vektorräumen V und W heisst linear, wenn für alle v,w V, λ R, folgendes gilt: 1 L(v +w) = L(v)+L(w) 2 L(λv) = λl(v) 22 Bemerkung Für jede lineare Abbildung L:V W gilt L(0) = 0, das heisst L bildet den Nullvektor aus V auf den Nullvektor aus W ab Beweis Denn sei v V gewählt Dann folgt aus der zweiten Bedingung L(0) = L(0 v) = 0 L(v) = 0 qed 23 Beispiele (a) Sämtliche Drehungen des R 2 um den Nullpunkt um einen beliebigen Winkel α [0,2π] sind linear, sie sind sogar längentreu und bilden Dreiecke auf kongruente Dreiecke ab Entsprechend ist jede räumliche Drehung um eine Achse durch den Nullpunkt eine lineare Selbstabbildung von R 3 (b) Jede Spiegelung des R 2 an einer Gerade durch den Nullpunkt ist linear Aber die Spiegelungen, deren Spiegelachsen nicht durch den Nullpunkt gehen, sind nicht linear, weil sie den Nullpunkt nicht festlassen (c)dieprojektionp:r 3 R 2,(,,z) (,)istlinear,wiemandirektnachrechnet Auch jede andere orthogonale Projektion des Raumes auf eine Ebene, wie sie verwendet werden, um Grundrisse, Aufrisse, Seitenansichten von Gebäuden zu zeichnen, sind linear (d) Ein Zoom, also eine Streckung Einheiten um einen bestimmten Vergrosserungsfaktor ist linear Dasselbe gilt für die Reskalierung von Koordinaten mit unterschiedlichen Faktoren, also im zweidimensionalen zum Beispiel in -Richtung um Faktor 2 und in -Richtung um Faktor 3 (e) Der Ableitungsoperator D:C 1 [a,b] C 0 [a,b], der einer stetig differenzierbaren Funktion f auf [a,b] jeweils ihre Ableitung f zuordnet, ist linear
2 21 Lineare Abbildungen 29 (f) Auch der Integraloperator I:C 0 [a,b] R, definiert durch I(f) := b a f()d für f C 0 [a,b], ist linear, weil Integration mit Summenbildung und Skalarmultiplikation vertauschbar ist Drehungen, Spiegelungen und senkrechte Projektionen haben die Eigenschaft, sämtliche affinen Geraden wieder auf affine Geraden oder Punkte abzubilden Das gilt auch für jede beliebige lineare Abbildung des R 2 und daher der Name Lineare Abbildungen lassen sich durch Matrizen beschreiben Hier ein erstes Beispiel 24 Beispiel Die folgende Abbildung L:R 2 R 3 ist definiert durch die Multiplikation von ebenen Vektoren mit einer festgewählten 3 2-Matri: L := 1 2 ) 1 1 ( = Man kann leicht nachrechnen, dass diese Abbildung linear ist Allgemeiner gilt folgendes: 25 Satz Jede Matri A vom Tp m n definiert eine lineare Abbildung L A :R n R m, v A v Umgekehrt gibt eszujeder linearenabbildung L:R n R m einem n-matriamit L = L A An den Spalten von A können wir die Bilder der kanonischen Basisvektoren e j R n unter L ablesen Beweis Man kann direkt nachrechnen, dass die Multiplikation von Spaltenvektoren mit einer festen Matri eine lineare Abbildung liefert Sei jetzt umgekehrt eine lineare Abbildung L:R n R m vorgegeben Um die entsprechende Matri zu finden, schreiben wir zunächst die Bilder der kanonischen Basisvektoren e 1,,e n des R n als Spaltenvektoren in R m auf: a 11 L(e 1 ) =,,L(e n ) = a m1 Aus diesen n Spaltenvektoren bilden wir eine Matri a 11 a 1n A := a m1 a mn a 1n a mn Diese Matri leistet das Gewünschte, denn es gilt: 1 1 L = L( 1 e n e n ) = 1 L(e 1 )+ + n L(e n ) = A n n für alle 1,, n R qed
3 30 Kapitel 2 Lineare Algebra II 26 Beispiele (a) Die Matri zur Drehung des R 2 um den Nullpunkt um den Winkel α lautet: cosα sinα sinα cosα Das bedeutet, ist v =, so ist cosα sinα D α (v) = sinα cosα = cosα sinα sinα+cosα (b) Die Spiegelung des R 2 an der Winkelhalbierenden wird durch folgende Matri beschrieben: (c) Die durch Multiplikation mit der Matri definierte lineare Abbildung 1 2 hat folgende Wirkung auf das markierte Einheitsquadrat: L(e 2 ) L(v) e 2 e 1 v L(e 1 ) L(e 1 ) (d) Die Projektion p:r 3 R 2, (,,z) (,) wird durch die folgende Matri induziert:
4 21 Lineare Abbildungen Bemerkung Die Komposition (oder Hintereinanderausführung) von zwei linearen Abbildungen L 1 :K n K s und L 2 :K s K m ist definiert durch L 2 L 1 (v) = L 2 (L 1 (v)) für alle v K n Ist L 1 durch die Multiplikation mit der Matri B gegeben und L 2 durch die Multiplikation mit der Matri A, so entspricht L 2 L 1 der Multiplikation mit der Produktmatri C = AB Denn L 2 (L 1 (v)) = A(Bv) = (AB)v = Cv für alle v K n 28 Beispiel Schauen wir uns an, welchen Effekt es hat, wenn wir die Koordinatenebene R 2 zunächst um den Winkel α drehen, dann an der -Achse spiegeln und schliesslich um den Winkel α zurückdrehen Das Produkt der entsprechenden Matrizen lautet: C := ( cosα sinα sinα cosα ) 1 0 cosα sinα cos(2α) sin(2α) = 0 1 sinα cosα sin(2α) cos(2α) Durch die Multiplikation mit der Produktmatri C wird eine Spiegelung an derjenigen Geraden beschrieben, die mit der -Achse den Winkel α bildet Allgemeiner kann man jede lineare Abbildung zwischen endlichdimensionalen Vektorräumen durch eine Matri beschreiben Dazu muss man aber zunächst Basen und damit Koordinatenssteme für die Vektorräume wählen Ist A = (v 1,,v n ) eine Basis von V, lässt sich jeder Vektor v V in eindeutiger Weise als Linearkombination der v j schreiben: v = 1 v n v n v 2 v 2 1 v 1 v 2 v 1
5 32 Kapitel 2 Lineare Algebra II Die Zahlen 1,, n sind die Koordinaten von v bezogen auf die Basis A Den Spaltenvektor, gebildet aus den Koordinaten oder den Koeffizienten j, bezeichnen wir als den Koeffizientenvektor von v bezüglich der Basis A: 1 Koeff A (v) := n 29 Satz Sei V ein Vektorraum mit Basis A = (v 1,,v n ) und W ein Vektorraum mit Basis B = (w 1,,w m ) Jede Matri A vom Tp m n definiert eine lineare Abbildung L:V W, die dadurch bestimmt ist, dass Koeff B (L(v)) = A Koeff A (v) Umgekehrt gibt es zu jeder linearen Abbildung L:V W eine m n-matri BM A (L), die L induziert Die Spalten dieser Matri geben die Koeffizienten der Bildvektoren L(v j ) bezüglich der Basis B von W an Ist V = W, verwendet man üblicherweise dieselbe Basis für Ausgangs- und Bildraum Beweis Sei zunächst A eine vorgegebene m n-matri und sei v = 1 v n v n V Aus den Koeffizienten 1,, n bilden wir den Spaltenvektor Koeff A (v), multiplizieren diesen Vektor mit der Matri A und erhalten einen Spaltenvektor mit Einträgen 1,, m, weil A aus m Zeilen besteht Diese Einträge verwenden wir nun als Koeffizienten für L(v), das heisst wir setzen fest: L(v) := 1 w m w m Auf diese Weise wird eine lineare Abbildung erklärt Denn jeder einzelne Schritt ist mit Addition und Skalarmultiplikation verträglich Überprüfen wir hier eemplarisch die Verträglichkeit mit Skalarmultiplikation Für λ R gilt: λv = (λ 1 )v (λ n )v n Das heisst Koeff A (λv) = λkoeff A (v) Daraus folgt A Koeff A (λv) = λa Koeff A (v) und daher schliesslich L(λv) = λl(v) Sei jetzt umgekehrt L: V W vorgegeben Dann schreiben wir die Bildvektoren L(v 1 ),,L(v n ) als Linearkombinationen der Basis B in der Form L(v j ) = m a ijw i Die Koeffizientenvektoren lauten also: a 11 a 1n Koeff B (L(v 1 )) =,,Koeff B (L(v n )) = a m1 a mn Aus diesen Spaltenvektoren bilden wir die Matri B M A (L) = A = (a ij ) Es ist eine Matri vom Tp m n Die von der Matri induzierte Abbildung stimmt mit der Abbildung L überein, denn L(v) = L( 1 v n v n ) = 1 L(v 1 )+ + n L(v n ) und daher m m n m m n L(v) = 1 a i1 w i + + n a in w i = j a ij w i = ( a ij j )w i j=1 j=1
6 21 Lineare Abbildungen 33 Also folgt a a 1n n Koeff B (L(v)) = = A Koeff A (v) a m a mn n für alle v V qed 210 Beispiel Sei V die Ebene durch 0, erzeugt von zwei linear unabhängigen Vektoren u,v in R 3 Die Abbildung L:V V sei festgelegt durch L(u) = 2u und L(v) = u+v Dann wählen( wir ) als Basis A = (u,v) und lesen ab Koeff A (L(u)) = 2 1 und Koeff 0 A (L(v)) = Also wird L bezogen auf die Basis A hier durch die Matri beschrieben Denn L(u+v) = (2u)+(u+v) = (2+)u+v 0 1 Wichtige Spezialfälle: Sind V = R n, W = R m und A und B die kanonischen Basen, erhalten wir die in Satz 124 gegebene Beschreibung wieder zurück Ist V = W, wählt man üblicherweise A = B Die linearen Selbstabbildungen werden auch als Endomorphismen bezeichnet und entsprechen quadratischen Matrizen 211 Beispiele (a) Sei V der Raum der Polnome von Höchstgrad 3 mit der Basis A = (1,, 2, 3 ) und W der Raum der Polnome von Höchstgrad 2 mit Basis B = (1,, 2 ) Die lineare Abbildung L:V W sei definiert durch die Ableitung L(p) := p für p V Offenbar ist dann L(1) = 0, L() = 1, L( 2 ) = 2, L( 3 ) = 3 2 Daraus können wir die Matri von L ablesen Sie lautet: BM A (L) = (b) Sei V = W = R 3 und L eine Drehung um die Achse g durch den Nullpunkt und um den Winkel α Wir wählen für V eine Basis A = (v 1,v 2,v 3 ), so dass v 1 in Richtung der Drehachse g zeigt, v 2,v 3 in der zu g senkrechten Ebene einen Winkel von 90 Grad bilden und beide dieselbe Länge haben Bezogen auf dieses Koordinatensstem lautet die Matri von L: M A (L) = cosα sinα 0 sinα cosα
7 34 Kapitel 2 Lineare Algebra II 4 (c) Sei V = W = R 2 und L die Spiegelung an der Geraden g = {λ λ R} Wir wählen A = B = (v 1,v 2 ), wobei v 1 = und v 1 2 = Da v 4 1 g, gilt L(v 1 ) = v 1 Ausserdem ist L(v 2 ) = v 2, da v 2 v 1 Wir lesen daraus ab: 1 0 M A (L) = 0 1 Das bedeutet, dass ein Vektor der Form v = αv 1 +βv 2 auf den Vektor L(v) = αv 1 βv 2 abgebildet wird
2.2 Kern und Bild; Basiswechsel
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