Traden mit Chartformationen. Thomas N. Bulkowski

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1 Traden mit Chartformationen Thomas N. Bulkowski

2 4 Stops, BATS und Verkauf Als ich noch Softwareingenieur war, erhielt ich den Auftrag, eine Software für ein ausgefeiltes Bürotelefonsystem zu entwickeln. Mein Chef und ich saßen in einem Besprechungsraum, um den Aufbau zu planen. Bald hatten wir eine Menge von Kreisen gezeichnet. Nach einer Stunde sah er auf die Uhr und sagte, er müsse an einem Meeting teilnehmen. Er gab mir den Markerstift und meinte, ich solle die Sache zu Ende bringen. Ein paar Minuten studierte ich die Aufzeichnungen, dachte über verschiedene Ideen und Lösungen nach, als mir die ultimative Lösung einfiel. Ich lächelte, radierte die Aufzeichnungen aus und ging in mein Büro zurück, weil ich wusste, dass ich die Antwort auf das Leben, das Universum und überhaupt alles gefunden hatte. Am nächsten Tag wollte mein Chef die Entwürfe sehen. Ich ging zur Tafel, zeichnete zwei Kreise, die durch Linien miteinander verbunden waren, und sagte: Das ganze Design besteht aus zwei Zuständen: Hörer aufgelegt und Hörer abgehoben. Er schlug mich nicht auf den Kopf und nannte mich einen Idioten; er sprang auch nicht auf und schrie Heureka!. Er stellte mir nur eine einfache Frage. Ich wusste sofort, dass meine vereinfachte Lösung nicht funktionieren würde, dass meine Idee unter dem Gewicht dieser einen Frage zerbröselte. Ich verbrachte einige Tage damit, die verschiedenen Zustände eines komplexen Telefonsystems zu studieren, und schließlich entwickelte ich ein wunderbares System, ein elegantes System, ein System, um das uns die ganze Branche beneiden würde. Das Management blies das Projekt ab. Diese Geschichte enthält eine wichtige Lehre. Ich nenne sie Bulkowskis Gesetz : Wenn eine Aktie sinkt, verkaufe sie. Dieses einfache Gesetz ist alles, was Sie darüber wissen müssen, wie man an der Börse Geld verdient. Vielleicht schreien Sie nun auf 81

3 82 Stops, BATS und Verkauf und sagen, ich würde damit, ebenso wie mit dem Telefonsystem, das Leben, wie wir es kennen, unzulässig vereinfachen. Ich würde antworten, dass der Aktienmarkt ein Spiel mit nur einer einzigen Regel ist: Wenn eine Aktie sinkt, verkaufe sie. Was muss man sonst noch wissen? Wie sich herausstellt, eine ganze Menge. Es ist leicht, am Aktienmarkt Geld zu verdienen, aber Geld zu verlieren ist noch einfacher. Doch woher weiß man, wann man verkaufen soll? Dieses Kapitel handelt von Techniken des Money Managements, die diese Frage beantworten. STOP-LOSS-VERKAUFSAUFTRÄGE Es gibt viele Arten von Stops, aber Stop-Loss-Verkaufsaufträge sind am beliebtesten. Dabei beauftragt man den Broker, Aktien zu verkaufen, wenn ein bestimmter Kurs unterschritten wird. Eine solche Order bedeutet nicht, dass man zwangsläufig mit Verlust verkauft, aber sie garantiert auch keinen bestimmten Kurs bei der Auftragsabwicklung. Sagen wir, Sie haben eine Aktie zu drei gekauft, die nun bei 21 steht. Sie platzieren einen Stop-Loss-Verkaufsauftrag, um die Aktie zu verkaufen, wenn der Kurs unter 20 sinkt. Wenn dieser Kurs erreicht ist, wird Ihr Auftrag zu einer unlimitierten Order. Wahrscheinlich werden Sie 20 Dollar je Aktie erhalten, vielleicht auch einen anderen Betrag; das hängt von den Marktgegebenheiten ab. Mehr müssen Sie nicht tun. Abbildung 4.1 zeigt einen Trade, bei dem sich eine Stop-Loss-Order bewährte. Ich sah, wie sich der kleine Adam & Eva-Doppelboden bildete, und wartete auf die Bestätigung, sprich, auf einen Kursanstieg über das Hoch zwischen den beiden Tiefs. Am Tag nach der Bestätigung kaufte ich. Hier ist der Eintrag in meinem Notizbuch: Widerstand bei 26, Unterstützung bei 22. Ich kaufte 300 Stück zu 23,38 und erwarte steigende Kurse, weil die Verkäufe während der Hurrikan-Saison steigen sollten, ohne dass die Läden beschädigt werden. Das ist meine Hoffnung. Lowes und Home Depot entwickeln sich gut, andere dagegen nicht, wie etwa Fastenal und Building Materials Holding. Wahrscheinlich sind sie keine Einzelhändler wie dieses Unternehmen. Ich kaufte wegen des Doppelbodens und des höheren Tiefs im Vergleich zum Tief vom März Bei 26 gibt es jede Menge Widerstand, daher erwarte ich, dass der Anstieg bei 25,50 bis 25,88 zum Stillstand kommt. Wenn der Widerstand durchbrochen wird, dürfte der Anstieg verstärkt weitergehen. Das Verlustrisiko wird durch die beiden Tiefs bei etwa 21 definiert. Ich würde zu 20,88 verkaufen. Das ist ein Verlustpotenzial von zehn Prozent. Ich erteilte meinem Broker eine Stop-Loss-Order, und es war sehr gut, dass ich das tat. Nach meinem Kauf fiel die Aktie in ein Loch. Als die Aktie meinen Stop von

4 Stops zur Gewinnabsicherung 83 Abbildung 4.1: Eine Stop-Loss-Order. Als sich der Adam & Eva-Doppelboden nicht bestätigte, sank die Aktie, und ich wurde mit 20,88 ausgestoppt, was meinen Verlust auf elf Prozent begrenzte. 36 Prozent Verlust wären möglich gewesen. 20,88 erreichte, verkaufte ich zu ebendiesem Kurs. Einschließlich Gebühren betrug der Verlust etwa elf Prozent. Hätte ich die Aktie behalten, dann können Sie in der Abbildung sehen, dass sie sich ein wenig erholte, aber bald auf ein neues Tief von 14,88 fiel ein Rückgang von 36 Prozent ab meinem Kaufpreis. STOPS ZUR GEWINNABSICHERUNG Nehmen wir an, Sie haben Ihre Lieblings-Internet-Aktie genau beobachtet, aber bisher nicht gekauft. Seit Monaten tendiert sie nach unten. Vor kurzem erreichte sie einen Boden, stieg an und fiel erneut auf den Boden zurück: ein möglicher Doppelboden. Einen Monat später schließt der Kurs über dem Bestätigungsniveau, dem höchsten Hoch zwischen den beiden Böden, was einen validen Doppelboden und ein Kaufsignal bedeutet. Jetzt steigen Sie ein und kaufen Aktien zu zehn, nehmen sich aber fest vor, nach einem Gewinn von Dollar zu verkaufen. Das ist ein Stop zur Gewinnabsicherung. Sie legen im Voraus fest, wie viel Geld Sie mit dem Verkauf verdienen wollen.

5 84 Stops, BATS und Verkauf Das geht auch auf der Verlustseite. Wenn das Internetunternehmen überraschend schlechte Zahlen meldet und die Aktie auf acht fällt, haben Sie Dollar verloren. Das ist Ihre Verlustgrenze, und Sie beschließen zu verkaufen. Ich habe diese Art von Stops schon angewendet, aber nicht oft. Oft fühle ich mich wie ein Geizhals, der seine Münzen zählt, seine Vermögensentwicklung beobachtet und seine Wertpapiere überwacht. Wenn eine Aktie steigt und der Gewinn den vierstelligen Bereich erreicht, kommt mir das Wort verkaufen in den Sinn. Meist verkaufe ich aber nicht, sondern beobachte die Aktie noch genauer, um Anzeichen für ein Kurs-Stop zu finden. Erst wenn ich denke, dass die Aktie ihr Hoch erreicht hat, oder wenn sich die Fundamentaldaten verändert haben, verkaufe ich. Abbildung 4.2 zeigt einen kurzfristigen Trade, den ich durchführte, um von einer positiven Gewinnüberraschung zu profitieren. So als würde man gute Zahlen erwarten, bildete die Aktie ein ansteigendes Dreieck, was einen Ausbruch nach oben ankündigte. Als am 18. Januar die Quartalsgewinne veröffentlicht wurden, lagen sie weit über den Abbildung 4.2: Ein Kurzfrist-Trade rund um eine Gewinnveröffentlichung. Nach überraschend hohen Unternehmensgewinnen schoss die Aktie nach oben, pausierte eine Woche lang und stieg dann weiter. Dieser Trade war ein Versuch, von diesem Kursverhalten zu profitieren.

6 Stops zur Gewinnabsicherung 85 Schätzungen. An diesem Tag stieg die Aktie um 17 Prozent von 9,06 auf 10,63, schloss nahe am Tageshoch von 10,75 und durchbrach unter riesigen Umsätzen problemlos das Top des ansteigenden Dreiecks. Ich habe lange genug Aktien getradet, um zu wissen, dass man Aktien mit starken eintägigen Kursbewegungen nicht nachläuft (ich hätte eine Stop-Order anwenden sollen, um direkt oberhalb des Tops des ansteigenden Dreiecks einzusteigen). Bei meinen Nachforschungen entdeckte ich, dass ein guter Gewinnbericht eine Aktie steigen lässt. Aber nach ein paar Tagen gibt die Aktie einen Teil der Gewinne wieder ab. Dann, nach einer weiteren Woche, setzt sich der Kursanstieg fort. Wenn man die Aktie noch nicht hat, ist dies der richtige Zeitpunkt zum Einstieg. Hier mein Eintrag: Ich habe unlimitiert Aktien gekauft. Nachdem die Aktie wegen des unerwartet guten Ergebnisses nach oben geschossen war, sank sie ein paar Tage lang und zeigt nun Anzeichen eines erneuten Anstiegs. Ich sehe diesen Trade als Gegenteil eines Dead-Cat Bounce: ein starker Anstieg, gefolgt von einer einwöchigen Pause und dann von einem erneuten Kurszuwachs. Auf fundamentaler Seite hat Phelps Dodge die Kürzung seiner Produktion wegen hoher Energiekosten angekündigt. Das wird FCX helfen, denn seine Produktionsanlagen liegen nicht im Westen oder im Mittleren Westen, sondern in Indonesien. Das Abwärtspotenzial reicht bis 10,75, nach oben könnte es bis 14 gehen, vielleicht bis 18, wenn die Widerstände an diesen Punkten geknackt werden. Die Kupferpreise sind kürzlich gesunken, nachdem sie im September ein Hoch und im Dezember 2000 ein niedrigeres Hoch erreicht hatten. Drei Tage nach dem Konsolidierungstief kaufte ich die Aktie. Wie erwartet stieg der Kurs rasch über das vorherige Zwischenhoch von 12,13. An diesem Punkt entschied ich mich für einen Stop zur Verlustbegrenzung Ich habe einen limitierten Auftrag erteilt, Aktien zu 14 zu verkaufen. Dies ist das Top der Messregel für das Chartmuster einer gemessenen Aufwärtsbewegung, und es entspricht auch dem Top des früheren Widerstands vom März Der starke Kursanstieg schwächte sich ab; die Aktie mäanderte nach oben, statt den Aufwärtsschub fortzusetzen. Es sah so aus, als würde sich das Momentum drehen Ich habe den limitierten Auftrag gestrichen und sah heute Morgen der Aktie beim Steigen zu. Als die Bewegung zum Stillstand kam, verkaufte ich Stück zu 12,46, knapp unter dem Hoch von 12,50. Gründe für den Verkauf sind Unruhen in Indonesien und Berichte über mögliche Umweltschutzprobleme in einer Mine in Indonesien, aber ich weiß nicht, ob diese Mine FCX gehört. Das bringt mir einen Gewinn von 650 Dollar, obwohl der Gesamtmarkt kräftig eingebrochen ist. Jetzt wird die Aktie wahrscheinlich rasch auf 14 steigen. Ein weiterer Verkaufsgrund: Vor einiger

7 86 Stops, BATS und Verkauf Zeit hat die Aktie nahe am Tagestief geschlossen. Am nächsten Tag stieg der Kurs und erreichte das Hoch des Vortags. An den folgenden Tagen sank er weiter. Der Trade dauerte drei Wochen. Der Kupferpreis ist aus einem symmetrischen Dreieck nach unten ausgebrochen und ruht nun auf dem Niveau eines unbestätigten Dreifachbodens. Wahrscheinlich wird er weiter sinken. Gestern ist er in der Tat unter das Niveau des Dreifachbodens gefallen. Wie Sie sehen, verkaufte ich einen Tag vor dem Beginn eines neuen Aufwärtsschubs. Die Aktie erreichte mein ursprüngliches Kursziel von 14 und näherte sich der Marke von 18 ein weiteres Ziel, das ich in meinen Einträgen erwähnt hatte. Hätte ich die Aktie gehalten, wäre dies ein Anstieg von etwa 50 Prozent gewesen. Stops in Verbindung mit einem Kursziel können nützlich sein, wenn Sie mit einem Gewinn aussteigen wollen, den Sie für attraktiv halten, oder wenn Sie sinkende Kurse erwarten. Ich verwende dabei oft die Messregel für Chartmuster in der Regel die Formationshöhe, addiert zum Ausbruchskurs, um abzuschätzen, wie hoch der Kurs steigen wird. Kombiniert mit Widerstandsniveaus und anderen Faktoren eignet sie sich sehr gut, um das Steigerungspotenzial zu prognostizieren. Allerdings leisten Stops in Verbindung mit Kurszahlen genau das, was in ihrem Namen steht: Sie setzen Ihren Gewinnmöglichkeiten Grenzen. Nennen Sie es Gier. Wie gierig sind Sie? ZEITLICHE STOPS Ein Zeit-Stop bedeutet, dass Sie einen Trade starten und wissen, dass Sie verkaufen werden, wenn sich die Aktie nach, sagen wir, einer Woche nicht bewegt hat. Der Gedanke dahinter ist die Optimierung Ihrer Kapitalverwendung. Manche Analysten argumentieren, dass ein Trade mit umso geringerer Wahrscheinlichkeit zum Erfolg führt, je länger er dauert. Die besten Trades funktionieren sofort. Daher sollte man schnelle Umschichtungen vornehmen, ein paar Punkte Gewinn einstreichen, verkaufen, wieder kaufen und nach einer schnellen Kursbewegung verkaufen. Wenn sich eine Aktie nicht bewegt, sollte man verkaufen und auf ein aussichtsreicheres Papier umsteigen. Binden Sie Ihr Trading-Kapital nicht zu lange mit dem Warten auf eine Kursbewegung. Diese Methode ist nützlich für Trader mit begrenzter Kapitalbasis, also mit einem kleinen Portfolio. Ich habe diesen Stop nicht oft angewendet, außer als ich mein Konto von einem Broker zu einem anderen verlagerte. Ich erwartete, dass eine meiner Aktien sich bald bewegen würde, also wollte ich den Ausstieg genau timen, musste es aber schnell tun, ehe das Konto transferiert wurde.

8 Volatilitäts-Stops 87 Vielleicht möchten Sie Positionen auch verkaufen, bevor sie in Urlaub fahren, oder danach, um Rechnungen zu bezahlen. Ich halte nicht allzu viel von zeitlichen Stops, aber sie haben durchaus ihren Nutzen. Nach meiner Erfahrung sind meine Ergebnisse umso besser, je weniger ich trade. Zeit- Stops stehen dazu im Widerspruch, aber wenn sie für Sie funktionieren großartig! VOLATILITÄTS-STOPS Bei diesem Stichwort denke ich zunächst an Optionen. Kaufen Sie bei niedriger und verkaufen Sie bei hoher Volatilität; bei Leerverkäufen ist es umgekehrt. Manchmal neigt man dazu, Positionen zu schließen. Zum Beispiel beim dreifachen Hexensabbat, wenn Aktienoptionen, Aktienindexoptionen und Index-Futures alle am selben Tag auslaufen, denn an solchen Tagen ist die Volatilität notorisch hoch. An Tagen vor Feiertagen sind die Umsätze in der Regel dünn, eine Aktie könnte also zu stärkeren Kursschwankungen neigen als sonst. Jahrestage von Crash-Ereignissen machen Investoren sehr nervös. Und schließlich können auch Gewinnmeldungen und Gewinnwarnungen riesige Kursbewegungen auslösen. Ich kümmere mich um Gewinnmeldungen nur, wenn ich daran denke, eine Aktie zu kaufen. Wenn ich weiß, dass in einigen Wochen Ergebnisse veröffentlicht werden, verschiebe ich den Trade meist und sehe mir die Aktie danach noch einmal an. BEWEGLICHE STOPS Ein beweglicher Stop, international Trailing Stop genannt, ist vielleicht der nützlichste unter allen Stops. Er bedeutet, dass man den Stop nach oben anpasst, wenn die Aktie steigt. Ich kenne keinen Mechanismus, wie man das automatisch tun könnte. Man muss eben den alten Stop löschen und einen neuen setzen, entsprechend dem neuen Kurs. Nehmen wir an, die Aktie in Abbildung 4.3 interessiert Sie. Von Dezember bis April haben Sie beobachtet, wie sich ein komplexer Kopf-Schulter-Boden bildete. Als die Aktie oberhalb der Nackenlinie schließt, entscheiden Sie sich für einen Kauf am nächsten Tag. Sie erhalten die Titel zu 13,50, dem Schlusskurs des Tages. Gleich nach dem Kauf denken Sie über einen Stop nach. Sie wissen aus Erfahrung, dass die niedrigste Schulter ein guter Punkt für einen Stop-Loss-Auftrag ist, in der Abbildung als Punkt 1 markiert. Ein Stop von 0,15 unterhalb des Schultertiefs, bei 10,11, würde einen Verlust von 25 Prozent bedeuten, ehe der Stop ausgelöst wird. Das ist zu viel, also suchen Sie nach einem engeren Stop.

9 88 Stops, BATS und Verkauf Abbildung 4.3: Ein beweglicher Stop. Ziehen Sie den Stop nach, wenn der Kurs steigt, aber denken Sie daran, den alten Stop zu löschen. Punkt 2 markiert einen viel versprechenden Kaufpunkt, sobald der Kurs darüber schließt. Ein Stop bei Punkt 2 bedeutet ein immer noch zu hohes Verlustrisiko von 18 Prozent, aber er erscheint recht sicher, also setzen Sie Ihren Stop auf diesem Niveau. An den nächsten beiden Tagen sinkt der Kurs, und Sie fragen sich, ob die Aktie weiter fällt und Ihr Stop ausgelöst wird. Aber die Aktie erholt sich. Als im Juli eine horizontale Kursbewegung beginnt, machen Sie sich Sorgen über ein mögliches abgerundetes Top. Daher ziehen Sie den Stop bis direkt unter die Nackenlinie nach, bei 12,88 (Punkt 3). Da die Aktie bei 15 notiert, liegt der Stop 14 Prozent tiefer, aber es gibt keine attraktiven engeren Stop-Punkte. Statt ein abgerundetes Top auszubilden, sammelte die Aktie lediglich Kraft für die nächste Aufwärtsbewegung. Sie schießt über das Top der horizontalen Konsolidierungsformation hinaus, die sich im Juli und im August gebildet hatte, und steigt bis 19, ehe sie sich im September wiederum seitwärts bewegt. Sie halten die Zeit für gekommen, den Stop auf Punkt 4 nachzuziehen, direkt unterhalb der Konsolidierungszone. Vom aktuellen Kurs bei 19 bis Punkt 4 (14,61) muss die Aktie um 23 Prozent sinken, um ausgestoppt zu werden. Normalerweise würde man den Rückschlag auf zehn Prozent

10 Break-even-Stops 89 begrenzen, aber es gibt keinen logischen Punkt für einen solchen Stop. Wenn die Aktie zu 14,61 verkauft wird, bedeutete dies einen Gewinn von nur acht Prozent ohne Einbeziehung der Gebühren. Die Aktie sinkt bis Punkt 5, steigt dann an und erreicht Punkt 6. Endlich gibt es ein gut definiertes Zwischentief, das man als Stop-Niveau verwenden kann! Sie rufen Ihren Broker an, löschen den alten Stop und erhöhen ihn auf 17,85, also 0,15 Punkte unter Punkt 5. Das bedeutet einen wesentlichen besseren Stop mit einem möglichen Verlust von fünf Prozent, gemessen am aktuellen Kurs von 18,75. Erneut steigt die Aktie in einer stufenartigen Bewegung von Punkt 6 bis Punkt 7. Sie ziehen den Stop auf 0,15 Punkte unter Punkt 6 nach, der das nächstliegende Zwischentief repräsentiert. Sie ziehen eine Trendlinie zwischen 5 und 6 und dehnen sie in die Zukunft aus, wie in der Abbildung gezeigt. Als der Kurs bei Punkt 8 unterhalb der Trendlinie und unterhalb des Zwischentiefs bei Punkt 7 schließt, halten Sie den Verkaufszeitpunkt für gekommen. Am nächsten Tag löschen Sie den Stop und verkaufen Ihre Aktien zu 20. Gemessen am Kaufkurs von 13,50 ist das ein Gewinn von fast 50 Prozent. Monate später sehen Sie sich die Aktie an und entdecken Folgendes: Wenn man eine Trendlinie ab dem tiefsten Tief im Chart zum Kopf der komplexen Kopf-Schulter-Formation zieht, verläuft sie entlang Punkt 4, Punkt 8 und geht weiter nach oben, ehe sie den Chart kurz nach einem Kopf-Schulter-Top schneidet. Hätten Sie zum Schlusskurs des folgenden Tages (24,60) verkauft, dann wäre Ihnen ein Gewinn von 82 Prozent sicher gewesen. Das Wichtige an diesem Trade ist, Ihnen zu zeigen, wie bewegliche Stops funktionieren, wie schwer es sein kann, gute Stop-Niveaus zu finden, und wie schwer es ist, in der Nähe des Höchstkurses zu verkaufen. Der Verkauf einer Aktie mit Gewinn ist wie die Bruchlandung eines Flugzeugs: Wenn man noch auf eigenen Beinen weggehen kann, war es eine gute Landung. BREAK-EVEN-STOPS Wenn Sie mit einem Trade genug Geld verdient haben, ziehen Sie den Stop auf Ihren Einstiegskurs nach. Das klingt wie ein guter Ratschlag, aber wie viel Geld brauchen Sie, ehe Sie den Stop anheben? Nehmen wir an, Sie haben eine Aktie bei 20 gekauft, und der Stop lag bei 18. Das Risiko lag bei zwei Dollar je Aktie (20 18). Wenn der Kurs derart steigt, dass sich das Verlustrisiko verdoppelt, ziehen Sie den Stop zum Einstandskurs nach. In diesem Beispiel löschen Sie den Stop bei 18 und setzen bei 20 einen neuen, wenn die Aktie über 24 schließt.

11 90 Stops, BATS und Verkauf Natürlich möchten Sie den Stop unterhalb einer Unterstützungszone platzieren, und daher ist 20 vielleicht nicht das optimale Niveau. Suchen Sie deshalb nach einer nahe gelegenen Unterstützung, und setzen Sie den Stop direkt darunter. Und ziehen sie ihn nach, wenn der Kurs weiter steigt. MENTALE STOPS Ein mentaler Stop wird wohl am öftesten angewendet, aber wenige Investoren haben diesen Ausdruck je gehört. Dieser Stop wird nicht dem Broker mitgeteilt, sondern er sitzt im Kopf. Ich verkaufe, wenn die Aktie auf zehn fällt, könnten Sie sagen. Anfänger werden aber wenn der Kurs tatsächlich auf zehn fällt eine Ausrede finden, um den Stop zu ignorieren und die Aktie zu halten, während sie weiter fällt. Profis nutzen mentale Stops, um sich vor den Tricks der Parketthändler zu schützen. Diese drücken den Kurs gern bis auf ein Unterstützungsniveau, bei dem sie zahlreiche Stops vermuten, was manchmal dazu führt, dass enorm viele Stops ausgelöst werden. Dann kaufen sie, wenn der Verkaufsdruck nachlässt und die Aktie steigt. Bei Bewegungen nach oben ist es nicht anders, denn dort werden Stops oberhalb von Widerstandszonen platziert. Wenn der Kaufdruck nachlässt, tendiert die Aktie nach unten. Mentale Stops sind meine Favoriten. Bevor ich einen Trade starte, ermittle ich das Kurspotenzial nach oben wie nach unten. Ich berechne den Stop-Loss und versuche, mögliche Verluste auf zehn Prozent oder weniger zu begrenzen. Wenn ich denke, dass die Aktie ein Top erreicht hat, oder wenn sie fällt, erteile ich eine unlimitierte Verkaufsorder. Früher habe ich Positionen von Aktien in kleinere Portionen unterteilt, weil ich im Lauf des Tages auf bessere Kurse hoffte, wurde aber enttäuscht. Heute verkaufe ich einfach die ganze Position. Wenn Sie mit mentalen Stops arbeiten, müssen Sie sich auch daran halten. Setzen Sie einen mentalen Stop niemals herunter, und legen Sie sich auch keine anderen Ausreden zurecht, um an der Position festzuhalten. Denken Sie an Bulkowskis Gesetz: Wenn eine Aktie fällt, verkaufe sie. Mehr muss man nicht wissen, um am Aktienmarkt Geld zu verdienen. BETA-ADJUSTIERTE BEWEGLICHE STOPS Oft ist ein vorheriges Zwischentief ein guter Punkt für eine Stop-Order. Andere Investoren möchten vielleicht zu einem bestimmten Prozentsatz verkaufen, zum Beispiel zehn Prozent unter dem Hoch. Wieder andere verlieren lieber einen bestimmten Geldbetrag, etwa ein oder zwei Prozent ihres gesamten Trading-Kapitals, wenn sie zum Verkauf gezwungen sind. Was aber, wenn man den Stop nicht am Kurs, sondern an der Volatilität der Aktie orientiert?

12 Beta-adjustierte bewegliche Stops 91 Dieses Konzept steht hinter dem Beta-adjustierten Trailing Stop (BATS). Beta ist eine Zahl, die die Volatilität einer Aktie mit der des Gesamtmarkts vergleicht. Aktien mit einem Beta von 1 sind ebenso volatil wie der Markt. Ein Beta von 1,5 bedeutet, dass sich die Aktie um 1,5 Prozent verändert, wenn sich der Markt um ein Prozent bewegt. Die Idee hinter BATS ist, einen Stop so weit entfernt zu platzieren, dass er durch die normale Intraday-Volatilität nicht ausgelöst wird. Die Ergebnisse meiner Nachforschungen finden Sie in Tabelle 4.1. Diese Tabelle ist ein wenig kompliziert, daher könnte es sein, dass Sie diesen Abschnitt überspringen möchten. Ich habe eine Häufigkeitsverteilung der Aktien in meiner Datenbank durchgeführt, sortiert nach dem Beta-Wert. So erhielt ich die Gesamtzahl der Aktien in jedem Beta-Bereich. Dann setzte ich bei jeder Aktie den durchschnittlichen Kursverlust (nur bei sinkenden Kursen) gemessen vom Tief des Vortags zum Tief des nächsten Tages in die Tabelle der Häufigkeitsverteilung. Das Ergebnis war eine Summe der durchschnittlichen prozentualen Kursrückgänge von Aktien in einer bestimmten Beta-Spanne. Ich dividierte die Summe durch die Häufigkeitssummen des vorherigen Schritts und multiplizierte die Ergebnisse mit fünf. Zu dieser Zahl fünf kam ich über Performance-Tests. Da Aktien an Kurstiefs volatiler sind als solche an Kurshochs, habe ich die Werte in der Tabelle entsprechend angepasst. Wie können Sie Tabelle 4.1 nutzen? Ermitteln Sie das Beta einer Aktie im Internet, bei Ihrem Broker oder in einer anderen Quelle. Diese Daten sind leicht erhältlich. Wenn Sie eine Aktie kaufen, verwenden Sie das Tageshoch nicht Ihren Kaufkurs Tabelle 4.1 Beta-adjustierte Trailing Stops Beta 0,4 0,41 0,61 0,81 1,01 1,21 1,41 1,61 oder bis bis bis bis bis bis bis Über weniger 0,6 0,8 1,0 1,2 1,4 1,6 1,8 1,8 (%) (%) (%) (%) (%) (%) (%) (%) (%) 10 oder weniger ,01 bis ,01 bis ,01 bis ,01 bis Mehr als

13 92 Stops, BATS und Verkauf und das Beta, um den angemessenen Stop-Loss-Prozentsatz in der Tabelle zu finden. Berechnen Sie den Stop, indem Sie den Prozentsatz auf das Tageshoch anwenden. Verkaufen Sie die Aktie, wenn sie unter dem Stop schließt. Ich will Ihnen ein Beispiel geben. Sagen wir, Sams Clam Cove hat ein Beta von 1,3 und ein Tageshoch von 39 am Tag des Kaufs. Laut Tabelle 4.1 notiert die Aktie im Preisbereich von 30,01 und im Beta-Bereich zwischen 1,21 und 1,4. Die Schnittstelle zwischen Zeile und Spalte ergibt einen Stop-Loss von 13 Prozent. Verkaufen Sie die Aktie, wenn sie unter 33,93 schließt oder 13 Prozent unter dem Tageshoch. Wenn die Aktie auf ein neues Hoch steigt, zum Beispiel auf 41, dann machen Sie die Berechnung neu und platzieren einen Stop zwölf Prozent unter 41, also bei 36,08. Wenn die Aktie neue Hochs erreicht, berechnen Sie den Stop-Loss-Prozentsatz neu und bewegen den Stop falls nötig nach oben. Sie dürfen den Stop aber niemals herabsetzen. Im vorherigen Beispiel muss der Stop bei 36,08 bleiben, auch wenn die Aktie von 41 auf 39 fällt und die Tabelle einen niedrigeren Stop nahelegt. Betrachten Sie noch einmal die Tabelle. Beachten Sie, wie der Stop-Prozentsatz mit wachsendem Beta steigt und mit steigenden Preisen fällt. So sollte es sein. Denken Sie auch daran, wie groß die Stop-Werte sind. Bei einer Neun-Dollar-Aktie mit einem Beta von 2,0 ist der Stop massive 18 Prozent entfernt. 18 Prozent Verlust ist das Doppelte dessen, was ich akzeptiere. Daher könnten Sie BATS als Worst-Case-Szenario betrachten. Wenn Sie ein BATS-Verkaufssignal erhalten, ist es Zeit zum Ausstieg, weil sich der Trend gedreht hat. Verkaufen Sie sofort. Wenn Sie eine hochvolatile Aktie besitzen, passen Sie die Tabelle entsprechend an, einschließlich der Spannen von Kurs und Beta. Passen Sie auch die Stop-Prozentsätze an, wenn sie Ihnen zu klein oder zu groß erscheinen. Dann setzen Sie Ihren Stop. DIE PLATZIERUNG VON STOPS UND VERKAUFSSIGNALE Sie können bei den Beispielen in diesem Kapitel und in den ersten drei Kapiteln dieses Buchs über die richtige Platzierung von Stops nachdenken. Einfach ausgedrückt: Setzen Sie den Stop unterhalb einer Unterstützungszone (bei Spekulationen auf steigende Kurse) oder oberhalb einer Widerstandszone (bei Leerverkäufen). Als Unterstützungsniveaus eignen sich ein nahe gelegenes Zwischentief, eine Trendlinie, eine Konsolidierung und andere technische Merkmale. Lesen Sie hierzu das Kapitel über Unterstützung, Widerstand und Trendlinien.

14 Die Platzierung von Stops und Verkaufssignale 93 Abbildung 4.4: Potenzielle Verkaufssignale. Alte Hochs, Trendliniendurchbrüche und Zwischentiefs senden Trading-Signale aus, wenn Sie einen Chart aufmerksam studieren. Nehmen wir an, Sie setzen auf steigende Kurse, führen also keinen Leerverkauf durch. Abbildung 4.4 zeigt eine ganze Reihe technischer Kennzeichen. Wir wollen sie uns der Reihe nach ansehen. Widerstand am alten Hoch. Wenn die Kurse auf ein altes Hoch steigen, in der Regel ein neues Jahreshoch, zumindest aber ein markantes Hoch, dann legen sie meist eine Pause ein. Aus dem Chart ist nicht klar ersichtlich, ob das Hoch vom Februar 2000 markant ist, aber die Aktie näherte sich mehrmals dem Niveau von 45, ehe sie es im Juni endlich durchbrach. Manchmal, zum Beispiel bei einem Doppel-Top, legen die Kurse beim zweiten Hoch nicht nur eine Pause ein, sondern fallen wesentlich tiefer. Wenn Sie den Großteil Ihrer Gewinne behalten wollen, oder wenn es sich um einen schnellen Trade handelt, setzen Sie einen Stop (also eine Verkaufsorder) direkt unter dem alten Hoch. Denken Sie daran, dass der Kurs in 65 Prozent der Fälle nicht unter das Bestätigungsniveau fällt (das tiefste Tief zwischen den beiden Hochs), sondern ein neues Hoch erreicht. Die 65 Prozent sind die Fehlerquote unbestätigter Doppel-Tops, wie ich in meinen Forschungen ermittelt habe.

15 94 Stops, BATS und Verkauf Unterstützung an einem Zwischentief. Wenn der Kurs auf das Niveau eines früheren Zwischentiefs fällt, stehen die Chancen auf eine Erholung gut, weil ein Zwischentief eine Unterstützungszone darstellt. Daher sind Zwischentiefs als Stop-Punkte so beliebt. Weil das aber jeder weiß, lösen Profis solche Stops gerne aus. Tails. Vielleicht ist dies die visuelle Darstellung des eben Gesagten. Eines ist klar: Ein Tail ist eine kurzfristige Trendumkehr. Zwei davon wollen wir uns in unserem Chart näher ansehen. Beide liegen im Dezember, und beide zeigen eine kurzfristige Trendumkehr. Als dies bei einer Aktie geschah, die ich besaß, musste ich beinahe die Unterwäsche wechseln. Ich sah im Vergleich zum Vortag einen Tail im Umfang von mehreren Punkten nach unten. Als der Markt öffnete, sah ich mir den Kurs an und wurde wieder ruhig. Die Aktie hatte sich bereits erholt, und der Kursrutsch war eigentlich eine gute Nachricht. Er bedeutete, dass die Verkäufer aus dem Markt gefegt worden waren. Es war nur noch Nachfrage da, die den Kurs nach oben trieb, was dann auch geschah. Manchmal ist ein Tail wirklich ein eintägiges Trendwendemuster mit großer Bedeutung für Investments. Solche Muster weisen bestimmte Merkmale auf. Näheres dazu in meinem Buch Enzyklopädie der Chartmuster. Trendlinienunterstützung. Bei Punkt A in der Abbildung durchstößt der Kurs die Aufwärtstrendlinie nach unten. Muss man sich Sorgen machen? Wohl nicht. Dergleichen signalisiert nur in 38 Prozent aller Fälle eine Trendwende. Mit anderen Worten: In zwei von drei Trades ist es ein Fehler, nach dem Bruch einer Trendlinie zu verkaufen, denn er signalisiert keine Trendwende, also einen Rückgang von mindestens 20 Prozent. Lesen Sie das Kapitel über Aufwärtstrendlinien (Kapitel zwei), um die Trendlinie zu bewerten. Vielleicht ist die Bewertung positiv. Dann wären eine Trendwende wahrscheinlich und der Verkaufszeitpunkt gekommen. Unterstützung bei runden Zahlen. Ich halte davon nicht viel, aber in der Abbildung gibt es eine Unterstützung bei 40 (in der Nähe der horizontalen Trendlinie). Sie sehen, dass die Hochs von Juli bis September bei etwa 50 lagen, von Dezember bis März bei etwa 60. Vielleicht ist an den runden Zahlen doch etwas dran! Nach meinen Erkenntnissen bilden sich Unterstützung und Widerstand in 22 Prozent aller Fälle in der Nähe von runden Zahlen. Fibonacci-Retracement. Die Erklärung der Fibonacci-Zahlen lasse ich aus. Sie besagen, dass Aktien oft 38, 50 oder 62 Prozent ihrer Gewinne wieder einbüßen. Ein Beispiel zeigen die Punkte 1, 2 und 3 in der Abbildung. Im Februar 2001 erreichte der Kurs ein Hoch von 60,75 (Punkt 1). Bis Punkt 2 war er auf ein Tief von 43,50 gefallen. Der Rückgang betrug 17,25 Punkte. Ein 38-Prozent-Retracement dieses Umfangs

16 Die Platzierung von Stops und Verkaufssignale 95 wäre ein Anstieg auf 50,06. Bei 50 Prozent wären es 52,13 und bei 62 Prozent 54,20. Punkt 3, das Top der Kursreaktion, liegt bei 51,63 ein Anstieg von 47 Prozent, der nicht weit von der 50-Prozent-Marke entfernt ist. Diese Zahlen muss man nicht bis auf die Nachkommastellen beachten. Manche sprechen einfach von Retracements um ein Drittel, die Hälfte oder zwei Drittel. Noch stärkere Bewegungen signalisieren wahrscheinlich eine Trendwende. Gemessene Bewegung. Da in diesem Buch schon von einer gemessenen Aufwärtsbewegung (auch Measured Move Up oder MMU genannt) die Rede war, kann ich Ihnen auch zeigen, wie so etwas aussieht. Abbildung 4.5 zeigt eine MMU. Sie beginnt an Punkt 1, die Korrekturphase liegt zwischen den Punkten 2 und 3, und die zweite Phase der Aufwärtsbewegung endet bei Punkt 4. Kennzeichnend für eine MMU ist, dass der Umfang der Kurssteigerungen oder die Länge beider Aufwärtsphasen in etwa gleich ist. Nach einer MMU fällt der Kurs oft wieder auf das Niveau der Korrekturphase zurück (hier zwischen 2 und 3). Abbildung 4.5. Eine gemessene Aufwärtsbewegung (MMU). Der Kurs steigt von 1 bis 2, korrigiert zwischen 2 und 3 und steigt dann bis 4, was die gemessene Aufwärtsbewegung vollendet. Punkt 5 zeigt einen Rückschlag bis zum Korrekturniveau (2 bis 3).

17 96 Stops, BATS und Verkauf Manchmal folgt auf eine MMU eine weitere, manchmal umfasst auch eine größere MMU eine kleinere. Wenn eine Aktie stufenartig ansteigt und dann zurückfällt, kann sie bis zum Korrekturniveau sinken. Es kann ratsam sein, sofort zu verkaufen (nahe Punkt 4), statt den Rückgang (bis Punkt 5) auszusitzen. Sie können immer noch zu niedrigeren Kursen wieder einsteigen. Geradliniger oder schneller Kursanstieg. Manchmal schießen Kurse nach oben, meist einige Tage ohne eine Pause, die dann erst am Ende der Bewegung folgt. Dort konsolidiert der Kurs, bildet manchmal ein Diamanten-Top, ehe er wieder auf sein Ausgangsniveau zurückfällt. Es ist so, als könne die Aktie die Höhenluft nicht ertragen. Wenn Sie je in einem solchen Aufzug sitzen, sollten Sie in der Nähe des Tops aussteigen. Warten Sie nicht ab, bis das Kabel reißt und Sie sich inmitten eines Absturzes einen Ausweg bahnen müssen. Wenn eine Aktie sich nicht so verhält wie erwartet, verkaufen Sie sie. Ich habe diese Lektion auf die harte Tour gelernt, als ich nach einem teilweisen Rückgang im Anschluss an ein sich verbreiterndes Top einstieg. Die Wahrscheinlichkeit sprach für eine Kurswende und einen unmittelbaren Ausbruch nach oben. Das geschah aber nicht. Der Kurs stieg wieder bis zur oberen Trendlinie, dann fiel er. Ich verkaufte zu einem tieferen Kurs. Wenn sich ein Chartmuster nicht wie erwartet verhält, verkaufen Sie Ihre Position und suchen Sie nach besseren Chancen. Erneute Rallys mit sinkenden Umsätzen ein Chartmuster, das auf eine Top-Bildung hinweist. Zum Beispiel gibt es bei Kopf-Schulter-Tops meist an der linken Schulter die höchsten Umsätze, am Kopf niedrigere und an der rechten Schulter die niedrigsten. Wenn der Kurs unterhalb der Nackenlinie schließt, ist es Zeit, das Licht auszumachen. Die Aktie tendiert nach unten. Wenn Sie denken, dass ein Stop ausgelöst wird, warum verkaufen Sie dann nicht sofort? Ich stand bei einem Investment in Southwest Airlines vor dieser Situation. Mehr darüber in Kapitel elf über Kopf-Schulter-Tops. Nachdem sich die Aktie nicht wie erwartet entwickelt hatte, dachte ich, sie werde fallen. Also verkaufte ich sofort, statt zu warten, bis mein Stop ausgelöst wurde. Das war eine gute Idee, die mir statt eines größeren Verlusts einen kleinen Gewinn einbrachte. Wenn man keinen engen Stop setzen kann, ist die Aktie zu teuer. Das geschieht manchmal bei Aktien, die ich kaufen will: In der Nähe des aktuellen Kurses gibt es kein Zwischenhoch oder eine andere Unterstützungszone, wo man einen Stop platzieren könnte. Ich habe schon Trades unterlassen, bei denen das Verlustrisiko (der Abstand zwischen Kaufkurs und Stop) den möglichen Gewinn überstieg (in der Regel ermittelt anhand der Messregel in Kombination mit Widerstandszonen). Suchen Sie sich eine chancenreichere Aktie, oder warten Sie, bis der Kurs gesunken ist. So können Sie einen engeren Stop setzen. Oder haben Sie es wirklich so eilig, Geld zu verlieren?

18 Die Platzierung von Stops und Verkaufssignale 97 Nullkosten-Averaging. Dies ist kein Kauf- oder Verkaufssignal, sondern eher eine Technik des Money Managements. Wenn der Kurs einer Aktie deutlich über den Einstandskurs gestiegen ist, können Sie so viele Stücke verkaufen, dass der Kaufpreis abgedeckt ist. Wenn Sie zum Beispiel 300 Stück einer Aktie zu zehn kaufen, beträgt Ihr Kaufpreis Dollar. Die Aktie steigt auf 15. Was tun Sie? Sie verkaufen 200 Aktien für Dollar und halten danach noch 100 Stück, die Sie effektiv nichts gekostet haben. Mit anderen Worten: Die Aktie könnte auf null fallen, und Sie würden trotzdem kein Geld verlieren. Daher auch der Name Nullkosten-Averaging. Bevor Sie nun Ihr millionenschweres Depot mit dieser Technik liquidieren, denken Sie auch an die Steuern. Wenn Sie die Aktien länger halten, sparen Sie eventuell Steuern, und wenn Sie nicht verkaufen, zahlen Sie gar keine! Steuerlich bedingte Verkäufe. Wenn der August naht, denke ich schon an die turbulenten Monate September und Oktober und unvermeidlicherweise auch an die steuerlich bedingten Verkäufe am Jahresende. Wenn ich eine Aktie habe, die in der Verlustzone steht, verkaufe ich sie meist vor Jahresende, um meine Gewinne steuerlich auszugleichen. Also verkaufe ich meine Verlierer und behalte die Gewinner. Aber denken Sie daran, dass alle anderen auch so handeln, einschließlich Fonds und anderer institutioneller Anleger. Verkaufen Sie also lieber früher, wenn Sie einen guten Kurs erzielen wollen. Chartmuster-Stops. Tabelle 4.2 zeigt, wie man Stops setzt, um massiven Verlusten vorzubeugen. Manchmal werden Sie allerdings engere Stops bevorzugen. Eine nahe gelegenes Zwischentief oder eine Konsolidierungszone eignet sich gut dafür.

19 98 Stops, BATS und Verkauf Tabelle 4.2 Platzierung von Stops bei Chartmustern zur Vermeidung massiver Verluste Chartmuster Platzierung von Stop-Loss-Orders Sich verbreiterndes Top, 0,15 $ unterhalb der Ausbruch nach oben oder unten gegenüberliegenden Trendlinie Diamant-Top, Ausbruch nach oben oder unten Doppelboden, Ausbruch nach oben Doppel-Top, Ausbruch nach unten Kopf-Schulter-Boden, Ausbruch nach oben Kopf-Schulter-Top, Ausbruch nach unten Rechteck, Ausbruch nach oben oder unten Ansteigende Muschelformation, Ausbruch nach oben Absinkende Muschelformation, Ausbruch nach unten Ansteigendes Dreieck, Ausbruch nach oben Absinkendes Dreieck, Ausbruch nach unten Symmetrisches Dreieck Dreifachboden, Ausbruch nach oben 0,15 $ unterhalb der gegenüberliegenden Trendlinie 0,15 $ unterhalb des niedrigsten Bodens 0,15 $ über dem höheren Top 0,15 $ unter der niedrigsten Schulter Über dem niedrigeren Schultertief oder über der Nackenlinie. Den höheren Wert von beiden auswählen. 0,15 $ unterhalb der gegenüberliegenden Trendlinie 0,15 $ unterhalb des Muscheltiefs 0,15 $ über dem rechten Muschelrand 0,15 $ unter der geneigten Trendlinie oder dem nächstgelegenen Zwischentief 0,15 $ unter der horizontalen Trendlinie Bei Ausbruch nach oben: 0,15 $ unter dem Formationstief. Bei Ausbruch nach unten: 0,15 $ über dem Formationshoch 0,15 $ unter dem niedrigsten Tief Dreifach-Top, 0,15 $ über dem höchsten Hoch Ausbruch nach unten

20 Verkaufshinweise 99 VERKAUFSHINWEISE Als Investor und Autor habe ich einige Techniken angewandt, um die Scheu vor dem Kauf und dem Verkauf zu mildern. Bei Käufen frage ich mich, ob der Trade es wert wäre, darüber zu schreiben. Wenn nicht, dann würde ich ihn wohl unterlassen. Ein weiterer Trick ist die Vorstellung, man gebe gerade einen Kurs über Investitionen. Was würden Sie der Klasse raten? Verkaufen oder halten? Wenn die Antwort verkaufen lautet, dann sollten Sie das auch tun. Wenn Ihnen dieses Beispiel nicht gefällt, nehmen Sie Ihre Mutter. Wenn eine Aktie sinkt, würden Sie ihr dann raten, zu halten, weitere Stücke zu kaufen oder den Schrott abzustoßen? Bevor Sie antworten, denken Sie daran, dass sie Rentnerin ist, mit einem fixen Einkommen, und ihr Geld braucht, um sich Luxusgegenstände wie Lebensmittel zu kaufen. Sicher können Sie sich auch andere Situationen ausmalen, die zu Ihnen passen. Stellen Sie sich vor, Sie seien der Finanzchef eines Unternehmens, das Aktien besitzt, die gerade fallen. Wenn ein Mitarbeiter Sie fragt, was man nun tun sollte, wie lautet Ihre Antwort? Folgen Sie Ihrem eigenen Rat. Manche schlagen auch vor, man solle sich fragen, ob die Aktie jetzt noch kaufenswert sei. Wenn die Antwort nein lautet, sollten Sie verkaufen. Meiner Meinung nach ist diese Technik aber zu drastisch, denn sie läuft darauf hinaus, dass Sie Ihre Gewinner verkaufen.