Sorglosigkeit auf den Finanzmärkten
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- Frauke Breiner
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1 Sorglosigkeit auf den Finanzmärkten Prof. Dr. Thorsten Polleit Die Zentralbanken haben ein "Sicherheitsnetz" unter die Konjunkturenund die Finanzmärkte gespannt, das die Investoren sorglos gegenüberden bestehenden Risiken macht. In diesem Umfeld bleibt das Gold attraktiv, vor allem für langfristig orientierte Anleger. Das Auf und Ab der Konjunkturen und Börsen kann viele und zuweilen höchst unterschiedliche Gründe haben. Es ist beispielsweise "natürlich", dass Produktion und Beschäftigung im Zeitablauf nicht kontinuierlich zulegen, sondern schwanken. Zum Beispiel machen Unternehmer Fehler, über- oder unterschätzen die Nachfrage, und das lässt ihre Investitionstätigkeit mal nach oben, mal nach unten ausschlagen. Es gibt allerdings auch einen "unnatürlichen" Grund, der für Unru-he in den Volkswirtschaften und an den Börsen sorgt: die Zentralbankpolitik. ; eigene Berechnungen (1) Ungewichteter Durchschnitt der Notenbankzinsen Die Zentralbanken beeinflussen maßgeblich die Marktzinsen, indem sie - in enger Kooperation mit den Geschäftsbanken - neues Geld per Kredit (sprichwörtlich "aus dem Nichts") ausgeben. Der Marktzins wird dadurch unter das Niveau abgesenkt, das sich einstellen würde, wenn die Zentralbank das Kredit- und Geldangebot nicht künstlich ausweiten würden. Die Folge ist ein Anschub für die Konjunktur. Investitionen und Konsum nehmen zu. Doch ein solcher Aufschwung steht und fällt mit der Fortdauer der künstlich niedrig gehaltenen Zinsen. Hebt die Zentralbank die Zinsen, die sie zuvor abgesenkt hat, wieder an, hat das weitreichende Folgen für das Wirtschafts- und Finanzmarktgefüge: Steigende Zinsen lassen zum Beispiel Investitionen, die in Zeiten niedriger Zinsen profitabel erschienen, unrentabel werden; für Kreditnehmer verteuert sich die Fremdfinanzierung; und die Vermögenspreise - die Preise für zum Beispiel Aktien, Häuser und Grundstücke - geraten unter Abwärtsdruck. Mit anderen Worten: Steigende Zinsen graben dem Konjunkturaufschwung das Wasser ab. Doch ganz so einfach ist die Sache nicht. Es ist möglich, dass im Zuge der Niedrigzinspolitik die Produktivität der Volkswirtschaft zulegt und sie fortan mit "etwas" höheren Zinsen zurechtkommt. Steigende Zinsen würden dann die Konjunktur nicht abwürgen, sondern lediglich verlangsamen. Das wäre ein "positives Szenario". Wenig erfreulich wäre es hingegen, wenn Seite 1/5
2 die Zentralbanken die Zinsen "zu stark" erhöhen und einen Abschwung einleiten. Die Wirkung steigender Zinsen auf die Konjunktur hängt also von den "besonderen Umständen" ab. (1) Ungewichteter Durchschnitt der Notenbankzinsen Derzeit ist es die US-Zentralbank (Fed), die ihren Leitzins erhöht - und das internationale Zinsniveau mit sich zieht. Auf den Finanzmärkten hat das bislang keine Befürchtungen ausgelöst, es könne eine neue Krise geben. Die Marktakteure scheinen vielmehr zu erwarten, dass die Fed die Zinsschraube nicht zu fest anzieht, beziehungsweise dass die US- und Weltkonjunktur mit etwas höheren Zinsen zurechtkommen werden. Mit Blick auf die Fed-Zinspolitik setzen die Finanzmärkte folglich auf das (vorangehend erläuterte) "positive Szenario". Sicherheitsnetz Es gibt einen Faktor, der den Optimismus der Finanzmarktakteure zu stützen scheint: das "Sicherheitsnetz", das die Zentralbanken unter die Konjunkturen und Finanzmärkte gespannt haben. In den letzten Jahren haben die Geldbehörden den Investoren unmissverständlich zu verstehen gegeben, dass sie im Fall der Fälle die Wirtschaft und das Geld- und Kreditsystem auffangen werden. Aus Sicht der Märkte ist daher das "Absturzrisiko" stark reduziert, das Risiko von systemgefährdenden Zahlungsausfällen mehr oder weniger gebannt. Denn Zentralbanken sind die Monopolproduzenten des Geldes. Sie können jederzeit die politisch gewünschte Geldmenge bereitstellen und sie an strauchelnde Schuldner weiterreichen - in Form von Direktkrediten und/oder in Form von Anleihekäufen. Vor allem aber können sie auch die Marktzinsen auf das politisch gewünschte Niveau herunterdrücken, nicht nur die Kurzfristzinsen, sondern auch die Langfristzinsen. Zentralbanken können alle Zinsen steuern, zu denen sich Staaten, Banken, Unternehmen und Konsumenten verschulden. Damit wird einsichtig, warum es die Investoren nicht verunsichert, wenn die Fed die Zinsen erhöht (und andere Zentralbanken dem Beispiel folgen könnten). Die Investoren gehen davon aus, dass die Zinserhöhungen rasch gestoppt oder sogar rückgängig gemacht werden, sobald es im Wirtschafts- und Finanzsystem zu knirschen beginnt. Das ist eine Einschätzung, die nicht nur den Willen, sondern auch die Fähigkeit unterstellt, dass die Fed (in Kooperation mit anderen Zentralbanken) in der Lage ist, eine erneute Krise wirksam abwehren zu können Seite 2/5
3 (1) Steigt (fällt) die Linie, so bedeutet das, dass der "Stress" im Finanzmarkt zunimmt (abnimmt) (2) Ungewichteter Durchschnitt der Notenbankzinsen Doch haben die Zentralbanken diese"allmacht"? Die Antwort lautet: Es hängt vom "Typ der Krise" ab. Die Krise 2008/2009 war im Kern eine "Kreditkrise": Anleger hatten die Sorge, die Schuldner könnten ihren Schuldendienst nicht mehr leisten. Eine solche Kreditkrise konnten die Zentralbanken auflösen, indem sie die Zinsen gesenkt und als "Kreditgeber in der Not" aufgetreten sind. Eine neue Krise muss aber keine Kreditkrise sein, sie kann auch die Gestalt einer "Währungskrise" daherkommen. Risiko Währungskrise In einer Währungskrise greift die Sorge um sich, dass die Kaufkraft des Geldes leiden wird. Der Grund: Die Zentralbank bekämpft drohende Zahlungsausfälle mit der Ausgabe von neuem Geld. Das verursacht Zweifel bei den Geldhaltern, ob es der Zentralbank ernst ist mit dem Erhalt des Geldwertes: Anleger befürchten, dass der Verhinderung von Zahlungsausfällen und der Stützung der Konjunktur ein höheres Gewicht beigemessen wird als dem Erhalt des Geldwertes. Eine Währungskrise führt in eine heikle Situation. Besonders dann, wenn Volkswirtschaften hoch verschuldet sind. Denn um eine Währungskrise zu entschärfen, muss die Zentralbank den geldpolitischen Kurs straffen. Sie muss die Zinsen erhöhen und die Kredit- und Geldmengenzunahme eindämmen. Das aber bringt das Schuldgeldsystem und die Wirtschaft, die sich im Zuge der Schuldenwirtschaft aufgebaut hat, in Bedrängnis. Es kommt zur "Stabilisierungsrezession", die im Extremfall das Wirtschafts- und Finanzsystem existentiell bedrohen kann. Droht eine Währungskrise, stehen die Zentralbanken in der Tat vor der Frage: Währung retten oder Konjunktur und Finanzmärkte stützen? Wenn die Währungsgeschichte einen Hinweis zur Beantwortung dieser Frage bietet, dann diesen: Die Politik des Inflationierens, des Geldmengenausweitens zur Verhinderung von Zahlungsausfällen, ist die Politik des vergleichbar kleinsten Übels. Denn die Inflationspolitik sorgt zumindest in der kurzen Frist für positive Effekte - wie die Verhinderung von Produktionsrückgang und hoher Arbeitslosigkeit. In der mittleren Frist jedoch treten die negativen Folgen der Inflationspolitik zutage: Inflation schadet den Volkswirtschaften, sorgt für große Verteilungsungerechtigkeiten, für eine Verarmung gerade der unteren und mittleren Einkommensverdiener. Und letztlich kann eine Inflationspolitik nicht dauerhaft fortgeführt werden. Sie würde irgendwann in den Ruin der Währung führen. Und wird die Inflationspolitik gestoppt, nachdem sie eine gewisse Zeit verfolgt wurde, gibt es eine umso heftigere Erschütterung der Wirtschaft und der Finanzmärkte, der man eigentlich durch die Inflationspolitik entkommen wollte Seite 3/5
4 (1) Nominalzins abzüglich Jahresanstieg der Konsumgüterpreise in Prozent Gold als Portfolioversicherung Das Sicherheitsnetz, das die Zentralbanken aufgespannt haben, hat bislang nicht zu einem auffälligen Ansteigen der Inflationserwartungen geführt. So gesehen haben die Investoren nach wie vor großes Vertrauen in die Bereitschaft und Fähigkeit der Zentralbanken, das Wirtschafts- und Finanzsystem in Gang zu halten und dabei zugleich auch den Geldwert zu bewahren. Die Finanzmärkte glauben, dass den Zentralbanken - die ja die eigentliche Ursache für Konjunktur- und Finanzmarktkrisen sind - das Unmögliche, die Quadratur des Kreises, gelingt. Das Ansteigen der realen langfristigen US-Zinsen - sie betragen derzeit etwa 0,8 Prozentpunkte (nach minus 0,9 Prozentpunkten im Dezember 2012) - hat sich als Belastung für den Goldpreis erwiesen. Das aber kann nicht überraschen: Ein steigender (positiver) Realzins verringert die Nachfrage nach Geld und Gold, aber auch nach Aktien und Häusern. Ein steigender Realzins übt preissenkende Effekte auf Aktien, Häuser und Gold (gegenüber den offiziellen Währungen) aus Seite 4/5
5 (1) Ermittelt aus Inflationsswaps (für Konsumentenpreisinflation in fünf Jah (2) Ermittelt aus inflationsindexierter US-Sta Die entscheidende Frage ist nun: Werden die Zinsen weiter steigen, wird man wieder dauerhaft positive reale Renditen mit festverzinslichen Papieren verdienen können? Die Wahrscheinlichkeit dafür sollte der Anleger nicht zu hoch ansetzen. Denn steigende Realzinsen hält das weltweite Schuldgeldsystem wahrscheinlich gar nicht mehr aus, sie würden vermutlich das System in die nächste Krise führen (deren Eintrittswahrscheinlichkeit an den Finanzmärkten momentan als relativ gering eingestuft wird). Für Anleger, die ein "Euro-Klumpenrisiko" vermeiden wollen, sind US-Dollar oder Schweizer Franken, vor allem aber die "Währung Gold" Alternativen. Letztlich gibt es aber nur eine wirklich verlässliche Währung: das Gold. Dass der Goldpreis derzeit nicht höher steht, hat vor allem einen Grund: Es herrscht Sorglosigkeit auf den Finanzmärkten. Den umsichtigen Anleger sollte das nicht irritieren, es sollte ihn vielmehr ermutigen, Gold zu kaufen, um sein Portfolio zu versichern. Prof. Dr. Thorsten Polleit Quelle: Auszug aus dem Marktreport der Degussa Goldhandel GmbH Dieser Artikel stammt von GoldSeiten.de Die URL für diesen Artikel lautet: Für den Inhalt des Beitrages ist allein der Autor verantwortlich bzw. die aufgeführte Quelle. Bild- oder Filmrechte liegen beim Autor/Quelle bzw. bei der vom ihm benannten Quelle. Bei Übersetzungen können Fehler nicht ausgeschlossen werden. Der vertretene Standpunkt eines Autors spiegelt generell nicht die Meinung des Webseiten-Betreibers wieder. Mittels der Veröffentlichung will dieser lediglich ein pluralistisches Meinungsbild darstellen. Direkte oder indirekte Aussagen in einem Beitrag stellen keinerlei Aufforderung zum Kauf-/Verkauf von Wertpapieren dar. Wir wehren uns gegen jede Form von Hass, Diskriminierung und Verletzung der Menschenwürde. Beachten Sie bitte auch unsere AGB/Disclaimer! Die Reproduktion, Modifikation oder Verwendung der Inhalte ganz oder teilweise ohne schriftliche Genehmigung ist untersagt! Alle Angaben ohne Gewähr! Copyright by GoldSeiten.de Es gelten unsere AGB und Datenschutzrichtlinen Seite 5/5
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