Die Kündigung wegen Zahlungsverzugs und das Ausweisungsverfahren: Viele kleine Schritte führen zum Ziel
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- Kevin Schwarz
- vor 8 Jahren
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1 Die Kündigung wegen Zahlungsverzugs und das Ausweisungsverfahren: Viele kleine Schritte führen zum Ziel Einleitung Für den Vermieter von Wohnräumen stellt sich wohl nicht selten das Problem, dass seine Mieter die Mietzinszahlung schuldig bleiben und auch nach mehrfacher Mahnung und viel Goodwill von Seiten der Vermieterschaft ihrer Zahlungsverpflichtung nicht nachkommen. Irgendwann ist der Zeitpunkt gekommen, in dem die Vermieterschaft nicht länger zusehen, sondern handeln und die Wohnung neu vermieten will. Weigert sich die Mieterschaft jedoch nicht nur zu zahlen, sondern auch, die Wohnung zu verlassen, stellt sich die Frage, wie die Vermieterschaft vorzugehen hat, um den herrschenden Zustand möglichst schnell zu beenden. Nachfolgend sollen deshalb die Kündigung wegen Zahlungsverzugs und das Ausweisungsverfahren betreffend die Vermietung von Wohnräumen dargestellt werden. Die Kündigung wegen Zahlungsverzugs Wann ist die Mieterschaft in Verzug? Die Kündigung wegen Zahlungsverzugs kann dann geltend gemacht werden, wenn die Mieterschaft mit dem Mietzins oder den Nebenkosten im Verzug ist. Dabei müssen die Nebenkosten jedoch vereinbart, zahlenmässig bestimmt oder bestimmbar und von der Mieterschaft in einem angemessenen Zeitraum überprüfbar sein. Behält die Mieterschaft die Mietzinsen zurück, weil sie diese für übersetzt hält oder Schadenersatzansprüche aus Mängeln an der Mietsache geltend macht, hindert dies die Vermieterschaft nicht daran, die Kündigung wegen Zahlungsverzugs auszusprechen. Für die Geltendmachung der Herabsetzung des Mietzinses oder von Schadenersatzansprüchen steht der Mieterschaft die Möglichkeit der Hinterlegung offen, weshalb es ungerechtfertigt ist, für solche Forderungen die Mietzinsen zurückzubehalten. Zahlungsaufforderung und Kündigungsandrohung: Letzter Aufruf Will die Vermieterschaft wegen Zahlungsverzugs kündigen, muss sie der Mieterschaft noch eine letzte Chance geben, ihre Rückstände aufzuholen: Schriftlich und von der Vermieterschaft unterschrieben wird der Mieterschaft mitgeteilt, dass sie mit Mietzinsen oder Nebenkosten im Verzug ist und das Ausbleiben der Zahlung innert der angegebenen Frist zur fristlosen Kündigung des Mietverhältnisses führt. Die 1
2 Mietzinsforderung muss zahlenmässig genau bestimmt sein. Versäumt es die Vermieterschaft, die fristlose Kündigung anzudrohen, bleibt das Schreiben wirkungslos und die Kündigung ist nicht zulässig. Fristenlauf: komplizierter als gedacht Mit der Zahlungsaufforderung an Mieter von Wohn- und Geschäftsräumen wird eine Frist von 30 Tagen zur Begleichung des Ausstandes angesetzt. Bei anderen Mietobjekten beträgt sie 10 Tage. Dabei ist speziell zu beachten, wann die 30-tägige Frist zu laufen beginnt. Im Normalfall stellt die Post die Zahlungsaufforderung, welche mit Vorteil eingeschrieben verschickt wird, der Mieterschaft zu. Diese quittiert die Sendung und die Frist beginnt mit dem auf die Zustellung folgenden Tag zu laufen. Schwieriger mit der Feststellung des Fristbeginns wird es, wenn die Mieterschaft das Schreiben nicht entgegennimmt und auch auf die Abholungseinladung der Post nicht reagiert. In diesem Fall gilt als Tag der Zustellung das Ende der siebentägigen Abholfrist. Die Zahlungsfrist beginnt am Tag nach Ablauf der siebentägigen Abholfrist. Damit die Vermieterschaft sicher ist, wann die Zahlungsfrist beginnt und wann frühestens gekündigt werden kann und der Beweis der Zustellung im späteren Ausweisungsverfahren erbracht werden kann, sollte die Zahlungsaufforderung mit Rückschein zugestellt werden. Mehrere Mieter und Ehegatten Jedem Mieter und jedem Ehegatten sind die Zahlungsaufforderung und die darin enthaltene Kündigungsandrohung separat zuzustellen. Erst wenn alle das Schreiben nachweislich erhalten haben, beginnt die Zahlungsfrist zu laufen. Personenmehrheit auf Vermieterseite Bildet eine Mehrzahl von Personen die Vermieterschaft sind besondere Anforderungen an die Gültigkeit der Kündigung zu stellen. Zuerst ist der Entschluss zur Kündigung des Mietverhältnisses je nach Rechtsverhältnis der Personenmehrheit einstimmig oder mehrstimmig zu fassen. Einstimmigkeit ist bei der einfachen Gesellschaft, der Gesamteigentümerschaft und der Erbengemeinschaft erforderlich. Bei der Anzeige der Kündigung an die Mieterschaft ist dies ebenfalls zu berücksichtigen: Das Kündigungsformular muss von allen zur Vermieterschaft gehörenden Personen unterzeichnet sein. Soll die Vermieterschaft durch beispielsweise ein Mitglied der Erbengemeinschaft vertreten werden, muss dieses 2
3 von den anderen Mitgliedern bevollmächtigt worden sein und das Vertretungsverhältnis muss der Mieterschaft, die das vom Vertreter unterzeichnete Kündigungsformular erhält, angezeigt und offengelegt werden. Sind diese Voraussetzungen nicht gegeben, ist die Kündigung unwirksam. Zahlungsfrist abgelaufen: Wie weiter? Der Mietzins- oder Nebenkostenausstand muss bis zum letzten Tag der Zahlungsfrist vollständig bezahlt worden sein. Hat die Vermieterschaft Barzahlung verlangt, muss ihr der Betrag spätestens am letzten Tag der Frist übergeben worden sein. Verlangt sie die Zahlung jedoch mittels Einzahlungsschein, genügt es, wenn die Mieterschaft den ausstehenden Betrag am Tag des Fristablaufs bei der Post einzahlt. Wird der Mietzinsrückstand nicht, unvollständig oder zu spät bezahlt, kann die Vermieterschaft die Kündigung aussprechen. Eine zu frühe Kündigung, welche noch während der Zahlungsfrist ausgesprochen wird, ist nichtig, auch wenn sie bei der Mieterschaft erst nach Fristende eintrifft. Die Kündigungsfrist beginnt ebenfalls am Tag nach Zustellung der Kündigung zu laufen. Wird die eingeschrieben geschickte Kündigung jedoch von der Mieterschaft nicht abgeholt, muss für den Beginn der Frist die siebentägige Abholfrist der Post nicht mehr beachtet werden: Die Kündigung gilt als zugestellt am Tag, an dem die Abholungseinladung in den Briefkasten der Mieterschaft gelegt worden und der Mieterschaft die Abholung nach dem üblichen Lauf der Dinge zumutbar ist. Die Kündigung kann nur jeweils auf Ende eines Monats ausgesprochen werden, weshalb die Vermieterschaft bei Zustellung des Kündigungsschreibens einen allfälligen Monatswechsel am Tag der Zustellung beachten muss. Erhält die Mieterschaft die Kündigung beispielsweise am ersten resp. zweiten des Monats, gilt die Kündigung erst per Ende des Folgemonats. Ausweisung Verlässt die Mieterschaft die Wohnung nach gültig erfolgter Kündigung nicht, steht der Vermieterschaft das Ausweisungsverfahren offen. Das Ausweisungsbegehren ist direkt beim Gerichtspräsidenten des Bezirks, in welchem die Liegenschaft sich befindet, zu stellen. Dieser prüft, ob die Kündigung gültig erfolgt ist, ob also der Mieterschaft die Zahlungsfrist von 30 Tagen gewährt worden und gleichzeitig die Kündigung angedroht worden ist und ob danach die wiederum 30-tägige Kündi- 3
4 gungsfrist eingehalten worden sind. Dabei ist zu beachten, dass die Beweislast für die Einhaltung dieser Fristen bei der Vermieterschaft liegt. Da für die Ansetzung der Zahlungsfrist der tatsächliche Empfang massgebend ist, empfiehlt es sich, diese eingeschrieben und mit Rückschein der Mieterschaft zuzustellen. Mit Urteil vom 18. April 2005 in Sachen E.M.B. gegen H.M. und A.S. hat das Obergericht des Kantons Aargau entschieden, der Empfang des Schreibens, mit welchem beiden Mietern separat die 30-tägige Zahlungsfrist angesetzt und die Kündigung angedroht worden war, sei nicht bewiesen, wenn nur ein Schreiben unabgeholt an den Absender zurück gelange. Obwohl das andere Schreiben offensichtlich in Empfang genommen worden war, da es nicht an den Absender zurückgeleitet wurde, verlangte das Obergericht einen Beweis des Empfangs und wollte nicht davon ausgehen, dass beide Schreiben spätestens am Ende der siebentägigen Abholfrist empfangen worden waren. Für die Kündigung gilt die Einschränkung des tatsächlichen Empfangs nicht. Hier muss die Vermieterschaft nur noch nachweisen, dass die Kündigung rechtzeitig in den Einflussbereich der Mieterschaft gelangt ist. Ist die ausserordentliche Kündigung gültig, wird verfügt, die Mieterschaft habe die Liegenschaft innert einer gewissen Frist vollständig zu räumen und zu verlassen. Vollstreckung mit Hilfe der Polizei Folgt die Mieterschaft der Verfügung des Gerichtspräsidiums nicht, hilft nur noch die Vollstreckung des Ausweisungsentscheids mit Hilfe der Polizei, welche vom Gerichtspräsidenten als Ausweisungsbehörde damit beauftragt wird. Vollstreckung kann aber erst verlangt werden, wenn die Ausweisungsverfügung rechtskräftig und eine Vollstreckbarkeitserklärung auf dem Urteil angebracht worden ist. Alsdann muss die Vermieterschaft die Polizei kontaktieren und sich einen Termin für die Ausweisung geben lassen. Auf diesen Termin sind eine Umzugsfirma sowie eine Lagerungsmöglichkeit für die Möbel von der Vermieterschaft zu organisieren. Von ihr sind auch die daraus entstehenden Kosten vorzuschiessen, welche von der Mieterschaft zurückgefordert werden können. Schluss Bis die zahlungsunfähige oder unwillige Mieterschaft die Wohnung verlassen hat und seitens der Vermieterschaft ein neues Mietverhältnis für die betreffende 4
5 Liegenschaft eingegangen werden kann, sind viele Hürden zu nehmen, zu deren Bewältigung der vorliegende Artikel hoffentlich beiträgt. 5
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