SchiedsamtsZeitung 67. Jahrgang 1996, Heft 12 Online-Archiv Seite 180a-184 Organ des BDS
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- Emil Simen
- vor 8 Jahren
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Transkript
1 Fristlose Kündigung des Wohnraummietverhältnisses von Franz Rustige, Schm. in Eitorf/.Sieg Während ein Mietvertrag auch mündlich geschlossen werden kann, ist die Kündigung eines Mietverhältnisses nur dann rechtswirksam, wenn sie schriftlich erfolgt. Hierbei sind hei einer ordentlichen Kündigung die Kündigungsfristen zu beachten, wie sie in 565 BGB niedergelegt sind. Zu beachten ist ferner, dass alle Personen, die den Mietvertrag unterschrieben haben, auch das Kündigungsschreiben unterzeichnen müssen, da die Kündigung ansonsten nicht rechtswirksam ist. In Ausnahmefällen kann die Kündigung eines Mietverhältnisses sowohl vom Vermieter wie auch vom Mieter ohne Einhaltung der gesetzlich vorgeschriebenen oder vertraglich vereinbarten Kündigungsfrist ausgesprochen werden, wenn es sich um solche Vertragsverletzungen handelt, die es der kündigenden Vertragspartei unzumutbar machen, das bestehende Mietverhältnis noch länger fortzusetzen. Hierbei handelt es sich um die sogenannte fristlose Kündigung. Die Voraussetzungen einer fristlosen Kündigung ergeben sich aus 554 ff BGB. Der häufigste Grund einer fristlosen Kündigung ist der Mietrückstand. Hierbei ist zu beachten, dass der Mieter mit zwei aufeinander folgenden Mietzahlungen in Verzug ist. Hierzu zählen die Grundmiete sowie die monatliche Nebenkostenpauschale. Nach der einschlägigen Rechtssprechung gibt ein geringfügiger Mietrückstand keinen ausreichenden Anlass zu einer fristlosen Kündigung. Zahlt dagegen der Mieter nur unter Vorbehalt den Mietzins, um beispielsweise seine Ansprüche wegen Mängel der Mietsache zu wahren, kommt er nicht mit der Mietzahlung in Verzug. Entsteht in der Mietwohnung ein Brandschaden, durch den die Wohnungsnutzung ausgeschlossen wird, ist wegen Nichtzahlung des Mietzinses eine fristlose Kündigung grundsätzlich nicht gerechtfertigt. Dagegen kann der Mieter zur Zahlung der Mietrückstände verurteilt werden, wenn nachweislich der Brand durch seine Fahrlässigkeit entstanden ist. Ebenso ist keine Voraussetzung für eine fristlose Kündigung gegeben, wenn der Mieter bei der Mietminderung irrtümlich von einer falschen Mietminderungsquote ausgegangen ist. Dagegen kann eine fristlose Kündigung in Betracht kommen, wenn feststeht, dass ein Mietminderungsrecht überhaupt nicht bestanden hat. Der Grund für eine fristlose Kündigung ist aber auch dann gegeben, wenn der Mietrückstand darauf beruht, dass Geldmittel zur Mietzahlung derzeit nicht vorhanden sind. In einem solchen Falle ist es angebracht, den Vermieter von dieser Nachdruck und Vervielfältigung Seite 1/6
2 Sachlage zu unterrichten und mit ihm eine Vereinbarung zu finden, wie der Mietrückstand abgezahlt werden kann, um dadurch der fristlosen Kündigung die Grundlage zu entziehen. Befriedigt der Mieter den Vermieter vor Ausspruch der fristlosen Kündigung, verliert der Vermieter sein Recht auf eine fristlose Kündigung. Das gleiche gilt auch für den Fall, dass der Vermieter über längere Zeit gegen den Rückstand von 2 Monatsmieten nichts unternommen hat. Falls dann der Vermieter nach einer längeren Zeit eine fristlose Kündigung aussprechen will, kann er dies nur dann, wenn er vorher dem Mieter die fristlose Kündigung angedroht hat. Ein weiterer Grund einer fristlosen Kündigung sind unzumutbare Belästigungen. Die Grundlage findet sich in 554 a BGB, wonach ein Mietverhältnis über Wohnräume ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden kann, wenn ein Vertragsteil schuldhaft in solchem Maße seine Verpflichtungen verletzt, dass dem anderen Vertragspartner die Fortsetzung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann. Hierzu gehört insbesondere die nachhaltige Störung des Hausfriedens. Der vertragstreuen Partei steht das Recht zur fristlosen Kündigung aber nur unter folgenden Voraussetzungen zu: Es müssen erhebliche Pflichtverletzungen vorliegen. Hierzu zählen auch unangemessene Angriffe auf die Persönlichkeit, wie z. B. Beleidigungen, Verleumdungen, üble Nachrede, falsche Anschuldigungen, streitsüchtiges Verhalten und Tätlichkeiten. Ein fristloser Kündigungsgrund ist auch bei fortgesetzter Störung des Hausfriedens gegeben, wenn mehrere Mieter in einem Hause wohnen und die gegenseitige Rücksichtnahme nicht mehr vorhanden ist. Hierbei ist aber zu beachten, dass eine fristlose Kündigung aus den eben erwähnten Gründen nur im Falle fortgesetzter, andauernder Störungen des Hausfriedens zulässig ist. Vereinzelte Pflichtverletzungen können nur auf dem Wege der Unterlassungsklage angegangen werden. Ortsübliche Geruchsbelästigungen sind kein Grund zur fristlosen Kündigung. Selbst unvermeidbarer Lärm (Kindergeschrei, Musikausübung, Radio- und Fernsehübertragungen) müssen in Kauf genommen werden. Ob ein Geräusch als unzumutbarer Lärm angesehen werden kann, ist nur im Einzelfall zu entscheiden, wobei Überempfindlichkeit einiger Mieter unbeachtet bleibt. Ferner muss die allgemeine Ordnung in einem Mietshaus beachtet werden. Der Nachbar darf nicht mehr als vermeidbar belästigt werden. Es dürfen keine Tätigkeiten in einer Mietwohnung ausgeübt werden, durch die das Haus gefährdet werden kann. Das Grillen von Fleisch und Fisch ist nur dann zulässig, wenn hierdurch die Nachbarn nicht übermäßig gestört werden. Die Hauseingangstüren müssen ab einer bestimmten Zeit (etwa ab 22 Uhr) geschlossen werden, auch wenn keine Hausordnung vorhanden ist. Insbesondere ist darauf zu achten, dass eine fristlose Kündigung wegen erheblicher Nachdruck und Vervielfältigung Seite 2/6
3 Belästigung nur dann berechtigt ist, wenn sie schuldhaft (vorsätzlich oder fahrlässig) begangen wird. Böswillige Absicht ist bei der Belästigung aber nicht Voraussetzung. Ein Verschulden des gesetzlichen Vertreters oder Erfüllungsgehilfen muss sich die Vertragspartei, von der die Belästigung ausgeht, anrechnen lassen. Eine wirksame fristlose Kündigung hat ferner zur Voraussetzung, dass die Verletzung so schwerwiegend ist, dass der Partei, die fristlos kündigt. die Fortsetzung des Mietverhältnisses nicht mehr zumutbar ist. Hierzu einige Beispiele aus der Rechtssprechung: Schwere Beleidigung des Vermieters durch den Mieter (AG Köln und AG Gießen) Bedrohung des Vermieters mit Geiselnahme (LG Mannheim) Vorwürfe einer Mietpartei gegen eine andere Mietpartei, die falsch sind und zur Störung des Hausfriedens führen (LG Kaiserslautern) Aushängen eine Transparentes, auf dem der Vermieter angeprangert wird (LG München I) Anschwärzen des Vermieters in der Nachbarschaft wegen angeblich sittlicher Verfehlungen (LG Mannheim) Beteiligung an einem Mietinitiativaufruf»Kampf gegen Vermieterwillkür«(LG Koblenz) Beschädigung der Mietsache durch Anzünden des Mobiliars (LG Mannheim) Verunreinigung des Teppichbodens durch die Kinder einer Mietpartei, wenn eine Verletzung der Aufsichtspflicht vorliegt (LG Hamburg) Nächtlicher Lärm (AG Helmstedt) Lautstarker Ehekrach (AG Friedberg) Ungenehmigte Tierhaltung bei Belästigung der Hausbewohner durch bellenden Hund (AG Frankfurt) Verletzung des Vermieters durch den Mieter, nachdem sich der Vermieter unberechtigten Zutritt zur Mietwohnung verschaffen wollte (IG Mannheim) Einmalige Beleidigung des Vermieters (LG Köln) Beteiligung des Mieters an Mieterinitiative durch Aufruf an die Mitmieter, einer Mieterhöhung nicht zuzustimmen (LG Hamburg) Strafanzeige eines Mieters gegen den Vermieter, wenn der der Anzeige zugrunde liegende Vorfall nicht restlos aufgeklärt werden konnte (AG Gelsenkirchen) Abstellen von Gerümpel auf dem Dachboden (AG Köln) Unerlaubte Hundehaltung (LG Gießen) Unrichtige Angabe des Vermieters über die Höhe der zu erwartenden Nebenkosten (LG Frankfurt) Unerlaubtes Eindringen des Vermieters in die Mietwohnung mittels eines Universalschlüssels (AG Heidelberg) Hartnäckige Weigerung des Vermieters zur Mängelbeseitigung (LG Heidelberg und Nachdruck und Vervielfältigung Seite 3/6
4 LG Köln) Mehrmaliger Heizungsausfall wegen Ölmangels (AG Waldbröhl) Bei einer fristlosen Kündigung ist zu beachten, dass alsbald von dem Kündigungsrecht Gebrauch gemacht wird. Lässt dagegen der Kündigungsberechtigte längere Zeit nach der Pflichtverletzung verstreichen, ohne fristlos zu kündigen, gibt er durch diese Verhaltensweise zu erkennen, dass er die Fortsetzung des Mietverhältnisses nicht als unzumutbar empfindet. Treten danach aber weitere erhebliche Pflichtverletzungen ein, dann kann das frühere Fehlverhalten mitberücksichtigt werden. Auch der vertragswidrige Gebrauch der Mietsache kann zur fristlosen Kündigung berechtigen. Durch den Mietvertrag ist dem Mieter das Recht übertragen worden, die ihm überlassenen Räume für den üblichen Gebrauch zu nutzen. Nicht jede vorübergehende und geringfügige Überschreitung des Gebrauchsrechts durch den Mieter berechtigt den Vermieter zur fristlosen Kündigung. Verletzt aber der Mieter seine Sorgfaltspflichten so schwer, dass dadurch eine erhebliche Gefährdung des Mietobjekts eintritt, so ist der Vermieter nach erfolgloser Abmahnung zur fristlosen Kündigung des Mietverhältnisses berechtigt. Ein vertragswidriges Verhalten des Mieters liegt vor, wenn er z.b. dem Vermieter eine Schwammbildung durch Feuchtigkeit in der Wohnung nicht umgehend mitteilt. Ein vertragswidriger Gebrauch der Mietsache ist auch gegeben, wenn der Mieter die gemieteten Wohnräume ohne Genehmigung des Vermieters gewerblich nutzt. Auch die Fortsetzung einer nicht genehmigten Untervermietung stellt einen vertragswidrigen Gebrauch der Mietsache dar. Der fristlosen Kündigung muss grundsätzlich eine Abmahnung vorausgehen. Die Abmahnung, die wegen eines eventuellen Nachweises am besten schriftlich erfolgen sollte, ist die Aufforderung des Vermieters an den Mieter, den vertragswidrigen Gebrauch der Mietsache künftig zu unterlassen. Es genügt hier aber auch nicht nur der Hinweis auf die Unterlassung des vertragswidrigen Gebrauchs, sondern das Abmahnungsschreiben muss genau beinhalten, welche vertragswidrigen Handlungen beanstandet werden und künftig zu unterlassen sind. Teilweise so Landgericht Hamburg fordert die Rechtssprechung, dass der Vermieter in der Abmahnung bereits die fristlose Kündigung androht. Nach der Rechtssprechung des BGH ist eine Abmahnung dann nicht nötig, wenn die Vertragsverletzung so schwer ist, dass dem Vermieter eine weitere Vertragsfortsetzung nicht mehr zugemutet werden kann oder wenn die Beseitigung der Überschreibung des Gebrauchsrechts unter keinen Umständen zu erwarten ist, weil der Mieter schon vollendete Tatsachen geschaffen hat und dadurch zum Ausdruck bringt, dass er den vertragswidrigen Gebrauch der Mietsache auf jeden Fall fortsetzen will. Nachdruck und Vervielfältigung Seite 4/6
5 Fristlose Kündigung des Wohnraummietverhältnisses Trotzdem ist es ratsam, in jedem Fall von vertragswidrigem Gebrauch der Mietsache dies gegenüber der anderen Vertragspartei durch eine Abmahnung zu dokumentieren, weil man nicht weiß, ob es zu einem Rechtsstreit kommt und bis zu welcher Instanz der Rechtsstreit geführt wird. Nach 254 BGB hat der Mieter das Recht zur fristlosen Kündigung, wenn ihm der vertragsmäßige Gebrauch nicht rechtzeitig gewährt wird oder wenn ihm dieser grundlos entzogen wird. Das ist besonders dann der Fall, wenn die Mietsache zwar zum vertraglich vereinbarten Zeitpunkt übergeben wird, aber Mängel an der Mietsache vorhanden sind ( 537 GBG). Dabei ist nach der Rechtssprechung zu beachten, dass es nicht darauf ankommt, ob der Vermieter diesen Mangel auch zu vertreten hat. Das fristlose Kündigungsrecht setzt aber voraus, dass der Mieter dem Vermieter eine Abhilfefrist gewährt hat. Diese Frist muss so bemessen sein, dass der Vermieter unter Zugrundelegung der bestehenden Mängel tatsächlich in der Lage ist, die erforderliche Abhilfe zu schaffen. Hierbei ist zu beachten, dass sich aus dem Schreiben auf Abhilfe genau ergeben muss, welche Mängel beseitigt werden sollen; eine bloße Mängelanzeige reicht hierfür nicht aus. Das fristlose Kündigungsrecht ist aber ausgeschlossen: wenn die Hinderung des Gebrauchs der Mietsache nur unerheblich ist; es sei denn, dass der Mieter ein besonderes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses hat --wenn der Mieter beim Vertragsabschluß von den Mängeln Kenntnis hatte. Ein weiteres Kündigungsrecht steht dem Mieter wegen Gesundheitsgefährdung zu ( 544 BGB). Das ist besonders dann gegeben, wenn sich die Wohnung in einem Zustand befindet, bei der die Benutzung mit einer erheblichen Gefährdung der Gesundheit verbunden ist (z. B.: starke Feuchtigkeit und/oder Schimmelbildung, Einsturzgefahr des Gebäudes oder von Gebäudeteilen, Formaldehyd in der Raumluft, gesundheitsschädliche Umweltbelastungen jeder Art durch Lärm, Altlasten, lndustrieemmissionen und ähnliche Umweltbelastungen). Allerdings ist es nicht erforderlich, dass bereits eine Schädigung der Gesundheit eingetreten ist. Es genügt vielmehr schon, wenn solche Schädigungen ernsthaft in Betracht gezogen werden müssen. Beendet der Mieter oder der Vermieter wegen schuldhaften Vertragsverletzungen das bestehende Mietverhältnis im Wege der fristlosen Kündigung, so kann der Kündigende Ersatz des Schadens verlangen, der ihm ursächlich durch das vertragswidrige Verhalten entstanden ist, welches ausschlaggebend war für die fristlose Kündigung. Folgende Beispiele mögen dies erläutern: 1) Hat der Mieter infolge einer Vertragsverletzung das Mietverhältnis fristlos gekündigt, so kann er von dem Vermieter den Ersatz der Umzugskosten, die Kosten Nachdruck und Vervielfältigung Seite 5/6
6 für die Herrichtung einer neuen Wohnung, die Maklergebühren und die sonstigen durch die Kündigung entstandenen Aufwendungen als Schadenersatz verlangen. 2) War der Vermieter zur fristlosen Kündigung berechtigt, so kann er vom Mieter den durch die fristlose Kündigung entstandenen Mietzinsausfall, die Kosten für die Suche nach einem neuen Mieter (Zeitungsinserat, Maklergebühren), die Kosten für die Renovierung der Mieträume und andere, durch die fristlose Kündigung entstandenen Aufwendungen als Schadenersatz verlangen. Voraussetzung für den Schadenersatzanspruch ist jedoch immer, dass die geltend gemachten Aufwendungen auch tatsächlich entstanden sind. Hier ist derjenige beweispflichtig, der den Schadenersatzanspruch geltend macht. Nachdruck und Vervielfältigung Seite 6/6
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