Stammdatenqualität als Erfolgsfaktor für den Produktentstehungsprozess
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- Gretel Vogel
- vor 8 Jahren
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1 Stammdatenqualität als Erfolgsfaktor für den Produktentstehungsprozess Entwicklung von praxistauglichen Methoden und Instrumenten zur Verbesserung der Stammdaten- und Prozessqualität in KMU Erhard Leidich, Uwe Götze, Michael Konarsky Viele Unternehmen sehen sich mit einer zunehmenden Individualisierung der Produkte bei gleichzeitig steigender Variantenvielfalt konfrontiert. Große Unternehmen können dies durch Nutzung von Baureihen, Baukästen, Plattformstrategien etc. abmildern. KMU dagegen haben aufgrund des kleineren Produktprogramms und fehlender Ressourcen diese Möglichkeiten i. d. R. nur in geringerem Maße, so dass diese sich mit der zunehmenden Variantenvielfalt und mit einem hohen Teilestammwachstum auseinandersetzen müssen. Diese Entwicklungen erhöhen die Relevanz der Stammdaten. Diese sind aber häufig resultierend aus mangelnden technischen und organisatorischen Standards für ihre Anlage und Pflege durch Unvollständigkeiten, Inkonsistenzen, Redundanzen und Ungenauigkeiten gekennzeichnet. Die Folge sind vielmals Effizienz- und Effektivitätsverluste in der Produktentwicklung und in den nachgelagerten Geschäftsprozessen. Stammdaten sind die Basis dieser Prozesse und zugleich die Voraussetzung für eine fehlerfreie Kommunikation zwischen den IT-Systemen; sie beschreiben die Geschäftsobjekte eines Unternehmens und sind für dieses strukturgebend. Mängel in der Stammdatenqualität spiegeln sich u. a. in einer eingeschränkten Verfügbar- und Verwendbarkeit relevanter Daten im Produktentstehungsprozess wider. In der Wissenschaft und Praxis liegen bereits Ansätze und Modelle zur Ausgestaltung eines Stammdatenmanagements vor. Schuh et al. leiteten daraus einen Ordnungsrahmen ab, der die Gestaltungsebenen und Handlungsfelder zur Erstellung eines unternehmensweiten Stammdatenmanagementkonzepts in den Ebenen Strategie, Organisation und IT-Struktur beschreibt. Für die konkrete unternehmensspezifische Ausgestaltung in KMU liegen jedoch noch keine praxiserprobten Methoden und Instrumente vor. An dieser Stelle setzt das aktuelle Verbundforschungsvorhaben eben ebusiness-engineering an. Im Rahmen der Förderinitiative Geschäftsprozesse standardisieren, Erfolg sichern werden in Kooperation der beiden Professuren Konstruktionslehre sowie Unternehmensrechnung und Controlling der Technischen Universität Chemnitz mit den Projektpartnern der RKW Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen und der Terrot GmbH praxistaugliche Methoden und Instrumente zur Analyse (Diagnosebausteine) und Verbesserung der Stammdaten- und Prozessqualität (Synthesebausteine) in KMU entwickelt. Damit sollen KMU befähigt werden, ebusiness-standards sowie ein wertschöpfungsorientiertes Stammdaten- und Geschäftsprozessmanagement abgestimmt auf die jeweils vorherrschenden Rahmenbedingungen gezielt zu gestalten und zu nutzen. 1
2 Analyse Entwicklung Validierung Die Entwicklungsarbeiten im Verbundprojekt eben werden in drei Phasen realisiert (Bild 1). Bild 1: Methodischer Ansatz im Projekt eben In der Analysephase wurde mittels branchenübergreifender Befragung von 140 KMU in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen die Bedarfssituation zum Stammdaten- und Geschäftsprozessmanagement erfasst. Hier zeigte sich, dass über 30 % der KMU keine IT-Systeme und über 80 % keine technischen und organisatorischen Standards zur Identifizierung, Klassifizierung, Anlage, Pflege und Archivierung ihrer Stammdaten einsetzen. Hauptgründe dafür wurden von den befragten Unternehmen in den nicht oder nur sehr vage abschätzbaren Kosten und Nutzen von Stammdatenmanagement (über 30 %) und in mangelnden Informationen zu ebusiness- Standards (ca. 25 %) gesehen. Insgesamt besteht ein erheblicher Bedarf hinsichtlich der Schaffung von Transparenz über die Stammdaten- und Prozessqualität, deren Wechselbeziehungen untereinander sowie deren Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens. Auf dieser Basis wurden für die Entwicklungsphase die Handlungsfelder Stammdaten, IT-Strukturen und Prozesse (Geschäfts- und Stammdatenprozesse)/Organisation festgelegt. Im Rahmen der Handlungsfelder werden mit theoretischkonzeptionellen Arbeiten Methoden und Instrumente zur Identifikation, Bewertung und Hebung von daten- und prozessbezogenen Verbesserungspotenzialen in KMU entwickelt. Das Labor für integrierte Produktentwicklung (IPE-Labor) stellt dazu mittels seiner integrierten und vernetzten Infrastruktur mit verschiedenen Datenpools eine geeignete Entwicklungsumgebung bereit. In der parallel ablaufenden Validierungsphase erfolgt in mehreren Entwicklungsschleifen die empirische Validierung und Verifizierung der Entwicklungsergebnisse. So werden im Rahmen von 30 Diagnoseprojekten professionelle Unternehmensberater aus einem Beraterpool eingesetzt und wissenschaftlich durch die TU Chemnitz begleitet. Dabei stellen die Wissenschaftler den Beratern für die Bearbeitung von konkreten Teilaufgaben, wie z. B. 2
3 die Analyse der Stammdatenqualität, ihre Entwicklungsergebnisse in Form von Bausteinen auf der Internetplattform zur Verfügung. Die Bausteine sind modular aufgebaut und umfassen Werkzeuge zu deren Anwendung, Handlungsanleitungen, Dokumentationsvorlagen und Fallbeispiele. Durch transferbegleitende Maßnahmen, wie regionale Arbeitskreise, sowie die wissenschaftliche Begleitung und Auswertung der Projekte werden die aus der Praxis stammenden (Weiter-)Entwicklungsanforderungen systematisch aufgegriffen. Zyklusmodell Die kontinuierliche Verbesserung der Stammdaten- und Prozessqualität in KMU wird in eben über einen zweistufigen Ansatz realisiert (Bild 2). Bild 2: Zyklus zur Analyse und Verbesserung der Stammdaten- und Prozessqualität in KMU In der Stufe Diagnose werden daten- und prozessbezogene Verbesserungspotenziale identifiziert, Maßnahmen zu deren Hebung generiert und diese hinsichtlich Nutzen und Kosten bewertet. Die Nutzen- und Kostenbewertung bildet die Entscheidungsgrundlage für eine Priorisierung der Maßnahmen, die in der Stufe Synthese realisiert und verifiziert werden. Damit dies effizient und effektiv durchgeführt werden kann, wurde eine Diagnose- Methodik entwickelt, die sich in die vier Phasen Vorbereitung, Analyse, Konzeptentwicklung und Maßnahmenkonzept gliedert. Kernstück der Diagnose ist die Analyse. Im Rahmen einer Informationsflussanalyse werden die Ergebnisse einer Stammdaten-, IT- und Prozessanalyse zusammengeführt. Aus der daraus resultierenden Ist- Zustands-Beschreibung werden sowohl Verbesserungspotenziale abgeleitet als auch Ursache-Wirkungsbeziehungen aufgezeigt. Anschließend erfolgt in der Konzeptentwicklung die Erarbeitung und Priorisierung von konkreten Maßnahmen zur nachhaltigen Verbesserung der Stammdaten- und Prozessqualität, die in das Maßnahmenkonzept für die anschließende Synthese einfließen. In der Synthese werden die priorisierten Maßnahmen zuerst in ein Detailkonzept überführt und anschließend umgesetzt. Für die Verifizierung und nachhaltige Siche- 3
4 rung der Projektergebnisse erfolgt die Einführung von Kennzahlen zur Kontrolle der Stammdaten- und Prozessqualität. Hieraus leiten sich wiederum Ansatzpunkte für weiterführende Verbesserungen ab, so dass ein neuer Zyklus angestoßen wird. Stammdatenanalyse und -verbesserung Im Rahmen der Stammdatenanalyse werden zur Identifizierung von datenbezogenen Verbesserungspotenzialen die Arbeitsschritte Stammdatensichtung, -aufbereitung und -qualitätsbewertung durchlaufen. Unter Einsatz von digitalen Werkzeugen und Vergleichsmaßstäben (z. B. existierende Klassifikationsstandards) werden die Stammdaten zuerst gesichtet, und für die Datenqualitätsbewertung aufbereitet. Dazu werden Analysekriterien wie Vollständigkeit, Konsistenz, Redundanz, Struktur etc. genutzt (Bild 3). Die sich daraus ergebenden Potenziale gehen in Verbindung mit den Ergebnissen der IT- und Prozessanalyse in die sich anschließende Konzeptentwicklung ein. Dort werden u. a. Lösungsansätze zur Verbesserung der Stammdatenqualität, wie z. B. die Klassierung und Klassifizierung erarbeitet, mit denen die Effizienz im Produktentstehungsprozess gesteigert werden kann. Bild 3: Vorgehen bei der Stammdatenanalyse und -verbesserung In allen bisherigen Diagnoseprojekten konnten insbesondere strukturelle Mängel sowie uneinheitliche Terminologien im Artikelstamm, resultierend u. a. aus fehlender Ordnung und Abgrenzung spezifischer Stammdatenobjekte (Klassifikation), nachgewiesen werden. Diese führen zu einer geringen Gleichteileverwendung verbunden mit einem überdurchschnittlichen Artikelstammdatenwachstum (z. T. >20 % pro Jahr). Des Weiteren konnte im Rahmen der Stammdatenqualitätsbewertung jeweils 4
5 ermittelt werden, dass die Qualität der Kauf- und Normteildaten hinsichtlich Vollständigkeit, Aktualität und Konsistenz wesentlich besser als jene von Zeichnungsteilen ist. Für Erstgenannte werden bereits Klassifikationsstandards wie z. B. ETIM, bzw. Werksnormen eingesetzt. Für Zeichnungsteile existieren dagegen noch keine in den Unternehmen genutzte Standards. Unterschiede haben sich insbesondere in der Verfügbarkeit und Nutzung von technischen und organisatorischen Standards, wie z. B. IT-Unterstützung und Werksnormen zur Artikelbeschreibung/-anlage, herauskristallisiert. Diese und weitere relevante Erkenntnisse aus der Auswertung der Diagnose und Syntheseprojekte fließen direkt in die Entwicklungsarbeiten und in die wissenschaftliche Begleitung der Projekte ein. Fazit und Ausblick Um eine nachhaltige Verbesserung der Stammdaten- und Prozessqualität im Produktentstehungsprozess zu erreichen, ist auch und gerade in KMU ein auf das jeweilige Unternehmen zugeschnittenes, strukturiertes Stammdaten- und Geschäftsprozessmanagement erforderlich. Im Verbundprojekt eben werden mittels Analyse, Entwicklung sowie Verifizierung konzeptionelle Grundlagen hierfür geschaffen. Durch die Verzahnung von Entwicklung und Validierung können professionellen Unternehmensberatern praxiserprobte Diagnose- und Synthesebausteine zur Identifikation, Bewertung und Hebung von daten- und prozessbezogenen Verbesserungspotenzialen in KMU bereitgestellt und zugleich Weiterentwicklungen angeregt werden. Die Analyse und Verbesserung der Stammdaten- und Prozessqualität erfolgt in einem zweistufigen Ansatz mit Diagnose und Synthese und bezieht sich auf die Handlungsfelder Stammdaten, IT-Struktur und Geschäftsprozesse sowie die Kosten-Nutzen- Bewertung von Lösungen. Damit wird die Verfügbar- und Verwendbarkeit relevanter Daten für Planungs- und Steuerungsaufgaben im Produktentstehungsprozess verbessert. Autoreninformation: Prof. Dr.-Ing. Erhard Leidich Dipl. Wirt.-Ing. Michael Konarsky Professur Konstruktionslehre Technische Universität Chemnitz Prof. Dr. Uwe Götze Professur Unternehmensrechnung und Controlling Technische Universität Chemnitz 5
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