Beitrag: Zu krank und zu teuer Wie Krankenkassen Versicherte loswerden
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- Sophia Kalb
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1 Manuskript Beitrag: Zu krank und zu teuer Wie Krankenkassen Versicherte loswerden Sendung vom 30. Oktober 2012 von Jörg Göbel und Christian Rohde Anmoderation: Jemand ärgert sich gewaltig über seinen Arbeitgeber. Jemand, der etwas über Machenschaften im Unternehmen weiß, die nicht in Ordnung sind. Was tut er? Manchmal wenden sich solche Menschen an uns. Durch sie werden Skandale zum Glück öffentlich. Vor einem Jahr meldete sich eine Mitarbeiterin der Krankenkasse KKH-Allianz bei unseren Autoren Jörg Göbel und Christian Rohde. Was sie seither recherchieren, ist haarsträubend: Die Kasse will schwerkranke Versicherte loswerden. Setzt die ohnehin leidenden Patienten auch psychisch unter Druck. Text: Diese Stimme hat sich mir vorgestellt als ein Callcenter im Auftrag der KKH-Allianz und hatte mir nahe gelegt, mit kurzen Worten zusammengefasst, meine Mitgliedschaft bei der KKH aufzukündigen.der Mann hat mir definitiv aufgrund meiner Krankheit und meiner Behinderung vorgeworfen: Juhnke, du bist zu teuer, wir wollen Dich nicht mehr. O-Ton Heidi Steffens, Schlaganfallpatientin: Ich war so fertig. Ich musste am Telefon weinen, weil der mich so subtil unter Druck gesetzt hat. Ich war zu teuer, eindeutig. Berlin, Rosenthaler Platz. Wir treffen eine Mitarbeiterin der KKH- Allianz, einer großen gesetzlichen Krankenkasse mit 1,8 Millionen Versicherten. Die Frau will aus Angst vor beruflichen Nachteilen anonym bleiben. Der Anfang einer langen Recherche. Schließlich übergibt sie uns interne Unterlagen zu einer, wie sie sagt, Geheimoperation der KKH-Allianz. Beschrieben Sie doch bitte noch mal, was bei der KKH im
2 vergangenen Jahr passiert ist. O-Ton Mitarbeiterin KKH-Allianz: Die KKH Allianz hat schwer Kranke und Pflegebedürftige systematisch aus der Krankenversicherung gedrängt. Der Grund war ganz klar: Die wollten teure, zu teure Versicherte, also solche die die Kasse viel Geld kosten, unbedingt loswerden. Schwere Vorwürfe. Doch unsere Informantin kann sie mit detaillierten Telefonprotokollen belegen. Danach hat die KKH- Allianz Hunderte ihrer Versicherten angerufen. Und vielen nahegelegt zu kündigen, sich eine andere Krankenkasse zu suchen. In den Telefonprotokollen immer wieder das Kürzel KW. Es steht für Kassenwechsel. Sehr langes nettes Gespräch Kassenwechsel angeboten. Kassenwechsel ansprechen. Auf Möglichkeit des Kassenwechsels hingewiesen. Kassenwechsel indirekt angesprochen sie möchte das eigentlich nicht. Kassenwechsel angeboten, er wird nichts verraten. O-Ton Mitarbeiterin KKH-Allianz: Der offizielle Grund für die Telefonate waren Mahnungen für minimale Schulden. Viele Versicherte hatten ihren Zusatzbeitrag bei der KKH-Allianz nicht bezahlt. Doch das war nur ein Vorwand für die Anrufe. Eigentlich war das Ziel, teure Versicherte am Telefon von einer Kündigung zu überzeugen. Das alles war streng geheim. Wir prüfen die vertraulichen Telefonprotokolle und die angegebenen Adressen, versuchen die Menschen hinter den Nummern zu finden - und haben schließlich Erfolg. In Köln finden wir Heidi Steffens, 30 Jahre war sie Krankenschwester. Heute ist sie schwer krank, leidet an Diabetes, hatte einen Herzinfarkt. Die Rentnerin war jahrelang bei der KKH-Allianz versichert. Laut unserer Datei wurde Heidi Steffens mehrfach angerufen. O-Ton Heidi Steffens, Schlaganfallpatientin: Wenn sie heute noch kündigen, dann fällt alles unter den Tisch. Dann vergessen wir das ganze, und sie können jederzeit in eine andere Krankenkasse. Und ich hab dann gesagt ja, mache ich heute. Als ich ein bisschen zur Besinnung kam, habe ich gedacht, was war das eigentlich, die wollen die raus haben. Der hat mich wirklich im wahrsten Sinne des Wortes rauskomplementiert. In der uns vorgelegten KKH-Telefondatei ist Heidi Steffens Nummer 361. Dort heißt es über sie:
3 hat am Telefon geweint. Kündigung zum liegt vor! O-Ton Heidi Steffens, Schlaganfallpatientin: Ich war so fertig, ich musste am Telefon weinen, weil der mich so subtil unter Druck gesetzt hat. Nur für sie und extra, das dürfen sie keinem sagen, das muss unter uns bleiben. Ich war zu teuer eindeutig. Die KKH-Allianz ist eine der größten gesetzlichen Krankenkassen in Deutschland. Sie ist verpflichtet, alle Versicherten gleich gut zu behandeln, egal ob jung oder alt, gesund oder schwer krank. Wir bitten KKH Allianz Vorstand Ingo Kailuweit um ein Interview, wollen wissen: Hat seine Kasse besonders kranke und damit teure Versicherte zur Kündigung gedrängt, um Kosten zu senken? Ein Interview lehnt man ab. Schriftlich räumt die Kasse die Telefonate ein, weist aber ausdrücklich darauf hin, Zitat: dass es nicht das Ziel der Telefonate war, Mitglieder zum Kassenwechsel zu bewegen. Und weiter heißt es: Ziel der Telefonate war es, ausstehende Zusatzbeiträge einzuholen, unabhängig von Alter, Geschlecht (und) Krankengeschichte. Also alles ein großes Missverständnis? Die Telefonate der KKH- Allianz ganz normale Mahngespräche? In Hannover treffen wir Michael Juhnke. In der Telefondatei der KKH-Allianz ist er die Nummer 111. Also ich sitze seit über zehn Jahren im Elektrorollstuhl, ich habe Muskeldystrophie, also Muskelschwund. Das heißt, bei mir bauen sich die Muskeln im Laufe der Zeit immer weiter ab. Das heißt, das Endstadium ist dann irgendwann die volle Bettlägerigkeit mit eventueller Vollbeamtmung. Am 26. Oktober 2011 bekam er einen Anruf. Schildern Sie mal, was da passiert ist, was der Anrufer von Ihnen wollte. Ja, es war ein Anruf. Und er stellte sich vor als Telefoncenter
4 im Auftrag der KKH-Allianz und hatte den Auftrag oder die Vorgabe mir nahezulegen, bei der KKH-Allianz zu kündigen. Können Sie sich da noch an Einzelheiten erinnern, was da für Sätze gefallen sind, in diesem Telefonat? Kaufmännische Krankenkasse. Und da sage ich, ja, was hat das konkret mit mir zu tun? Da sagt er: Na ja, wie die Buchstaben schon sagen, wir sind für das kaufmännische Dienstleitungsgewerbe tätig. Das heißt, bei uns sind Leute versichert, die arbeiten, die einem geregelten Job nachgehen und auch Geld einspielen. Und das ist bei Ihnen ja alles nicht mehr der Fall. Und was wollen Sie mir jetzt damit sagen? Da sagt er: Sie müssen den Sachverhalt erkennen, wir sind eine Kasse für die arbeitende Bevölkerung, Sie sind aber seit über 20 Jahre berentet. Das heißt, Sie spielen keinen Gewinn mehr ein, Sie kosten nur noch. Bei der Durchsicht der Unterlagen taucht immer wieder ein Begriff auf: Hochnutzer. So nennt die KKH-Allianz schwerkranke Menschen, die nach ihren eigenen Berechnungen viel Geld kosten: 1,75 Milliarden Euro pro Jahr. Für die Kasse ein gewaltiger Kostenfaktor. Wir zeigen unsere Recherchen dem Gesundheitsökonomen Prof. Rolf Rosenbrock. Er war Berater der Bundesregierung, beschäftigt sich seit Jahren mit Wettbewerb im deutschen Gesundheitssystem. O-Ton Prof. Rolf Rosenbrock, Gesundheitsökonom, Vorsitzender Paritätischer Wohlfahrtsverband: Das entspricht auf keinen Fall dem Auftrag einer gesetzlichen Krankenversicherung. In Paragraf 1 des zuständigen Gesetzes steht, die gesetzliche Krankenkasse ist eine Solidargemeinschaft. Wie bewerten Sie das Verhalten der KKH? O-Ton Prof. Rolf Rosenbrock, Gesundheitsökonom, Vorsitzender Paritätischer Wohlfahrtsverband: Das zeigt, dass die gesetzlichen Versicherung und auch das Management der gesetzlichen Versicherungen heute nicht anders funktionieren, als das Management eines profitorientieren Unternehmens. Dass sie auf Kostenminimierung aus sind und zu Kostenminimierung kann gehören, dass sie entgegen dem Auftrag einer gesetzlichen Krankenversicherung alles daran setzen, besonders teure Versicherte, die in der Regel Patienten sind mit schweren chronischen Erkrankungen, die ohnehin
5 psychisch, gesundheitlich und sozial enorm hoch belastet sind, unter Druck zu setzen und herauszudrängen. Verstößt das Geschäftsgebaren der KKH-Allianz auch noch gegen den Datenschutz? Wir fragen den Bundesbeauftragten. Dessen Behörde wacht darüber, dass sich Kassen beim Datensammeln an Recht und Gesetz halten. O-Ton Peter Schaar, Bundesdatenschutzbeauftragter Ich denke, dass Wettbewerb nicht dazu führen darf, dass man gesetzliche Grenzen überschreitet, dass man in den Datenschutz von Menschen eingreift, zumal es sich dabei regelmäßig um Menschen handelt, die große wirtschaftliche Probleme haben und darüber hinaus auch noch besonders krank sind. Es kann nicht sein, dass man Menschen die gesetzlich krankenversichert sind, versucht aus diesem gesetzlichen Krankenversicherungsschutz herauszudrängen, weil sie möglicherweise zu teuer sind. Doch die Telefonprotokolle belegen genau das. Dort heißt es: Kundin ist dement - Kassenwechsel indirekt angesprochen. Kundin ist blind - Kassenwechsel als Möglichkeit aufgezeigt. Kundin hat nur 125 Euro zum Leben - Kassenwechsel ans Herz gelegt. Wir konfrontieren den Vorstandsvorsitzenden der KKH-Allianz mit unserer Recherche. Herr Kailuweit, Christian Rohde vom ZDF, ich habe eine Frage. Hat die KKH in der Vergangenheit Versicherte, die zu teuer waren, ausgesondert und angeschrieben, damit sie die Kasse loswird? O-Ton Ingo Kailuweit, Vorstandsvorsitzender KKH Allianz: Nein, ich weiß nicht, wie sie darauf kommen. Wir waren bei den Menschen, die Sie angerufen haben, darunter sind HIV-Positive, Menschen mit Muskelschwund, alte Pflegebedürftige, die sich alle daran erinnern, dass ihnen gesagt wurde: Wechseln Sie doch bitte in die Gesundheitskasse, wir wären Sie gerne los. O-Ton Ingo Kailuweit, Vorstandsvorsitzender KKH Allianz: Kann ich mir definitiv nicht vorstellen, ist auch nicht unser Stil. Ich weiß nicht, welche Informationen Sie dazu haben, hier ging es ganz alleine darum, welches Risiko entsteht für den Versicherten aufgrund des Zusatzbeitrages. Das hat aber mit dem Thema Krankheit und Risiko überhaupt nichts zu tun.
6 Also Entschuldigung, uns liegen Unterlagen vor, wo Ihre Mitarbeiter sagen. PUH, HIV, endlich Kasse verlassen! So heißt es im Telefonprotokoll zu Nummer einem HIVinfizierten Mann. Zitat: puh, er sei immer schon bei KKH und die zahlen auch seine HIV Therapie; nach langem Gespräch dennoch überzeugt, über KW nach zu denken; ;-) Kündigung: zum liegt vor! Der Vorstandsvorsitzende der KKH-Allianz will von all dem nichts gewusst haben. Fest steht: Seine Krankenkasse ist ein Teil ihrer so genannten Hochnutzer los, also teure und schwerkranke Versicherte. Abmoderation: Nach der Begegnung mit dem Vorstandsvorsitzenden erreichte uns diese Herr Kailuweit hat eine interne Prüfung Ihrer Hinweise veranlasst. Wir bitten Sie um Verständnis, dass wir zum jetzigen Zeitpunkt keine weiteren Informationen geben können. Wir werden Ihnen berichten, was die interne Prüfung ergibt. Zur Beachtung: Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt. Der vorliegende Abdruck ist nur zum privaten Gebrauch des Empfängers hergestellt. Jede andere Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtgesetzes ist ohne Zustimmung des Urheberberechtigten unzulässig und strafbar. Insbesondere darf er weder vervielfältigt, verarbeitet oder zu öffentlichen Wiedergaben benutzt werden. Die in den Beiträgen dargestellten Sachverhalte entsprechen dem Stand des jeweiligen Sendetermins.
B: bei mir war es ja die X, die hat schon lange probiert mich dahin zu kriegen, aber es hat eine Weile gedauert.
A: Ja, guten Tag und vielen Dank, dass du dich bereit erklärt hast, das Interview mit mir zu machen. Es geht darum, dass viele schwerhörige Menschen die Tendenz haben sich zurück zu ziehen und es für uns
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