Soziale Ungleichheit und Erkrankungsrisiken - präventive Ansätze. Karin Siegrist
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1 Soziale Ungleichheit und Erkrankungsrisiken - präventive Ansätze Karin Siegrist 2009
2 Der Untergang der Titanic: wer wurde gerettet? Die Passagiere des Oberdecks hatten größere Überlebenschancen als die des mittleren; auf dem unteren aber war man so gut wie verloren. Ist das in Ordnung so?
3 Die wichtigsten Determinanten der Gesundheit Physisches und soziales Umfeld Gesundheitsbezogenes Verhalten Gesundheit Genetischer Code und Genexpression Prä- und postnatale Gefährdungen
4 Der Faktor Ungleichheit ist omnipräsent Ungleichheit ist neurobiologisch wirksam. Ledoux: The Synaptic Self oder Ich bin meine Synapsen ; zwei Seiten einer Medaille: neuronale Netze und Lebensund Lerngeschichte
5 Ungleichheit beeinflußt Erkrankungsrisiken Soziale Ungleichheit und Morbidität : es gibt einen deutlichen Schichtgradienten z.b. bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Depression (gilt für Deutschland, die meisten europäischen Länder, USA und Kanada) Soziale Ungleichheit und Mortalität: die Lebenserwartung steigt mit dem sozioökonomischen Status (SES)
6 Ungleichheit und Erkrankungsrisiken: neuere Studien aus England Debt, income and mental disorder in the general population; Jenkins, Bhugra, Bebbington et al, 2008: Niedriges Einkommen und stärker noch Schulden erwiesen sich in einer repräsentativen Bevölkerungsstudie assoziiert mit psychischen Störungen (Diagnosen auf der Basis klinischer Interviews)
7 Die WHO zu Ungleichheit: Die WHO Commission on Social Determinants of Health kommt in ihrem Programm Closing the Gap in a Generation: Health Equity through Action on the Social Determinants of Health : Inequities are killing people on a grand scale.
8 Zusammenhang zwischen sozialer Schicht und Lebenserwartung Massiver Unterschied der Lebenserwartung zwischen niedrigster und höchster Sozialschicht (Daten für Männer im Zeitraum ): Schweiz: 4,4 Jahre Finnland: 6,9 Jahre Großbritannien: 9,5 Jahre Sozialer Gradient von Krankheit und Frühsterblichkeit: je niedriger die soziale Schichtzugehörigkeit, desto höher Morbidität und Mortalität Wachsende Kluft Wachsende Kluft zwischen sozial privilegierten und sozial benachteiligten Gruppen (z.b. Einkommensdisparität)
9 Sterblichkeit vor dem 65. Lebensjahr nach Einkommen und Geschlecht: Deutschland Männer Quelle: T. Lampert et al 2007; SOEP
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12 Sozioökonomischer Status der Eltern und Gesundheit der Kinder Ein Beispiel: Der SES der Eltern beeinflußt den level des morgendlichen Cortisols im Speichel der Kinder (6 16J) und kognitive Funktionen (Gedächtnis, Aufmerksamkeit, Sprache). Das erhöhte Cortisol könnte eine Rolle spielen bei der Vermittlung des Effekts von SES und psychischer Gesundheit. (Lupie et al 2001)
13 Sozioökonomischer Status der Eltern und Gesundheit der Kinder Der SES der Eltern beeinflußt die Hirnentwicklung der Kinder. Niedriger SES war in einer Reihe von Studien zu neurokognitiven Funktionen (Verhaltensindikatoren, elektrophysiologische und neuroimaging Methoden) assoziiert mit verminderten Leistungen, insbesondere in Bezug auf Sprache und exekutive Funktionen (PFC) (Hackman, Farah, 2008)
14 Effekte sozialer Ungleichheit durch präventive Strategien abmildern Ansatzpunkte von Therapie und Prävention: Frühe adversive Erfahrungen Gegenwärtige psychosoziale Belastungen Zu mobilisierende Ressourcen Ebenen: Individuum: Arzt, Therapeut Setting: (Familie, Betrieb, Schule): Public Health Bevölkerungsbezogen: (Gemeinde): Public Health
15 Ist primäre Prävention möglich? Ansatzpunkte einer Prävention: z. B. sozial deprivierte Schwangere Beachten: Prävention zahlt sich erst nach Jahren und Jahrzehnten aus
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17 Die wirksamste Prävention in der Psychiatrie (nach Warner, 2003) möglicherweise keine psychiatrische, sondern eine allgemeinmedizinische und soziale; Effekte z.b.: Reduktion von Kindes-Missbrauch und Vernachlässigung durch Hausbesuchsprogramm (Krankenschwestern) bei jungen deprivierten Schwangeren Reduktion von Frühgeburten; Anstieg der Schulabschlüsse der Eltern
18 Prävention - wie? Empfehlungen der WHO (Ottawa Charta) Belastungen senken und Ressourcen fördern; z.b. Schüler so unterstützen, daß das Rauchen weniger wichtig wird Dazu unspezifische Interventionen organisieren, von denen keine direkten Effekte zu erwarten sind, die aber belohnend wirken und allgemeine Ressourcen fördern wie Selbstwertgefühl, soziale Kompetenzen und Kontrollüberzeugungen. Soziale Netzwerke nutzen. (Nach Rosenbrock, Kümpers, 2006)
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