Wolfgang Habermayer, Merito: "Es drohen Schweizer Verhältnisse!"
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- Imke Pfeiffer
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1 Wolfgang Habermayer, Merito: "Es drohen Schweizer Verhältnisse!" Wir haben in Europa eher ein Deflations- denn ein Inflationsproblem, vor allem in der Peripherie. Es drohen Schweizer Verhältnisse!", sagte Dr. Wolfgang Habermayer (Bild links), Inhaber und Geschäftsführer der Wiener Merito Financial Solutions anlässlich der Eröffnung der mittlerweile 5. Merito Investmentkonferenz Anfang Juni in Wien. Merito ist ein unabhängiges, privates Wertpapierhaus und hat sich auf Risikomanagement, taktische und strategische Asset Allocation sowie Optimierung des Investmentprozesses bei institutionellen Investoren spezialisiert. Habermayer, der als ehemaliger Vorstand bei namhaften Großbanken respektive deren Töchter über eine langjährige Erfahrung in den Bereichen Corporate Finance, Investmentbanking sowie Asset Management verfügt, erörterte in seinem makroökonomischen Ausblick die Auswirkungen der aktuellen wirtschaftlichen Lage auf die Vermögensallokation. Laut IWF sei für die Eurozone 2014 und 2015 ein reales BIP- Wachstum von 1,2 beziehungsweise 1,5 Prozent zu erwarten. Das sei weniger als beispielsweise in den USA oder den Schwellenländern, habe aber seinen guten Grund: Europa ist als letzte Region aus der Rezession gekommen", erklärte Habermayer. Angesichts des Output-Gaps sei Inflation keinerlei Problem. Auch die Eurozone sollte noch viele Jahre fortbestehen. Viele Anleger sind sich nicht bewusst, dass der Zusammenhalt der Europäischen Währungsunion der politische Wille ist, dafür wird alles Erforderliche gemacht." Trotz dieser positiven Einschätzung ist nicht alles eitel Sonnenschein: Das reale BIP ist in allen Peripherieländern niedriger als 2007, dafür sind die Staatsverschuldungen gestiegen. Tendenz weiter steigend: Nirgends werden die Staatsschulden reduziert". Eine Reduktion sei angesichts niedrigen BIP-Wachstums, hoher Arbeitslosenquoten sowie nicht vorhandener Primärüberschüssen (Ausnahme: Italien) unmöglich. Einzig der steigende Export, insbesondere in Spanien, gibt Grund zur Hoffnung und verbessert die Leistungsbilanzen. Negativ zu werten sind jedoch die niedrigen, ausländischen Direktinvestitionen (FDI) in der Eurozone (im Vergleich zu vor der Finanzkrise, siehe Grafik 1). Dies gefährde die zukünftige Industrieproduktion, die mehr und mehr in den Schwellenländern sowie (wieder) in den USA erfolgt. Die USA hat die Repatriierung ihrer Industrie erfolgreich in Angriff genommen", sagte Habermayer. Spanien ist noch nicht über dem Berg Investoren sollten vor allem den spanischen Immobilien- und Bankensektor weiterhin kritisch im Auge behalten. Nach Einschätzung von Merito haben die Immobilienpreise auf der iberischen Halbinsel zu wenig korrigiert (im Vergleich zu den USA, wo das Minus in der
2 Spitze mehr als 30 Prozent betrug). Von 2006 bis 2013 fielen die Immobilienpreise in Spanien nur" um 21 Prozent. Das sei zu wenig für eine Marktbereinigung und ist dem Umstand geschuldet, dass viele spanische Banken Hypothekenkredite noch immer nicht voll abgeschrieben und die Immobilen daher nicht auf den Markt geworfen hätten (was einen weiteren Preissturz bewirkt hätte). Der zurzeit laufende Stresstest der EZB könnte diesbezüglich für Fortschritte" respektive für eine neues Immobilienangebot und damit für eine Marktbereinigung sorgen... Schulden über Schulden Der Vortragende zeigte anhand diverser Grafiken die Schuldenentwicklung der letzten Jahre auf (siehe exemplarisch Grafik 2) und kritisierte, dass die Politik die aktuelle Niedrigzinsphase (die eine Entlastung für die öffentlichen Haushalte bedeutet) nicht für ernsthafte Reformen nutzt. Trotz der zwischenzeitlichen Ausweitungen der Geldmenge sowie eines möglichen, zukünftigen Quantitative Easing-Programms seitens der EZB sei der positive Effekt in der Eurozone fraglich. QE habe in den USA einen höheren Wirkungsgrad, da dort der Kapitalmarkt im Gegensatz zur Eurozone eine größere Bedeutung und vice versa der Bankensektor eine geringere Bedeutung hat. Vor allem die sinkende Umlaufgeschwindigkeit des Geldmengenaggregats M2, das in der Eurozone seit der Finanzkrise nur mehr knapp über plus Eins liegt (in den USA liegt dieser Wert bei rund 1,5), sorgt für große Probleme, da eine Geldmengenausweitung durch den niedrigen Multiplikator" kaum mehr Wirkung zeige. Kein Wachstum ohne Kredit", erinnerte der erfahrene Banker und zeigte anhand seiner Lieblingsgrafik" das immer niedriger werdende respektive sogar negative Kreditwachstum in der Eurozone (siehe Grafik 3). Dieser Rückgang trifft vor allem die KMUs der Peripherie, die angesichts hoher Kreditkosten keine neuen Investitionen tätigen, Personal abbauen und damit einen Teufelskreis von hoher Arbeitslosigkeit, niedriger Kaufkraft, niedrigen Steuereinnahmen etc. am Leben erhalten. Die negative Kreditvergabe kann auch nicht durch eine Emissionsflut an Unternehmensanleihen ausgeglichen werden (siehe Grafik 4) und sorgt im Umkehrschluss für steigende Eigenmittelquoten bei den sich auf Basel III respektive den EZB-Stresstest vorbereitenden Banken. Hoffentlich halten die Banken, insbesondere jene der Peripherie genug Eigenkapital vor: Merito schätzt unter Verwendung von Bloomberg-Daten, dass um die 14 Prozent der Kredite in der Peripherie als notleidend" einzuschätzen wären. Zum Vergleich: In der restlichen Eurozone oder den USA belaufen sich die Non Performing Loans (NPLs) auf circa drei respektive knapp vier Prozent. Habermayer stellte die berechtigte Frage in den Raum, wie Peripherie-Banken mit NPLs in Höhe von 14 Prozent in den Büchern und einer Zinsmarge im Bereich von lediglich zwei bis drei Prozent mittel- bis langfristig reüssieren können. Renditen verzweifelt gesucht
3 Die Renditen von OECD-Staatsanleihen befinden sich größtenteils (außer USA und Großbritannien) in unmittelbarer Nähe ihrer Rekordtiefs. Interessant ist die derzeitige Renditedifferenz zwischen zehnjährigen US-Treasuries und Deutschen Bundesanleihen, die mehr als ein Prozent beträgt (Deutschland: ca. 1,4%, USA: ca. 2,5%). Ein Unterschied dieser Größenordnung ist im historischen Vergleich selten und könnte aufgrund höherer Zins- und Inflationserwartungen in den USA bestehen. Auch bei Unternehmensanleihen sind die Spreads bereits stark eingelaufen: So bieten zehnjährige US-Corporate Bonds mit Bonität A" gegenüber zehnjährigen US-Treasuries einen Renditeaufschlag von lediglich 81 Basispunkten. Corporate-Bonds mit BBB" bieten mit 129 Basispunkten Aufschlag nur etwas mehr Rendite (siehe Grafik 5). Auf der Credit-Seite ist die Komfortzone bereits sehr niedrig. Investoren sollten sich fragen, ob sie für die eingegangenen Risiken angemessen entschädigt werden!", sagte Habermayer und warnte die Konferenzbesucher vor den immer größer werdenden Zinsänderungsrisiken bei Staats- und Unternehmensanleihen (siehe Grafik 6). Investoren mit ausreichend Risikobudgets sollten sich die nach der Korrektur in 2013 wieder relativ günstigen Schwellenländeranleihen ansehen. Zehnjährige Hartwährungsanleihen (Rating BBB") bieten Investoren einen Renditeaufschlag gegenüber zehnjährigen Euro- Staatsanleihen von circa 3,4 Prozent. Aktien noch immer interessant Aktien sind nach Ansicht Habermayers zwar nicht mehr günstig (so liegt das Shiller-KGV des S&P500 bei etwa 25 und damit über dem langjährigen Durchschnitt von um die 17), von einer Blase an den Aktienmärkten kann man aber noch nicht sprechen. Eine Phase niedriger Inflation mit steigender Tendenz war historisch betrachtet (USA: Gesamte analysierte Beobachtungsperiode 1972 bis 2013, davon war in neun Jahren die Inflation niedrig mit steigender Tendenz) gut für Aktien, die dabei annualisierte Renditen von rund zwölf Prozent brachten. Im Falle niedriger und weiter sinkender Inflation (insgesamt in zwölf der 41 Jahre festzustellen) wurden früher sogar 18 Prozent an Erträgen p.a. generiert (siehe Grafik 7). Aus fundamentaler Sicht liegen die Kurs-Buchwert-Verhältnisse in Europa bei den meisten Sektoren über ihren historischen Durchschnitten. Aus dieser Sicht als unterbewertet" gelten lediglich die Branchen Versorger, Rohstoffe, Energie und Finanzwerte. Ein Vergleich der Buchwerte von Aktien aus den Industrie- mit den Schwellenländern zeigt, dass Emerging- Markets-Aktien zurzeit einen Bewertungsabschlag von mehr als 30 Prozent aufweisen und damit für antizyklisch denkende Investoren sehr interessant geworden sind. Den Abschluss der Präsentation bildete ein Blick auf die aktuelle Allokationsempfehlung Meritos. Die meisten Assetklassen wurden nach den Kurssteigerungen der letzten Wochen und Monate auf neutral gewichtet (insbesondere Aktien). Zu Übergewichtungen rät Habermayer bei Hartwährungsanleihen aus den Schwellenländern sowie Hochzins- und Wandelanleihen. Die strategischen Überlegungen Meritos werden umgesetzt in dem 2009 für Großanleger aufgelegten Mischfonds mit Dachfondscharakter Merito Dynamic Real Return. (aa)
4 Grafik 1: Überblick über die ausländischen Direktinvestitionen (FDI, Foreign Direct Investments) in den großen Wirtschaftsräumen (in Mrd. USD). Der Rückgang der Eurozone seit der Finanzkrise ist augenscheinlich und gefährdet den Wohlstand am alten Kontinent. Quellen: OECD, Merito Grafik 2: Die Schuldenentwicklung von 2007 bis 2013 (in % des BIPs) zeigt, dass kein einziges Land der Eurozone seine Verbindlichkeiten reduzieren konnte. Lediglich Deutschland hat seine Schulden im Griff. Quellen: Eurostat, Merito et al. Grafik 3: Analyse des Kredit- und Einlagenwachstums in der Eurozone in Prozent seit dem Millenium. Ein Schrumpfen der Kreditvergabe seit 2008 belastet das Wirtschaftswachstum und in Folge die öffentlichen und privaten Haushalte. Quellen: EZB, Merito et al
5 Grafik 4: Obwohl in der Eurozone immer mehr Unternehmensanleihen begeben werden können diese den Rückgang bei der Kreditvergabe nicht kompensieren (in Mrd. Euro). Vor allem seit 2012 werden immer weniger Kredite vergeben. Quellen: Eurostat, Merito Grafik 5: Vergleich der Renditen von zehnjährigen US-Unternehmensanleihen mit Rating A und BBB mit zehnjährigen US-Staatspapieren. Die Spreads sind bereits sehr eng und kompensieren kaum mehr das eingegangene Risiko. Hinzu kommen die immer größer werdenden Zinsänderungsrisiken. Quellen: Bloomberg, Merito Grafik 6: Die Zinsänderungsrisiken bei Staatsanleihen mit Laufzeiten von zwei, fünf und zehn Jahren im Überblick: Anleihen bester Bonität (wie von Deutschland) bergen das größte Zinsänderungsrisiko: Falls die Zinsen um 1,0 Prozent erhöht werden, erleiden beispielsweise Inhaber deutscher Staatsanleihen mit zehnjähriger Laufzeit Verluste von etwas mehr als sechs Prozent. Bei Spanien oder Italien sind die Risiken respektive die potenziellen Kursrückgänge aufgrund höherer Renditen etwas niedriger. Quellen: Bloomberg, Merito
6 Grafik 7: Überblick über die Entwicklung der wichtigsten Assetklassen wie Aktien, Staatsanleihen, Unternehmens- und Hochzinsanleihen in vier unterschiedlichen Inflationsphasen von 1972 bis 2013 in den USA (in Summe 41 Jahre). Sofern die Inflation nicht hoch ist und weiter steigt, sind Aktien fast immer die richtige Wahl. Quellen: OECD, Merito et al
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