Seminar Dysmorphologie SS Skript zum Seminar. Dysmorphologie
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- Gerhard Albert
- vor 5 Jahren
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1 Skript zum Seminar Dysmorphologie Institut für Humangenetik Uniklinik Köln SoSe
2 Lernziele Definition einer Fehlbildung/ eines Syndroms Wie beschreibe/ benenne ich Dysmorphien? Welches sind die wichtigsten Syndrome? Wo kann ich suchen? Wozu brauche ich Dysmorphologie in der Praxis? Definitionen Dysmorphie (Minor Anomalie): Typischerweise keine Funktionsbeeinträchtigung bei 4 % der Bevölkerung können erblich sein bei 3 neu aufgetretenen Anomalien > humangenetische Beurteilung! Beispiele:.. Fehlbildung (Major Anomalie, Malformation): Embryonale Fehlentwicklung eines Organ/-teils meistens mit Funktionsbeeinträchtigung können erblich sein Ursachen: o umweltbedingt o monogen Ursachen/Mechanismen Resumé o multifaktoriell bei 1 neu aufgetretenen Fehlbildung > humangenetische Beurteilung! Definition Methodik Anomalien Ursachen/Mechanismen Beispiele:.. Ätiologie / Pathogenese (II) Multiple Fehlbildungen Syndrom :? A B C D bekannte Ursache Sequenz : A B D bekannter Mechanismus C Assoziation :?? A B C D beides unbekannt Spranger
3 Wiederholungswahrscheinlichkeiten für Fehlbildungen nach 1 betroffenen Kind: Unterscheide: monogene Ursachen (Mendel-Erbgänge): 50 % multifaktoriell (z. B. Spina bifida): empirische Zahlen, i. d. R. um 3-5% Wie beschreibe/ benenne ich Dysmorphien? 3
4 Definition Methodik Anomalien Seminar Ursachen/Mechanismen Dysmorphologie SS 2018 Resumé Dysmorphiezeichen Köpergröße zu groß (> 97er %ile), klein (< 3er %ile), proportoniert (Vergleich mit Eltern!!!)? Körpergewicht (BMI) Gedeihstörung, Adipositas? (> 97er- od. < 3er %ile?) Kopfumfang Mikro- (< 3er %ile)/makrozephalie (> 97er %ile) (Vergleich mit Eltern!!!)? Kopf große Fontanelle, vorzeitige Schädelnahtverknöcherung? (> 97er oder < 3er %ile?) Gesicht grobe Züge, Spaltbildungen, Asymmetrie, dysmorph, Familienähnlichkeit? Augen Abstand, Epikanthus, Größe, Lichachsen, Ptose, Augenwimpern/-brauen Ohren periaurikuläre Grübchen / Anhängsel, rotiert, tiefsitzend? Nase tiefe Nasenwurzel, prominenter Nasenrücken, antevertiert? Mund Philtrum, Zähne, Frenulum, Spaltbildungen? Thorax Form, zusätzliche Brustwarzen? Gliedmaßen Gelenkbeweglichkeit, Proportionen Hände / Füße Poli-/Oligo-/Syn-/Brachydaktylie, Nagelhypoplasie, Handfurchen? Haut Pigmentanomalien, Hypertrichose Raoul Heller 6/05 Klein-/Hochwuchs: Kriterien zur diagnostischen Einteilung: Elterliche Größe Prä- oder postnatal? Wachstumsgeschwindigkeit Proportionen, Symmetrie Assoziierte Befunde (z.b. Herzfehler) Soziales Umfeld Untersuchungen: Knochenalter Wachstumshormonspiegel Inst. f. Humangenetik Uni Köln, SS 05 Fehlbildungsdiagnostik am Röntgenbild: Knochenreifung: altersgemäß? proportionierte Verkürzung langer Röhrenknochen? dysproportionierte Verkürzung langer Röhrenknochen? pathologische Form von Metacarpalia/Phalangen? Epiphysen: Form / Struktur? Knochendichte oder? Welches sind die wichtigsten Syndrome? Kleinwuchs/Dystrophie: Turner, Prader-Willi, Silver-Russel, Achondroplasie, OI Hochwuchs/Makrosomie: Klinefelter, Beckwith-Wiedemann, Marfan Mentale Retardierung: Down, Fragiles X, Williams-Beuren, Smith-Lemli-Opitz 4
5 Wo kann ich suchen? Datenbanken: Kostenpflichtig, zur Diagnosesuche anhand von Befunden geeignet: - London Medical Database (LMD) - Possum Frei verfügbar: - Orphanet: Diagnosesuche anhand von Befunden und Übersichtsartikel sowie Informationen zu Fachverbänden Selbsthilfegruppen etc. - GeneTests/GeneReviews: gut strukturierte und umfassende Übersichtsartikel zu Diagnosen. - OMIM (Online Mendelian Inheritance in Man): Diagnosesuche anhand von Befunden. Zusammenfassungen und Übersichten zu Genen und genetischen Erkrankungen. - Pubmed: Originalarbeiten. - Phenomizer: diagnostischer Algorithmus, der mit definierten Begriffen für körperliche Befunde arbeitet und Differentialdiagnosen nach Wahrscheinlichkeit gewichtet sortiert 5
6 Übung Fallvorstellung: Seminar Dysmorphologie SS jährige Patientin wird wegen V.a. Marfan Syndrom in Ihrer genetischen Sprechstunde vorstellig: Bei ihr wurde eine Linsenluxation festgestellt, Ein Herzultraschall habe einen Mitralklappenprolaps ergeben, MRT / Rö von WS oder Becken liegen nicht vor, Keine Spontanpneumothoraces. Revised Ghent criteria for diagnosis of Marfan syndrome and related conditions: In the absence of family history: Aortic Root Dilatation Z score 2 AND Ectopia Lentis = Marfan syndrome. Aortic Root Dilatation Z score 2 AND FBN1 = Marfan syndrome. Aortic Root Dilatation Z score 2 AND Systemic Score 7pts = Marfan syndrome. Ectopia lentis AND FBN1 with known Aortic Root Dilatation = Marfan syndrome. In the presence of family history: Ectopia lentis AND Family History of Marfan syndrome (as defined above) = Marfan syndrome. A systemic score 7 points AND Family History of Marfan syndrome (as defined above) = Marfan syndrome. Aortic Root Dilatation Z score 2 above 20 yrs. old, 3 below 20 yrs. old) + Family History of Marfan syndrome (as defined above) = Marfan syndrome. 6
7 Aufgaben: Erheben Sie die Familienanamnese Führen Sie die klinische Untersuchung bei sich selbst durch: Vermessung (Körpergröße, Körperhälften, Armspannweite) Daumenzeichen Handgelenkszeichen Ellenbogenbeweglichkeit Wirbelsäule (Skoliose?) Haut (Striae?) Tragen Sie die Körpergröße in die Perzentilenkurve (s. S. 8/9) ein und berechnen Sie die zu erwartende Endgröße: (Körpergröße Mutter + Körpergröße Vater):2 +/- 7 cm. Berechnen Sie den systemischen Score (s. S. 10). Würden Sie den Gentest auf FBN1-Mutation einleiten? 7
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10 10
11 Beispielaufgaben: Seminar Dysmorphologie SS 2018 Wie wird das Marfan Syndrom vererbt? A autosomal-rezessiv B autosomal-dominant C X-chromosomal-rezessiv D Es handelt sich um eine uniparentale Disomie von Chromosom 18 die immer neu entsteht E X-chromosomal-dominant Ein 6-Monate altes Kind wird mit Großwuchs, Hemihyperplasie und Makroglossie vorgestellt. Welche Erkrankung kommt am ehesten in Betracht? A Silver-Russel-Syndrom B Marfan-Syndrom C Di-George-Syndrom D Beckwith-Wiedemann-Sydrom E Trisomie 13 Ein 6-Monate altes Kind wird mit Großwuchs, Hemihyperplasie und Makroglossie vorgestellt. Es wird ein Beckwith-Wiedemann-Sydrom diagnostiziert. Worauf müssen Sie in der weiteren klinischen Versorgung am ehesten achten? A Regelmäßige Röntgenuntersuchungen zum Ausschluss einer entstehenden Skellettdysplasie. B Regelmäßige Echokardiographien zum Auschluss eine Aortendissektion C Regelmäßige MRT Untersuchungen des Gehirns zum Ausschluss von paraventrikulären Zysten. D Regelmäßige Untraschalluntersuchungen des Bauchraums zum Ausschluss embryonaler Tumoren. E Regelmäßige Augenhintergrundspiegelung zum Ausschluss einer Retinitis pigmentosa. 11
12 GLOSSAR: ANOPHTHALMIE: Entwicklungsdefekt mit völligem Fehlen der Augenanlagen. ARACHNODAKTYLIE: extrem lange und schlanke Finger BRACHYCEPHALIE: kurzer sagittaler (vorn-hinten) Kopfdurchmesser. BRACHYDAKTYLIE: Kurzfingrigkeit, kann auch nur einzelne Finger betreffen. CAMPTODAKTYLIE: Beuge (Kontraktur-)stellung einzelner oder aller Finger. COLOBOM: Spaltbildung z.b. der Iris. Kann auch Aderhaut, Netzhaut und Sehenervbetreffen (Kann ursächlich für Blindheit sein, z.b. beim CHARGE Syndrome) CRANIOSYNOSTOSE: Frühzeitiger knöcherner Verschluß der einzelner oder mehrerer Schädelnähte. Art der betroffenen Nähte => Hinweis auf zugrunde liegende (genetische) Ursache sein. EPIKANTHUS: Hautfalte über dem inneren Augenwinkel. HEMIHYPERTROPHIE: Vermehrtes Wachstum einer Körperhälfte. HIRSUTISMUS: Überschüssige Körperbehaarung. HYDROCEPHALUS: Erweiterung (Dilatation) der Hirnventrikel. HYPER-/HYPOTELORISMUS: vergrößerter/verkleinerter Augenabstand (s. Übung!). HYPOSPADIE: Urethramündung auf der ventralen Seite des Penis. MACROSOMIE: Geburtsgewicht >P95, Größe von Köperteilen oder Organen MACROCEPHALIE: Kopfumfang > P97 (elterliche KU berücksichtigen!); vgl. PSEUDOHYDROCEPHALUS MACROGLOSSIE: vergr. Zunge, s. Seminar MACRO-/MICROSTOMIE: Vergrößerte Mundöffnung mit Ausdehnung in RichtungOhren /verkleinerte Mundöffnung. MESOMELIE: Verkürzung der distalen Extremitätenanteile. MICROCEPHALIE: Kopfumfang < P3 (z.b. Craniosynostose), Cave mentale Retardierung! MICROGENIE: kleiner Unterkiefer MICROGNATHIE: kleiner Oberkiefer (im Englischen für OK und UK gebraucht!). MICROMELIE: kleine oder kurze Gliedmaße(n). MICROPHTHALMIE: kleine Augenanlage(n). NEURALROHRDEFEKT: s. Vorlesung! OLIGODAKTYLIE: unterzählige Fingeranlage. PHILTRUM: vertikale Rinne zwischen Nasenseptum (Columnella) u. Oberlippe. PHOKOMELIE: Fehlen einer proximalen oder gesamten Gliedmaße(n), Hand oder Fuß setzen (nahezu) unmittelbar an der Rumpfwand an. POLYDACTYLIE: überzählige Finger oder Zehen; postaxial (auf ulnarer Seite), präaxial (auf radialer Seite). PRÄAURIKULÄRE GRÜBCHEN/FISTELN PRÄ-/ POSTAURIKULÄRE HAUTANHÄNGSEL PRO-/RETROGNATHIE/-GENIE: s. Mikro~. PSEUDOHYDROZEPHALUS:Unverhältnismäßig kleiner Gesichtsschädel, bei normal großem Hirnschädel, dadurch entsteht der optische Eindruck eine Hydrozephalus. RHIZOMELIE: Verkürzung der proximalen Extremitätenanteile. SYNDAKTYLIE: persistierende häutige /knöcherne Verbindung zwischen benachbarten Fingern/Zehen. Welche Strahlen betroffen sind, kann Hinweis auf die zugrunde liegende (genetische) Ursache sein. SYNOPHRIS: Augenbrauen berühren sich/verschmelzen mittig oberhalb Nasenwurzel. TELECANTHUS: erweiterter Augenabstand (CAVE primärer vs. sekundärer T.) 12
13 VIERFINGERFURCHE: z. B. bei Down-Syndrom Maßgebliche Nachschlagequelle (englisch) bei terminologischen Unklarheiten: 13
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