EGBGB Art. 22, 23; FGG 43b; AdoptWirkG 5 Kroatien: Minderjährigenadoption durch in Deutschland lebendes kroatisches Ehepaar. I. Sachverhalt. II.
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1 DNotI Deutsches Notarinstitut Fax-Abruf-Dienst Gutachten des Deutschen Notarinstituts Dokumentnummer: 14321# letzte Aktualisierung: 4. September 2008 EGBGB Art. 22, 23; FGG 43b; AdoptWirkG 5 Kroatien: Minderjährigenadoption durch in Deutschland lebendes kroatisches Ehepaar I. Sachverhalt Ein kroatischer Staatsangehöriger, der jetzige Ehemann der Kindesmutter, möchte deren minderjähriges Kind aus erster Ehe adoptieren. Die Mutter des Kindes ist ebenfalls kroatische Staatsangehörige. Der leibliche Vater, der geschiedene Ehemann der Mutter, ist Deutscher. Das Kind hat ebenfalls die deutsche Staatsangehörigkeit und ist 9 Jahre alt. II. Frage Ist eine Adoption in Deutschland möglich und welche Voraussetzungen müssen insoweit erfüllt sein? III. Zur Rechtslage 1. Das auf die Adoption anwendbare Recht Die Frage des anwendbaren Rechts bestimmen aus deutscher Sicht die Art. 22, 23 EGBGB. Danach ist bei einer Einzeladoption grundsätzlich das Heimatrecht des Annehmenden, bei der Adoption durch ein Ehepaar das Recht der persönlichen Wirkungen ihrer Ehe berufen. Darüber hinaus findet das Heimatrecht des Kindes für seine Zustimmung zur Adoption und die seiner Verwandten Anwendung. a) Adoptionsstatut (Art. 22 EGBGB) Deutsches Notarinstitut Gerberstraße Würzburg Telefon (0931) Fax (0931) dnoti@dnoti.de internet: user/mr/pool/gutachten/14321.doc
2 Seite 2 aa) Gem. Art. 22 Abs. 1 S. 2 EGBGB richtet sich die Annahme als Kind durch einen oder beide Ehegatten nach dem Recht, das nach Art. 14 Abs. 1 EGBGB für die allgemeinen Wirkungen ihrer Ehe maßgebend ist. Gem. Art. 22 Abs. 1 S. 2 i. V. m. Art. 14 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB wird primär an das gemeinsame Heimatrecht der Eheleute angeknüpft. Haben die Eheleute zum Zeitpunkt der Adoption kein gemeinsames Heimatrecht, so ist in zweiter Linie auf das Recht des Staates abzustellen, dem die Ehegatten während der Ehe zuletzt angehört haben, wenn einer von ihnen diesem Staat noch angehört (Art. 22 Abs. 1 S. 2 i. V. m. Art. 14 Abs. 1 Nr. 1, 2. Alt. EGBGB). Hier haben beide Eheleute die kroatische Staatsangehörigkeit, so dass für die Voraussetzungen (insbesondere Altersgrenzen, Probezeit u.ä.), die Art und Weise des Zustandekommens (Mitwirkungsrechte, Einwilligungen usw.) und teilweise auch die Wirkungen der Adoption das kroatische Recht gilt. Nach dem Grundsatz der Gesamtverweisung, Art. 4 Abs. 1 S. 1 EGBGB, wird nun nicht das kroatische materielle Adoptionsrecht unmittelbar berufen, sondern zunächst das Internationale Privatrecht der kroatischen Rechtsordnung. bb) Das aus der Sicht Kroatiens auf Adoptionen anwendbare Recht regelt Art. 44 des Gesetzes zur Lösung von Gesetzeskollisionen mit den Bestimmungen über das Verhältnis zu ausländischen Staaten vom (ehemals jugoslawisches, nunmehr auch kroatisches IPR-Gesetz). Diese Vorschrift bestimmt im Wortlaut: Art. 44 Die Voraussetzungen der Adoption und ihre Aufhebung bestimmen sich nach dem Recht des Staates, dessen Staatsangehörigkeit der Adoptierende und der Adoptierte besitzen. Haben der Adoptierende und der Adoptierte Staatsangehörigkeiten verschiedener Staaten, so finden auf die Vornahme und Aufhebung der Adoption die Rechte beider Staaten, denen sie angehören, kumulativ Anwendung. Wird die Adoption von Ehegatten gemeinsam vorgenommen, so sind hinsichtlich der Voraussetzungen zu Vornahme und Aufhebung der Adoption neben dem Recht des Staates, dessen Staatsangehörigkeit der Adoptierte besitzt, auch die Rechte der Staaten anzuwenden, denen die Ehegatten jeweils angehören. Die Förmlichkeiten der Adoption bestimmen sich nach dem Recht des Ortes, an dem diese vorgenommen wird. (Deutsche Übersetzung des Gesetzestextes bei Bergmann/Ferid, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Jugoslawien, Stand der vorletzten Lfg.: , S. 29, sowie Kroatien, Stand: , S. 40).
3 Seite 3 Das kroatische Kollisionsrecht nimmt somit die Verweisung auf das kroatische Recht an. b) Zustimmungsstatut Art. 23 EGBGB bestimmt darüber hinaus, dass die Erforderlichkeit der Zustimmungen des Kindes sowie der Personen, zu denen das Kind in einem familienrechtlichen Verhältnis steht, sich nach dem Recht des Staates, dem das Kind angehört, richtet, vorliegend also nach deutschem Recht. 2. Voraussetzungen der Adoption nach dem kroatischen FamGB vom a) Adoptionsvoraussetzungen Die Adoption ist in den 123 ff. des kroatischen FamGB geregelt. Die Adoption ist in Kroatien seit Einführung des neuen Familiengesetzes nur noch als Volladoption vorgesehen. Für eine rechtsmäßige Adoption müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein: - die Adoption muss im Interesse des Kindes sein; die Eigenschaften der Adoptiveltern werden im Hinblick auf das Kindeswohl geprüft ( 125 Abs. 1, 2 FamGB); - das Kind darf kein Verwandter in gerader Linie noch der Bruder oder die Schwester sein; auch ein Kind minderjähriger Eltern darf i. d. R. nicht adoptiert werden ( 125 Abs. 3 FamGB); - das Kind darf nicht von seinem Vormund während eines bestehenden vormundschaftlichen Verhältnisses adoptiert werden ( 125 Abs. 4 FamGB); - der Annehmende muss zwischen 21 und 35 Jahren alt sein oder auch älter, solange der Altersunterschied 45 Jahre nicht überschreitet; der Mindestaltersunterschied beträgt 18 Jahre; wenn Geschwister adoptiert werden sollen, genügt die Erfüllung der Altersvoraussetzungen bei nur einem Annehmenden für ein Kind; für die nachträgliche Adoption von Geschwistern oder Halbgeschwistern ist das Alter der Annehmenden unbeachtlich ( 126 FamGB); - dem Annehmenden darf die elterliche Sorge oder die Geschäftsfähigkeit nicht entzogen worden sein; der Annehmende darf auch nicht durch sein Verhalten und seine Eigenschaften als mangelnd geeignet erscheinen ( 128 FamGB); - es muss die Zustimmung der leiblichen Eltern vorliegen ( 129 FamGB), es sei denn es liegt ein Ausnahmefall vor (Entzug der elterlichen Sorge, Geschäftsunfähigkeit oder Minderjährigkeit eines Elternteils, 130 FamGB); i. d. R. ist die Zustimmung beider Elternteile erforderlich ( 129 FamGB);
4 Seite 4 - das anzunehmende Kind darf das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben ( 132 Abs. 1 FamGB); - die Adoption ist grundsätzlich nur durch Eheleute bzw. einen Ehegatten als Stiefelternteil mit der Zustimmung des anderen Elternteils möglich; - das über 12jährige Kind, welches die Bedeutung der Adoption versteht, muss zugestimmt haben ( 134 FamGB). (Zusammenfassung aus Bergmann/Ferid, a. a. O., Kroatien, S. 31 f.). b) Zustimmungserfordernisse Gründe, die nach kroatischem Recht vorliegend gegen eine Annahme sprechen würden, sind nach dem vorliegenden allerdings nur rudimentär mitgeteilten Sachverhalt nicht ersichtlich. Der Adoption zustimmen müssen grundsätzlich die Mutter des Kindes sowie der geschiedene Ehemann als leiblicher Vater. c) Form Hinsichtlich der bei der Adoption einzuhaltenden Förmlichkeiten lässt sowohl das deutsche Kollisionsrecht (vgl. Art. 11 Abs. 1 EGBGB) als auch das kroatische IPR (Art. 44 Abs. 4 IPRG) die vom Ortsrecht aufgestellten Anforderungen genügen. Das Ortsrecht bestimmt sich nach dem Vornahmeort. Vornahmeort ist, da es sich um ein einseitiges Rechtsgeschäft handelt, der Ort, an dem die Einwilligungen abgegeben werden. 3. Zuständiges Gericht Im Zusammenhang mit dem Adoptionswirkungsgesetz, welches zum in Kraft getreten ist, hat der Gesetzgeber in 43b Abs. 2 FGG eine Zuständigkeitskonzentration der Vormundschaftsgerichte auch für inländische Adoptionsverfahren angeordnet, sofern in dem Verfahren ausländische Sachvorschriften zur Anwendung kommen. Ist also, wie hier, nach Art. 22 EGBGB ausländisches Adoptionsrecht berufen, so ist nach 43b Abs. 2 S. 2 FGG i. V. m. 5 Abs. 1 S. 1 AdoptWirkG das Vormundschaftsgericht am Sitz des Oberlandesgerichts zuständig. 4. Anerkennung der Adoption in Kroatien Nach Art. 86 des kroatischen IPRG werden ausländische Entscheidungen in Kroatien nur dann wirksam, wenn ein kroatisches Gericht sie anerkennt. Voraussetzung hierfür ist zum einen, dass die ausschließliche Zuständigkeit der kroatischen Vormundschaftsbehörden gem.
5 Seite 5 Art. 74 Abs. 1 IPRG im Ausland nicht missachtet worden ist (Art. 89 Abs. 1 IPRG) und zum anderen, dass gem. Art. 92 Abs. 1 IPRG die Gegenseitigkeit verbürgt ist, wofür gem. Art. 92 Abs. 3 IPRG eine Vermutung besteht. Nach Art. 74 Abs. 1 IPRG sind die kroatischen Behörden dann ausschließlich für eine Adoption zuständig, wenn ein kroatisches Kind adoptiert werden soll, das seinen Wohnsitz in Kroatien hat. Da hier jedoch das anzunehmende Kind die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt und auch seinen Wohnsitz in Deutschland hat, ist aus kroatischer Sicht keine ausschließliche Zuständigkeit der dortigen Behörden gegeben. Damit aber dürfte das kroatische Recht eine in Deutschland durchgeführte Minderjährigenadoption grundsätzlich anerkennen.
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