Erwartungen und Einschätzungen von Eltern, Erzieherinnen und Erziehern
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- Laura Gerber
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1 Dr. Norbert Schreiber Erwartungen und Einschätzungen von Eltern, Erzieherinnen und Erziehern Was erwarten die Eltern im Allgemeinen von Kindertagesstätten? Gibt es Elterngruppen mit speziellen Erwartungen? Haben Eltern und Erzieherinnen gleiche Gütekriterien für Kindertagesstätten? Was leisten die Kindertagesstätten aus Sicht von Eltern und Erzieherinnen? Wie zufrieden sind die Eltern mit der Kindertagesstätte, die ihr Kind besucht? Wann sind die Eltern mit der Kindertagesstätte sehr zufrieden? Können Eltern Kindertagesstätten zuverlässig beurteilen? Qualität des Erzieherinnenteams und Weiterentwicklung der Kindertagesstätten Datengrundlage des Berichts Schriftliche Befragung von Eltern und 796 Erzieherinnen in 105 rheinland-pfälzischen Kindertagesstätten. Befragungszeitraum: Frühjahr/ Sommer 2002.
2 2 Was erwarten die Eltern im Allgemeinen von Kindertagesstätten? Die Eltern haben im Allgemeinen sehr hohe Erwartungen an die Kindertagesstätten. Von 20 vorgelegten Gütekriterien wurden die meisten mindestens als wichtig eingestuft. Eltern betrachten die Kindertagesstätten in erster Linie als Orte öffentlicher Kinderbetreuung. Die Bildungsaufgabe der Einrichtungen wird zwar auch als wichtig angesehen, rangiert aber - auch nach der PISA-Debatte - weiter hinten. Im Mittelpunkt der elterlichen Erwartungen stehen das Wohlbefinden ihres Kindes und seine Wertschätzung als Person. Kindertagesstätten sollen eine gute und zuverlässige Betreuung garantieren, sie sollen aber keine Verwahranstalten sein. Die Einrichtungen sollen die individuelle und soziale Entwicklung der Kinder fördern und ein anregungsreiches Lernumfeld bieten. Was erwarten Eltern von Kindertagesstätten? 1= völlig unwichtig 5= sehr wichtig - Mittelwerte Wohlbefinden des Kindes Kind als Person anerkannt gute Betreuung qualifizierte Erzieherinnen Eigenverantwortung fördern Erzieherinnen Ansprechpartner soziales Lernen Kreativität anregen Information zur Kindentwicklung für körperliches Wohl sorgen Mitentscheidung der Eltern klare Erziehungsziele Mitarbeit der Eltern Schulvorbereitung Bildung fördern 4,1 4,1 4,5 4,6 4,6 4,8 4, Eltern
3 3 Gibt es Elterngruppen mit speziellen Erwartungen? Die Ansprüche der Eltern an gute Kindertagesstätten sind erstaunlich einheitlich. Nur in wenigen Punkten gehen die Meinungen in der Elternschaft auseinander. Eltern aus so genannten bildungsfernen Kreisen machen sich besonders für die Bildungsaufgabe der Kindertagesstätten stark und legen großen Wert auf die Schulvorbereitung in den Einrichtungen. Migranteneltern wünschen sich relativ viel Schulvorbereitung und möchten gerne, dass die Erzieherinnen auf die kulturelle Herkunft ihrer Kinder Rücksicht nehmen. Ob religiöse Erziehung in die Einrichtungen gehört oder nicht, ist umstritten. Eltern ohne konfessionelle Bindung und nicht christliche Eltern begegnen der religiösen Praxis in Kindertagesstätten mit einiger Skepsis. Elternerwartungen: Bildung und Schulvorbereitung nach Schulabschlüssen der Mütter 1= völlig unwichtig 5= sehr wichtig 4,6 Bildung Schulvorbereitung 4,1 4,1 4,0 3,9 3,8 3,6 kein Abschluss Hauptschule Realschule FH-Reife Abitur
4 Haben Eltern und Erzieherinnen gleiche Gütekriterien für Kindertagesstätten? 4 Eltern und Erzieherinnen sind in vielen Punkten gleicher Meinung, was gute Kindertagesstätten leisten sollten. Es gibt allerdings auch unterschiedliche Gewichtungen bei einzelnen Gütekriterien. Eltern betonen wesentlich stärker als die pädagogischen Fachkräfte die im Kinder- und Jugendhilfegesetz festgelegten Mitbestimmungsmöglichkeiten der Elternschaft. Die Erzieherinnen verlangen von einer guten Einrichtung mehr, dass sie ein pädagogisches Konzept besitzt und dass sie die unterschiedliche kulturelle Herkunft der Kinder bei der pädagogischen Arbeit berücksichtigt. Speziell die Mitarbeiterinnen kirchlicher Träger legen mehr Wert auf die religiöse Erziehung in den Einrichtungen als ihre jeweilige Elternschaft. Unterschiedliche Gütekriterien von Eltern und Erzieherinnen 1= völlig unwichtig 5= sehr wichtig - Mittelwerte Mitentscheidung der Eltern Eltern Erzieherinnen 4,0 pädagogisches Konzept kulturelle Herkunft berücksichtigen 3,6 religiöse Erziehung 2,8 3,4 speziell bei kirchlichen Trägern Eltern 796 Erzieherinnen
5 Was leisten Kindertagesstätten aus Sicht von Eltern und Erzieherinnen? 5 Im Allgemeinen werden die Leistungen der Kindertagesstätten von den Erzieherinnen positiver eingeschätzt als von den Eltern. Erhebliche Meinungsunterschiede gibt es bezüglich Schulvorbereitung und Informationen zur Entwicklung der Kinder. Beides wird von vielen Eltern für verbesserungsfähig gehalten. Die neuen Bildungs- und Lerndokumentationen in Rheinland-Pfalz dürften bei den Fachkräften auf großes Interesse stoßen, weil sie den regelmäßigen Entwicklungsberichten an die Eltern eine große Bedeutung beimessen. Es wäre zu prüfen, ob die Bildungs- und Lerndokumentationen den Informationsbedürfnissen der Eltern mehr entsprechen als die bisherige Informationspraxis in den Kindertagesstätten. Regelmäßige Informationen zur Entwicklung des Kindes Eltern und Erzieherinnen - Mittelwerte Soll und Ist 5,0 4,5 Soll 4,6 Ist 4,0 3,6 3,0 2,0 1,0 Eltern Erzieherinnen Eltern Erzieherinnen
6 Wie zufrieden sind die Eltern mit der Kindertagesstätte, die ihr Kind besucht? 6 Obwohl die Eltern nicht in allen Punkten mit den Leistungen der Kindertagesstätten zufrieden sind, fällt das Gesamturteil in der Regel recht positiv aus. Immerhin drei Viertel der Mütter und Väter sind mit den Einrichtungen alles in allem zufrieden bis sehr zufrieden. Die durchschnittliche Elternzufriedenheit liegt auf einer fünfstufigen Skala von 1= sehr unzufrieden bis 5= sehr zufrieden bei 4,0 ( zufrieden ). 45% der untersuchten 105 rheinland-pfälzischen Kindertagesstätten wurden von ihrer Elternschaft im Schnitt mit Werten über 4,0 begutachtet. Nach der PISA-Studie aus dem Jahr 2000 sind die Eltern in allen Bundesländern mit den allgemein bildenden Schulen, die ihre Kinder besuchen, deutlich unzufriedener 1. Elternzufriedenheit mit Kindertagesstätten Vergleich: Elternzufriedenheit mit Schulen (PISA 2000) Mittelwert 4,0 (Standardabweichung 0,97) 76% 51% 40% 36% zufrieden/ sehr zufrieden 17% 2% 5% Kitas Schulen sehr sehr unzufrieden zufrieden 1 Deutsches PISA-Konsortium (Hrsg.): PISA Die Länder der Bundesrepublik Deutschland im Vergleich. Opladen: Leske & Budrich 2002.
7 Wann sind Eltern mit der Kindertagesstätte sehr zufrieden? 7 Von allen untersuchten 20 Gütekriterien haben zwei einen besonders starken Einfluss auf die Elternzufriedenheit. Sie steigt erheblich, wenn Eltern feststellen können, dass ihr Kind immer gut betreut wird und dass die Fachkräfte pädagogisch gut qualifiziert sind. Weitere wesentliche Pluspunkte für gute Einrichtungen sind klare Erziehungsziele und ein Fachkräfteteam, das die Kreativität der Kinder anregen kann. Die Ergebnisse erinnern an Befunde der PISA-Studie 2. Die Elternzufriedenheit mit den Schulen steigt erheblich, wenn die Erziehungsberechtigten den Eindruck gewonnen haben, dass sich die Lehrer/innen intensiv um ihre Schülerinnen und Schüler kümmern. Fazit: Aus Elternsicht hängt die Qualität von Kindertagesstätten und Schulen entscheidend von den pädagogischen Fähigkeiten des Personals ab. Was bestimmt die Elternzufriedenheit? die wichtigsten Einflüsse - Regressionsanalyse gute Betreuung gute Fachkräfte klare Erziehungsziele Kreativität der Kinder anregen 2 Deutsches PISA-Konsortium (Hrsg.): PISA Die Länder der Bundesrepublik Deutschland im Vergleich. Opladen: Leske & Budrich 2002.
8 Können Eltern Kindertagesstätten zuverlässig beurteilen? 8 Es ist umstritten, ob Eltern Kindertagesstätten zum einen begutachten können und zum anderen begutachten sollten. In Bayern z. B. sind regelmäßige Elternbefragungen in Kindergärten vorgeschrieben. Kindertagesstätten, die von ihrer Elternschaft eher schlecht bewertet werden, weisen auch aus Sicht der zuständigen Erzieherinnen Mängel auf. Diese Fachkräfteteams haben seltener ein pädagogisches Konzept entwickelt und halten sich seltener für pädagogisch gut qualifiziert. Schlechter bewertete Einrichtungen verschließen sich außerdem öfter gegenüber der Mitwirkung der Eltern. Sie beteiligen ihre Elternschaft (noch) seltener an Entscheidungen, welche die Kindertagesstätte oder die pädagogische Arbeit betreffen. Fazit: Das Elternurteil zu Kindertagesstätten deckt sich zumindest in Teilbereichen mit den Selbsteinschätzungen der zuständigen Fachkräfte. Können Eltern Kindertagesstätten zuverlässig beurteilen? Elternurteil und Aussagen der zuständigen Erzieherinnen Die Eltern sind mit der Kindertagesstätte: Erzieherinnen: Wir haben ein schriftliches Konzept weniger zufrieden JA 62% NEIN 38% (sehr) zufrieden 86% 14% weniger zufrieden (sehr) zufrieden weniger zufrieden (sehr) zufrieden weniger zufrieden (sehr) zufrieden Erzieherinnen: Wir sind pädagogisch gut qualifiziert 52% 62% Erzieherinnen: Wir sehen die Elternmitarbeit gerne 41% 57% Erzieherinnen: Unsere Eltern können mitbestimmen 25% 38% 48% 38% 59% 43% 75% 62%
9 9 Qualität des Erzieherinnenteams und Weiterentwicklung der Kindertagesstätten Zum Befragungszeitpunkt (Frühjahr/ Sommer 2002) verfügten noch nicht alle rheinlandpfälzischen Kindertagesstätten über ein schriftliches pädagogisches Konzept. Es bot sich deshalb an, Fachkräfteteams mit und ohne Konzept miteinander zu vergleichen. Vorreiter bei den schriftlichen Konzepten waren die vergleichsweise guten bis sehr guten Erzieherinnenteams. Gute Teams sprechen häufig über ihre Erziehungsziele, zeigen eine große gegenseitige Wertschätzung ihrer pädagogischen Arbeit und empfinden kein Teammitglied als belastend. Bei geringer Teamqualität sind die pädagogischen Konzepte auf dem Papier ziemlich wirkungslos, weil sich die einzelnen Teammitglieder bei ihrer Arbeit kaum daran gebunden fühlen. Der Erfolg der Bildungs- und Erziehungsempfehlungen für Kindertagesstätten hängt wesentlich von der guten Zusammenarbeit unter den pädagogischen Fachkräften ab. Teamqualität und schriftliches pädagogisches Konzept Qualität des Fachkräfteteams: häufige Gespräche über Erziehungsziele (1 Punkt) große gegenseitige Wertschätzung der Arbeit (1 Punkt) Kolleginnen sind keine Belastung (1 Punkt) Teamqualität 0 Punkte 46% 54% Teamqualität 1 Punkt 63% 37% Teamqualität 2 Punkte 76% 24% Teamqualität 3 Punkte schriftliches Konzept ist vorhanden 85% 15%. Dr. Norbert Schreiber, Sozialwissenschaftler, Kirchweg 27, Hohentengen
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