Drei alternative Zinsstrukturtheorien:
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1 Referat im F1-Modul: Gesamtwirtschaft und Finanzmärkte Drei alternative Zinsstrukturtheorien: Marktsegmentierungs-, Erwartungs- und Liquiditätspräferenztheorie Von: Valeria Schachow (Punkt: und 4) (Matrikelnummer: ) und Verena Riehm (Punkt: ) (Matrikelnummer: )
2 INHALTSVERZEICHNIS 1. Definition wichtiger Begriffe Zins Zinsstruktur Zinsstrukturkurve normale Zinsstruktur inverse Zinsstruktur Einführung Zinsstrukturtheorien Allgemeines Marktsegmentierungstheorie Erwartungstheorie Liquiditätspräferenztheorie Fazit Quellenverzeichnis Literaturverzeichnis Internetverzeichnis
3 1. DEFINITION WICHTIGER BEGRIFFE Da sich in der Theorie viele Fachausdrücke befinden, werde ich zunächst versuchen diese zu erklären Zins Zins ist die Vergütung, die der Darlehensnehmer dem Darlehensgeber für die Benutzung der zur Verfügung gestellten Kreditsumme zahlt. Im Allgemeinen wird der Zins auch als Entschädigung für das Geld und Kapital benannt. Zinsen können sich nach verschiedenen Faktoren, wie dem Risiko der Anlage, der Restlaufzeit und Bonität bzw. Zahlungsfähigkeit des Emittenten/ Herausgeber von Wertpapieren, unterscheiden. 1 In der Finanzwelt werden zwei Arten von Zinsen unterschieden, der Nominalund Realzins. Unter dem Nominalzins versteht man, den für einen Kredit vereinbarten Zins. Der Zinssatz nach Abzug der Inflationsrate wird als Realzins bezeichnet. 2 Jedes ökonomische Handeln ist zinsabhängig. 3 Viele Investitionsentscheidungen, sowie Preise von Kapitalanlagen und Kurse der Aktien werden von der Zinshöhe beeinflüsst. 4 1 Moritz, Karl-Heinz: Geldtheorie und Geldpolitik. München: Verlag Franz Vahlen, 2012, S gesamtwirtschaft/nominal-und-realzinsen/ [aufgerufen am ] 3 Stoklossa, Harald: Die Zinsstrukturtheorie Eine Analyse der Faktoren, Arbitrage und Volatilität für das Euro- Währungsgebiet. Wiesbaden: Gabler Verlag, 2010, S. 2 4 Stoklossa, Harald: Die Zinsstrukturtheorie - Eine Analyse der Faktoren, Arbitrage und Volatilität für das Euro- Währungsgebiet. Wiesbaden: Gabler Verlag, 2012, S
4 1.2. Zinsstruktur In der Volkswirtschaft wird immer nur ein Zins betrachtet. Dies entspricht jedoch nicht der Realität. In der Realität treffen wir in der Regel auf eine Vielzahl von Zinsen, die in einer Beziehung stehen. 5 Das Verhältnis verschiedener Zinssätze zueinander wird als Zinsstruktur bezeichnet. 6 Üblicherweise versteht man unter der Zinsstruktur die Fristigkeitsstruktur der nominalen Zinssätze. Das heißt, es geht um Zinssätze oder Renditen von substituierbaren Wertpapieren, die sich nur in der Restlaufzeit unterscheiden. Von einer normalen Zinsstruktur spricht man dann, wenn der Marktzins für langfristige festverzinsliche Wertpapiere über dem für kurzfristige liegt. 7 Im umgekehrten Fall liegt eine inverse Zinsstruktur vor. Um eine Zinsstruktur festzulegen, muss die Beziehung zwischen langfristigen (z.b. dem Zins 10-jähriger Bundesanleihen) und den kurzfristigen (z.b. dem 3- Monatszins) Zinsen geklärt werden. 8 Die Differenz zwischen den beiden Zinsen nennt man Zinsspread/ Zinsdifferenz. Der Spread wird oft als statistisches Maß für die Steigung der Zinskurve verwendet. 9 Die Zinsstruktur kann als Konjunktur-, Inflations- und Glaubwürdigkeitsindikator für die Geldpolitik nützliche Informationen liefern Zinsstrukturkurve Eine grafische Darstellung der Zinsstruktur wird als Zinsstrukturkurve bezeichnet Moritz, Karl-Heinz: Geldtheorie und Geldpolitik. München: Verlag Franz Vahlen, 2012, S [aufgerufen am ] 7 [aufgerufen am 30. März 2014] 8 Moritz, Karl-Heinz: Geldtheorie und Geldpolitik. München: Verlag Franz Vahlen, 2012, S Stoklossa, Harald: Die Zinsstrukturtheorie Eine Analyse der Faktoren, Arbitrage und Volatilität für das Euro-Währungsgebiet. Wiesbaden: Gabler, 2010 S [aufgerufen am 30. März 2014] 11 [aufgerufen am ] 4
5 Die Zinsstrukturkurve ist eine Konstruktion, in der sich sämtliche Informationen befinden, die für den Kauf oder Verkauf festverzinslicher Wertpapiere unterschiedlicher Laufzeiten relevant sind. 12 Hauptanwendungsgebiete der Zinsstrukturkurve sind die Bewertung von Zinsderivaten, verzinslichen Wertpapieren und die Szenario Analyse. Es gibt zahlreiche Erscheinungsformen der Zinsstrukturkurve. Zwei davon werde ich im Folgenden näher beschreiben normale Zinsstruktur Bei einer positiven Steigung der Zinsstrukturkurve nimmt der Zins mit zunehmender Restlaufzeit zu. Das heißt die langfristigen Zinsen sind höher als die kurzfristigen Zinsen. Dieser Verlauf stellt die normale Zinsstruktur dar. normale Zinsstruktur i Restlaufzeit 12 Moritz, Karl-Heinz: Geldtheorie und Geldpolitik. München: Verlag Franz Vahlen, 2012, S
6 inverse Zinsstruktur Von einer inversen Zinsstruktur spricht man, sobald die Zinsstrukturkurve die negative Steigung annimmt. Bei einer negativen Steigung sind die kurzfristigen Zinsen größer als die langfristigen Zinsen. inverse Zinsstruktur Die Zinsstrukturkurve eignet sich für die Berechnung von Terminzinssätzen, Szenario Analysen und zur Abschätzung zukünftiger Entwicklung der Finanzmärkte. Unter dem Terminzins versteht man den Zinssatz welcher für Kapitalanlagen fällig wird deren Laufzeit nicht sofort, sondern an einem bestimmten Zeitpunkt in der Zukunft beginnt und eine bestimmte Laufzeit hat [aufgerufen am ] 6
7 2. EINFÜHRUNG Wer sich heute ein Haus mit Hilfe eines Kredites finanziert, zahlt erstmal Jahre lang nur die Zinsen zurück. Durch die auf den ersten Blick niedrigen Zinssätze kommen über lange Laufzeiten Zahlungsverpflichtungen zusammen, die den ursprünglich ausgeliehenen Betrag um ein Vielfaches überschreiten. Oft ist das Haus auch noch nach 20 Jahren noch nicht abbezahlt, obwohl man bis dahin schon das Doppelte des eigentlichen Kaufpreises an die Bank überwiesen hat. Dafür hat man den Vorteil schon in jungen Jahren mit seiner Familie ein Haus zu bewohnen, das man sich aus einer normalen Ersparnis eigentlich erst im Alter leisten könnte. Der Zins ist bei genauerer Betrachtung nicht nur der Preis des Geldes, sondern der Preis für den zeitlich vorgezogenen Konsum. 14 Zinsen haben einen großen Einfluss sowohl auf Investitionen, als auch auf Kurse von Wertpapieren. Kennt man die Einflussgrößen, die auf die Höhe der Zinsen wirken, so ist man in der Lage Veränderungen leichter vorherzusagen und Investitionsentscheidungen in Wertpapiere des Geld- und Kapitalmarkts mit weniger Risiko zu fällen. 15 Diese Ausarbeitung beinhaltet einen Einblick in drei alternativen Zinsstrukturtheorien, die das Phänomen Zins erklären. 3. ZINSSTRUKTURTHEORIEN 3.1. Allgemeines Aufgabe der Zinsstrukturtheorien ist es zu erklären, wie sich verschiedene Zinssätze bilden und auf welcher Höhe sie sich einstellen, sowie die Gründe, warum sie sich im Zeitablauf verändern [aufgerufen am ] 15 Stoklossa, Harald: Die Zinsstrukturtheorie Eine Analyse der Faktoren, Arbitrage und Volatilität für das Euro-Währungsgebiet. Wiesbaden: Gabler, 2010 S. 2 7
8 In dieser Ausarbeitung werden die Marktsegmentierungs-, Erwartungs- und Liquiditätsprämienhypothesen erklärt Marktsegmentierungstheorie Eine Theorie, die einen anderen Erklärungsansatz für die Ursachen des Verlaufs von Zinsstrukturkurven bietet, ist die sogenannte Marktsegmentierungstheorie. Die Marktsegmentierungstheorie von John M. Culbertson (* ), geht davon aus, dass das Handelsgeschehen im Geld- und Kapitalmarkt für kurze, mittlere und lange Fristen unabhängig voneinander verlaufen. Marktteilnehmer sind in der Regel risikoscheu. Das bedeutet, dass bei der Wahl aus mehreren Investitionen gleichen Erwartungswertes immer die Investition gewählt wird, wo das kleinste Risiko und der kleinstmögliche Verlust besteht. 16 Ein Risiko für Kapitalgeber entsteht, wenn die Laufzeit der Wertpapiers nicht mit dem gewünschten Anlagezeitraum übereinstimmt. Geht die Laufzeit des Wertpapiers über den gewünschten Anlagezeitraum hinaus, so muss der Anleger das Wertpapier vor Ablauf der Restlaufzeit verkaufen. Das Problem ist, dass der Anleger heute nicht weiß, zu welchem Kurs er das Wertpapier später verkaufen kann. Dieses Risiko nennt man Preisänderungs- bzw. Kursrisiko. Ein Einkommensrisiko besteht wenn, die Laufzeit der Anlage kürzer als gewünschter Anlagezeitraum ist. Das Problem besteht darin, dass der Anleger heute noch nicht weiß zu welchem Zins er sein Geld für die Restlaufzeit anlegen kann. Für den Kreditnehmer bzw. Schuldner ergeben sich die gleichen Probleme. Preisänderungsrisiko entsteht, sobald die Laufzeit des Wertpapiers über den Zeitraum des Investitionsprojektes geht. Der Kreditnehmer weiß heute nicht zu welchem Kurs er die Anlage vorzeitig aus dem Markt nehmen kann. Ein Einkommensrisiko für den Schuldner entsteht, wenn die Laufzeit des Wertpapiers kürzer ist als der Zeitraum, für den der finanzielle Mittel benötigt. Die Finanzierungskosten für die Restlaufzeit des Projekts sind unbekannt. 8
9 16 [aufgerufen am ] Um alle Risiken zu vermeiden müssen die beiden Zeiträume übereinstimmen. Dieses Konstrukt ist allgemein unter dem Begriff der Fristenkongruenz bekannt. Kapitalgeber und Kapitalnehmer werden nur die Wertpapiere kaufen, bei welchen die optimale Laufzeit vorhanden ist. Somit zerfällt der Markt in mehrere Segmente, für die ein eigener Zins festgelegt wird. 17 Es gibt vier verschiedene Gruppen, in die Mark aufgeteilt wird. In der ersten Gruppe befinden sich vorwiegend die Banken. Sie setzen unterschiedliche Schwerpunkte auf Instrumente einiger Tage bzw. einiger Monate. Das heißt Banken präferieren kurze Laufzeiten. Die zweite Gruppe besteht aus Anleihen der Manager und Investmentfonds von einem bis zwei Jahren. Privatinvestoren bzw. Käufer von Anleihen im mittleren Laufzeitbereich treten in der dritten Gruppe auf. Laufzeit von 3 bis 5 Jahre. In der vierten Gruppe sind die Versicherungsgesellschaften und Pensionskassen mit langen Laufzeiten vertreten. Laufzeit von 10 oder mehr Jahren. Durch die Aufteilung des Marktes in mehrere kleine Segmente gelingt es den oftmals undurchsichtigen besser zu analysieren. In den aufgeführten Segmenten können sich Zinsniveaus unabhängig voneinander bilden. 18 Dieses Modell unterliegt leider der Kritik. Es ist nicht ausgeschlossen, dass Anleger ihr ursprüngliches Segment verlassen, um durch eine kurzfristige Anlage eine zusätzliche Rendite zu erhalten. 17 Moritz, Karl-Heinz: Geldtheorie und Geldpolitik. München: Verlag Franz Vahlen, 2012, S Spermann, Klaus: Zinsen Anleihen Kredite. München: Oldenbourg Wissen-schaftsverlag GmbH, 2007, S
10 3.3. Erwartungstheorie Die reine Erwartungstheorie Die Erwartungstheorie oder auch Erwartungshypothese ist eine der ältesten und bekanntesten Zinstheorien. Die reine Erwartungshypothese wurde von Irving Fisher 1896 aufgestellt und später von J. Hicks und F. Lutz weiterentwickelt. Wie der Name schon sagt, wird nach dieser Theorie die Zinsstrukturkurve durch die Erwartungen der Teilnehmer am Markt bezüglich der künftigen Zinsen bestimmt. 19 Es wird versucht, die Beziehung zwischen den erwarteten kurzfristigen Zinsen in der Zukunft und den langfristigen Zinssätzen zu erklären und aus den Erwartungen für die kurzfristigen Zinsen die langfristigen Zinssätze abzuleiten. 20 Man geht bei dieser Theorie davon aus, dass eine völlige Informationseffizienz besteht, genauso wie eine Risikoneutralität der Wirtschaftssubjekte. 21 Informationseffizienz bedeutet, dass alle Marktteilnehmer über alle entscheidungsrelevanten Informationen des Marktes verfügen, sowie dass alle zukünftigen Zinssätze bekannt sind. Risikoneutralität heißt, dass weder relativ sichere Anlagemöglichkeiten, noch unsicherere mit höherem Ausfallrisiko bevorzugt werden. Weitere Prämissen, die gelten sollen, sind das Fehlen von Transaktionskosten, wie Steuern oder Gebühren, und das Ziel der Gewinnmaximierung. 22 Bei der reinen Erwartungshypothese sind die Erwartungen über die Zinsentwicklung der Marktteilnehmer der einzige Einflussfaktor, der auf die Entwicklung der Zinsstrukturkurve wirkt. 23 Diese Theorie besagt, dass die Zinserträge bei einer längerfristigen Anleihe von beispielsweise zwei Jahren genauso viel betragen wie der Durchschnitt der Zinserträge aus 24 einmonatigen Anleihen Anderegg, Ralph; Grundzüge der Geldtheorie und Geldpolitik. München:Oldenbourg Wissenschaftsverlag, 2007, S Uhrig-Homburg, Marliese: Die Erwartungstheorie der Zinsstruktur und Zinsswaps [online] S.17 [gesehen am ] 21 Mählmann, Thomas: Seminar für allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Bankbetriebslehre: Bankenmanagement.Köln [online] Folie 7[gesehen am ] 22 Anderegg, Ralph; Grundzüge der Geldtheorie und Geldpolitik. München:Oldenbourg Wissenschaftsverlag, 2007, S. 129S May, Stefan: Erwartungshypothese, Marktmeinung und risikoadjustierte Terminzinsen [online] S. 10 [gesehen am ] 10
11 Mathematische Berechnung Ausgangssituation: Der Anleger möchte sein Geld für 2 Jahre investieren und hat dabei folgende zwei Möglichkeiten: 1. Er könnte längerfristig in eine zweijährige Anlage investieren. 2. Er könnte kurzfristiger zweimal in eine jeweils einjährige Anlage investieren. Bei der ersten Möglichkeit wäre dann bei einem Zins i 0,2 der Ertrag: (1+i 0,2 ) 2. Bei der zweiten Möglichkeit würde sich der Ertrag bei einem aktuellen einjährigen Zins i 0,1 und einem erwarteten Zins ĩ 1,2 folgendermaßen ergeben: (1+i 0,1 )*(1+ĩ 1,2 ). 25 Wenn Arbitragefreiheit gegeben ist, so gilt: (1+i 0,1 )*(1+ĩ 1,2 )= (1+i 0,2 ) 2 Wenn die Formel nicht erfüllt ist, weil keine Arbitragefreiheit 26 vorliegt, werden Arbitrageure aktiv werden und dadurch wird das Ungleichgewicht ausgeglichen, so dass die Formel wieder erfüllt ist. 27 Das spielt sich folgendermaßen ab: Wenn die zukünftig persönlich erwarteten Zinsen, im Vergleich zu ĩ 1,2, hoch sind, sinkt die Nachfrage nach langfristigen Anlagen. Dadurch steigt i 0,2 und folglich auch ĩ 1,2, bis die Formel wieder erfüllt ist. Wenn andererseits die zukünftig erwarteten Zinsen im Vergleich zu ĩ 1,2 niedriger sind, steigt die Nachfrage nach langfristigen Anlagemöglichkeiten. Im Zuge dessen verringert sich i 0,2 und dadurch sinkt ĩ 1,2 ebenfalls solange bis die Formel (1+i 0,1 )*(1+ĩ 1,2 )= (1+i 0,2 ) 2 wieder erfüllt ist Deutsche Bundesbank: Monatsbericht April 2006 [online],2006, S [gesehen am ] 25 Ĩ ist hierbei der Zins, der vom Markt erwartet wird 26 Arbitrage entsteht, wenn Gewinn risikofrei nur durch den Tausch von Anlagen verschiedener Laufzeiten und/ oder Zinssätzen erreichbar ist. 27 Mählmann, Thomas: Seminar für allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Bankbetriebslehre: Bankenmanagement.Köln [online] Folie 8 [gesehen am ] 28 Spremann, Klaus; Gantenbein, Pascal: Zinsen, Anleihen, Kredite. 4.Aufl. München: Oldenbourg Wissenschaftsverlag, 2007, S
12 Graphische Darstellung Zur besseren Vorstellung veranschaulicht die folgende Grafik noch einmal die bei der Berechnung vorkommenden Zinsen und ihre Beziehung zueinander. (1+i 0,1 ) (1+ĩ 1,2 ) t=0 t=1 t=2 (1+i 0,2 ) 2 Abb. 1: Quelle: Spremann, Klaus; Gantenbein, Pascal: Zinsen, Anleihen, Kredite. 4.Aufl. München: Oldenbourg Wissenschaftsverlag, 2007, S. 95; eigene Grafik der Verfasserin Erweiterte Erwartungshypothese Allerdings muss angenommen werden, dass die Anleger, dafür dass sie ihr Kapital langfristig anlegen, eine höhere Rendite verlangen, quasi als Entschädigung, dafür dass sie auf ihr liquides Kapital verzichten. Dieser Zinsaufschlag wird als Liquiditätsprämie bezeichnet. 29 Außerdem sehen manche Investoren diese Prämie auch als Absicherung oder als Entschädigung dafür, dass sie bei einer langfristigen Anlage ein erhöhtes Ausfallrisiko tragen. Deshalb wird die Liquiditätsprämie auch oft Risikoprämie genannt. In der Literatur werden diese beiden Begriffe oft gleichbedeutend verwendet. 30 Durch die zusätzliche Liquiditätsprämie kann auch die fast immer ansteigend verlaufende Zinsstruktur erklärt werden. Aber auch hier kann keine Aussage über das konkrete Level der kurzfristigen Zinsen getroffen werden May, Stefan: Erwartungshypothese, Marktmeinung und risikoadjustierte Terminzinsen [online] S. 10 [gesehen am ] 30 Deutsche Bundesbank: Monatsbericht April 2006 [online],2006, S. 18 [gesehen am ] 31 Deutsche Bundesbank: Monatsbericht April 2006 [online],2006, S. 19 [gesehen am ] 12
13 Schlussfolgerungen und Würdigung Die reine Erwartungstheorie erklärt, warum bei niedrigen kurzfristigen Zinsen die Zinsstruktur steigend ist und warum bei sehr hohen kurzfristigen Zinsen die Zinsstrukturkurve oft invers ist. 32 Die folgende Grafik soll verbildlichen, wie die Zinsstrukturkurve unter den unterschiedlichen Annahmen aussehen kann. Abb. 2: Aktuelle Marktprognose: Zinsstruktur vom November 2011 (fett) und Prognosen für 2012, einmal durch Terminzinsen gemäß reiner Erwartungshypothese (fein gestrichelt) sowie gemäß erweiterter Erwartungshypothese (fett gestrichelt). Quelle: May, Stefan: Erwartungshypothese, Marktmeinung und risikoadjustierte Terminzinsen [online] S. 10 [gesehen am ] Deutsche Bundesbank: Monatsbericht April 2006 [online],2006, S. 18 [gesehen am ] 33 Termin-bzw. Forward-Zinsen sind Zinsen für jetzt vereinbarte, aber später zu erfüllende Kredit bzw. Anlagegeschäfte 13
14 Die Annahme, dass eine völlige Informationseffizienz vorliegt, ist natürlich unrealistisch, genauso wie eine Risikoneutralität der Marktteilnehmer wohl nicht gegeben ist, was eine Einschränkung der Glaubhaftigkeit der Ergebnisse, die aus der reinen Erwartungstheorie resultieren, nach sich zieht. 34 Die Tendenz der Entwicklung kann meist richtig prognostiziert werden, aber für den genauen Umfang der Entwicklung lässt sich in der Praxis keine genaue Aussage treffen. Durch die reine Erwartungstheorie kann aber nicht der durchschnittlich normale, also steigende Zinsverlauf erklärt werden, sondern diese würde zu dem Schluss führen, dass die Zinsstruktur im Durchschnitt aller Beobachtungen flach verläuft. 35 Ältere Arbeiten zur Erwartungshypothese kommen häufig zu dem Schluss, dass die Erwartungstheorie verworfen werden sollte. Allerdings wurde in neueren empirischen Studien das Fazit gezogen, dass unter Einbeziehung einer Liquiditätsprämie die Erwartungstheorie durchaus nicht vollständig zu falschen Schlüssen führt. 36 Für Voraussagen in einem Zeitraum ab vier Jahren gibt es Studien, die zu dem Ergebnis kommen, dass die Erwartungstheorie mit konstanter Liquiditätsprämie als gültig angesehen werden kann. 37 Zwischenfazit: Die Erwartungstheorie kann sehr gut als erster Anhaltspunkt herangezogen werden, wenn man überlegt, als Anleger aktiv zu werden und sich über die verschiedenen Anlagemöglichkeiten, deren Fristen und die zugehörigen Zinsen Gedanken macht. 34 Uhrig-Homburg, Marliese: Die Erwartungstheorie der Zinsstruktur und Zinsswaps [online] S.18 [gesehen am ] 35 Deutsche Bundesbank: Monatsbericht April 2006 [online],2006, S.18 [gesehen am ] 36 Uhrig-Homburg, Marliese: Die Erwartungstheorie der Zinsstruktur und Zinsswaps [online] S.17 [gesehen am ] 37 Uhrig-Homburg, Marliese: Die Erwartungstheorie der Zinsstruktur und Zinsswaps [online] S.19 [gesehen am ] 14
15 3.4. Liquiditätspräferenztheorie Allgemeine Idee Bei der Liquiditätspräferenztheorie geht man davon aus, dass die langfristigen Zinssätze eher auf einem höheren Niveau liegen als die kurzfristigen Zinssätze. Daraus folgt, dass der Großteil der Investoren trotz hoher langfristiger Zinsen, lieber in kurzfristige Anlagemöglichkeiten investieren wollen und lange Bindungsfristen eher vermeiden, etwa um die eigene Liquidität sicherzustellen und weil sie eventuell die eigenen Zukunftspläne noch nicht genau kennen. 38 Man geht also grundsätzlich von einem risikoscheuen Anleger aus, da in der Realität unsichere Erwartungen bestehen. Dieses Verhalten kann daher kommen, dass die Investoren fürchten, ihre Anlagen nur zu nachteiligen Modalitäten wieder in liquides Kapital umwandeln zu können, zum Beispiel aufgrund eines steigenden Ausfallrisikos bei voranschreitendem Zeitablauf. 39 Dem gegenüber stehen die Schuldner, die vor allem auf Grund von erhöhter Planungssicherheit, vorzugsweise längerfristiges Kapital aufnehmen möchten. Daraus ergibt sich, dass mehr kurzfristiges Kapital von Investoren zu Verfügung gestellt wird, als nachgefragt wird. Auf der anderen Seite besteht eine höhere Nachfrage der Schuldner nach langfristigem Kapital als von den Anlegern zu Verfügung gestellt wird. Um diese Überschüsse auszugleichen, muss die Zinsstruktur im Verlauf steigen, sonst würden die Ungleichheiten weiter bestehen bleiben und es würde sich folglich kein Gleichgewicht einstellen. Dieser Anstieg der Zinsstrukturkurve impliziert dann nicht gezwungenermaßen eine erwartete Zinssteigerung in der Zukunft Spremann, Klaus; Gantenbein, Pascal: Zinsen, Anleihen, Kredite. 4.Aufl. München: Oldenbourg Wissenschaftsverlag, 2007, S Mählmann, Thomas: Seminar für allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Bankbetriebslehre: Bankenmanagement.Köln [online] Folie 9 [gesehen am ] 40 Spremann, Klaus; Gantenbein, Pascal: Zinsen, Anleihen, Kredite. 4.Aufl. München: Oldenbourg Wissenschaftsverlag, 2007, S
16 Schlussfolgerungen Nach der Liquiditätspräferenztheorie liegen die Forward-Zinssätze immer auf einem höheren Niveau als die späteren zukünftigen Zinssätze, wobei ein Forward-Zinssatz den künftig zu erwartenden Zinssatz beschreibt. Eine steigende Zinsstrukturkurve bedeutet nicht, dass steigende Zinsen erwartet werden, so wie es in der Erwartungstheorie angenommen wird, sondern, dass man zusätzlich Anreize braucht, um Investoren für langfristige Anlagen zu finden. 41 Eine leicht ansteigende Zinsstrukturkurve bedeutet also lediglich, dass eine Liquiditätsprämie für langfristige Anlagen bezahlt wird, aber nicht dass man mit steigenden Zinsen in der Zukunft rechnen muss. Wenn hingegen die Zinsstrukturkurve stärker steigt, kann man davon ausgehen, dass für die Zukunft steigende Zinsen erwartet werden und für langfristige Anlagen mehr als die Liquiditätsprämie gezahlt wird. 42 Eine steigende Zinsstrukturkurve entspricht dem Normalzustand und ist nicht nur kurzfristig möglich, sondern kann sich langfristig einstellen. Eine inverse Zinsstrukturkurve kann allerdings nicht durch die Liquiditätspräferenzhypothese begründet werden. 41 Spremann, Klaus; Gantenbein, Pascal: Zinsen, Anleihen, Kredite. 4.Aufl. München: Oldenbourg Wissenschaftsverlag, 2007, S S Mählmann, Thomas: Seminar für allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Bankbetriebslehre: Bankenmanagement.Köln [online] Folie 9 [gesehen am ] 16
17 4. FAZIT Es gibt viele Ansätze, die versuchen den Verlauf der Zinsstrukturkurve zu erklären. Es ist allerdings festzustellen, dass keine der vorgestellten Theorien, der verschiedenen hochrangigen Ökonomen, als eindeutig richtig oder falsch eingestuft werden kann. Alle Theorien haben ihre Schwächen, wie zum Beispiel Vergangenheitsbezug. Entscheidungen, die in der Gegenwart getroffen werden, entsprechen allerdings nur in den seltenen Fällen der Zukunft. 17
18 5. QUELLENVERZEICHNIS 5.1. Literaturverzeichnis Stoklossa, Harald: Die Zinsstrukturtheorie - Eine Analyse der Faktoren, Arbitrage und Volatilität für das Euro-Währungsgebiet. Wiesbaden: Gabler Verlag, 2012 Moritz, Karl-Heinz: Geldtheorie und Geldpolitik. München: Verlag Franz Vahlen, 2012 Spermann, Klaus: Zinsen Anleihen Kredite. München: Oldenbourg Wissenschaftsverlag GmbH, 2007 Spremann, Klaus; Gantenbein, Pascal: Zinsen, Anleihen, Kredite. 4.Aufl. München: Oldenbourg Wissenschaftsverlag, 2007 Anderegg, Ralph; Grundzüge der Geldtheorie und Geldpolitik. München:Oldenbourg Wissenschaftsverlag,
19 5.2. Internetverzeichnis [aufgerufen am ] [aufgerufen am ] [aufgerufen am ] [aufgerufen am ] [aufgerufen am ] [aufgerufen am ] [aufgerufen am ] warum-gibt-es-eigentlich-zinsen html [aufgerufen am ] Mählmann, Thomas: Seminar für allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Bankbetriebslehre: Bankenmanagement.Köln [online] Folie 9 [gesehen am ] verfügbar unter: act=8&ved=0ceqqfjad&url=http%3a%2f%2fwww.unitrier.de%2ffileadmin%2ffb4%2fprof%2fbwl%2fufk%2fmaehlmann%2fvo rlesung_bankmanagement_teil1.pdf&ei=som9u9gjgckgtabyyidwba&usg=af QjCNGUpQ8XvNvsSmbT8TV_RO9flvAgyw&sig2=bgRo7YuFWmxSwc8lz_wisQ &bvm=bv ,d.yms Uhrig-Homburg, Marliese: Die Erwartungstheorie der Zinsstruktur und Zinsswaps [online] S.19 [gesehen am ] verfügbar unter: wnload%2ftransfer%2fkt28%2fkt28_erwartungsstruktur_z.pdf&v=0&i=0&q=di e+erwartungstheorie+der+zinsstruktur+und+zinsswaprs&p=0 Deutsche Bundesbank: Monatsbericht April 2006 [online],2006, S.18 [gesehen am ] verfügbar unter: monatsberichte.html 19
20 May, Stefan: Erwartungshypothese, Marktmeinung und risikoadjustierte Terminzinsen [online] S. 10 [gesehen am ] verfügbar unter: 20
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