Predigt am S. Sander- Zu Lukas 13, 22-30: Von der engen Pforte und der verschlossenen Tür
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- Matthias Fuhrmann
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1 Predigt am S. Sander- Zu Lukas 13, 22-30: Von der engen Pforte und der verschlossenen Tür 22 Und er ging durch Städte und Dörfer und lehrte und nahm seinen Weg nach Jerusalem. 23 Es sprach aber einer zu ihm: Herr, meinst du, dass nur wenige selig werden? Er aber sprach zu ihnen: 24 Ringt darum, dass ihr durch die enge Pforte hineingeht; denn viele, das sage ich euch, werden danach trachten, wie sie hineinkommen, und werden's nicht können. 25 Wenn der Hausherr aufgestanden ist und die Tür verschlossen hat und ihr anfangt, draußen zu stehen und an die Tür zu klopfen und zu sagen: Herr, tu uns auf!, dann wird er antworten und zu euch sagen: Ich kenne euch nicht; wo seid ihr her? 26 Dann werdet ihr anfangen zu sagen: Wir haben vor dir gegessen und getrunken und auf unsern Straßen hast du gelehrt. 27 Und er wird zu euch sagen: Ich kenne euch nicht; wo seid ihr her? Weicht alle von mir, ihr Übeltäter! 28 Da wird Heulen und Zähneklappern sein, wenn ihr sehen werdet Abraham, Isaak und Jakob und alle Propheten im Reich Gottes, euch aber hinausgestoßen. 29 Und es werden kommen von Osten und von Westen, von Norden und von Süden, die zu Tisch sitzen werden im Reich Gottes. Liebe Gemeinde, Unser Predigttext ist eine Bußgeschichte durch und durch. Sie ist in vergangenen Jahrhunderten auf unzähligen Evangelisationen wesentlicher Bestandteil der Predigt gewesen. Und es gibt ein Bild, das über Jahrzehnte im Gedächtnis der Menschen fest verwurzelt war. Ja, mit diesem Bild und diesem Predigttext hat man den Menschen richtig Feuer unterm Hintern gemacht. Diese Geschichte 1
2 sollte solche Angst machen, dass die Menschen umkehrten und Buße taten. Und es war sehr interessant, was damals das moralisch Verwerfliche war: Theater, Gasthaus oder Spielcasino. Wenn ich es richtig deute, ganz zu Anfang, direkt neben dem Eingang ein Freudenhaus. Das galt als der leichte und breite Weg. Dann kam weiter oben noch der Krieg hinzu; und zudem der technische Fortschritt in Form einer Eisenbahn. Aber auch reiten oder mit Kutsche fahren galt schon als dekadent und als erster Schritt in den Abgrund. Hinzu kommen: Raub, Mord und Viehhandel. All das brachte den Menschen nach damaliger Moralanschauung vom rechten Weg ab und der Verdammnis näher. Diesem breiten Weg, der zur ewigen Hölle führt, die oben am Himmel lodert, steht der schmale Weg gegenüber. Auf ihn komme ich durch Halten der 10 Gebote, die wir ganz unten am Bildrand auf großen Tafeln gemeißelt finden. Da ist ein großer Wegweiser, auf dem die Worte stehen: Tod Verdammnis und Leben Seligkeit. Zudem ist da noch ein Prediger, der einlädt, den Weg ins Reich Gottes einzuschlagen und nicht den breiten Weg in die Verdammnis. Auf dem Weg in Gottes Reich, da gilt Askese. Da gibt es Wasser statt Wein oder andere alkoholische Getränke. Am Anfang dieses Weges stehen Kirche und Sonntagsschule. Auf diesem Weg komme ich nur weiter auf meinen eigenen Füßen. Da gibt es keine Kutschen, Pferde oder gar Eisenbahnen. Allerdings gibt es 2
3 auf diesem schmalen Weg durchaus Gefahren. Ein Löwe überfällt eine Pilgergruppe. Aber allein ein Kreuz kann dieser gefährlichen Bestie Einhalt gebieten. Und wenn ich diesem engen Weg lange genug folge, dann erwartet mich oben am Rande des Himmels das himmlische Jerusalem mit all seiner Pracht. Stimmt dieses Bild christlichen Glaubens? Ist dieses Bild ein biblisches? Meines Erachtens: Nein! Denn christlicher Glaube ist nie Moral. Christlicher Glaube schränkt Leben nie ein. Christliches, wie jüdisches Gebot gründet immer in einer Präambel, die es für uns zunächst zu erfahren gilt: Ich bin der Herr dein Gott, der ich dich aus Ägyptenland, aus der Sklaverei heraus geführt habe. Daran gilt es heute unbedingt festzuhalten. Es gilt ebenso festzuhalten, dass Jesus kein Asket war. Immer wieder treffen wir Jesus auf Festen an. Er hat uns im Abendmahl schon hier und jetzt einen Vorgeschmack des ewigen Hochzeitsmahls im Reich Gottes gegeben. Und auch nicht zu vergessen: Sie haben Jesus selber als einen Fresser und Weinsäufer genannt. Und dennoch heute dieser Predigttext! Dennoch gegen die reformatorischen Erkenntnisse, die Bilder von der engen und weiten Pforte, von dem schmalen und breiten Weg. Vor allem aber auch das Bild von der verschlossenen Tür. Sollen wir einfach unseren Predigttext als unjesuanisch beiseiteschieben? Keineswegs! 3
4 Ich weiß nicht, ob Sie den Witz kennen, wie ein evangelische Pfarrer in den Himmel kommt: Er ist begeistert von der Harmonie und Liebe, den feiernden Menschen, der wunderschönen Musik und den köstlichen Speisen, die es dort gibt. Aber dann geht er doch zu Petrus und fragt, was das für ein Zelt da am Horizont ist? Petrus ermutigt den Pfarrer doch einfach einmal nachschauen zu gehen. Und er macht sich auf den Weg. Je näher er dem Zelt kommt, desto mehr hört er Stöhnen. Immer mehr riecht es nach verbranntem Fleisch und Schwefel. Und als er einen Blick hinter die Zeltplane wirft, da sieht er wie zahllose Menschen in kochenden Tiegeln sitzen und sich Seelen aus dem Laib schreien. Er läuft zu Petrus zurück und fragt ihn: Um Gottes Willen, was ist das? Darauf erwidert Petrus: Das ist der Himmel für die Katholiken. Die können sich den Himmel anders nicht vorstellen. Jesus hat den Menschen immer wieder Gottes Reich zugesprochen. Er hat ihnen erzählt, wie sein Vater den Sündern entgegenläuft. Er hat ihnen zugesprochen, dass sie Kinder Gottes sind und Erben des Reiches Gottes. Und nun kommt ein junger Mann und will sich vergewissern, ob für ihn der Himmel offen steht. Er fragt: Werden nur wenige ins Reich Gottes kommen? Und Jesus antwortet ihm seiner Frage gemäß mit unserem Predigttext. Und ich kann mir gut vorstellen, dass dieser junge Mann plötzlich voller Verzweiflung ist, ja dass er sich als der Letzte, mehr noch, als das letzte 4
5 unwürdige Subjekt auf der Erde fühlt. Und nun wird das Ende unseres Predigttextes sehr entscheidend: Und siehe, es sind Letzte, die werden die Ersten sein, und sind Erste, die werden die Letzten sein. So heißt es da. Und welch eine Gnade. Selbst als die oder der oder das Letzte: Ich bin erwählt. Mir steht Gottes Reich offen. Amen 5
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