Wie wir die Welt wahrnehmen
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- Reinhold Berg
- vor 6 Jahren
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Transkript
1 Woche 2 Wie wir die Welt wahrnehmen Die wirkliche Entdeckungsreise besteht nicht darin, neue Landschaften zu erforschen, sondern darin, mit neuen Augen zu sehen. Marcel Proust Ein bewölkter Tag. Statt der Sonne leuchtet heut Kirschblüte nur. Kyohaku
2 Übungen für zu Hause nach Woche 2 1. Body Scan mit der CD an sechs Tagen in der Woche üben. 2. Übe täglich ca Min. Sitzmeditation mit Achtsamkeit auf den Atem. Auch diese Art, mit deinem Atem zu sein, bietet dir eine Möglichkeit, dir bewusst zu werden, wie es sich anfühlt verbunden und im aktuellen Moment zu sein, ohne etwas tun zu müssen. Zeit den monkey mind zu zähmen! 3. Fülle den Bogen Angenehme Erlebnisse aus (ein Eintrag pro Tag). Nutze dies als eine Möglichkeit, um dir wirklich der Gedanken, Gefühle und Körperempfindungen eines angenehmen Ereignisses jeden Tages bewusst zu werden. Bemerke und halte diese Dinge fest, so frühzeitig es geht und so genau wie möglich (z. B. verwende die konkreten Wörter oder Bilder, in denen die Gedanken kamen). Halte auch die genaue Art und den Ort von Körperempfindungen fest. 4. Suche dir eine Routineaktivität in deinem täglichen Leben aus und führe diese achtsam aus, so wie wir es mit der Rosinen-Übung gemacht haben Beispiele könnten sein: Zähne putzen, Geschirr spülen, Duschen, Abfall wegbringen, den Kindern vorlesen, Einkaufen, Essen. Konzentriere dich einfach darauf, dir bewusst zu sein, was du tust, während du es tust.
3 Erlauben Sein Lassen Die Grundlage dieser Praxis ist das achtsame Gewahr werden dessen, was sich gerade im Vordergrund unserer Erfahrung von Augenblick zu Augenblick befindet. Wenn der Geist wiederholt zu einem bestimmten Ort gezogen wird, zu bestimmten Gedanken, Gefühlen oder Körperempfindungen, dann werden wir uns mit Absicht und fester und freundlicher Achtsamkeit dieses Ortes bewusst. Das ist der erste Schritt. Der zweite Schritt ist, so gut wir können, zu bemerken, wie wir uns auf das beziehen, was an dem Ort auftaucht. Oft können wir bei einem auftauchenden Gedanken, einem Gefühl oder einer Körperempfindung sein, aber in einer nicht-akzeptierenden, reaktiven Weise. Wenn wir diese mögen, neigen wir dazu, sie festhalten zu wollen; wir werden anhaftend. Wenn wir sie nicht mögen, weil sie unangenehm sind, schmerzhaft, oder unbequem, dann neigen wir dazu, uns zurückzuziehen und sie aus Angst, Irritation oder Genervt sein wegzuschieben. Jede dieser Reaktionen ist das Gegenteil von Annehmen und Akzeptanz. Der einfachste Weg sich zu entspannen beginnt damit, dass wir aufhören, die Dinge anders haben zu wollen. Akzeptierende/annehmende Erfahrung heißt den Raum zu erlauben für das, was gerade geschieht, anstatt zu versuchen, einen anderen Zustand hervorzubringen. Durch das Annehmen richten wir uns wieder im Gewahrsein dessen, was gerade ist, ein. Wir lassen es so sein, wie es ist wir bemerken und beobachten einfach das, was bereits da ist. Auf diese Art und Weise können wir mit Erfahrungen umgehen, die unsere Aufmerksamkeit sehr stark auf sich ziehen. Wenn wir zum Beispiel bemerken, wie unsere Aufmerksamkeit immer wieder vom Atem weggezogen wird zu körperlichem Unwohlsein, Gefühlen oder Empfindungen, dann ist der erste Schritt, diese körperlichen Empfindungen wahrzunehmen und den Fokus des Gewahrseins auf die Stelle zu richten, an der diese Empfindungen am stärksten sind. Der Atem ist dabei ein nützliches Vehikel genauso wie wir es im Body Scan geübt haben, können wir mit freundlichem und sanftem Gewahrsein zu diesem Teil Ihres Körpers gehen, indem wir dort hineinatmen mit dem Einatmen und von dort ausatmen mit dem Ausatmen. Wenn wir unsere Aufmerksamkeit auf die körperlichen Empfindungen gerichtet haben und diese Stelle in unserem Gewahrsein ist, dann sagen wir zu uns selbst: Das ist in Ordnung, das ist ok. Was immer es ist, es ist ok. Ich bin bereit, es zu fühlen. Dann bleiben wir bei dem Gewahrsein dieser körperlichen Empfindungen und unserer Beziehung zu ihnen, atmen mit ihnen, akzeptieren sie, lassen sie da sein. Es könnte hilfreich sein zu wiederholen: Das ist in Ordnung, das ist ok. Was immer es ist, es ist ok. Ich bin bereit, es zu fühlen. Wir können so jedes Ausatmen nutzen, um die Empfindungen weicher werden zu lassen und uns so den Empfindungen zu öffnen, die wir wahrnehmen. Annehmen heißt nicht resignieren: Akzeptanz, als lebendiger erster Schritt, erlaubt uns Schwierigkeiten vollständig wahrzunehmen und dann, wenn es angemessen ist, in einer geschickten Art und Weise mit ihnen umzugehen, anstatt in einer Hauruck-Version auf sie zu reagieren, indem wir automatisch unsere (oftmals wenig hilfreichen) Strategien anwenden, mit denen wir üblicherweise unseren Schwierigkeiten begegnen. Quelle: Mindfulness-Based Cognitive Therapy für Depression, von John Teasdale, Zindal Segal and Mark Williams.
4 Perspektive ändern Du bist derjenige, des es so sieht, du bist es, der die Perspektive ändern kann. Die Geschichte vom Hammer Ein Mann will ein Bild aufhängen. Den Nagel hat er, nicht aber den Hammer. Der Nachbar hat einen. Also beschließt unser Mann, hinüberzugehen und ihn auszuborgen. Doch da kommt ihm ein Zweifel: Was, wenn der Nachbar mir den Hammer nicht leihen will? Gestern schon grüsste er mich nur so flüchtig. Vielleicht war er in Eile. Aber vielleicht war die Eile nur vorgeschützt, und er hat etwas gegen mich. Und was? Ich habe ihm nichts angetan; der bildet sich da etwas ein. Wenn jemand von mir ein Werkzeug borgen wollte, ich gäbe es ihm sofort. Und warum er nicht? Wie kann man einem Mitmenschen einen so einfachen Gefallen abschlagen? Leute wie dieser Kerl vergiften einem das Leben. Und dann bildet er sich noch ein, ich sei auf ihn angewiesen. Bloß weil er einen Hammer hat. Jetzt reicht's mir wirklich. - Und so stürmt er hinüber, läutet, der Nachbar öffnet, doch bevor er»guten Tag«sagen kann, schreit ihn unser Mann an: Behalten Sie Ihren Hammer, Sie Rüpel! Wieder in seiner Wohnung steht er da mit seinem Bild in der Hand - enttäuscht und verzweifelt über seine Mitmenschen. Und er beschliesst, nie wieder einen anderen Menschen anzusprechen. Nach Paul Watzlawick: Anleitung zum Unglücklichsein. Verlag Piper, München 1983 Die Blinden und der Elefant
5 Hinweise zum Body-Scan 1. Unabhängig vom dem, was gerade passiert, sei es, dass du einschläfst dich nicht konzentrieren kannst, an andere Dinge denkst, du dich auf einen anderen Körperteil fokussierst oder du gar nichts fühlst, mach einfach weiter. Es sind deine Erfahrungen in diesem Augenblick, sei dir einfach dessen bewusst. 2. Wenn deine Gedanken häufig wandern, nimm sie einfach als vorübergehendes Ereignis wahr und bring dann deine Aufmerksamkeit sanft wieder zurück zum Körper. 3. Es gibt beim Body Scan kein richtig oder falsch. Lass Ideen von Erfolg, Versagen oder es sollte doch so sein, einfach los. Es ist keine Fertigkeit, für die du dich anstrengen musst. Die einzige Disziplin besteht darin, dass du die Übung mit einer Einstellung von Offenheit und Interesse regelmässig und täglich machst. 4. Lass alle Erwartungen darüber, was du durch den Body-Scan erreichen willst, los. Stell dir die Übung vor wie einen Samen, den du gepflanzt hast. Gib dem Samen einfach die richtigen Bedingungen wie Ruhe und Frieden, sein Gedeihen nicht zu beeinflussen zu wollen und Pflege durch regelmässiges Üben die Fähigkeit sich zu entwickeln. Das ist alles. 5. Versuche, deine Erfahrung mit der Einstellung: genau so sind die Dinge in diesem Moment und dies ist richtig so, anzugehen. Wir sind versucht, unangenehme Gedanken, Gefühle oder Körperempfindungen abzuwehren, dies lenkt uns ab, achtsam zu sein. Sei bewusst, bemühe dich nicht, bleib im Moment, akzeptiere die Dinge, so wie sie sind. Dies ist das Einzige, was es zu tun gibt.
6 Quelle: Zeichnungen aus Gesund durch Meditation von Jon Kabat-Zinn
7 Sitzmeditation Achtsamkeit auf den Atem Setze dich in eine bequeme sitzende Position, entweder auf einen Stuhl mit gerader Rückenlehne oder auf eine weiche Unterlage auf den Boden, das Gesäß kann durch Decken oder eine kleine Sitzbank unterstützt werden. Wenn du auf einem Stuhl sitzt, ist es sehr hilfreich, ein Stück von der Rückenlehne des Stuhles weg zu sitzen, so dass die Wirbelsäule sich selbst trägt. Wenn du auf dem Boden sitzt, ist es hilfreich, wenn die Knie den Boden berühren. Experimentiere mit der Höhe des Kissens oder Bänkchens, bis du bequem und fest Sitzen kannst. Erlaube deinem Rücken, eine aufrechte und bequeme Haltung einzunehmen, so dass die Wirbelsäule sich selbst trägt. Wenn du auf einem Stuhl sitzt, stelle die Füsse flach auf den Boden, die Beine sind nicht gekreuzt. Wenn es möglich und angenehm ist, schließe sanft die Augen oder schaue mit leicht gesenktem Kopf auf einen Punkt vor dir auf den Boden und lasse die Augen sanft dort ruhen. Bringe die Aufmerksamkeit zum Körper. Sei ganz achtsam für die Empfindungen an der Stelle, wo der Körper Kontakt mit dem Boden oder dem Stuhl hat. Verbringe eine oder zwei Minuten damit, diese Empfindungen zu spüren, genau wie im Body Scan. Bringe die Aufmerksamkeit nun zu den Körperempfindungen im Unterbauch, während der Atem ein- und ausströmt. Wenn du diese Übung zum ersten Mal machst, kann es hilfreich sein, die Hand auf den Unterbauch zu legen und sich der Veränderungen während des Atmens bewusst zu werden. Wenn du dich so an die körperlichen Empfindungen in diesem Körperbereich gewöhnt hast, kannst du die Hand wieder wegnehmen und dich auf die Empfindungen im unteren Bauch konzentrieren. Konzentriere die Aufmerksamkeit auf die Empfindung der leichten Dehnung, wenn sich die Bauchdecke mit jedem Einatmen hebt und mit jedem Ausatmen senkt. Folge mit deiner Aufmerksamkeit der Veränderung der körperlichen Empfindungen im Unterbauch während der gesamten Zeit vom Einströmen des Atems in den Körper bis zum Ausströmen des Atems. Vielleicht bemerkst du die kleinen Pausen zwischen jedem Einatmen und nächsten Ausatmen und zwischen dem Ausatmen und dem nächsten Einatmen. Es besteht keine Notwendigkeit, die Atmung auf irgendeine Art zu kontrollieren lass den Atem einfach geschehen. Versuche, diese Haltung des Zulassens auch auf die gesamte momentane Erfahrung auszudehnen. Es gibt nichts zu verändern, keinen besonderen Zustand zu erreichen. Erlaube dir einfach, die Erfahrung als deine Erfahrung sein zu lassen, ohne dass diese irgendwie anders sein soll als sie ist.
8 Eher früher als später wird der Geist von dem Aufmerksamkeitsfokus auf den Atem weg wandern, und zwar zu den Gedanken, Plänen, Tagträumen, Ängsten oder anderen Dingen. Das ist vollkommen OK so sind Gedanken eben. Das ist kein Fehler oder Versagen. Wenn du bemerkst, dass deine Achtsamkeit nicht mehr auf dem Atem ruht, gratuliere dir selber du hast achtsam wahrgenommen, was deine Erfahrung ist. Vielleicht halte kurz fest, wohin der Geist gewandert ist ( Ah, ich habe gedacht oder "Ah, ich habe mir Sorgen gemacht"), dann bringe deine Achtsamkeit wieder sanft zurück zu dem sich ständig ändernden Muster körperlicher Empfindungen in deinem Unterbauch und erneuere die Absicht, die Aufmerksamkeit auf dem Ein- und Ausströmen deines Atems ruhen zu lassen. Egal, wie häufig du feststellst, dass deine Gedanken gewandert sind (und das wird mit hoher Wahrscheinlichkeit immer und immer wieder passieren), gratuliere dir jedes Mal, dass du wieder zur Erfahrung dieses Momentes zurückgekommen bist. Bringe deine Aufmerksamkeit sanft zu deinem Atem zurück und folge einfach wieder den veränderten Mustern der körperlichen Empfindungen, die mit jedem Ein- und Ausatmen kommen. Versuche, so gut es geht, eine freundliche Haltung dir selbst gegenüber einzunehmen, z. B. indem du das wiederholte Wandern deiner Gedanken als Möglichkeit siehst, Geduld und sanfte Neugier für deine Erfahrung zu entwickeln. Mache diese Übung 15 Minuten oder länger, wenn du möchtest. Vielleicht erinnerst du dich von Zeit zu Zeit daran, dass die Absicht einfach die ist, sich deiner Erfahrung von Moment zu Moment bewusst zu sein. Verwende den Atem so gut du kannst als Anker, um dich sanft mit dem Hier und Jetzt zu verbinden. Immer dann, wenn du bemerkst, dass dein Geist gewandert ist, kehre zu deinem Atem zurück.
9 Angenehme Erlebnisse (Nach dem Muster-Tagebuch in Gesund durch Meditation von Jon Kabat-Zinn) Beschreibe Dein Erlebnis Montag Warst du dir der angenehmen Erfahrung während des Geschehens bewusst? Wie genau fühlte sich dein Körper in dem Moment an? Was hast du gespürt? Welche Stimmungen, Gefühle und Gedanken gingen mit dem Erlebnis einher? Welche Gedanken und Gefühle hast du jetzt, in dem Moment, in dem du das schreibst? Dienstag Mittwoch
10 Beschreibe Dein Erlebnis Donnerstag Warst du dir der angenehmen Erfahrung während des Geschehens bewusst? Wie genau fühlte sich dein Körper in dem Moment an? Was hast du gespürt? Welche Stimmungen, Gefühle und Gedanken gingen mit dem Erlebnis einher? Welche Gedanken und Gefühle hast du jetzt, in dem Moment, in dem du das schreibst? Freitag Samstag Sonntag
11 Lebensweisheit Wenn ich mein Leben noch einmal leben könnte Wenn ich mein Leben noch einmal leben könnte, würde ich mir erlauben, mehr Fehler zu machen. Ich würde mich entspannen, ich würde die Dinge lockerer angehen. Ich würde alberner sein als bei dieser Reise. Ich würde weniger Dinge ernst nehmen. Ich würde mehr Chancen ergreifen. Ich würde mehr Berge besteigen, öfter in Flüssen schwimmen und mehr Sonnenuntergänge anschauen. Ich würde mehr Eis und weniger Spinat essen. Vielleicht hätte ich dann mehr wirkliche Probleme, aber dafür weniger eingebildete. Weißt du, ich bin jemand, die vernünftig lebt, Stunde um Stunde, Tag um Tag. Oh ja, auch ich hatte meine Momente und wenn ich noch einmal von vorne anfangen könnte, würde ich dafür sorgen, dass ich mehr davon hätte. Genau genommen, würde ich versuchen, nichts Anderes zu haben. Einfach nur Augenblicke, einen nach dem anderen, anstatt ein Leben lang immer auf die Zukunft zu warten. Wenn ich mein Leben noch einmal leben könnte, würde ich im Frühling früher anfangen, barfuß zu gehen, und im Herbst würde ich später damit aufhören. Ich würde öfter tanzen gehen. Ich würde öfter Karussell fahren. Ich würde mehr Gänseblümchen pflücken. Wenn Du dich andauernd nur schindest, vergisst Du sehr bald, dass es so wunderbare Dinge gibt wie zum Beispiel einen Bach, der Geschichten erzählt und Vögel, die singen. Nadine Stair 85 Jahre alt Louisville, Kentucky
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