vom Sonntag, 29. Oktober 2006
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- Pia Schulz
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1 Unfalluntersuchungsstelle Bahnen und Schiffe UUS Service d enquête sur les accidents des transports publics SEA Servizio d inchiesta sugli infortuni dei trasporti pubblici SII Jean Gross 18. Juni 2007 Reg. Nr Schlussbericht der Unfalluntersuchungsstelle Bahnen und Schiffe über den Personenunfall bei Zug (ex CIS 152, ETR 470 Pendolino) der CISALPINO AG vom Sonntag, 29. Oktober 2006 in Zürich HB / Vorbahnhof Jean Gross Utikonerstr Schlieren Tel , Mobile Fax jean.gross@uus.admin.ch
2 Dieser Bericht wurde ausschliesslich zum Zweck der Verhütung von Unfällen beim Betrieb von Eisenbahnen, Seilbahnen und Schiffen erstellt. Die rechtliche Würdigung der Umstände und Ursachen von Unfällen ist nicht Gegenstand der vorliegenden Untersuchung gemäss Art. 25 der Verordnung über die Meldung und Untersuchung von Unfällen und schweren Vorfällen beim Betrieb öffentlicher Verkehrsmittel (VUU, SR ). 0. ALLGEMEINES 0.1 Kurzdarstellung Am Sonntag, 29. Oktober 2006 wurde ein Reisender, welcher irrtümlicherweise in die Leerkomposition (Zug Zürich PB Zch Herdern) des in Zürich endenden Zuges 152 der CISALPINO AG einsteigen wollte, von der sich schliessenden Aussentüre eingeklemmt und mitgeschleppt. Kurz vor dem Tunnel (Südeinfahrt, Gleis 14) konnte er sich befreien und fiel auf das Schotterbett. Er erlitt dabei schwere Verletzungen. Zürich Herdern Abstellanlage Zürich PB Tunnel Südunterfahrung 0.2 Untersuchung Die Unfalluntersuchungsstelle UUS wurde um Uhr durch die Meldestelle REGA über das Ereignis informiert. Der pikettdienstleistende UUS-Mitarbeiter Michel Ansermet informierte Untersuchungsleiter Jean Gross, welcher unverzüglich an den Unfallort ausrückte. Der Untersuchungsbericht der UUS fasst die Ergebnisse der durchgeführten Untersuchungen zusammen. 1. FESTGESTELLTE TATSACHEN 1.1 Vorgeschichte Zug 152 (Pendolino der CISALPINO AG) verkehrte mit ca. 30 Minuten Verspätung von Milano nach Zürich HB. Der Lokführer (Lf) übernahm den Zug von seinem Kollegen in Bellinzona um ca Uhr. Die Fahrt von Bellinzona nach Zürich HB verlief ohne besondere Vorkommnisse. Zug 152 fuhr um ca Uhr in Zürich PB Gleis 5 ein. 2/13
3 Bild Verlauf der Fahrt ETR 470 in Zürich Personenbahnhof Nach Ankunft von Zug 152 wechselte der Lf den Führerstand. In der Zwischenzeit verliess das Zugs- und das Speisewagenpersonal die Zugskomposition. Ein Reisender mit Ziel Tessin bestieg irrtümlicherweise den in Gleis 5 stehenden Pendolino obwohl gemäss Zeugenaussagen auf den Abfahrtanzeigern die Information Bitte nicht einsteigen aufgeschaltet war. Er deponierte sein Gepäck im Wagen BAH und stieg wieder aus, um auf dem Perron eine Zigarette zu rauchen. Mit der Fahrtstellung des Signals verriegelte der Lf die Türen und setzte den Leerzug in Bewegung. Die normalerweise für die Abfertigung des Zuges verantwortliche Fahrdienstleiterin befand sich bei einem medizinischen Notfall in Gleis 7. Sie hat den Lf von Zug vorgängig mündlich beauftragt, bei Fahrtstellung des Abfahrsignals abzufahren. Da der ETR 470 über keine Rückspiegel verfügt, konnte der Lf den Zug visuell nicht überprüfen. Als der Reisende bemerkte, dass sich die Türen des Pendolino schlossen, sprang er auf das Trittbrett und versuchte sich festzuhalten. Die schliessende Türe klemmte seinen rechten Arm ein. Er wurde mitgeschleppt. Kurz vor der Einfahrt in den Unterfahrungstunnel gelang es ihm, seinen Arm zu befreien. In der Folge stürzte er und erlitt dabei schwere Verletzungen (Gleispläne siehe Anlagen 1 und 2). Der Lokführer des nachfolgenden Zuges sah den Mann winken, hielt an und leistete erste Hilfe. Er verständigte zudem das BLZ Aussage des Lokführers (Zusammenfassung): Ich kam vom Tessin her und hatte eine Verspätung von ca. 30 Minuten. Ich rüstete den Führerstand ab und stieg aus dem Führerstand (BAC 052) um mich zum andern Führerstand (BAC 002) zu begeben. Dabei traf ich auf den Zugführer. Dieser bestätigte mir, dass alles in Ordnung sei. Danach sah ich das Speisewagenpersonal. Ich fragte sie, ob sie fertig seien, was sie mir bestätigten. Höhe Führerstand drehte ich mich um und sah die Kondukteurin aus dem Zug steigen und vom Zug weggehen. Dies bedeutete für mich, dass alles in Ordnung war. Ich stieg in den Führerstand und rüstete den Zug auf. Als der Zug für mich aus technischer Sicht abfahrbereit war, verriegelte ich die Türen des Zuges und stieg erneut aus, um die drei Stirnlampen von aussen zu kontrollieren. Gleichzeitig kam die Perronaufsicht und fragte mich, ob ich abfahrbereit Richtung Herdern sei. Dies beantwortete ich mit ja. Sie gab mir zur Antwort: Wenn das Signal offen ist, kannst Du abfahren. Der Grund, weshalb sie mir die Abfahrerlaubnis mündlich mitteilte war, dass sie einen medizinischen Notfall auf einem andern Gleis hatte. 3/13
4 Ich quittierte die Abfahrerlaubnis mit dem Wortlaut: Verstanden, wenn das Signal offen ist, kann ich abfahren. Ich stieg wieder in den Führerstand und wartete auf die Fahrtstellung des Signals. Es verging einige Zeit, so zwischen 3 5 Minuten. Während dieser Zeit öffnete ich die Türverriegelung erneut, was einer internen Weisung entspricht, sodass die Bediensteten einsteigen konnten um mit ihren Arbeiten zu beginnen (Reinigung, Platzreservierungen Folgetag). Nach einiger Zeit ging nun aber das Hauptsignal auf. Ich verriegelte die Türen und fuhr ab. Ich war der Ansicht, dass die Türkontrolllampe geleuchtet hat. Das Hauptsignal zeigte Fahrbegriff 6, was bedeutete, Abschnitt offen, das nächste Signal zeigt Halt. Kurz vor Vorbeifahrt an diesem Signal wechselte dieses auf Fahrbegriff 2 was nun bedeutete, dass das kommende Signal offen oder auf Warnung stehen würde. Für mich bedeuteten diese Signale, dass ich mit max. 40 km/h ausfahren darf. Ich setzte meine Fahrt fort und stellte fest, dass auf Höhe der Langstrassenunterführung das Signal auf Warnung stand. Gleichzeitig reduzierte ich meine Geschwindigkeit auf etwa km/h und fuhr Richtung Tunnel Süd-Einfahrt und tastete mich vorsichtig auf das nächste Hauptsignal, welches sich an der untersten Stelle des Tunnels befindet, hin. Ca. 10 m vor diesem Hauptsignal wechselte der Fahrbegriff auf Grün, Ausführung 40. Das heisst für mich, dass ich wieder auf 40 km/h beschleunigen durfte. Auf Höhe des Bahnhofes Hardbrücke erhielt ich von der Betriebsleitzentrale (BLZ) einen Funkruf, mit welchem ich auf einen Zugsurfer am Zug auf der linken Seite aufmerksam gemacht wurde. Ich bestätigte dieses Funkgespräch. Gleichzeitig erhielt ich auf dem Funkkanal S einen Funkruf vom Zentralstellwerk Zürich (ZSW), dass sich eine Person in Fahrtrichtung links im hinteren Zugsteil an einer Türe festklammere. Ich hielt den Zug sofort an und sicherte ihn. Als ich stillgestanden bin, stellte ich eine Türstörung am Wagen 4 im Display rechts (Störungsmonitor) fest. Ich begab mich nach draussen und kontrollierte den Zug. Am vierthintersten Wagen stellte ich fest, dass ein Trittbrett ausgefahren war. Ich lief noch weiter nach hinten und stieg wieder in den Zug ein. Auf dem Weg zum Führerstand traf ich den Bediensteten, welcher die Platzreservationen vornahm. Ich fragte ihn, ob er irgendwelche Unregelmässigkeiten festgestellt habe, was er verneinte. Ich begab mich wieder auf den Führerstand und meldete meine Feststellungen am Funk und erfragte die Bewilligung zur Weiterfahrt. Als diese kurze Zeit später kam, fuhr ich nach dem Verriegeln der Türen und trotz nicht leuchtender grüner Türmeldelampe mit dem Zug ins Abstellgleis. Aussage des Zugschef von Zug 2385 (Zusammenfassung): Ich stand im Sektor C an der Spitze von Zug 2385 und bemerkte, dass sich der Cisalpino nach dem Ertönen eines Summtons in Bewegung setzte. Ungefähr Mitte Zug erkannte ich eine Person, welche dem Zug nachrannte. Als er näher kam sah ich, dass der Mann am Zug eingeklemmt war. Ich begab mich näher an den ausfahrenden Zug und gab Haltesignale, welche vom Lokführer aber nicht wahrgenommen wurden. Die Person versuchte, sich mit dem linken Arm und dem linken Fuss zu sichern. Ich nahm das Diensthandy und verständigte das OCP Bern und das BLZ (Notnummer). Beide Anrufe wurden unmittelbar entgegengenommen. Der Zugchef im Sektor A beim Zug 2385 hat die Situation ebenfalls beobachtet. Aussage des Verunfallten (Zusammenfassung): Ich kam mit dem Zug von Bern im HB an und wollte nach Bellinzona weiterfahren. Ich lief zum Gleis 5 für den Zug nach Bellinzona. Ich las auf dem Tableau, dass der Zug von Gleis 5 nach Bellinzona fahre. Zusätzlich fragte ich eine Bahnangestellte auf dem Perron ob dies der richtige Zug nach Bellinzona sei, was sie mir bestätigte. Ich stieg um ca Uhr etwa in der Hälfte des Zuges ein und deponierte meine Tasche. Der Zug hätte um Uhr nach Bellinzona fahren sollen, also Zeit genug für eine Zigarette. Als ich meine Tasche deponiert hatte, stieg ich wieder aus und rauchte neben dem Zug meine Zigarette. Um Uhr bemerkte ich plötzlich, wie der Zug anfing zu rollen. Als der Zug los rollte, gingen die Türen zu. Ich versuchte noch hineinzuspringen wobei mich die Türe etwa auf der Höhe der rechten Schulter einklemmte. Mein rechter Arm und das rechte Bein waren im Zug und der Rest des Körpers ausserhalb. 4/13
5 Als der Zug losfuhr sah ich noch, wie ein SBB-Angestellter mich beobachtete. Der hat dann auch sofort gepfiffen, um den Lokführer zu warnen. Der Lokführer hat aber nicht reagiert und der Zug wurde immer schneller. Ich versuchte mit aller Kraft, die Türe zu soweit zu öffnen um einzusteigen. Kurz bevor der Zug in den Tunnel einfuhr, wurde der Zug etwas langsamer. In diesem Moment gelang es mir die Türe etwas zu öffnen und mich fallen zu lassen. Ich fiel ins Gleisbett und drehte mich aufgrund des Sturzes. Dabei geriet mein linker Fuss aufs Gleis und wurde überrollt. 1.3 Personenschäden Bahnpersonal Reisende Drittpersonen Schwer verletzt: Sachschäden am Rollmaterial und an der Infrastruktur des Bahnunternehmens Rollmaterial der CISALPINO AG: An der Türe 1 des Wagens BAH von Zug (ETR ) entstand geringer Sachschaden. Infrastrukturanlagen der SBB AG: An den Infrastrukturanlagen der SBB AG entstanden keine Schäden. 1.5 Sachschäden Dritter Dritte kamen beim Ereignis keine zu Schaden. 1.6 Beteiligte Personen Lokpersonal Lokführer SBB P. Er führte Zug 152 / Zugbegleiter Zugchef National, SBB P. Am 29. Oktober Zugchef von Zug 2385 (Zürich ab Uhr, Gleis 4). Fahrdienstleiterin Fahrdienstleiterin SBB BF. Sie hatte Dienst als Aufsicht Zürich Halle. Reisender Er erlitt beim Ereignis schwere Verletzungen. 1.7 Schienenfahrzeuge Eigentümer: Zugskomposition: Triebfahrzeug: Zugreihe / Bremsverhältnis: N 180% Ausgeschaltete Bremsapparate: Keine 1.8 Strassenfahrzeuge Strassenfahrzeuge waren keine am Ereignis beteiligt. CISALPINO AG, Bahnhofplatz 14/15, Postfach, 8023 Zürich. ETR , neunteiliger Pendelzug des Typs Pendolino. Führerstand BAC 052 (Seite Zürich), Führerstand 002 (Seite Zch Altstetten). 5/13
6 1.9 Wetter, Schienenzustand Nacht. Bedeckt, Schienen trocken Bahnsicherungssysteme Der Bahnhof Zürich HB ist mit einer Sicherungsanlage des Typs Siemens SpDrs 60 (Relaisstellwerk); Zürich Vorbahnhof mit einer elektronischen Sicherungsanlage des Typs SIMIS C ausgerüstet. Beide Stellwerke verfügen über gesicherte Rangierfahrstrassen und Zwergsignale. Das Triebfahrzeug ist mit der elektronischen Sicherheitssteuerung und mit der automatischen Zugsicherung mit Magnetfeldsonde sowie mit der Zugbeeinflussung ZUB 121 (SBB/BLS) ausgerüstet. Die Bahnsicherungssysteme haben normal funktioniert. Sie sind für den Verlauf des Ereignisses nicht relevant Zug- und Rangierfunk Die beiden Führerstände des ETR 470 sind mit dem Zugfunk 90 (ZFK 90) ausgerüstet. Die Funkgespräche werden nicht aufgezeichnet Bahnanlagen Die Hallengleise 3 18 in Zürich HB sind überdacht und liegen an Zwischen- oder Aussenperrons mit einer Höhe von 55 cm. Die Fahrgäste werden mittels Abfahrtsanzeiger und Lautsprecherdurchsagen informiert. Gemäss Zeugenaussagen war auf dem Abfahrtsanzeiger von Gleis 5 die Anzeige Nicht Einsteigen aufgeschaltet. Die Fahrt von Zug führte über die Langstrassenunterführung weiter durch das Tunnel (Gleise R 15 R25) und die Ueberwerfung Herdern (Gleis 795) in die Unterhalts- und Abstellanlage Herdern (Anlagen 1 und 2) Fahrdatenschreiber Der Triebzug ETR 470 ist mit einem Geschwindigkeitsmesser des Typs LOCOPAR 310 mit Registrierstreifen ausgerüstet. Die Fahrdaten wurden durch die UUS ausgewertet. Die Auswertung der Fahrdaten ergab, dass der Lf unmittelbar vor dem Ereignis mit einer Geschwindigkeit von max. 40 km/h gefahren ist und gegen den Tunnel zu (im Bereich Südeinfahrt) auf ca. 18 km/h abgebremst hat. Danach hat er wieder auf ca. 40 km/h beschleunigt, bis er auf der Ueberführung Herdern anhielt. Er hat somit die vorgeschriebene max. Geschwindigkeit von 40 km/h für diesen Streckenabschnitt nicht überschritten (Anlage 3). Aufgrund der Funkgespräche mit dem BLZ und dem FSZ Zürich hat der Lf den Zug auf der Ueberführung Herdern (Gleis 795) angehalten und äusserlich kontrolliert. Danach ist er weiter in die Abstellanlage Herdern gefahren Befunde an den Bahnfahrzeugen Die visuelle Kontrolle der am Ereignis beteiligten Schienenfahrzeuge durch den Untersuchungsleiter ergab folgende Befunde: Das Trittbrett bei der Türe 1 von Wagen BAH Nr war ausgefahren (Bild 2). Die Türe 1 von Wagen BAH Nr war unten ausgehängt (Bild 2). Die Türkontrolllampe (grüne Lampe) im Führerstand leuchtete nicht. 6/13
7 Der Türnotöffnungshebel war in der Stellung geschlossen, aber nicht plombiert. Die übrigen Türnotöffnungshebel im Wagen waren plombiert. (Bild 3). An der Türaussenseite waren Abdrücke von Schuhsohlen und Fingerabdrücke erkennbar. Diese Spuren wurden durch die Stadtpolizei Zürich gesichert (Bild 4). Bild 3 Bild 2 Ausgefahrenes Trittbrett Ausgehängte Türe Türnotöffnungshebel Bild 4 Bild 5 Spuren an der Türe Führerstand 1.15 Medizinische Feststellungen In Bezug auf medizinische Beschwerden der am Unfall beteiligten Personen ist nichts bekannt. Der Lokführer fühlte sich bei Dienstantritt fit. Beim Verunfallten wurden durch die Polizei eine Urin- und eine Blutprobe angeordnet. Ueber die Ergebnisse geben die Akten der Staatsanwaltschaft Auskunft Feuer Beim Ereignis trat kein Feuer auf Ueberlebensmöglichkeiten Da ab einer Geschwindigkeit von 4 km/h der Klemmschutz der Türe 1 nicht mehr aktiv geschaltet war, konnte sich der Verunfallte nur mit grosser Kraftanstrengung befreien. 7/13
8 1.18 Besondere Untersuchungen Die Türe 1 von Wagen BAH sowie die Funktion der Türkontrolllampe im Führerstand wurden am gleichen Abend durch die UUS und einen Techniker der CISAL- PINO AG überprüft. Für diesen Untersuch wurde die Türe nach den ersten Untersuchungen wieder in die untere Führungsschiene eingehängt. Beim Untersuch wurde folgendes festgestellt: Angetroffener Zustand: Das Trittbrett war ausgefahren, die Türe nicht ganz geschlossen und aus der unteren Führungsschiene ausgehängt. Der Türnotöffnungshebel war in der Grundstellung, die Plombe fehlte. Die grüne Türkontrolllampe leuchtete nicht. Die Türe wurde durch den Techniker der CISALPINO wieder eingehängt. Danach schloss sie wieder normal. Die Kontrolle durch die UUS im Beisein des Technikers der CISALPINO ergab, dass der Türmechanismus normal funktionierte. Der Klemmschutz funktionierte ebenfalls normal. Mit dem Betätigen des Türnotöffnungshebels liess sich die Türe problemlos öffnen. Bei offener Türe 1 von Wagen BAH leuchtete die grüne Türkontrolllampe im Führerstand BAC 002 nicht, bei geschlossener Türe leuchtete die grüne Kontrolllampe Informationen über Organisation und Verfahren Bei Zug handelt es sich um einen regelmässig verkehrenden Leerzug von Zürich HB nach Zürich Herdern Verschiedenes - Das am Ereignis beteiligten Bahnpersonal hat die arbeitsrechtlichen Bedingungen eingehalten. - Das Ereignis wird seitens der Strafverfolgungsbehörden durch die Kantonspolizei Zürich untersucht. 2. BEURTEILUNG 2.1 Technisches Die visuelle Kontrolle der am Ereignis beteiligten Schienenfahrzeuge durch den Untersuchungsleiter ergab folgendes: Die Türe 1 von Wagen BAH des ETR war unten ausgehängt, das Trittbrett war ausgefahren. Die grüne Türkontrolllampe im Führerstand leuchtete nicht. Nach dem Einhängen der Türe in die untere Führungsschiene funktionierte die Türe wieder normal Der Klemmschutz an den Türen des ETR 470 ist bis zu einer Geschwindigkeit von 4 km/h aktiv. Ueber 4 km/h wird die Zwangsschliessung aktiv, der Klemmschutz funktioniert nicht mehr. Dies erklärt, wieso sich der Verunfallte nur mit grosser Kraftanstrengung befreien konnte. Beim ETR 470 werden auch die Führerstandstüren überwacht. Die Abfahrt bei nicht grün leuchtender Türkontrolllampe ist möglich. 8/13
9 2.2 Betriebliches Der Lokführer öffnete die Türverriegelung während der Wartezeit in Gleis 5, um dem Reinigungspersonal und dem Bediensteten, welcher die Reservationszettel anbringt, den Einstieg zu ermöglichen. Im Gegensatz zum schweizerischen Rollmaterial, bei welchem der Zutritt für das Bahnpersonal mit dem Wagenschlüssel möglich ist, können beim ETR 470 Pendolino die Türen nur durch den Lokführer (oder mit der Türnotöffnung im Wageninnern) geöffnet werden. Die Türkontrolllampe im Führerstand des ETR 470 leuchtet grün, sobald alle Türen geschlossen und verriegelt sind. Bei den SBB ist es üblich, dass die rot leuchtende Türkontrolllampe offene Türen anzeigt. Bei erloschener Türkontrolllampe sind die Türen geschlossen und verriegelt. Der ETR 470 Pendolino verfügt über keine Rückspiegel. Dem Lokführer ist es nicht möglich, die Zugskomposition zu überblicken. Die Abfertigungsbeamtin musste sich zu einem medizinischen Notfall nach Gleis 7 (Zug 793) begeben. Sie hat daher dem Lokführer von Zug den Befehl erteilt, nach der Fahrtstellung des Ausfahrsignals abzufahren. Den Zug konnte sie daher visuell bei der Abfahrt nicht überwachen. 3. SCHLUSSFOLGERUNGEN 3.1 Befunde Die Bahnsicherungsanlagen funktionierten einwandfrei. Bei ausgehängter Türe und ausgefahrenem Trittbrett leuchtete die grüne Türkontrolllampe im Führerstand nicht. Nach dem Einhängen der Türe in die untere Führungsschiene funktionierte die Türe einwandfrei. Das Trittbrett bewegte sich ebenfalls wieder normal. Die Türkontrolllampe im Führerstand leuchtete bei geschlossener Türe und eingefahrenem Trittbrett grün, bei offener Türe und ausgefahrenem Trittbrett leuchtete die Türkontrolllampe nicht. Der Klemmschutz funktionierte normal. Die Abfahrt des Zuges Richtung Abstellanlage Herdern konnte durch die Fahrdienstleiterin nicht überwacht werden, da sie sich zu dieser Zeit bei einem medizinischen Notfall in Gleis 7 befand. Sie hat daher dem Lokführer den Abfahrbefehl mündlich erteilt (Abfahren, sobald das Ausfahrsignal Fahrt zeigt). 3.2 Ursache Das Ereignis ist mit grösster Wahrscheinlichkeit darauf zurückzuführen, dass Zug ohne Beachtung der Türkontrolllampe im Führerstand (grüne Lampe leuchtete nicht) in Zürich PB Richtung Zürich Herdern abgefahren ist und der Verunfallte auf den anfahrenden Zug aufsprang. 9/13
10 4. SICHERHEITSEMPFEHLUNGEN Keine Die Untersuchung wurde von Jean Gross geführt. Schlieren, 18. Juni 2007 Unfalluntersuchungsstelle Bahnen und Schiffe Jean Gross Untersuchungsleiter Fotos: UUS/grj 10/13
11 Anlage 1 Gleisplan Zürich Personenbahnhof 11/13
12 Anlage 2 Gleisplan Zürich Vorbahnhof 12/13
13 Anlage 3 Fahrdaten Zug (ETR 470) 13/13
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