SÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT. Beschluss
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1 Az.: 5 D 32/09 4 K 501/06 SÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT Beschluss In der Verwaltungsrechtssache des Herrn - Kläger - - Beschwerdeführer - gegen die Stadt Zwickau vertreten durch die Oberbürgermeisterin Hauptmarkt 1, Zwickau, - Beklagte - - Beschwerdegegnerin - wegen Gewerbesteuer hier: Beschwerde gegen die Nichtbewilligung von PKH hat der 5. Senat des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Raden, die Richterin am Oberverwaltungsgericht Düvelshaupt und die Richterin am Oberverwaltungsgericht Schmidt-Rottmann am 10. Februar 2010 beschlossen:
2 2 Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Chemnitz vom 30. Januar K 501/06 wird zurückgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Gründe Die Beschwerde des Klägers gegen den die Bewilligung von Prozesskostenhilfe ablehnenden Beschluss des Verwaltungsgerichts Chemnitz ist zulässig. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Klägers am (AG..., Beschl. v IN 397/08) steht dem nicht entgegen. Der Kläger ist durch die Entscheidung beschwert. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe bleibt jedoch ohne Erfolg, weil die Klage des Klägers keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet ( 114 Satz 1 ZPO i. V. m. 173 Satz 1 VwGO). Das Verwaltungsgericht durfte über den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe entscheiden, obwohl am das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Klägers eröffnet wurde und das Klageverfahren die Insolvenzmasse betrifft. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Klägers führte zur Unterbrechung des vor dem Verwaltungsgericht Chemnitz anhängigen Klageverfahrens. Nach 240 Satz 1 ZPO i. V. m. 173 Satz 1 VwGO wird ein die Insolvenzmasse betreffendes gerichtliches Verfahren im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer Partei im verwaltungsgerichtlichen Verfahren eines Beteiligten ( 63 VwGO) unterbrochen, bis es nach den für das Insolvenzverfahren geltenden Vorschriften aufgenommen oder das Insolvenzverfahren beendet wird. Dies bedeutet, dass während des Zeitraums der Verfahrensunterbrechung alle nach außen wirkenden Handlungen des Gerichts, welche die Hauptsache betreffen, unzulässig sind (Gehrlein in: Münchener Kommentar, Zivilprozessordnung, 3. Aufl., 2008 Rn 19 zu 249). Das Gericht darf hingegen über einen Prozesskostenhilfeantrag eines Beteiligten entscheiden, weil diese Entscheidung nicht die Hauptsache betrifft (Gehrlein, a. a. O., Rn 21 zu 249).
3 3 Das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe mit der nicht näher unterlegten Begründung abgelehnt, der Kläger habe weder einen Anspruch auf Erlass seiner Gewerbesteuerschulden noch auf Stundung dieser Schulden. Diese Auffassung ist im Ergebnis rechtlich nicht zu beanstanden. Der Kläger trägt zur Begründung seiner Beschwerde im Wesentlichen vor: Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens beruhe auf dem Vorgehen der Beklagten. Damit sei seine berufliche, private und finanzielle Existenz vernichtet worden. Er habe den Erlass bzw. die Stundung der Gewerbesteuerforderungen beantragt, weil die Forderungen für ihn unvorhersehbar gewesen seien und von ihm nicht hätten aufgebracht werden können. Die Beklagte und die beiden Städte... und... hätten angedeutet, dass ein Erlass wegen der noch bestehenden selbständigen Tätigkeit nicht in Frage komme. Die Stadt... habe nach Prüfung vorgeschlagen, in monatlichen Raten von 3.000,- die Schulden gegenüber den drei Städten abzutragen. Die Stadt... sei ebenfalls einverstanden gewesen. Nur die Beklagte habe diesen Vorschlag nicht akzeptiert, was schließlich die Erhebung der Klage zur Folge gehabt habe. In den Jahren 2000 bis 2005 habe seine Firma keine nennenswerten Gewinne gemacht, so dass auch keine Ansparungen auf die Gewerbesteuerschulden möglich gewesen seien. In der Folge sei es zu zahlreichen Vollstreckungsmaßnahmen durch die Beklagte gekommen. Eine Kontosperrung habe schließlich die Stadt... veranlasst, den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu stellen. Mit diesem Vorbringen hat der Kläger keine Umstände vorgetragen, die dem Senat Anlass geben müssten, die Voraussetzungen für einen Erlass nur dieser wird mit der Klage verfolgt zu bejahen. Nach 227 AO können Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder zum Teil erlassen werden, wenn deren Einziehung nach Lage des Einzelfalles unbillig wäre. Die Unbilligkeit kann entweder in der Sache oder in der Person des Abgabeschuldners begründet sein. Sachliche Billigkeitsgründe sind gegeben, wenn nach dem erklärten oder mutmaßlichen Willen des Gesetzgebers angenommen werden kann, dass er die im Billigkeitswege zu entscheidende Frage hätte er sie geregelt im Sinne der beabsichtigten Billigkeitsmaßnahme entschieden hätte oder wenn angenommen kann, dass die Einziehung
4 4 den Wertungen des Gesetzes zuwiderläuft (vgl. die Hinweise auf die Rechtsprechung des BFH bei Fritsch in: Pahlke/Koenig, Abgabenordnung, 2004, Rn 25 zu 227). Anhaltspunkte für eine solchermaßen definierte sachliche Unbilligkeit sind nicht ersichtlich und vom Kläger auch nicht vorgetragen. Der Erlass aus persönlichen Gründen erfordert das Vorliegen der Erlassbedürftigkeit und der Erlasswürdigkeit. Erlassbedürftigkeit liegt vor, wenn die Steuererhebung die wirtschaftliche oder persönliche Existenz des Steuerpflichtigen vernichten oder ernstlich gefährden würde (Pahlke/Koenig, a. a. O., Rn 52 zu 227 m. w. N.). Dies ist dann der Fall, wenn ohne Billigkeitsmaßnahmen der notwendige Lebensunterhalt vorübergehend oder dauernd nicht mehr bestritten werden kann (Pahlke/Koenig, a. a. O., Rn 53 zu 227 m. w. N.). Dabei muss die persönliche Unbilligkeit in der Einziehung der Steuerschuld selbst liegen. Daran fehlt es, wenn die Behörde die Steueransprüche ohnehin nicht durchsetzen kann, weil Einkünfte und Vermögen gering sind und im Übrigen dem Pfändungsschutz unterliegen. Ein Erlass würde hier an der wirtschaftlichen Notlage nichts ändern und wäre nicht mit einem wirtschaftlichen Vorteil für den Steuerpflichtigen verbunden. Bei Überschuldung und Zahlungsunfähigkeit kommt deshalb ein Erlass aus persönlichen Gründen grundsätzlich nicht in Betracht. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Steuerrückstände den Steuerpflichtigen daran hindern, eine neue selbständige Erwerbstätigkeit aufzunehmen und sich so eine eigene, von Sozialleistungen unabhängige wirtschaftliche Situation aufzubauen (Pahlke7Koenig, a. a. O., Rn 57 zu 227 m. w. N.). Mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens steht fest, dass der Kläger zahlungsunfähig ist. Dies folgt auch aus seinem Vorbringen sowohl im Beschwerde- als auch Klageverfahren. Damit würde ein Erlass der Gewerbesteuerschulden nicht mehr seine wirtschaftliche Situation verbessern können. Da das Insolvenzverfahren noch nicht abgeschlossen ist, kann zur Zeit auch nicht festgestellt werden, dass die Steuerrückstände den Kläger daran hindern werden, sich eine neue wirtschaftliche Existenz aufzubauen. Damit liegen die Voraussetzungen für einen Erlass nach 227 AO nicht vor. Die Kostenentscheidung folgt aus 154 Abs. 2 VwGO. Dem Gegner entstandene Kosten werden gemäß 166 VwGO i. V. m. 118 Abs. 1 Satz 4 ZPO nicht erstattet. Einer Streitwertfestsetzung bedarf es nicht, weil als Gerichtskosten eine Festgebühr erhoben wird (Nr der Anlage 1 zu 3 Abs. 2 GKG).
5 5
6 6 Der Beschluss ist unanfechtbar ( 152 Abs. VwGO). gez.: Raden Düvelshaupt Schmidt-Rottmann
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