Wie lange dauert eine Psychotherapie? Dipl.-Psych. Dr. Jule Frettlöh Neurologische Klinik und Poliklinik & Psychotherapiezentrum am Bergmannsheil
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- Leander Burgstaller
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1 Wie lange dauert eine Psychotherapie? Dipl.-Psych. Dr. Jule Frettlöh Neurologische Klinik und Poliklinik & Psychotherapiezentrum am Bergmannsheil Seite 1 Therapiedauer abhängig: a) vom jeweiligen Therapieverfahren b) vom festgelegten Therapieziel c) vom Störungsbild d) von den vorhandenen Ressourcen des Pat. bzw. von den zusätzlichen Risikofaktoren e) sowie von der Änderungsmotivation BGHW BG-Fobi: Klinik- Bergmannsheil und Reha-Ausschuss: Bochum 05/2015 Bochum 02/2015 Seite 2 1
2 a) Therapiedauer und Therapieverfahren Verhaltenstherapie: i.d.r. eine Sitzung (50 Min.) pro Woche, Dauer 25, bei 1/3 der Pat. auch 45 Sitzungen in besonderen Fällen bis zu 80 Sitzungen tiefenpsychlogisch fundierte Psychotherapie: meist eine Sitzung pro Woche; Dauer i.d.r. bis zu 50 Stunden, in besonderen Fällen bis zu 100 Sitzungen. analytische Psychotherapie: Dauer länger als alle anderen Therapieformen; meist zwei bis drei Sitzungen pro Woche, Dauer i.d.r. 160, in besonderen Fällen bis zu 300 Sitzungen BGHW BG-Fobi: Klinik- Bergmannsheil und Reha-Ausschuss: Bochum 05/2015 Bochum 02/2015 Seite 3 a) Therapiedauer und Therapieverfahren Verhaltenstherapie: i.d.r. eine Sitzung (50 Min.) pro Woche, Dauer 25, bei 1/3 der Pat. auch 45 Sitzungen in besonderen Fällen bis zu 80 Sitzungen tiefenpsychlogisch fundierte Psychotherapie: meist eine Sitzung pro Woche; Dauer i.d.r. bis zu 50 Stunden, in besonderen Fällen bis zu 100 Sitzungen. analytische Psychotherapie: Dauer länger als alle anderen Therapieformen; meist zwei bis drei Sitzungen pro Woche, Dauer i.d.r. 160, in besonderen Fällen bis zu 300 Sitzungen BGHW BG-Fobi: Klinik- Bergmannsheil und Reha-Ausschuss: Bochum 05/2015 Bochum 02/2015 Seite 4 2
3 Begriffsklärung: probatorische Sitzungen Bezeichnung Probatorik (lat.: probatoris), (engl.: probatory) bedeutet Versuch zur Klärung und bezeichnet die ersten 5 Sitzungen beim Therapeuten, diese werden vorrangig zur Klärung der Diagnose durchgeführt sowie zur Abklärung, ob die beabsichtigte Psychotherapie bei der vorliegenden psychischen Störung erfolgversprechend und die Zusammenarbeit zwischen Klient und Psychotherapeut tragfähig ist. BGHW BG-Fobi: Klinik- Bergmannsheil und Reha-Ausschuss: Bochum 05/2015 Bochum 02/2015 Seite 5 b) Therapiedauer und Therapieziel bei unfallreaktiven psychischen Störungen (z.b. Angststörung, Anpassungsstörung, PTBS, Schmerz-Erkrankung) zur Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit zur Symptombeseitigung zur Verbesserung eigener Bewältigungsstrategien zur Verbesserung der Krankheitsverarbeitung zur Verbesserung der Lebensqualität BGHW BG-Fobi: Klinik- Bergmannsheil und Reha-Ausschuss: Bochum 05/2015 Bochum 02/2015 Seite 6 3
4 c) Therapiedauer und Störungsbilder Angststörungen (phobische Störungen und andere Angststörungen) Reaktionen auf schwere Belastungen (PTBS) und Anpassungsstörung affektive Störungen (depressive Störungen) Schmerz-Verarbeitungsstörung BGHW BG-Fobi: Klinik- Bergmannsheil und Reha-Ausschuss: Bochum 05/2015 Bochum 02/2015 Seite 7 im behandelte Versicherte (n = 77) im Jahr 2014 Seite 8 4
5 im behandelte Versicherte (n = 77) im Jahr ,7% 37,7% 10,4% 5,2% Seite 9 im behandelte Versicherte (2013 bis 2015; n = 173) 16 Therapien > 25 Sitzungen (9,2%) (Ø = 39,4 Sitzungen) 25,0% 43,7% 31,3% Neuro-Psych (n = 4) PTBS (n = 5) Schmerz (n = 7) Seite 10 5
6 Herr N. (32 J., ledig, Lagerist) kurz und erfolgreich: (12/2012 Wegeunfall) - AU wegen HWS-Verstauchung, Arm-Verletzung anschl. AU wegen Angststörung (V.a. PTSD) - amb. Untersuchung in PT-Ambulanz im BH-Bo dort Diagnose: spezif. Phobie (Autofahrangst) - direkte Vermittlung an das - 01/2013 Beginn der Konfrontations-Therapie: sofortige Konfrontation mit der Unfallsituation Seite 11 Herr N. (32 J., ledig, Lagerist) insg. 6 Sitzungen (forciertes Vorgehen) - 1 Diagnostiksitzung - 1 Vorbereitungssitzung - 3 Fahrstunden (davon 2 mit Fahrschule) - 1 Abschluss-Sitzung - ab wieder arbeitsfähig DeGPT-Symposium: BG-Fobi: Bergmannsheil PT Bochum im Rahmen 05/2015 der GUV Seite 12 6
7 Herr B. (52 Jahre, Fräser, verh., 1 erw. Sohn) am 03/2012 Arbeitsunfall an Fräse Amputation des Zeigefingers re. Hand sowie 1. Er sei sehr niedergeschlagen, Fingerglied grüble des ständig, Mittelfingers wie es zu dem Unfall kommen sowie folgende konnte. psych. Oft säße Beeinträchtigung: er stundenlang allein im Psych. Gästezimmer Diagnose: und mache gar nichts. Große Anpassungsstörung Sorge bereite ihm seine (F43.2) berufliche Zukunft. Er spezifische sei auf seine Phobie Hände angewiesen, (ICD-10: F40.2) was anderes plus könne er nicht und für eine Umschulung sei er zu alt. Gegenstände, an denen man sich verletzen kann, könne er nicht mehr anfassen. Er sei völlig sicher, dass er sich der Fräse nie mehr nähern könne. Seite 13 nach 10 Therapiesitzungen war Phobie behoben nach weiteren 14 die Anpassungsstörung 5 Sitzungen Begleitung der Wiedereingliederung voll arbeitsfähig nach insgesamt 29 Sitzungen 7
8 d) Therapiedauer und Ressourcen / Komorbiditäten persönliche Stärken des Versicherten soziale Einbettung / Unterstützung sonstige Erkrankungen (körperliche & psychische) private und berufliche Perspektive (z.b. Alter, Ausb.) BGHW BG-Fobi: Klinik- Bergmannsheil und Reha-Ausschuss: Bochum 05/2015 Bochum 02/2015 Seite 15 Frau S. (57 J., verh., erwachsene Kinder, Enkelkind): Unfall: Erstkontakt: Diagnose: = Posttraumatische Belastungsstörung Therapie: 4 probatorische Sitzungen 12 weitere Sitzungen bis zur 1. Reizkonfrontation in vivo bislang insgesamt 3 RK-Sitzungen (in vivo), noch keine Fahrt dazwischen wiederkehrend Stabilisierung Insgesamt bislang 23 Sitzungen (incl. Probatorik) Prognose: noch mind. 10 Sitzungen Therapiebedarf Seite 16 8
9 Frau S. (57 J., verh., erwachsene Kinder, Enkelkind): Unfall: Erstkontakt: besondere Risikofaktoren: Diagnose: hat Kind überfahren Therapie: = Posttraumatische Belastungsstörung könnte der eigene Enkel sein (gleiches Alter) 4 probatorische Sitzungen 12 weitere Sitzungen bis zur 1. Reizkonfrontation in vivo bereits vorherige schwere Bahnunfälle (keine Monotrauma) bislang insgesamt 3 RK-Sitzungen (in vivo), noch keine Fahrt häusliche Belastungen (krebskr. Ehemann, Agoraphobie, Opferrolle) dazwischen wiederkehrend Stabilisierung fehlende Selbstfürsorge Insgesamt bislang 23 Sitzungen (incl. Probatorik) Prognose: noch mind. 10 Sitzungen Therapiebedarf Seite 17 e) Therapiedauer und Therapiemotivation Therapiemotivation ist nicht gleichzusetzen mit Änderungsmotivation Therapiemotivation: Vers. ist motiviert für Psychotherapie (weil z.b. Ehefrau, Arbeitgeber, BG das fordern) Änderungsmotivation: Vers. will wirkliche Veränderung erzielen BGHW BG-Fobi: Klinik- Bergmannsheil und Reha-Ausschuss: Bochum 05/2015 Bochum 02/2015 Seite 18 9
10 Frau M. (63 J., gesch., Spielhallenaufsicht) - 11/2013 Überfall mit Waffen-Bedrohung - AU wegen V.a. PTSD (durch D-Arzt) - Vorstellung in PT-Ambulanz im BH-Bo Diagnose: spezif. Phobie + Anpassungsstörung - 12/2013 Beginn der Konfrontations-Therapie: - - Überfallereignis wird mehrfach berichtet } in sensu - - Fotos, dann Youtube-Filme aus Internet - - an (fremde) Spielhalle annähern } in vivo - - Spielhalle betreten - nach 9 Sitzungen Abbruch der Therapie BG-Fobi: Bergmannsheil will das Bochum Risiko 05/2015 nicht mehr eingehen Seite 19 Frau E. (48 J., ledig, Baumaschinenführerin) - 10/2012 Arbeitsunfall mit Nervenläsion (Hand li.) - neuropathischer Schmerz (NRS = 6 8) - Vorstellung in PT-Ambulanz im BMH-Bo Diagnose: chron. Schmerzstörung + Anpassungsstörung - 12/2013 Beginn der Schmerz-Psychotherapie - wiederkehrende Zweifel an Motivation der Pat. - Therapeutin und Reha-Manager unterstützen weiterhin - insgesamt 40 Therapiesitzungen - seit 01/2015 in neuer Tätigkeit voll arbeitsfähig Was lange währt, wird doch noch gut! Seite 20 10
11 e) Therapiedauer und Therapiemotivation Therapiemotivation ist nicht gleichzusetzen mit Änderungsmotivation und zudem abhängig von Schuldzuschreibung und möglichen Zielkonflikten BGHW BG-Fobi: Klinik- Bergmannsheil und Reha-Ausschuss: Bochum 05/2015 Bochum 02/2015 Seite 21 3 Kategorien von Zielkonflikten in Aussicht stehende Sozialleistungen - finanzielle Zuwendung / Entschädigung: Verletztengeld, Rente etc. - Veränderung von Arbeitsplatzbedingungen (kein Schichtdienst) - Aufhebung juristischen Verpflichtungen/Auflagen Nähe-Distanzregulation - Steuerung sozialer Beziehungen - Konfliktvermeidung - Vermeidung von Verantwortungsübernahme Selbstwertstabilisierung bei - nicht erreichten (beruflichen und privaten) Lebensplänen - Rollenkonflikten - zwischenmenschlichen Problemen - psychischen bzw. psychiatrischen Erkrankungen Gesundwerden / Therapieerfolg muss sich lohnen!!! Seite 22 11
12 Psychotherapie im bg-lichen Kontext grundsätzlich ist Therapiedauer schlecht vorhersehbar, da sie von vielen Faktoren bestimmt wird dennoch sind Angststörungen i.d.r. schneller und PTBS sowie Schmerzstörung besonders schwer behandelbar wenn Monotrauma leichter (schneller) behandelbar wenn menschlich verursacht schwieriger behandelbar wenn Schuldzuweisung = Arbeitgeber extrem hinderlich Zielkonflikte ver-/behindern Besserung schlechte Prognose Risikoberufe (z.b. Dachdecker, Spielhallenaufsicht) werden nach Unfällen vermehrt vermieden oft Therapieabbruch BGHW BG-Fobi: Klinik- Bergmannsheil und Reha-Ausschuss: Bochum 05/2015 Bochum 02/2015 Seite 23 Psychotherapie im bg-lichen Kontext grundsätzlich ist Therapiedauer schlecht vorhersehbar, da sie von vielen Faktoren bestimmt wird dennoch sind Je Angststörungen früher die (richtige) i.d.r. schneller Diagnose- und PTBS sowie Schmerzstörung und Indikationsstellung besonders erfolgt, schwer behandelbar umso kürzer die wenn Monotrauma leichter (schneller) behandelbar benötigte Behandlungszeit. wenn menschlich verursacht schwieriger behandelbar (Therapiedauer) wenn Schuldzuweisung = Arbeitgeber extrem hinderlich Zielkonflikte ver-/behindern Besserung schlechte Prognose Risikoberufe (z.b. Dachdecker, Spielhallenaufsicht) werden nach Unfällen vermehrt vermieden oft Therapieabbruch BGHW BG-Fobi: Klinik- Bergmannsheil und Reha-Ausschuss: Bochum 05/2015 Bochum 02/2015 Seite 24 12
13 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit Neurologische Klinik und Poliklinik BG-Spezialambulanz für psychische Störungen nach Arbeitsunfall in Zusammenarbeit mit dem Psychotherapiezentrum am Bergmannsheil Seite 25 DeGPT-Symposium: PT im Rahmen der GUV Seite Anmeldung von Versicherten unter: Tel. : 0234 / FAX: 0234 / info@pzb-bochum.de 13
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