TECHNISCHE UNIVERSITÄT BERLIN BACHELORARBEIT. Theorie und Simulation einer zweidimensionalen stochastischen Differentialgleichung.

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1 TECHNISCHE UNIVERSITÄT BERLIN Fakultät II Institut für Mathematik BACHELORARBEIT im Studiengang Mathematik über das Thema Theorie und Simulation einer zweidimensionalen stochastischen Differentialgleichung vorgelegt von Lara Gorini Betreuer Dr. Raphael Kruse Abgabedatum 8. September 15 Die vorliegende Fassung wurde redaktionell korrigiert

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3 Hiermit erkläre ich, dass ich die vorliegende Arbeit selbstständig und eigenhändig sowie ohne unerlaubte fremde Hilfe und ausschließlich unter Verwendung der aufgeführten Quellen und Hilfsmittel angefertigt habe. Berlin, den 8. September Lara Gorini

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5 Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung 1 Motivation 3 3 Stochastische Grundlagen 11 4 Die Itô Formel und stochastische Differentialgleichungen Das stochastische Integral Die Itô-Formel Stochastische Differentialgleichungen Numerische Verfahren Das Euler-Maruyama Verfahren Das explizite Euler-Maruyama Verfahren Das implizite Euler-Maruyama Verfahren Das tamed Euler-Maruyama Verfahren Das Milstein Verfahren Die Brownsche Bewegung auf dem Einheitskreis Die starke Lösung Numerische Approximation der starken Lösung Pfadweise Konvergenz Voraussetzungen für starke Konvergenz Experimentelle Konvergenzordnung Zusammenfassung und Ausblick 65 A Literaturverzeichnis B Python Skripte I III

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7 1 EINLEITUNG 1 Einleitung Dynamische Systeme sind mathematische Modelle, die physikalische oder biologische Phänomene beschreiben und oft durch gewöhnliche autonome Differentialgleichungen beschrieben werden. Besonders von Interesse sind dabei Systeme, die sich auf eine Menge von Zuständen (Orbit) hinbewegen und diese nicht mehr verlassen. Dieser Orbit wird dann gemeinhin als Attraktor bezeichnet. Eine Einführung in die Theorie von Attraktoren findet sich in [Tay11]. Grundlage dieser Arbeit ist ein zweidimensionales autonomes System, welches bei Wahl eines geeigneten Parameters den Einheitskreis als Attraktor besitzt. Startet das System innerhalb des Kreises, streben die Trajektorien der Lösung spiralförmig nach außen zum Einheitskreis. Umgekehrt streben die Trajektorien bei Start außerhalb des Kreises nach innen zu diesem hin. In beiden Fällen wird der Einheitskreis nicht mehr verlassen und die Lösung verläuft periodisch. Daher ist in diesem Fall der Einheitskreis ein periodischer Attraktor. Das deterministische System wird in dieser Arbeit auf ein stochastisches System übertragen, dessen Lösung ein Wiener Prozess ist, der ebenfalls von einem Kreis angezogen wird. Anschließend soll die Lösung mithilfe verschiedener numerischer Verfahren approximiert werden. y. Y.. x. X Abbildung 1.1: Mögliche Trajektorien des in dieser Arbeit behandelten zweidimensionalen dynamischen deterministischen (links) beziehungsweise stochastischen (rechts) Systems mit Einheitskreis als Attraktor. Im nachfolgenden Kapitel wird kurz das deterministische System und dessen Lösung sowie numerische Approximation behandelt. Grundlage hiervon ist das Buch von [Aul1]. Anschließend werden in Kapitel 3 die Grundlagen stochastischer Theorie ausgeführt, die sich in den Büchern von [Kar91] und 1

8 1 EINLEITUNG [Pro4] nachlesen lassen. Im Kapitel 4 wird weiterhin ein besonderes Augenmerk auf das stochastische Integral, die Itô-Formel und stochastische Differentialgleichungen gelegt. Vor allem die Existenz- und Eindeutigkeitssätze von Lösungen stochastischer Differentialgleichungen sowie Abschätzungen über deren p-te Momente sind hier von Bedeutung. Wichtige Quellen sind hierbei vor allem die Bücher [Eva13] und [Mao7]. In Kapitel 5 werden einige numerische Verfahren zur Approximation von stochastischen Differentialgleichungen vorgestellt. Vor allem wird sich mit einem speziellen Konvergenzbegriff befasst, dem der starken Konvergenz, und auf dessen nötigen Voraussetzungen eingegangen. Es werden drei Versionen des Euler-Maruyama Verfahrens (explizit, implizit und tamed) sowie das explizite Milstein Verfahren betrachtet. Dabei werden unter anderem Ergebnisse aus [Klo99], [Higb], [Hut11] und [Mao1] zusammengefasst. Inhalt des letzten Kapitels 6 ist ein stochastisches zweidimensionales System, welches als Brownsche Bewegung auf dem Einheitskreis bezeichnet wird. Es wird die explizite starke Lösung dieses Systems angegeben und geprüft, ob die Brownsche Bewegung auf dem Einheitskreis die Voraussetzungen für starke Konvergenz erfüllt. Dabei wird sich zeigen, dass dies nur für das implizite und tamed Euler-Maruyama Verfahren gilt. Dennoch kann anschließend anhand der experimentell bestimmten Konvergenzordnung die starke Konvergenz aller Verfahren beobachtet werden. Es sei R d die Menge der d-dimensionalen reellen Zahlen sowie N d die der d-dimensionalen natürlichen Zahlen. B R (x) bezeichnet eine offene Kugel um x R d mit Radius R >. Die euklidische Norm in R d wird mit sowie die Frobeniusnorm für Matrizen in R d m mit F benannt. Das euklidische Skalaprodukt sei mit, bezeichnet. x y sei das Minimum von x, y R. Weiterhin werden Schreibweisen für mehrdimensionale und eindimensionale Abbildungen unterschieden. Eine beliebige d-dimensionale Abbildung wird als Spaltenvektor f = (f 1,..., f d ) betrachtet. Ist d = 1, dann gilt die Notation f. Bei matrixwertigen Abbildungen in R d m ist f = (f i,j ) i,j für i = 1,..., d und j = 1,... m, wobei f i,j eine eindimensionale Abbildung ist. Ist m = 1, bildet die Funktion f in den R d ab und es wird wieder ein Spaltenvektor f = (f 1,..., f d ) betrachtet. Ob f eine Matrix oder ein Vektor ist, ergibt sich aus dem Zusammenhang. Ein Wahrscheinlichkeitsraum (Ω, F, P) besteht aus dem Ergebnisraum Ω, der σ-algebra F auf Ω sowie dem Wahrscheinlichkeitsmaß P. B ( R d) ist die Borel-σ-Algebra auf R d und F 1 F die Produkt-σ-Algebra von F 1 und F. Ein Ereignis E F gilt P-fast sicher (P-f.s.), wenn P(E) = 1. Der Erwartungswert einer Zufallsvariable X wird mit E[X] bezeichnet und dementsprechend der bedingte Erwartungswert mit E[X ]. Eine Zufallsvariable X ist normalverteilt mit Erwartungswert µ und Varianz σ, wenn X N (µ, σ ).

9 MOTIVATION Motivation Zur Motivation wird in diesem Kapitel das in der Einleitung erwähnte deterministische System behandelt. Da die Theorie von deterministischen gewöhnlichen Differentialgleichungen nicht Ziel dieser Arbeit ist, wird auf diese nicht näher eingegangen und auf [Aul1] oder [Wal] verwiesen. Die folgenden Absätze sind eine Ausarbeitung von [Aul1, Kapitel 5.]. Autonome Systeme sind mehrdimensionale gewöhnliche Differentialgleichungen mit einer von t unabhängigen rechten Seite. In dieser Arbeit wird das zweidimensionale autonome System d x t = f(x t, y t ) (.1) dt g(x t, y t ) y t betrachtet, wobei (x, y) =: x : [, T ] R. Für f, g : R \{} R besitzt das zweidimensionale System (.1) ein äquivalentes System aus Polarkoordinaten d r t = p(r t, Φ t ), (.) dt q(r t, Φ t ) Φ t wobei r : [, T ] R > und Φ : [, T ] R sowie p, q : R > R R mit und p(r, Φ) = f(r cos Φ, r sin Φ) cos Φ + g(r cos Φ, r sin Φ) sin Φ q(r, Φ) = 1 [g(r cos Φ, r sin Φ) cos Φ f(r cos Φ, r sin Φ) sin Φ]. r Das System aus Polarkoordinaten ist hilfreich bei der Suche nach einer expliziten Lösung des autonomen Systems wie der nachstehende Satz zeigt. Satz.1 Sind die Funktionen f, g : R \{} R des in Gleichung (.1) gegebenen Systems (lokal) Lipschitz-stetig, dann gilt: (i) Ist (r, Φ) eine Lösung des Systems (.), dann besitzt das zweidimensionale autonome System (.1) eine Lösung x := (x, y) in Polarkoordinaten x : [, T ] R : t r t cos Φ t, r t sin Φ t das heißt x t = r t cos Φ t und y t = r t sin Φ t für alle t [, T ]. 3

10 MOTIVATION (ii) Ist (r, Φ) sogar eine Lösung des Anfangswertproblems d dt r t = p(r t, Φ t ) r() = r R > d dt Φ t = q(r t, Φ t ) Φ() = Φ [, π), dann ist x eine Lösung von d dt x t = f(x t, y t ) x() = x R d dt y t = g(x t, y t ) y() = y R, wobei (x, y ) (, ) sowie x = r cos Φ, y = r sin Φ, das heißt (r, Φ ) sind die eindeutigen Polarkoordinaten von (x, y ) (, ). Beweis Der Beweis findet sich in [Aul1, Satz 5..1]. Bemerkung Ein Punkt x = (x, y) R \{} kann durch Polarkoordinaten mit x = r cos Φ und y = r sin Φ eindeutig dargestellt werden. Dabei beschreibt r die Länge des Vektors x sowie Φ den Winkel zwischen x und der x-achse im ersten Quadranten. Um eine eindeutige Zuordnung zu gewährleisten, gilt r > und Φ [, π). Mit r = könnte x durch jeden beliebigen Winkel wiedergegeben werden. Ähnlich verhält es sich, wenn Φ R, denn in diesem Fall könnte x wegen der π-periodizität von Sinus und Kosinus durch alle Winkel Φ + n π (n Z) beschrieben werden. Satz. Das zweidimensionale autonome System d dt x ( ) t = y t + x t γ x t yt d dt y ( t = x t + y t γ x t yt x() = x R y() = y R ) (.3) mit (x, y ) (, ) und γ > besitzt die Lösung γ x t = x cos t + y sin t. (.4) x + y + (γ x y)e γt y cos t x sin t 4

11 MOTIVATION Lemma.3 Es sei f : [, T ] R d R d eine stetig differenzierbare Abbildung, sodass die partielle Ableitung f existiert x und stetig ist in x. Ebenfalls sei die partielle Ableitung f : [, T ] x Rd R d stetig. Dann existiert ein R > und eine Konstante L R >, sodass gilt: f(t, x) f(t, x) L R x x für alle x, x B R () R d. Die Funktion f ist also lokal Lipschitz-stetig im zweiten Argument. Da das obige Lemma auch noch in den nächsten Kapiteln benötigt wird, folgt hier nun der Beweis. Beweis (von Lemma.3) Wegen des Mittelwertsatzes gilt f(t, x) f(t, x) 1 sup x f( t, x + λ( x x) ) dλ x x λ [,1] x f( t, x + λ( x x) ) x x. Da f stetig in x und t ist, existiert für alle R > eine Konstante K x R > mit x f(t, x) sup x f(t, x) KR x B R () t [,T ] für alle x B R () R d und t [, T ]. Damit folgt f(t, x) f(t, x) sup Wähle dann L R = K R. Beweis (von Satz.) Wir definieren λ [,1] x f( t, x + λ( x x) ) x x K R x x. f(x t, y t ) := y t + x t ( γ x t y t ), g(x t, y t ) := x t + y t ( γ x t y t ). 5

12 MOTIVATION Da beide Abbildungen stetig differenzierbar sind, folgt mit Lemma.3 die lokale Lipschitzstetigkeit. Mit Anwendung von Satz.1 kann das System in ein System aus Polarkoordinaten umgeschrieben werden. Es ist p(r, Φ) = f(r cos Φ, r sin Φ) cos Φ + g(r cos Φ, r sin Φ) sin Φ ( = r sin Φ + r cos Φ ( γ r ( cos Φ + sin Φ ))) cos Φ ( + r cos Φ + r sin Φ ( γ r ( cos Φ + sin Φ ))) sin Φ ( = r sin Φ + r cos Φ ( γ r )) cos Φ ( + r cos Φ + r sin Φ ( γ r )) sin Φ = r cos Φ(γ r ) + r sin Φ(γ r ) = r(γ r ) sowie q(r, Φ) = 1 ( ) g(r cos Φ, r sin Φ) cos Φ f(r cos Φ, r sin Φ) sin Φ r = 1 (( ) r cos Φ + r sin Φ(γ r ) cos Φ r ( r sin Φ + r cos Φ ( γ r )) ) sin Φ = 1 ( r cos Φ r sin Φ ) r = 1. Dies führt zu den Anfangswertproblemen d dt r t = r t (γ rt ) und r() = r R > d dt Φ t = 1. (.5) Φ() = Φ [, π) Die rechte Seite des ersten Anfangswertproblems ist lokal Lipschitz-stetig und daher existiert nach dem Satz von Picard-Lindeloef eine eindeutige (lokale) Lösung auf dem Intervall [, + β r ] mit β r >. Die rechte Seite des zweiten Anfangswertproblems ist konstant und daher (global) Lipschitz-stetig, wonach eine eindeutige Lösung auf dem gesamten Intervall [, T ] existiert. Siehe dazu [Aul1, Kapitel ]. Ersteres Anfangswertproblem führt durch Trennung der Veränderlichen zu dem Integral r t r 1 t η(γ η ) dη = dη, 6

13 MOTIVATION welches mit Partialbruchzerlegung vereinfacht wird zu r t r 1 γη η γ(η γ) dη = t r t r 1 η η dη = γt. η γ (.6) Die linke Seite führt anschließend auf r t r 1 η η η γ dη = ln η 1 ln(η γ) = ln r t r r t r t γ ln r r γ. Zusammen mit der rechten Seite von (.6) und mithilfe der Exponentialfunktion ergibt sich ln r t r t γ ln r r γ = γt r t r γ r r t γ = eγt r t r t γ = eγt r r γ 1 γ r t r t = = e γt r γ γ r e γt r γ r + 1 (r > ) r t = γr e γt (γ r ) + r und damit die Lösung r t = γr e γt (γ r ) + r. Die Lösung r existiert für jedes positive T >, denn sie ist stetig differenzierbar auf [, T ]. Es ist r t > für alle t [, T ], wenn, wie vorausgesetzt, γ > und r > gilt. Damit ist auch p(r, Φ) wohldefiniert. Das zweite Anfangswertproblem aus (.5) besitzt die Lösung Φ t = Φ t. 7

14 MOTIVATION Unter Verwendung von Satz.1 folgt weiter x t = r t cos Φ t γ = r cos(φ t) r t sin Φ t e γt (γ r) + r r sin(φ t) γ = r cos Φ cos t + r sin Φ sin t, e γt (γ r) + r r sin Φ cos t r cos Φ sin t wobei x = r cos Φ, y = r sin Φ und r = x + y. Diese Beziehungen führen schließlich auf das Ergebnis γ x t = x cos t + y sin t x + y + (γ x y)e γt y cos t x sin t als Lösung für Gleichung (.3). Abbildung.1 zeigt den Verlauf der Lösung (.4) in der (x, y)-ebene, also die Menge {(x t, y t ) t [, T ]}. Dabei fällt auf, dass die Trajektorien der Lösung unabhängig vom Wert des Startpunkts von einem Kreis angezogen werden und diesen nicht mehr verlassen. Es ist dabei auch unerheblich, ob der Startpunkt außerhalb oder innerhalb des Kreises liegt. Der Radius des Kreises auf dem die Lösung verläuft, beträgt dabei γ, wie in Abbildung. zu sehen ist. Der Kreis ist damit der Attraktor des zweidimensionalen deterministischen Systems. y. y.. x. x Abbildung.1: Lösungsverlauf für γ = 1. Links: (x, y ) = (, ), (, ), (, ) und (, ). Rechts: (x, y ) = (.1, ), (,.1), (.1, ) und (,.1). 8

15 MOTIVATION y. y.. x. x Abbildung.: Links: Lösungsverlauf mit (x, y ) = (, ) für γ = (magenta), γ = 1 (blau), γ = (rot), γ = 4 (grün). Rechts: Approximation der Lösung durch das explizite Euler Verfahren mit (x, y ) = (1, 1), N = 1, γ = 1 und h = (blau) sowie h =.5 (rot). Da in den nachfolgenden Kapiteln die Lösungen stochastischer Differentialgleichungen mittels numerischer Verfahren approximiert werden sollen, werden nun auch im deterministischen Fall die Ergebnisse der Näherung durch das explizite Euler Verfahren dargelegt. Dazu wird das Intervall [, T ] in N Teilintervalle der Länge h mit den Grenzen [t n, t n+1 ] unterteilt für n =,..., N 1, wobei t = und t N = T. Für alle n =,..., N 1 gilt dann die Vorschrift ˆx n+1 = ˆx n + h f(t n, ˆx n ), ŷ n+1 = ŷ n + h g(t n, ˆx n ). Dabei bezeichne ˆx n die Approximation von x und ŷ n die Approximation von y zum Zeitpunkt t n. Anhand der Abbildung. ist zu erkennen, dass die Diskretisierung mit einer Schrittweite von h = nicht gegen die Lösung der Differentialgleichung konvergiert. Grund dafür ist, dass die Lösung der Differentialgleichung in Richtung des Einheitskreises aber die Diskretisierung von diesem weg strebt. Da das deterministische Euler Verfahren allerdings konvergiert, wenn f und g lokal Lipschitz-stetig im zweiten Argument sind, konvergiert die Diskretisierung mit kleinerer Schrittweite h =.5 gegen die Lösung. 9

16 MOTIVATION 1

17 3 STOCHASTISCHE GRUNDLAGEN 3 Stochastische Grundlagen Für weitere Kapitel werden einige Erkenntnisse aus der stochastischen Analysis benötigt. Die nachstehenden Definitionen und Sätze basieren auf [Kar91] und [Pro4]. Diesem Kapitel wird ein Wahrscheinlichkeitsraum (Ω, F, P) sowie eine Filtration F := (F t ) t [, ) zugrunde gelegt, die nachfolgend definiert wird. Definition 3.1 (Filtration) Sei F := (F t ) t [, ) eine Familie von Unter-σ-Algebren von F. Dann heißt F Filtration, falls F s F t für alle s t <. F heißt normal oder genügt den üblichen Bedingungen, wenn F rechtsstetig ist und F t alle P-Nullmenge in F enthält für alle t [, ). Eine Filtration ist rechtsstetig, wenn F t = ε> F t+ε für alle t [, ). Bemerkung Die σ-algebra F t betrachtet man gewöhnlich als die Menge an Informationen, die bis zur Zeit t zur Verfügung stehen. Definition 3. (Stochastischer Prozess) Ein stochastischer Prozess ist eine Familie (X t ) t [, ) von Zufallsvariablen X t : Ω R d : ω X t (ω) für t [, ). Man kann einen stochastischen Prozess auch als eine Abbildung X : [, ) Ω R d : (t, ω) X t (ω) definieren mit X 1 (A) B([, )) F für alle A B ( R d), das heißt X ist B([, )) F/B ( R d) -messbar. Definition 3.3 (Pfad) Als Pfad eines stochastischen Prozesses X = (X t ) t [, ) bezeichnet man die Abbildung X (ω) : [, ) R d : t X t (ω) für ein festes ω Ω. X heißt rechts- oder linksstetig, wenn X (ω) rechts- oder linksstetig ist für alle ω Ω. Definition 3.4 (F-adaptiert) Ein stochastischer Prozess X = (X t ) t [, ) heißt F-adaptiert, wenn für alle t [, ) die Abbildung F t /B ( R d) -messbar ist. X t : Ω R d : ω X t (ω) 11

18 3 STOCHASTISCHE GRUNDLAGEN Definition 3.5 (Natürliche Filtration) Die von X erzeugte Filtration oder natürliche Filtration ist F X t = σ({x s s t < }) für t [, ). Zum Zeitpunkt t hat man demnach alle Informationen über den bisherigen Pfad des stochastischen Prozesses zur Verfügung. Definition 3.6 (Progressiv messbar) Ein stochastischer Prozess X = (X t ) t [, ) ist progressiv messbar bezüglich F, wenn für alle t [, ) die Abbildung B([, t]) F t /B ( R d) -messbar ist. X : [, t] Ω R d : (s, ω) X s (ω) Satz 3.7 Sei X = (X t ) t [, ) ein F-adaptierter stochastischer Prozess mit rechts- oder linksstetigen Pfaden. Dann ist X progressiv messbar. Beweis Siehe dazu [Kar91, Kapitel 1, Proposition 1.13]. Definition 3.8 (p-ter Variationsprozess) Sei n N und t [, ) sowie := {t, t 1,..., t n } eine beliebige Zerlegung von [, t] mit = t t 1... t n = t. Sei weiterhin X = (X t ) t [, ) ein stochastischer Prozess. Dann heißt n 1 V (p) t (ω) := X tk+1 t(ω) X tk t(ω) p k= der p-te Variationsprozess von X. Für p = 1 ist X von lokal beschränkter Variation, falls V (1) t (ω) < für alle ω Ω und t [, ). Für p = besitzt X endliche quadratische Variation, wenn ein Prozess X := ( X t ) t [, ) existiert, sodass für jede beliebe Zerlegung und für alle t [, ) gilt ( ) lim P V () t X t > ε = ε >, wobei := sup k=,...,n 1 t k+1 t k. Das heißt V () konvergiert in Wahrscheinlichkeit gegen X. Definition 3.9 (Martingal) Es sei M = (M t ) t [, ) ein F-adaptierter R d -wertiger stochastischer Prozess mit E[ M t ] < für alle t [, ). Dann heißt M Martingal, wenn M s = E[M t F s ] s t, 1

19 3 STOCHASTISCHE GRUNDLAGEN Submartingal, falls M s E[M t F s ] s t oder Supermartingal, wenn M s E[M t F s ] s t. Definition 3.1 (Lokales Martingal) Sei M = (M t ) t [, ) ein F-adaptierter R d -wertiger stochastischer Prozess. M heißt lokales Martingal bezüglich F, falls eine aufsteigende Folge (τ n ) n N von Stoppzeiten existiert mit lim n τ n = P-f.s., sodass für alle n N der gestoppte Prozess (M τn t) t [, ) ein Martingal ist. Die Familie aller stetigen lokalen Martingale mit M = wird mit M loc bezeichnet. Jedes Martingal ist ein lokales Martingal, wenn man als lokalisierende Folge τ n = n für n N wählt. Umgekehrt gilt dies nur unter bestimmten Voraussetzungen. Wenn M = (M t ) t [, ) ein lokales Martingal mit M = ist sowie E [ sup t [, ) M t ] <, dann ist M ein Martingal (siehe dazu [Pro4, Kapitel 1, Satz 5]). Definition 3.11 (F-Wiener Prozess) Ein eindimensionaler F-Wiener Prozess W = (W t ) t [, ) ist ein R-wertiger adaptierter stochastischer Prozess mit folgenden Eigenschaften: (i) W = P-f.s. (ii) Das Inkrement W t W s folgt einer Normalverteilung, das heißt W t W s N (, t s) für s < t <. (iii) Das Inkrement W t W s ist unabhängig von F s für s < t <. (iv) W besitzt stetige Pfade. W wird auch Brownsche Bewegung genannt. Definiert man die Filtration F in Definition 3.11 als die von dem Wiener Prozess W erzeugte Filtration, das heißt F := (F W t ) t [,T ] mit F W t = σ ({W s s t < }), dann spricht man bei Eigenschaft (iii) von der Unabhängigkeit der Inkremente, das heißt die Zufallsvariable (W v W u ) ist unabhängig von (W t W s ) für 13

20 3 STOCHASTISCHE GRUNDLAGEN u < v < s < t <. Der F-Wiener Prozess ist ein F-Martingal, denn es gilt für alle s t < E[W t F s ] = E[W t + W s W s F s ] = E[W s + (W t W s ) F s ] = E[W s F s ] }{{} W s ist F s messbar + E[W t W s F s ] }{{} W t W s unabhängig von F s = W s + E[W t W s ] = W s + = W s. Der Pfad eines Wiener Prozesses W auf einem Intervall [, T ] für ein T > kann nach [Hig1] mithilfe von standardnormalverteilten Zufallsvariablen simuliert werden. Sei dazu N N und zerlege das Intervall [, T ] in N Intervalle [t n, t n+1 ] für n =,..., N 1 mit t = und t N = T. Seien weiterhin Z n unabhängige N (, 1)-verteile Zufallsvariablen für n =,..., N 1. Dann ist P(W tn+1 W tn z) = P( t n+1 t n Z n z) für alle z R, denn t n+1 t n Z n N (, t n+1 t n ). Demnach gilt die Formel Ŵ tn+1 = Ŵt n + t n+1 t n Z n für alle n =,..., N 1, wobei Ŵ tn die Approximation von W tn ist. Satz 3.1 Für die quadratische Variation eines F-Wiener Prozesses aus Definition 3.11 gilt W t = t für alle t [, ). Beweis Im Beweis von [Pro4, Kapitel 1, Satz 8] wird die P-f.s. Konvergenz von V () t [W ] gegen W t := t gezeigt, woraus die Konvergenz in Wahrscheinlichkeit folgt. Satz 3.13 Ein Wiener Prozess W = (W t ) t [, ) ist von lokal unbeschränkter Variation für fast alle ω Ω. Beweis Der Beweis findet sich in [Pro4, Kapitel 4, Satz 9]. Unter der Annahme, dass ein stetiger stochastischer Prozess (X t ) t [, ) von lokal beschränkter Variation ist, folgt, dass dieser eine quadratische Variation X t = für alle t [, ) besitzt. Da für die quadratische Variation eines Wiener Prozesses gilt W t = t, ist W demnach für alle t [, ) von lokal unbeschränkter Variation. Satz 3.14 Die Pfade W (ω) eines F-Wiener Prozesses W = (W t ) t [, ) sind für fast alle ω Ω nirgends differenzierbar. 14

21 3 STOCHASTISCHE GRUNDLAGEN Beweis Siehe hierzu [Kar91, Kapitel, Satz 9.18]. Definition 3.15 (Mehrdimensionaler F-Wiener Prozess) Ein mehrdimensionaler F-Wiener Prozess W = (W t ) t [, ) ist ein R d -wertiger stochastischer Prozess mit folgenden Eigenschaften: (i) W = P-f.s. (ii) Das Inkrement W t W s folgt einer Normalverteilung, das heißt W t W s N (, I d (t s)) für s < t <, wobei I d R d d die Einheitsmatrix ist. (iii) Das Inkrement W t W s ist unabhängig von F s für s < t <. (iv) W besitzt stetige Pfade. Insbesondere sind die Komponenten von W = (W 1,..., W d ) unabhängige eindimensionale F-Wiener Prozesse. 15

22 3 STOCHASTISCHE GRUNDLAGEN 16

23 4 DIE ITÔ FORMEL UND STOCHASTISCHE DIFFERENTIALGLEICHUNGEN 4 Die Itô Formel und stochastische Differentialgleichungen In diesem und allen folgenden Kapiteln werden stochastische Prozesse immer auf dem Intervall [, T ] betrachtet für ein T >. Dementsprechend ist ein Wahrscheinlichkeitsraum (Ω, F, P) mit einer Filtration F = (F t ) t [,T ] zugrunde gelegt, die den üblichen Bedingungen genügt. 4.1 Das stochastische Integral Sei H = (H t ) t [,T ] ein R-wertiger stochastischer Prozess und W = (W t ) t [,T ] ein R-wertiger F-Wiener Prozess, dann sind Integrale der Form t H s (ω) dw s (ω) (4.1) von Interesse, bei denen sowohl Integrand als auch Integrator stochastische Prozesse sind. Intuitiv könnte man das Integral pfadweise betrachten, also für festes ω Ω. Wäre der Integrator dann von lokal beschränkter Variation, würde dies zu dem bekannten Lebesgue-Stiltjes Integral führen. Da der Wiener Prozess allerdings von lokal unbeschränkter Variation ist, muss das Integral neu definiert werden. Sei M = (M t ) t [,T ] M loc ein stetiges lokales Martingal mit M =. Mit Einführung des Itô Integrals (H.M) t (ω) := t H s (ω) dm s (ω) (4.) ist (4.1) wohldefiniert, da der F-Wiener Prozess ein Martingal und damit ein zugelassener Integrator ist. Auf die Konstruktion des stochastischen Integrals wird hier nicht näher eingegangen und es sei auf auf [Kar91] oder [Pro4] verwiesen. Das Integral (H.M) t [,T ] ist selbst wieder ein stochastischer Prozess (sogar ein lokales Martingal) beziehungsweise H.M t eine Zufallsvariable für alle t [, T ]. Zulässige Integranden für (4.) sind alle progressiv messbaren stochastischen Prozesse H mit T H s d M s < P-f.s. 17

24 4 DIE ITÔ FORMEL UND STOCHASTISCHE DIFFERENTIALGLEICHUNGEN Für diese gilt die sogenannte Wiener-Itô-Isometrie E T H s dm s = E T Hs d M s, eine hilfreiche Eigenschaft des stochastischen Integrals, beispielsweise für die Berechnung dessen Varianz. Ist der Integrator M des Itô-Integrals H.M ein stetiger Wiener Prozess W wie in (4.1), dann gilt für die quadratische Variation M s = W s = s für alle s [, T ]. Damit kann die Menge an zulässigen Integranden für (4.1) nun eingeschränkt werden auf die Menge L P ([, T ], R), das heißt alle progressiv messbaren stochastischen Prozesse H mit T H s ds < P-f.s. 4. Die Itô-Formel Stochastische Integrale können nicht mit den bekannten Regeln der deterministischen Differential- und Integralrechnung berechnet werden. Nachfolgend wird eine Familie von stochastischen Prozessen definiert, für die die sogenannte Itô-Formel gültig ist. Die Definitionen und Sätze sind aus [Eva13] entnommen und die Beweise dort zu finden. Definition 4.1 Sei X = (X t ) t [,T ] mit X : [, T ] Ω R ein progressiv messbarer Prozess. Für p [1, ) wird mit L p E ([, T ], R) die Menge aller X bezeichnet für die gilt E T X s p ds <. Definition 4. (Itô-Prozess) Seien (W t ) t [,T ] ein R m -wertiger Wiener Prozess sowie A : [, T ] Ω R d und B : [, T ] Ω R d m adaptierte stochastische Prozesse mit A i L 1 E ([, T ], R) und B i,j L P ([, T ], R) für alle i = 1,..., d und j = 1,..., m. Dann heißt X t = X + t A s ds + t B s dw s mit t [, T ] R d -wertiger Itô-Prozess. 18

25 4 DIE ITÔ FORMEL UND STOCHASTISCHE DIFFERENTIALGLEICHUNGEN Das vektorwertige Integral aus Definition 4. wird komponentenweise definiert, das heißt es gilt X i t = X i + t A i s ds + m t j=1 B i,j s dw j t für i = 1,..., d. Da B i,j ein R-wertiger stochastischer Prozess mit B i,j L P ([, T ], R) für alle i = 1,..., d und j = 1,..., m ist, folgt die Wohldefiniertheit des stochastischen Integrals und daher auch des Itô-Prozesses. Verkürzt schreibt man den Itô-Prozess auch als stochastisches Differential in der Form dx t = A t dt + B t dw t, wobei dx t = X t X. Ein Itô-Prozess ist also die Zerlegung eines stochastischen Prozesses in einen Anteil A t dt von lokal beschränkter Variation (im Sinne eines Lesbegue-Stiltjes Integrals) und in ein lokales Martingal B t dw t. Satz 4.3 (Eindimensionale Itô-Formel) Sei X = (X t ) t [,T ] ein R-wertiger Itô-Prozess mit einem stochastischen Differential dx = A dt + B dw. Sei weiterhin F : [, T ] R R eine stetige Abbildung, wobei die partiellen Ableitungen F, F, F existieren und stetig t x x sind. Dann besitzt F = F (t, X t ) das stochastische Differential df = F t F dt + x dx + 1 F x B dt. (4.3) Die Gleichung (4.3) wird Itô-Formel genannt und kann wegen der Voraussetzung dx = A dt + B dw weiter ausformuliert werden zu ( F df = t + F x A + 1 ) F x B dt + F x B dw. Beispiel 4.4 Als Beispiel für die Verwendung der eindimensionalen Itô-Formel berechnet [Kar91, Kapitel.7] das Integral t W s dw s. Dazu sei W ein F-Wiener Prozess mit dw = dt + 1 dw sowie F (t, W t ) = 1W t. Dann gilt nach der Itô-Formel aus Satz 4.3 mit A = und B = 1 df = 1 dt + W t dw t = t 1 t ds + Mit df = F (t, W t ) F (, W ) = 1 W t folgt 1 W t = 1 t t W s dw s = 1 t W s dw s t W s dw s. 19

26 4 DIE ITÔ FORMEL UND STOCHASTISCHE DIFFERENTIALGLEICHUNGEN und damit t W s dw s = 1 W t 1 t. Satz 4.5 (Mehrdimensionale Itô-Formel: Eindimensionaler Wiener Prozess) Sei X : [, T ] Ω R d eine Zufallsvariable mit stochastischem Differential dx i = A i dt + B i dw, wobei A i L 1 E ([, T ], R) und Bi L P ([, T ], R) für alle i = 1,..., d. Ist weiterhin F : [, T ] R d R eine stetige Abbildung mit stetigen partiellen Ableitungen F, F, F für i, j = 1,..., d, dann besitzt t x i x i x j F = F (t, X t ) das stochastische Differential df = F d t dt + F x i dxi + 1 d F x i x j Bi B j dt. i=1 Satz 4.6 (Mehrdimensionale Itô-Formel: Mehrdimensionaler Wiener Prozess) Sei X : [, T ] Ω R d eine Zufallsvariable mit stochastischem Differential dx = A dt + B dw, wobei A i L 1 E ([, T ], R) und Bi,k L P ([, T ], R) für alle i = 1,..., d und k = 1,..., m. Ist weiterhin F : [, T ] R d R eine stetige Abbildung mit stetigen partiellen Ableitungen F, F, F für i, j = 1,..., d, t x i x i x j dann besitzt F = F (t, X t ) das stochastische Differential df = F d t dt + F x i dxi + 1 d F m B i,k B j,k dt. x i x j i=1 i,j=1 i,j=1 4.3 Stochastische Differentialgleichungen Stochastische Differentialgleichungen sind angelehnt an die deterministischen Differentialgleichungen, ergänzt um ein sogenanntes weißes Rauschen. Als Beispiel gibt [Mao7] für t [, T ] die Differentialgleichung d dt N t = r t N t N = ξ k=1 (4.4) an, die das Populationswachstum von Bakterien beschreibt. Hierbei ist N die Populationsgröße und r die Wachstumsrate. Die Wachstumsrate wird durch äußere Faktoren beeinflusst, erhält also ein Rauschen r = a + b Rauschen, welches man formal mathematisch als die Ableitung eines Wiener Prozesses interpretiert, das heißt r t = a t + b t d dt W t

27 4 DIE ITÔ FORMEL UND STOCHASTISCHE DIFFERENTIALGLEICHUNGEN und damit ( ) d dt N d t = a t + b t dt W t N t oder in Integralschreibweise N t = N + t a s N s ds + t b s N s d ds W s ds. Da der Wiener Prozess nicht differenzierbar ist, muss der Ausdruck d W ds s ds als dw s neu interpretiert werden, was zum stochastischen Integral aus Kapitel 4.1 führt. Die zu Gleichung (4.4) äquivalente stochastische Differentialgleichung hat daher die Form t t N t = N + a s N s ds + b s N s dw s N = ξ und mit [Eva13, Kapitel 5] die Lösung N t = ξ exp t a s 1 b s ds + t b s dw s. Mit a t = a und b t = b für alle t [, T ] führt die vorige Gleichung auf die Geometrische Brownsche Bewegung N t = ξ exp ((a 1 ) ) b t + b W t. Definition 4.7 (Stochastische Differentialgleichung) Eine stochastische Differentialgleichung hat die Form { dxt = a(t, X t )dt + b(t, X t )dw t X = ξ (4.5) mit W = (W 1,..., W m ) ein m-dimensionaler F-Wiener Prozess sowie a : [, T ] R d R d und b : [, T ] R d R d m Borel-messbare Funktionen; ξ ist eine R d -wertige Zufallsvariable. Die Lösung X = (X 1,..., X d ) : [, T ] Ω R d von (4.5) ist wiederum ein stochastischer Prozess. Die Abbildungen a und b aus Definition 4.7 werden auch als Drift- und Diffusionskoeffizient bezeichnet, wobei der Diffusionskoeffizient die Stärke des 1

28 4 DIE ITÔ FORMEL UND STOCHASTISCHE DIFFERENTIALGLEICHUNGEN Rauschens parametrisiert. Gleichung (4.5) hat die Komponentenschreibweise dxt i = a i (t, X t )dt + m b i,j (t, X t )dw j t j=1 (4.6) X i = ξ i für i = 1,..., d. Wie im vorherigen Kapitel beschrieben, ist die Differentialschreibweise von Gleichung (4.6) nur eine abgekürzte Form für die Integralschreibweise t m t Xt i = X i + a i (s, X s )ds + b i,j (s, X s )dws j X i = ξ i. j=1 Definition 4.8 (Starke Lösung) Ein R d -wertiger stochastischer Prozess (X t ) t [,T ] heißt starke Lösung von Gleichung (4.5) wenn gilt: (i) X besitzt stetige Pfade. (ii) X t ist adaptiert an die Filtration F t = σ ({ξ, W s : s [, t]}). (iii) X = ξ P-f.s. (iv) Für alle i = 1,..., d, j = 1,..., m sowie für alle t [, T ] gilt t Xt i = X i + a i (s, X s )ds + m t j=1 b i,j (s, X s )dw j s P-f.s. (v) Für alle i = 1,..., d, j = 1,..., m sowie für alle t [, T ] gilt t a i (s, X s ) + b i,j (s, X s ) ds < P-f.s. Angelehnt an den Satz von Picard-Lindeloef im Deterministischen existieren auch für stochastische Differentialgleichungen Bedingungen, die Existenz und Eindeutigkeit der starken Lösung gewährleisten. Nachfolgende Sätze sind [Mao7, Kapitel ] entnommen und die Beweise ebenfalls dort zu finden. Definition 4.9 Angenommen es existieren zwei starke Lösungen X und Lösung ist eindeutig, falls X von (4.5). Die P(X t = X t t [, T ]) = 1, das heißt X und X sind ununterscheidbar.

29 4 DIE ITÔ FORMEL UND STOCHASTISCHE DIFFERENTIALGLEICHUNGEN Satz 4.1 (Globale Lipschitz- und lineare Wachstumsbedingung) Die stochastische Differentialgleichung aus (4.5) besitzt genau eine starke Lösung X für jede Anfangsbedingung ξ, wenn: (i) Es existiert eine Konstante L > mit a(t, x) a(t, x) + b(t, x) b(t, x) F L x x für alle x, x R d und t [, T ]. (ii) Es existiert eine Konstante K > mit für alle (t, x) [, T ] R d. a(t, x) + b(t, x) F K(1 + x ) Satz 4.11 (Lokale Lipschitz- und lineare Wachstumsbedingung) Die stochastische Differentialgleichung aus (4.5) besitzt genau eine starke Lösung X für jede Anfangsbedingung ξ, wenn: (i) Für alle R > existiert eine Konstante L R > mit a(t, x) a(t, x) + b(t, x) b(t, x) F L R x x für alle x, x B R () R d und t [, T ]. (ii) Es existiert eine Konstante K > mit für alle (t, x) [, T ] R d. a(t, x) + b(t, x) F K(1 + x ) Satz 4.1 (Lokale Lipschitz- und monotone Wachstumsbedingung) Die stochastische Differentialgleichung aus (4.5) besitzt genau eine starke Lösung X für jede Anfangsbedingung ξ, wenn: (i) Für alle R > existiert eine Konstante L R > mit a(t, x) a(t, x) + b(t, x) b(t, x) F L R x x für alle x, x B R () R d und t [, T ]. (ii) Es existiert eine Konstante K > mit für alle (t, x) [, T ] R d. x, a(t, x) + 1 b(t, x) F K(1 + x ) In den Sätzen 4.1 bis 4.1 implizieren die schwächer werdenden Voraussetzungen für Existenz und Eindeutigkeit der starken Lösung eine wachsende Menge an zulässigen Koeffizienten. Die globale Lipschitzstetigkeit ist eine sehr restriktive Bedingung, die beispielsweise von der Funktion f : R R : x x 3

30 4 DIE ITÔ FORMEL UND STOCHASTISCHE DIFFERENTIALGLEICHUNGEN nicht erfüllt ist. Eine stetig differenzierbare Funktion f : R R ist global Lipschitz-stetig genau dann, wenn eine Konstante K > existiert mit f < K für alle x R. Für f(x) = x x gilt aber f = x für x x R und daher ist die globale Lipschitzstetigkeit nicht erfüllt. Abgeschwächt zur lokalen Lipschitzstetigkeit sind dann nach Lemma.3 alle stetig differenzierbaren Funktionen als Koeffizienten erlaubt. Es ist außerdem klar, dass jede global Lipschitz-stetige Funktion auch lokal Lipschitz-stetig ist, umgekehrt aber nicht. Genauso folgt aus linearem Wachstum mit Konstante K > das monotone Wachstum, denn mit der Cauchy-Schwarz und Youngschen Ungleichung gilt x, a(t, x) + 1 b(t, x) F x a(t, x) + 1 b(t, x) F 1 x + 1 a(t, x) + 1 b(t, x) F x + K ( 1 + x ) (K + 1) ( 1 + x ) für alle (t, x) [, T ] R d. Das Gegenteil ist allerdings nicht gültig. Beispiel dafür ist die Brownsche Bewegung auf dem Einheitskreis, die in Kapitel 6 behandelt wird. Anzumerken ist ebenfalls, dass die globale Lipschitzbedingung mit Lipschitzkonstante L > die lineare Wachstumsbedingung impliziert, denn a(t, x) + b(t, x) F ( a(t, x) a(t, ) + a(t, ) ) + ( b(t, x) b(t, ) F + b(t, ) F ) = a(t, x) a(t, ) + a(t, x) a(t, ) a(t, ) + a(t, ) + b(t, x) b(t, ) F + b(t, x) b(t, ) F b(t, ) F + b(t, ) F. Mit der Youngschen Ungleichung folgt weiter a(t, x) + b(t, x) F a(t, x) a(t, ) + a(t, x) a(t, ) + a(t, ) + a(t, ) + b(t, x) b(t, ) F + b(t, x) b(t, ) F + b(t, ) F + b(t, ) F = a(t, x) a(t, ) + a(t, ) + b(t, x) b(t, ) F + b(t, ) F L x + a(t, ) + b(t, ) F max(l, a(t, ), b(t, ) F )(1 + x ) für alle (t, x) [, T ] R d. Da a und b Lipschitz-stetig und damit insbesondere stetig und lokal beschränkt im zweiten Argument sind, ist a(t, ) und b(t, ) F für alle t [, T ] beschränkt und das Maximum existiert. Satz 4.13 Sei X eine eindeutige starke Lösung von Gleichung (4.5) und E[ ξ p ] <. Angenommen, es existiert eine Konstante K > mit 4 x, a(t, x) + p 1 b(t, x) K(1 + x )

31 4 DIE ITÔ FORMEL UND STOCHASTISCHE DIFFERENTIALGLEICHUNGEN für alle (t, x) [, T ] R d. Dann gilt für das p-te Moment der Lösung ( ) E[ X t p ] p 1 + E[ ξ p ] e pkt für alle t [, T ] und p [, ). Für p = entspricht die Voraussetzung im vorherigen Satz der des monotonen Wachstums aus dem Existenz- und Eindeutigkeitssatz 4.1. Da die lineare Wachstumsbedingung die monotone impliziert, ist die starke Lösung für t [, T ] immer punktweise im zweiten Moment beschränkt, das heißt E[ X t ] ( 1 + E[ ξ ] ) ( ) e Kt 1 + E[ ξ ] e KT <, da die Exponentialfunktion auf einem kompakten Intervall beschränkt ist. Satz 4.14 Sei X eine eindeutige starke Lösung von (4.5) und E[ ξ p ] <. Angenommen es existiert eine Konstante K > mit a(t, x) + b(t, x) F K(1 + x ) für alle (t, x) [, T ] R d. Dann gilt für das p-te Moment der Lösung ( ) ( ) E sup X t p p 1 E[ ξ p ] e βt t [,T ] für alle t [, T ] und p [, ) sowie mit β = 1 6 (18K) p p T (T p + p 3 (p 1) ) p. Bei linearem Wachstum sind die p-ten Momente der starken Lösung sogar gleichmäßig beschränkt für p [, ). Das gleiche Resultat kann ebenfalls unter der monotonen Wachstumsbedingung gezeigt werden. Diese Abschätzung wird im nächsten Kapitel noch eine große Relevanz haben. 5

32 4 DIE ITÔ FORMEL UND STOCHASTISCHE DIFFERENTIALGLEICHUNGEN 6

33 5 NUMERISCHE VERFAHREN 5 Numerische Verfahren Im Folgenden wird für ein T > das Intervall [, T ] und dessen äquidistante Unterteilung in N + 1 Zeitpunkte t n für n =,..., N betrachtet, wobei t = und t N = T. Mit h wird die Schrittweite der Approximation bezeichnet, das heißt die Länge der N Teilintervalle [t n, t n+1 ] für n =,..., N 1; es gilt daher t n = t + n h. Weiterhin bezeichne ˆX n die Approximation von X an der Stelle t n, also ˆX n X tn. Außerdem werden den Algorithmen zur numerischen Approximation der starken Lösung immer die in Definition 4.7 gegebene stochastische Differentialgleichung (4.5) zugrunde gelegt. Grundlage dieses Kapitels ist [Klo99] und [Mao1]. Definition 5.1 (Pfadweise Konvergenz) Als pfadweisen Fehler bezeichnet man die maximale Differenz zwischen den Pfaden von Diskretisierung und starker Lösung, das heißt sup ˆX n X tn. n=,...,n Eine Diskretisierung konvergiert pfadweise gegen die starke Lösung, wenn gilt ( ) lim sup ˆX n X tn = P-f.s. h n=,...,n Definition 5. (Starke Konvergenz) Als absoluten Fehler oder erwarteten Fehler bezeichnet man die erwartete Differenz zwischen den Pfaden von Diskretisierung und starker Lösung, das heißt [ ] E ˆX N X T. Eine Diskretisierung konvergiert stark gegen die Lösung, wenn [ ] lim E ˆX N X T =. (5.1) h Eine Approximationsmethode besitzt die starke Konvergenzordnung δ (, ), wenn eine Konstante C > existiert, sodass [ ] E ˆX N X T < Ch δ (5.) für alle h. Die starke Konvergenz (5.1) aus obiger Definition kann zur sogenannten Konvergenz im p-ten Mittel verallgemeinert werden, das heißt für ein p [1, ) ist [ ] lim E ˆX N X T p =. h 7

34 5 NUMERISCHE VERFAHREN Diese entspricht der Konvergenz in den bekannten Lebesgue-Räumen L p (Ω, F, P) bezüglich des Wahrscheinlichkeitsmaßes P und der L p -Norm L p, denn [ ] lim E ˆX N X T p = lim h h für p [1, ). Ω ˆX N X T p dp = lim h ˆX N X T p L p 5.1 Das Euler-Maruyama Verfahren Eines der grundlegenden Verfahren zur numerischen Approximation von stochastischen Differentialgleichungen ist das sogenannte Euler-Maruyama Verfahren; das Gegenstück zum deterministischen Euler Verfahren. Definition 5.3 (Θ-Euler-Maruyama Verfahren) Das Θ-Euler-Maruyama Verfahren folgt für n =,..., N und Θ [, 1] dem Algorithmus (i) Für m = d = 1: ˆX n+1 = ˆX n + Θ a(t n+1, ˆX n+1 )h + (1 Θ) a(t n, ˆX n )h mit W n = W tn+1 W tn. (ii) Für m = 1 und d > 1: mit i = 1,..., d. (iii) Für m > 1 und d > 1: + b(t n, ˆX n ) W n ˆX i n+1 = ˆX i n + Θ a i (t n+1, ˆX n+1 ) + (1 Θ) a i (t n, ˆX n )h + b i (t n, ˆX n ) W n ˆX n+1 i = ˆX n i + Θ a i (t n+1, ˆX n+1 ) + (1 Θ) a i (t n, ˆX n )h m + b i,j (t n, ˆX n ) Wn j j=1 mit i = 1,..., d und W j n = W j t n+1 W j t n. Für Θ = spricht man vom expliziten und für Θ = 1 vom impliziten Euler- Maruyama Verfahren. Beide werden in den nachfolgenden Kapiteln behandelt Das explizite Euler-Maruyama Verfahren Begonnen wird mit dem expliziten Euler-Maruyama Verfahren und dessen Untersuchung auf pfadweise und starke Konvergenz. Die pfadweise Konvergenz wurde 1998 von [Gyö98, Satz.4] festgestellt. 8

35 5 NUMERISCHE VERFAHREN Satz 5.4 Angenommen für alle R > existiert eine Konstante L R > mit a(t, x) a(t, x) + b(t, x) b(t, x) F L R x x für alle x, x B R () R d und t [, T ]. Dann ist ( ) lim sup ˆX n X tn = P-f.s. h n=,...,n Das explizite Euler-Maruyama Verfahren konvergiert also pfadweise gleichmäßig gegen die starke Lösung, wenn die lokale Lipschitzbedingung erfüllt ist. Satz 5.5 Das Θ-Euler-Maruyama Verfahren hat für Θ = die starke Konvergenzordnung δ = 1, wenn Konstanten K 1,..., K 3 > existieren mit (i) (ii) E [ X ] < ] 1 E [ X ˆX K 1 h 1 für alle h (iii) a(t, x) a(t, x) + b(t, x) b(t, x) F K x x (iv) a(s, x) a(t, x) + b(s, x) b(t, x) F K 3 (1 + x ) s t für alle s, t [, T ] und x, x R d. Beweis Siehe hierzu [Klo99, Satz 1..]. Die Bedingung (iii) von Satz 5.5 ist schon als globale Lipschitzbedingung aus Kapitel 4.3 bekannt. Da viele stochastische Differentialgleichungen die globale Lipschitzbedingung nicht erfüllen, ist die starke Konvergenz mit Satz 5.5 oft nicht gewährleistet. In diesem Fall konnten [Higb, Satz.] allerdings neue Bedingungen für starke Konvergenz formulieren. Satz 5.6 Angenommen es gilt: (i) Für alle R > existiert eine Konstante L R > mit a(t, x) a(t, x) + b(t, x) b(t, x) F L R x x für alle x, x B R () R d und t [, T ]. (ii) Für ein p (, ) ist [ ] [ ] sup E sup ˆX n p + E sup X t p <. (5.3) N N n=,...,n t [,T ] 9

36 5 NUMERISCHE VERFAHREN Dann konvergiert das explizite Euler-Maruyama Verfahren im Sinne [ gegen die starke Lösung. lim E h ] sup ˆX n X tn = n=,...n Erfüllt die stochastische Differentialgleichung die lokale Lipschitzbedingung und sind die p-ten Momente von starker Lösung und Diskretisierung für p (, ) gleichmäßig beschränkt, dann konvergiert das explizite Euler- Maruyama Verfahren gleichmäßig im quadratischen Mittel. Aus dieser folgt die starke Konvergenz aus Gleichung (5.1), denn wie schon erwähnt entspricht die starke Konvergenz im p-ten Mittel der L p -Konvergenz und bekanntermaßen folgt aus L p -Konvergenz die L q -Konvergenz für p q 1. Wie in Kapitel 4.3 schon angemerkt wurde, sind die p-ten Momente einer eindeutigen starken Lösung nach Satz 4.14 immer gleichmäßig beschränkt für p [, ), wenn die lineare oder monotone Wachstumsbedingung erfüllt ist. Gleichzeitig ist es auch bewiesen, dass die lineare Wachstumsbedingung die Beschränktheit des p-ten Moments der Diskretisierung impliziert. Siehe hierzu [Klo99]. Demnach konvergiert das explizite Euler-Maruyama Verfahren stark für stochastische Differentialgleichungen, welche die lokale Lipschitz- und lineare Wachstumsbedingung erfüllen. Ein wichtiges Resultat bezüglich der Notwendigkeit der linearen Wachstumsbedingung erbrachten [Hut11, Satz.1] für eindimensionale stochastische Differentialgleichungen, also im Fall m = d = 1. Satz 5.7 Sei P(b(ξ) ) > sowie C 1 und β > α > 1 Konstanten. Es gelte entweder oder a(x) x β C und b(x) C x α b(x) x β C und a(x) C x α für alle x C. Dann existiert eine Konstante c (1, ) und eine Folge von nichtleeren Ereignissen (E N ) N N F mit P(E N ) 1 c N c und ˆX N (ω) αn 1 für alle ω E N und alle N N. Falls zusätzlich die starke Lösung im p-ten Moment beschränkt ist, das heißt ] E [ X T p < 3

37 5 NUMERISCHE VERFAHREN für ein p [1, ), dann gilt weiterhin [ lim E ˆX ] N X T p =. h Wächst ein Koeffizient der stochastischen Differentialgleichung polynomiell schneller als der andere, dann können nach Satz 5.7 Ereignisse auftreten, die mit einer geringen, aber positiven, Wahrscheinlichkeit zum blow up der Diskretisierung ˆX führen. Falls zusätzlich E[ X T p ] <, dann gilt [ lim E ˆX ] N p =. h Somit kann die Diskretisierung nicht gleichmäßig beschränkt sein und die Voraussetzungen in Satz 5.6 sind nicht mehr erfüllt. Demnach sind also Klassen an eindimensionalen stochastischen Differentialgleichungen identifiziert, für die das Euler-Maruyama Verfahren nicht stark konvergiert. Als Beispiel solch einer stochastischen Differentialgleichung gibt [Hut11] für t [, T ] die eindimensionale stochastische Differentialgleichung { dxt = X 3 t dt + dw t X = x an, wobei (W t ) t [,T ] ein eindimensionaler Wiener Prozess und x eine Konstante ist. Für a(x t ) := Xt 3 und b(x t ) := 1 ist die lokale Lipschitzbedingung erfüllt, da a und b stetig differenzierbar sind. Die lineare Wachstumsbedingung gilt nicht, denn x > K(1 + x ) für alle x R, wenn K < 1, und für alle x (, 1 K] [1 + K, ), wenn K 1. Hingegen ist die monotone Wachstumsbedingung wegen x x für alle x R erfüllt. Demnach existiert eine eindeutige starke Lösung, die im p-ten Moment beschränkt ist. Mit β = 3, α = und C = 1 ergibt sich mit Satz 5.7 die Divergenz des Euler-Maruyama Verfahrens. Zusammenfassend lässt sich also sagen, dass das explizite Euler-Maruyama Verfahren bei lokaler Lipschitz- und monotoner Wachstumsbedingung nicht geeignet ist Das implizite Euler-Maruyama Verfahren Betrachtet wird nun das implizite Euler-Maruyama Verfahren, das heißt das Verfahren aus Definition 5.3 für Θ = 1. In jedem Iterationsschritt ist die Gleichung ˆX n+1 = c 1 + a(t n+1, ˆX n+1 )h + c (5.4) 31

38 5 NUMERISCHE VERFAHREN nach ˆX n+1 zu lösen, wobei c 1 := ˆX n und c := b(t n, ˆX n ) W n bekannte Werte aus der vorherigen Iteration sind. Daher kann die Funktion F : R d R d mit F (x) = c 1 + a(t n+1, x)h + c definiert werden sowie im Folgenden eine schwächere Form der globalen Lipschitzbedingung. Definition 5.8 (Einseitige Lipschitzbedingung) Die Abbildung a : [, T ] R d R d erfüllt die einseitige Lipschitzbedingung, wenn ein M > existiert, sodass für alle x, x R d und t [, T ]. x x, a(t, x) a(t, x) M x x Erfüllt der Driftkoeffizient a die oben definierte einseitige Lipschitzbedingung mit einer Konstanten M >, so hat die Funktion F nach [Mao1] genau einen Fixpunkt, wenn h < 1. Demnach ist die Gleichung (5.4) eindeutig lösbar. Ist weiterhin der Diffusionskoeffizient b global Lipschitz-stetig im zweiten L Argument mit L >, dann folgt nach [Higb] direkt die monotone Wachstumsbedingung, denn es gilt wegen der Linearität des Skalarprodukts sowie der Cauchy-Schwarz und Youngschen Ungleichungen x, a(t, x) = x, a(t, x) a(t, ) + x, a(t, ) sowie M x + x a(t, ) M x + ( 1 a(t, ) + 1 x ) = 1 a(t, ) + ( ) M + 1 x 1 b(t, x) F 1 ( b(t, x) b(t, ) F + b(t, ) F ) ( ) b(t, x) b(t, ) F + b(t, x) b(t, ) F b(t, ) F + b(t, ) F = 1 b(t, x) b(t, ) F + b(t, ) F L x + b(t, ) F. Zusammen führt dies zu x, a(t, x) + 1 b(t, x) F 1 a(t, ) + b(t, ) F + ( M L) x. Mit K := max ( 1 a(t, ) + b(t, ) F, M L) folgt die monotone Wachstumsbedingung für alle (t, x) [, T ] R d. Mit Satz 4.1 (i) sowie 4.1 ist dann auch die Existenz und Eindeutigkeit der starken Lösung gegeben. Ebenfalls konnten [Higb, Satz 5.3] unter den vorigen Annahmen eine starke gleichmäßige Konvergenz im quadratischen Mittel mit Konvergenzrate δ = 1 zeigen. 3

39 5 NUMERISCHE VERFAHREN Satz 5.9 Angenommen es gelte: (i) Für alle R > existiert eine Konstante L R > mit a(t, x) a(t, x) L R x x für alle x, x B R () R d und t [, T ]. (ii) Es existiert eine Konstante L > mit b(t, x) b(t, x) F L x x für alle x, x R d und t [, T ]. (iii) Es existiert eine Konstante M > mit x x, a(t, x) a(t, x) M x x für alle x, x R d und t [, T ]. (iv) Es existiert eine Konstante K > sowie q N > mit a(t, x) a(t, x) K (1 + x q + x q ) x x für alle x, x R d. Dann gilt für das implizite Euler-Maruyama Verfahren für alle h. [ ] 1 E sup X n X tn 1 C h n=,...,n Ist der Diffusionskoeffizient b nicht global Lipschitz-stetig sondern wie der Driftkoeffizient nur lokal, dann konnten [Mao1, Satz 4.4] unter Hinzunahme der monotonen Wachstumsbedingung immer noch die starke Konvergenz beweisen. Satz 5.1 Angenommen es gelte: (i) Für alle R > existiert eine Konstante L R > mit a(t, x) a(t, x) + b(t, x) b(t, x) F L R x x für alle x, x B R () R d und t [, T ]. (ii) Es existiert eine Konstante M > mit x x, a(t, x) a(t, x) M x x für alle x, x R d und t [, T ]. 33

40 5 NUMERISCHE VERFAHREN (iii) Es existiert eine Konstante K > mit x, a(t, x) + 1 b(t, x) F K(1 + x ) für alle (t, x) [, T ] R d. (iv) Es existiert ein Paar von Konstanten m 1 und C m > mit a(t, x) + b(t, x) F C m (1 + x m ) für alle x R d. Dann gilt für das implizite Euler-Maruyama Verfahren mit p [1, ) [ ] lim E X N X T p =. h Das implizite Euler-Maruyama Verfahren konvergiert also stark gegen die Lösung, wenn die lokale (i) und einseitige (iii) Lipschitzbedingung sowie die monotone (ii) und polynomielle (iv) Wachstumsbedingung erfüllt sind Das tamed Euler-Maruyama Verfahren Ein großer Nachteil des impliziten Euler-Maruyama Verfahrens ist die Berechnung des nichtlinearen Gleichungssystems (5.4) in jedem Iterationsschritt. Daher wird ein explizites Verfahren bevorzugt, das unter lokaler Lipschitzstetigkeit sowie monotoner Wachstumsbedingung noch stark gegen die Lösung konvergiert. [Hut1] führten 1 das tamed Euler-Maruyama Verfahren ein, bei dem der Driftterm durch einen zusätzlichen Faktor beschränkt wird. Definition 5.11 (Tamed Euler-Maruyama Verfahren) Das tamed Euler-Maruyama Verfahren folgt für n =,..., N dem Algorithmus (i) Für m = d = 1: ˆX n+1 = ˆX n + mit W n = W tn+1 W tn. (ii) Für m = 1 und d > 1: mit i = 1,..., d. (iii) Für m > 1 und d > 1: 34 h a(t n, ˆX n ) 1 + h a(t n, ˆX n ) + b(t n, ˆX n ) W n ˆX i n+1 = ˆX i n + h ai (t n, ˆX n ) 1 + h a(t n, ˆX n ) + bi (t n, ˆX n ) W n ˆX i n+1 = ˆX i n + h ai (t n, ˆX n ) 1 + h a(t n, ˆX n ) + mit i = 1,..., d und W j n = W j t n+1 W j t n. m b i,j (t n, ˆX n ) Wn j j=1

41 5 NUMERISCHE VERFAHREN Der Term h ai (t n, ˆX n ) aus Definition 5.11 ist für alle i = 1,..., d in der 1+h a(t n, ˆX n) Norm beschränkt, denn es gilt h a i (t n, ˆX n ) 1 + h a(t n, ˆX n ) h ai (t n, ˆX n ) 1 + h a(t n, ˆX n ) 1 für alle h. Wie schon beim impliziten Euler-Maruyama Verfahren aus Kapitel 5.1. konnte von [Hut1, Satz 1.1] starke Konvergenz des tamed Euler-Maruyama Verfahrens mit Ordnung δ = 1 nachgewiesen werden, wenn der Driftkoeffizient a der lokalen und einseitigen sowie der Diffusionskoeffizient b der globalen Lipschitzbedingung genügt (vergleiche dazu Satz 5.9). Satz 5.1 Angenommen es gelte: (i) Für alle R > existiert eine Konstante L R > mit a(t, x) a(t, x) L R x x für alle x, x B R () R d und t [, T ]. (ii) Es existiert eine Konstante L > mit b(t, x) b(t, x) F L x x für alle x, x R d und t [, T ]. (iii) Es existiert eine Konstante M > mit x x, a(t, x) a(t, x) M x x für alle x, x R d und t [, T ]. (iv) Es existieren Konstanten m 1 und K m > mit x a(t, x) F K m (1 + x m ) für alle (t, x) [, T ] R d. Dann existiert für das tamed Euler-Maruyama Verfahren eine Konstante C > mit für alle h und p [1, ). [ ] 1 lim E sup ˆX n ˆX tn p p 1 C h h n=,...,n 35

42 5 NUMERISCHE VERFAHREN 5. Das Milstein Verfahren Das in Kapitel vorgestellte explizite Euler-Maruyama Verfahren basiert genau wie das folgende Milstein Verfahren auf einer stochastischen Taylor Entwicklung (siehe dazu [Klo99, Kapitel 5]). Während beim expliziten Euler- Maruyama Verfahren ein großer Teil an Resttermen ignoriert wird, werden beim Milstein Verfahren Teile dieser mit einbezogen, in der Hoffnung auf eine bessere Approximation. Demnach kann das Milstein Verfahren als ein erweitertes Euler-Maruyama Verfahren gesehen werden. Definition 5.13 (Milstein Verfahren) Das Milstein Verfahren folgt für n =,..., N dem Algorithmus (i) Für m = d = 1: mit W n = W tn+1 W tn. (ii) Für m = 1 und d > 1: ˆX n+1 = ˆX n + a(t n, ˆX n )h + b(t n, ˆX n ) W n + 1 b(t n, ˆX n ) x b(t n, ˆX n ) ( ( W n ) h ) ˆX n+1 i = ˆX n i + a i (t n, ˆX n )h + b i (t n, ˆX n ) W n ( d ) + 1 b k (t n, ˆX n ) (( Wn x k bi (t n, ˆX n ) ) h ) k=1 mit i = 1,..., d. (iii) Für m > 1 und d > 1: ˆX i n+1 = ˆX i n + a i (t n, ˆX n )h + + m j 1,j =1 k=1 m b i,j (t n, ˆX n ) Wn j j=1 ( d ) b k,j 1 (t n, ˆX n ) x k bi,j (t n, ˆX n ) mit i = 1,..., d und W j n = W j t n+1 W j t n. t n+1 η In Definition 5.13 muss für j 1, j = 1,..., m das Doppelintegral t n+1 η dws j1 dw j η t n t n dw j1 s dw j η t n t n 36

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