Risikoanalyse «Autobahn»
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- Stanislaus Schuster
- vor 8 Jahren
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Transkript
1 Risikoanalyse «Autobahn» Kurzfassung Massnahmen zur Verhütung von Unfällen auf Autobahnen für Mitarbeitende der Strassenunterhaltsdienste
2 Risikoanalyse «Autobahn» Mitarbeitende der Strassenunterhaltsdienste (SUD) leben gefährlich. Dies gilt besonders für die Personen, die auf Schweizer Autobahnen im Einsatz stehen. Ihr Arbeitsplatz weist, verglichen mit anderen Arbeitsplätzen des Strassenunterhaltsdienstes, das höchste individuelle Verletzungs- und Todesfallrisiko auf. Der Risikofaktor ist 10 bis 100 Mal höher als in anderen Berufsgattungen. Die Koordinationsgruppe Arbeitssicherheit der Strassenunterhaltsdienste hat nun eine Risikoanalyse «Autobahn» erarbeitet. Dies geschah in Zusammenarbeit mit dem im Jahr 2002 vom ASTRA in Auftrag gegebenen Projekt Verkehrssicherheitspolitik (VeSiPo, neu: via-sicura). Ziel der Studie ist es, das individuelle Todesfall- und Verletzungsrisiko für Arbeitsplätze auf der Autobahn zu vermindern. Die 20 konkreten Massnahmenvorschläge betreffen die beiden Zielgruppen Verkehrsteilnehmende und SUD-Mitarbeitende. Um die einzelnen Massnahmen umzusetzen, sind durch die Werkhöfe Standards zur Sicherheit festzulegen. Worauf bezieht sich die Risikoanalyse? Die Analyse bezieht Todesfälle und Verletzungen der SUD Mitarbeitenden auf Hochleistungsstrassen im Tagbetrieb ein. Sie richtet sich ausschliesslich auf Gefährdung durch Dritte. Denn der grösste Teil der Unfälle mit schweren oder tödlichen Verletzungen (angefahren oder überfahren werden) für Mitarbeitende im Strassenunterhaltsdienst wird durch Verkehrsteilnehmende verursacht. Hauptgründe sind überhöhte Geschwindigkeit, eingeschränkte Fahrtüchtigkeit, Unkonzentriertheit am Steuer oder zu dichtes Auffahren. Arbeitsunfälle ohne Beteiligung Dritter werden in separaten Analysen behandelt. Die relevanten Gefährdungen und Unfallursachen wurden aus verschiedenen statistischen Daten, aus Auswertungen von Autobahnunfällen in der Schweiz sowie aus internationalen Literaturrecherchen ermittelt. 2
3 Grundlagen für die Massnahmenplanung Grundlage für die Analyse bildeten die verschiedenen Tätigkeiten der SUD auf Autobahnen. Diese wurden in vier so genannte «Hauptprozesse» unterteilt: A Mobile Tätigkeiten in Fahrzeugen, ohne temporäre Signalisation Winterdienst Reinigung (teilweise) B Einzelaktionen ohne temporäre Signalisation Kontrollen Beseitigung toter Tiere Begleitung von Dritten C Mobile Tätigkeiten mit temporärer mobiler Signalisation Grünpflege Reinigung (teilweise) Begleitung von Dritten D Örtliche mobile Tätigkeiten mit temporärer ortsfester Signalisation Reinigung von Ölabscheider und Kanalisation Grünpflege (teilweise)techn. Dienst inkl. Beleuchtung Schadendienst Unfalldienst Bauliche Reparaturen Temporäre Signalisation Belagsarbeiten Entwässerung Techn. Anlagen Begleitung von Dritten 3
4 Konkrete Massnahmen In der Analyse werden in Bezug auf die beiden Zielgruppen Verkehrsteilnehmende und SUD- Mitarbeitende diejenigen Massnahmen präsentiert und zur Umsetzung empfohlen, welche ein günstiges Kosten-/Nutzen-/Machbarkeitsverhältnis aufweisen. Es wird aufgezeigt, für welche Hauptarbeitsabläufe (Hauptprozesse) sie angewendet und in welchem Zeitraum sie ungefähr umgesetzt werden können. Zudem ist für jede Massnahme ein erster konkreter Umsetzungsschritt empfohlen. In der vorliegenden Zusammenfassung wird jedoch darauf verzichtet, sowohl die Massnahmen den entsprechenden Hauptprozessen zuzuordnen als auch den Umsetzungszeitraum sowie das weitere Vorgehen zur Umsetzung der Massnahmen darzustellen. Zielgruppe Verkehrsteilnehmende Temporeduktion Eine Reduktion der Höchstgeschwindigkeit gegenüber der heute geltenden VSS-Norm von üblicherweise 100 km/h auf 80 km/h im Bereich von Baustellen drängt sich als eine sehr wirksame Massnahme mit hoher Prioritätsstufe auf. Die VSS-Norm ist entsprechend anzupassen. Die Geschwindigkeitslimite soll flexibel angepasst werden können, je nach dem, ob auf der Baustelle gearbeitet wird oder nicht. Anzustreben ist deshalb, vermehrt programmierbare Signalanhänger einzusetzen, welche eine fernbedienbare Anzeige der Geschwindigkeit ermöglichen. Gefährliche Autobahnüberquerungen für die Strassenunterhaltsdienste könnten damit vermieden werden. Eine optimale Lösung bieten Verkehrsleitsysteme (VLS). Sie dienen dazu, die Höchstgeschwindigkeit rasch und selektiv anzupassen, provisorische Spurführungen zu signalisieren oder die Verkehrsteilnehmenden über Staus und Baustellen zu informieren. Deshalb sollen künftig Belange der Strassenunterhaltsdienste möglichst in bestehende oder geplante VLS mit einbezogen werden. Vorgeschlagen wird zudem, dass die Verkehrspolizei auf Baustellen vermehrt Geschwindigkeitskontrollen durchführt. Damit will man die Akzeptanz der Geschwindigkeitsreduktion und deren Einhaltung verbessern. 4
5 Bessere optische Verkehrsführung Die Verkehrsführung durch Baustellen ist häufig mit Spuränderungen verbunden. Diese sollen klarer und markanter signalisiert werden. Dazu sind zusätzlich Schilder mit Grafiken, Leuchttafeln und Blinklichter vorgesehen. Vor allem im Bereich vor der Baustelle ist es wichtig, dass die Verkehrsteilnehmenden rechtzeitig darauf aufmerksam gemacht werden, wenn sie die Soll-Spur verlassen. Die heute verwendete orange Signalfarbe für Markierungen sowie für Fahrzeuge und Kleidung des Unterhaltspersonals ist nicht optimal. Welche Farbe hat die beste optische Wirkung? Ein Forschungsauftrages soll diese grundsätzliche Frage klären. Sensibilisierung in der Verkehrserziehung Welcher Gefahr SUD-Mitarbeitende auf Baustellen ausgesetzt sind, ist allgemein zu wenig bekannt. Rücksichtsvolles Verhalten im Verkehr oder der Zusammenhang zwischen Geschwindigkeit und Gefährdung anderer soll deshalb bereits in der Verkehrserziehung bei Kindern stärker aufgezeigt werden. Vor allem aber gilt es, erwachsene Verkehrsteilnehmende im Fahrunterricht und in Wiederholungskursen für die Problematik zu sensibilisieren. Insbesondere ist auch in der Ausbildung der LKW-Fahrer das sicherheitskonforme Verhalten zu thematisieren. Zusätzlich soll die Problematik mit Informationen via Medien bewusst gemacht und das Verhalten der Verkehrsteilnehmenden nachhaltig beeinflusst werden beispielsweise in Form von TV-Spots zur Verkehrssicherheit. Lässt sich das sicherheitswidrige Verhalten minimieren, sinkt auch das Unfallrisiko beträchtlich. In den Gefahrenbereichen selbst wecken Hinweise wie «Menschen auf der Fahrbahn» oder «Vorsicht! Mein Papa arbeitet hier!» bewusst Emotionen, welche höhere Aufmerksamkeit bewirken. 5
6 Zielgruppe SUD-Mitarbeitende Exposition reduzieren Die SUD-Mitarbeitenden so wenig wie möglich der direkten Gefährdung durch den Verkehr auszusetzen, ist eines der wichtigsten Ziele. Dazu werden folgende Massnahmen vorgeschlagen: Grundsätzlich sollen für Tätigkeiten auf der Autobahn verkehrsarme Zeiten (z. B. nachts) genutzt werden. Weniger Verkehr verursacht auch weniger Hektik bei der Arbeit, was sich positiv auf die Fehlerrate auswirkt. Im Rahmen von Verkehrssanierungsprojekten sollen die Standstreifen künftig obligatorisch verbreitert werden. Breitere Standstreifen ermöglichen den Fahrzeugen der Unterhaltsdienste mehr Aktionsraum ausserhalb der Fahrstreifen. Zudem wird der Verkehrsfluss weniger beeinträchtigt. Standstreifen von 3,25 3,5 m Breite könnten bei Geschwindigkeiten von 80 km/h, ausnahmsweise auch bei als Fahrspur benutzt werden. Während der Sanierungsarbeiten sollen die Spurbreiten möglichst zu Gunsten der Fahrzeuge des betrieblichen Unterhalts optimiert werden: Der Standstreifen kann, auf Kosten der Überholspur, durch Ummarkierung verbreitert werden. Dies bedingt jedoch ein Überholverbot für Lastwagen. Bei Nachtarbeiten am Mittelstreifen oder auf der Überholspur soll diese auf einer Länge von 5 6 km gesperrt werden. Eine weitere Massnahme fordert, die Bepflanzung auf den Mittelstreifen zu entfernen. Damit könnten die besonders gefährlichen Unterhaltsarbeiten am Mittelstreifen auf ein Minimum reduziert werden. 6
7 Bessere Sichtbarkeit der SUD-Mitarbeitenden Die Sichtbarkeit der heute verwendeten orangen Überkleider ist nicht optimal. Es ist zu überprüfen, ob diese durch auffälligere Anzüge ersetzt werden sollen. Die Wirkung von Lemongelb oder von anderen geeigneten Farben muss jedoch noch erforscht werden. Entsprechend müsste die VSS-Norm angepasst werden. Bei Nacht oder tagsüber bei schlechten Sichtverhältnissen ist die Arbeit auf der Autobahn besonders gefährlich. Um die Sichtbarkeit der Baustelle und der Mitarbeitenden der SUD zu verbessern, wird empfohlen, Beleuchtungsballone einzusetzen. Mehr Sicherheit bei den Unterhaltsfahrzeugen Bei neu angeschafften Lieferwagen der Strassenunterhaltsdienste soll dem Lenker des Fahrzeuges der Durchstieg auf den Beifahrersitz und somit das Aussteigen auf der Verkehr abgewandten Seite möglich sein. Zudem ist es ratsam, die Abschirmfahrzeuge mit Aufpralldämpfern auszurüsten. Diese reduzieren die Aufprallenergie auffahrender Fahrzeuge bei 80 km/h um ca. 45%. Dadurch kann der Schutz sowohl der SUD-Mitarbeitenden wie der Insassen auffahrender Fahrzeuge erhöht werden. Datenbasis verbessern Die Datenbasis für zukünftige Risikoanalysen und Massnahmenplanungen ist auszubauen. Dazu sollen auch Beinaheunfälle und Sachschäden statistisch erhoben, also zahlenmässig erfasst, untersucht und festgehalten werden Auftraggeber Koordinationsgruppe Arbeitssicherheit SUD Tiefbauamt Kanton Bern (Projektleitung) Verfasser J. Schatzmann (Projektleiter), Tiefbauamt Kanton Bern E. Zimmermann (Sicherheitsfachmann EKAS), Tiefbauamt Kanton Bern A. Ernst (Sicherheitsfachmann EKAS), Gruner AG R. Suter (Sicherheitsingenieur EKAS), Gruner AG Schlussredaktion Egger Kommunikation, Bern Grundlagen Schlussbericht und Synthesenbericht der Risikoanalyse «Autobahn» Kontakt Tiefbauamt des Kantons Bern, Abteilung Nationalstrassen Betrieb und Unterhalt Jürg Schatzmann, Reiterstrasse 11, 3011 Bern, (Telefon ) 7
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